Universal Audio Lexicon 480L Test
Studiolegende in the box
Von Marius Schweitzer am 31. Januar 2019
Universal Audio Lexicon 480L Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
Algorithmischer Halleffekt nach legendärem Vorbild für die UAD-Plattform. Mit dem Universal Audio Lexicon 480L sind wunderbar dichte und (spätestens mit dem Random-Algorithmus) lebendig anmutende Halleffekte möglich. Sie verschmelzen wie selbstverständlich mit dem Mix. Vielseitigkeit ist gegeben, da die Algorithmen u.a. auch Delays, Chorus-Effekte, Reverse-Effekte und mehr ermöglichen. Bei der Bedienung fühlen sich alte Hasen wie zuhause, aber ich hätte gerne mehr von den erweiterten Parametern gleichzeitig im Blick zu haben. Anyway: Feine Emulation eines nach wie vor herausragenden Effektgeräts.
PRO
- Sehr dichter, lebendiger Sound möglich
- Klang fügt sich wie selbstverständlich in den Mix ein
- Hohe Flexibilität für Reverb-Effekte aller Art
- Auch für Chorus, Delays und mehr geeignet
- Gewohnte Bedienung für Kenner des Originals
CONTRA
- Seitenwechsel zum Zugriff auf fortgeschrittene Parameter nötig
Für wen?
Nutzer der UAD2-Plattform, die einen dichten, flexiblen Halleffekte (und mehr) suchen. Kenner des Originals kriegen zu 99,9% den liebgewonnenen Sound.
Was ist es?
Bei Universal Audio Lexicon 480L handelt es sich um einen algorithmischen Stereo-Halleffekt in Form eines Audio-Plugins für Windows & macOS, lauffähig auf UAD2-Hardware. Hier wird das 1986 veröffentlichte digitale Effektgerät Lexicon 480L offiziell nachgebildet. Es ist bis heute für seine Klangqualität und Flexibilität begehrt. Die Software basiert auf der finalen Firmware v4.10 des Originals.
Enthalten sind alle fünf Algorithmen. Darunter auch der stilbildende Random-Algorithmus mit seinen zufallsmodulierten Hallfahnen, zudem sind Effekte wie Dopplungen, Tremoli, Chorus-Sounds und mehr möglich.
Die Benutzeroberfläche des Plugins ist der Fernbedienung (»LARC«) des Originals weitestgehend nachempfunden.
Die wichtigsten Features – Universal Audio Lexicon 480L
- Algorithmisches Reverb Plugin für die hauseigene UAD2-Plattform
- Nachbildung des digitalen Hardware-Hallgeräts Lexicon 480L
- Algorithmen: Reverb, Effects, Twin Delays, Random, Ambience
- Oberfläche im Stil der originalen Fernbedienung »LARC«
Universal Audio Lexicon 480L – Video Review
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Universal Audio Lexicon 480L Test
Erster Eindruck
Form und Funktion der graphischen Oberfläche entsprechen weitestgehend der erwähnten LARC-Fernbedienung der ursprünglichen Hardware. Doch es gibt einige sinnvolle Verbesserungen: Zunächst lässt sich der gewünschte Algorithmus (siehe nächstes Kapitel) direkt per Klick auf das Display oben wählen.
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Weiterhin wurden den Knöpfen, die im Software-Kontext unnötig wären, neue Funktionen zugewiesen. Auch gibt es neue, nützliche Regler für Ein- und Ausgangsverstärkung. Diese finden sich auf einem versteckten Panel, das per Klick auf »OPEN« (neben dem Herstellerlogo) erscheint.
Das »UAD Plugin-Ins Manual« (PDF) beinhaltet etwas mehr als eine Seite lesenswerter Tipps zum Umgang mit Reverb-Effekten und zum Random-Algorithmus des (Universal Audio) Lexicon 480L.
Algorithmen des Universal Audio Lexicon 480L
Reverb
Der Löwenanteil der Presets – vier von zehn Bänke mit je zehn Presets – ist auf der Grundlage des Reverb-Algorithmus‘ erstellt worden. Für Halleffekte aller Art ist er die erste Adresse und bietet mehr als genug Spielraum für die verschiedensten virtuellen Räume. Dabei sind die verfügbaren Parameter sehr praxistauglich, siehe auch nächstes Kapitel.
