Warm Audio WA-47 Test
Röhrenmikrofon für Ambitionierte
Von Marius Schweitzer am 01. März 2018
Warm Audio WA-47 Test-Fazit
4
DELAMAR
SCORE
Röhren-Kondensatormikrofon mit Großmembran, Neumann-Nachbaukapsel und neun Richtcharakteristiken. Bei optimalen Bedingungen klingt das Warm Audio WA-47 überzeugend. Der kräftig-voluminöse Sound mit röhrenveredelten Hochmitten und Höhen ist charakterstark und dabei detailliert genug mit recht geringem Grundrauschen. Zu den Schattenseiten zählen die Schwächen in der Verarbeitung und der inkonsistente Sound beim Pattern-Wechsel und Off-Axis-Besprechung.
PRO
- Recht detaillierter Sound mit gelungenen Röhrenakzenten
- Relativ niedriges Grundrauschen für ein Röhrenmikrofon
- 9 Richtcharakteristiken
- Gute Mikrofonspinne
CONTRA
- Materialwahl & Verarbeitung (Drahtkorb)
- Klangänderungen bei Pattern-Wechsel
- Off-Axis-Besprechung
Für wen?
Homerecording auf hohem Niveau, Projektstudios und Tonstudios.
Was ist es?
Das Warm Audio WA-47 ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon mit Röhrenverstärkung und Ausgangsübertrager. Es will den Klang des klassischen Neumann U 47 nachempfinden, das 1947 auf den Markt kam und bis heute zu den begehrtesten Mikrofonen für Gesangsaufnahmen zählt.
Da viele Bauteile des Klassikers nicht mehr zu haben sind, wählte man alternative Komponenten (siehe Infokasten), so dass der Klang natürlich anders ausfallen muss. Ganz zu schweigen davon, dass zwei Exemplare des U 47 nicht identisch klingen – insbesondere nicht nach dieser langen Zeit.
Neun Richtcharakteristika sind am Netzteil wählbar: Kugel, Niere und Acht sowie sechs Zwischenstufen. So werden potentiell die verschiedensten Schallquellen und Aufnahmeszenarien bedient.
Das Schwestermodell ohne Röhre im Warm Audio WA-47jr Test »
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Warm Audio WA-47: Features
- Großmembran-Kondensatormikrofon mit Röhrentechnik & Ausgangsübertrager
- Klang eifert dem Neumann U 47 nach
- Richtcharakteristika Kugel, Niere, Acht + 6 Zwischenstufen am Netzteil wählbar
- Spinne
- Holzschatulle
- Netzteil und 7-poliges Kabel (Netzteil Mikrofon)
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Warm Audio WA-47 Test
Verarbeitung
Die Optik ist eher schlicht im Vergleich zum Original und anderen Nachbauten. Nicht ganz auf dem Niveau der meisten High-End-Großmembranmikrofone zeigt sich auch die Verarbeitung, so hätte ich mir etwa einen robusteren Mikrofon-Drahtkorb gewünscht. Solange der Sound stimmt und die Behandlung in der Praxis pfleglich vonstattengeht, ist das kein Thema.
Übrigens: Die Verarbeitung des Netzteils ist wiederum tadellos.
Mikrofonspinne
Die Spinne im Neumann-Stil ist stabil und gut konstruiert. Beim Lösen und Arretieren der Feststellschraube am Gelenk hatte ich ein gutes Gefühl. Wie erwartet, dämpft diese Mikrofonspinne Trittschall zuverlässig.
Ausstattung
Am Netzteil findest Du einen Schalter zur Wahl der Richtcharakteristiken – Kugel, Niere und Acht sowie sechs Zwischenformen sind moderner Standard. Die grundsätzliche Flexibilität für verschiedene Instrumententypen und Mikrofonierungstechniken ist gegeben.
Ein Hochpassfilter oder ein Pad-Schalter sind nicht an Bord. Zumindest Ersterer hätte das Gesamtpaket noch etwas aufwerten können.
Klang des Warm Audio WA-47
Vocal
Shaker
Grundrauschen
Das Eigenrauschen von 11 dB(A) ist ein ordentlicher Wert für Röhrenmikrofone. Dabei ist in den Sprechpausen ist bei normaler Abhörlautstärke hier ein dezentes, tendenziell tieffrequentes Rauschen zu vernehmen. Aber damit lässt sich leben, zumindest mit diesen Handgriffen:
Vocal Editing Video Tutorial: Vocals für das Abmischen vorbereiten
Frequenzgang
In der Nierencharakteristik gefallen mir Vocals mit dem Warm Audio WA-47 am besten. Die Stimme meiner Kollegin Davina klingt damit ausgewogen genug und die kräftigen (aber nicht übertriebenen) Mitten sorgen für ein gutes Volumen. Insgesamt sind die Tiefmitten recht betont.