Random
Eine Erweiterung des Reverb-Algorithmus‘, wobei zufällige Delays die Hauptrolle spielen. Die Hallfahnen werden dadurch sehr lebendig bis hin zu experimentell abgefahren. Der Hall ist insgesamt smoother und weniger »metallisch« als beim Reverb-Algorithmus, was sich gerade bei großen Hallräumen und langem Nachhall positiv bemerkbar macht.
Ambience
Hiermit soll der Effekt deutlicher mit dem trockenen Quellsignal verschmelzen und dieses in einen virtuellen Raum einbetten. Ein nahabgenommener Klang kann damit klingen, als wäre die Mikrofonentfernung bei der Aufnahme größer gewesen. Darüber hinaus kann der Algorithmus mit seinen Parametern aber auch so hingebogen werden, dass der Klang fernab von realistischen Raumeindrücken liegt.
Effects
Hier basiert die Klangerzeugung auf zufällig variierenden Delays. Das eröffnet großen Spielraum: Reverse-Effekte, modulierte Delays, Dopplung (nett auf Vocals), Tremolo und Chorus sind möglich. Auch natürlich anmutende Hallräume wie ein Wald, eine Drum-Kabine und mehr lassen sich damit erstellen.
Twin Delays
Dieses Doppel-Delay nutzt vier Stimmen (je zwei für den linken und rechten Kanal), wobei Level, Feedback (positiv oder negativ) und Delay-Zeit für jede Stimme unabhängig gesteuert werden. Für die ersten beiden Stimmen und deren Rückkopplungen stehen zudem Panning und Tiefpassfilter (min. 120 Hz) zur Verfügung.
Parameter
Zur Formung eines Klangs, der auf dem Reverb-Algorithmus als »Brot-und-Butter-Methode« basiert, steuern die Schieberegler zunächst folgende Parameter:
- RTM (Mid-Frequency Reverb Time) – Dauer der Hallfahne
- SHP (Shape) – Hüllkurvenform des Halls
- SPR (Spread) – Spreizung der Hüllkurve
- SIZ (Size) – Raumgröße
- HFC (High-Frequency Cutoff) – Grenzfrequenz des Tiefpassfilters (6 dB/Okt.)
- PDL (Pre-Delay) – Verzögertes Einsetzen des Halls
Damit wird alles abgedeckt, was Produzenten auf der Suche nach dem gewünschten Hall-Grundcharakter brauchen. Manche Parameter korrespondieren miteinander, beispielsweise bewirkt eine Reduzierung von SIZ auch eine entsprechend korrekt berechnete Reduzierung von RTM.
Wohlgemerkt: Die obigen sechs Hauptparameter sind so nur beim Reverb-Algorithmus zugänglich. Schaltest Du auf einen der anderen Algorithmen um, ändert sich das Sortiment der Stellschrauben mal teilweise, mal komplett.
Fortgeschrittenes
Und dann gibt es jeweils noch mindestens eine zweite, manchmal gar noch eine dritte und vierte Seite mit zusätzlichen Parametern – unterschiedliche viele und verschiedenartige je nach Algorithmus.
Die Fülle der Optionen ist beachtlich und sollte kaum Wünsche offenlassen.
In der Praxis mit dem Universal Audio Lexicon 480L
Bedienung
Die typische Vorgehensweise: Einen Algorithmus und damit eine bestimmte Bank wählen, dann ein Preset und schließlich die Schieberegler für Klang nach Gusto bewegen. Zum Feintuning kann während der Mausbewegung die Shift-Taste gehalten werden.
Bei anderen algorithmischen Reverb-Plugins mit ähnlicher oder größerer Parameterfülle muss man nicht zwingend die Seiten umschalten, um zu den fortgeschrittenen Parametern zu gelangen. Größere, nicht streng an Hardware-Originalen festhaltende Bedienoberflächen erlauben das, etwa beim Flux IRCAM Verb [Test] (im Video oben gegen Ende kurz zu sehen).