Die oberen Mitten und Höhen werden durch die Röhre gekonnt akzentuiert. In einigen Fällen dürften die Höhen eine Spur milder sein, gerade wenn Du auf den typischen Vintage-Klang abzielst.
Abweichungen je nach Richtcharakteristik & Einsprechwinkel
Die Kugelcharakteristik wirkt im Vergleich zur gut abgestimmten Niere dünner (zwischen 5 und 9 kHz gibt es eine Senke von etwa -4 dB). Die Acht klingt wiederum etwas zu mittenbetont und nasal. Zudem könnte die Niere etwas konstanter sein, wenn man vom Haupteinsprechwinkel abweicht.
Es gibt Röhrenmikrofone, die hier klangtreuer sind und unterschiedliche Richtcharakteristiken klanglich besser abstimmen.
Nahbesprechungseffekt
Der Nahbesprechungseffekt ist nicht übermäßig stark ausgeprägt. Aber: Ab 20 cm wird mir der Sound zu mumpfig (durch die erwähnte Bass- und Tiefmittenpräsenz, die in der Nähe noch verstärkt wird).
Nahbesprechung mit kompensierten Pegelunterschieden
Du solltest auf Abstand bleiben – 30 cm sind ratsam – und dafür brauchst Du eine gute akustische Umgebung zur Dämpfung des Raumhalls.
Lesetipp: Gesangskabine bauen: Erfahrungen & Tipps von A bis Z
Impulsverhalten
Das Warm Audio WA-47 zeichnet sich durch eine gute Detailtreue für ein Röhrenmikrofon dieser Preisklasse aus – das Impulsverhalten ist zu loben. Jedes kurze, abrupte Ansteigen und Fallen des Pegels wird vergleichsweise zackig im Signal umgesetzt.
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Warm Audio WA-47 Test-Fazit
Am Ende bleibt ein gutes Röhrenmikrofon mit einigen Stärken und einigen Schwächen. Wer einen Klon des legendären U 47 sucht, wird hier nicht fündig werden. Das ist kaum verwunderlich, da viele Bauteile nicht mehr erhältlich sind und zudem nicht bei diesem Preis. So verbleibt uns im Warm Audio WA-47 Review einfach nur die Einschätzung des Mikrofons an sich.
Das Warm Audio WA-47 punktet mit angenehmen Röhrenakzenten in den Hochmitten und Höhen. Das Eigenrauschen ist mit 11 dB(A) noch relativ zahm für Röhrentechnik. Die Details sind dank guter Impulstreue in den Aufnahmen zu vernehmen. Insgesamt hätte ich mir den Sound etwas dichter und fülliger gewünscht.
In der Nahbesprechung gerät mir der Sound etwas zu mulmig (auch bei weiblichen Stimmen). Außerdem dürfte der Frequenzgang beim Wechsel der Richtcharakteristik und beim Abweichen von der Haupteinsprechrichtung etwas konstanter sein.
Wer nur Vocals aufnehmen möchte, kann sich das Mojave MA-200 [Test] anschauen und anhören. Dieses ist preislich ähnlich angesiedelt und kommt mit fester Richtcharakteristik Niere – dafür klingt es im Vergleich etwas dichter.
Alles in allem haben wir hier ein gutes Mikrofon mit sehr flexiblen Möglichkeiten. Und so beschließe ich den Warm Audio WA-47 Test mit vier von fünf Punkten. Gut gemacht.
Features Warm Audio WA-47 Review
- Hersteller: Warm Audio
- Großmembran-Kondensatormikrofon
- Kapsel im Stile des Neumann U 47 (WA-47-B-80v)
- Ausgangsübertrager von TAB-Funkenwerk (AMI)
- Vakuumröhre JJ 5751
- Richtcharakteristika: Kugel, Niere, Acht und 6 Zwischenstufen
- Ausgangsimpedanz: 200 Ω
- Bewertete Lastimpedanz: ≥2 kΩ
- Übertragungsbereich: 20–20.000 Hz
- Max. Schalldruck @ 1 kHz & 1 kΩ: 140 dB bei 0,5% THD
- Eigenrauschen: 11 dB(A)
- Signal-Rausch-Abstand: 82 dB(A) (IEC651)
- Dynamikumfang: 130 dB(A) (IEC651)
- Maße: 90 x 254 mm
- Lieferumfang:
- Mikrofon Warm Audio WA-47
- Mikrofonspinne
- Netzteil + 7-poliges Kabel (5 m) zum Mikrofon
- Holzkiste
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