Zu den globalen Funktionen, die nicht auf einer der umschaltbaren Pages residieren, sondern stets zugänglich sind, gehört ein Wet-Solo-Button. Wenn Du nach der Maxime »Hall gehört nicht in die Inserts« arbeitest, ist das eine nützliche Komfortfunktion zusätzlich zu den Dry/Wet-Reglern in den Algorithmen-spezifischen Parametern.
Klangqualität und -charakter
Erwartungsgemäß haben wir es mit einem sehr, sehr guten algorithmischen Halleffekt zu tun, der insbesondere mit seiner Dichte und der Lebendigkeit des Random-Algorithmus punktet. Charakter und Güte sind für mich nicht unterscheidbar von bestproduzierten Songs, die seit Mitte der 80er mit dem Original erstellt wurden.
Übermächtige Snares, wie selbstverständlich in eine bestimmte Atmosphäre getauchte Vocals und mehr – kein Problem mit diesem Plugin. Natürlich kann dieses UAD-Plugin auf praktisch allen Instrumenten und Klängen gut klingen, aber Stimmen und Snare-Drums waren doch meine klassischen Lieblinge.
Die Vielfalt der Algorithmen und die daraus resultierende Tauglichkeit für abgefahrenere zeitbasierte Effekte aller Art – Delays, Chorus etc. ist auch nicht zu unterschätzen. Es gibt viel zu entdecken, auch wenn ich für Modulationseffekte & Co. doch eher bei meinen Spezialisten bleibe.
Der Mitbewerber
Im Vergleich mit einer anderen feinen Emulation des 480L – einer Demoversion des Plugins Relab LX480 – gab es kleine, aber auf diesem Level womöglich entscheidende Unterschiede. So wirkte das Universal Audio Lexicon 480L auf mich, als würde es das Quellsignal um einen Hauch selbstverständlicher umschließen. Die Einbettung ins Klangmaterial war einen Tick überzeugender.
Mit zusätzlichen Effekten wie subtiler Kompression und Saturation konnte ich das Relab-Plugin im Mix-Kontext teils genauso rund klingen lassen. Allerdings ist es eleganter, stabiler und Ressourcen-schonender, wenn ich dafür nur ein Plugin brauche.
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Universal Audio Lexicon 480L Test-Fazit
Das Universal Audio Lexicon 480L erzeugt Hallräume, die für mich genauso überzeugend sind wie jene, die das Original seit 33 Jahren auf unzähligen Produktionen zu zaubern weiß. Die Dichte der Hallfahnen und der klangliche Spielraum ist einfach erstklassig. In meine Mixe bettete es sich um Nuancen besser ein als das ebenfalls sehr gute, mit 299 Euro etwas günstigere Mitbewerber-Plugin von Relab Development.
Mit den fünf originalen Algorithmen und zahlreichen guten Presets als Ausgangspunkt ist noch eine Menge mehr möglich als »nur« (Random-)Reverbs. Hier kann ich mich auf atmosphärisch eindrucksvolle Ausflüge begeben, auch wenn ich meine Spezialisten für Modulationseffekte & Co. dafür nicht links liegenlassen werde.
Bei der graphischen Oberfläche und Bedienung hält man sich recht streng ans Original. Ich begrüße, dass es zusätzliche Regler für die Ein- und Ausgangsverstärkung gibt, aber manchmal ist es etwas umständlich, zwischen den Sechserreihen der Schieberegler umschalten zu müssen, um an die fortgeschrittenen Parameter zu gelangen.
Doch das ist nur ein kleiner Kratzer im prächtigen Gesamtbild, das der Kandidat im Universal Audio Lexicon 480L Test abgibt. Für die Qualität und Flexibilität ist der Preis angemessen, also verbleibe ich bei sehr guten viereinhalb von fünf Punkten.
Features Universal Audio Lexicon 480L Review
- Hersteller: Universal Audio
- Algorithmischer Reverb-Effekt als Audio Plugin für die UAD2-Plattform
- Nachbildung des Lexicon 480L, lizenziert & empfohlen von Lexikon
- Basiert auf der finalen Software-Version 4.10
- Für Windows & macOS / Schnittstellen: VST, RTAS, AAX 64, AU
- Algorithmen: Reverb, Effects, Twin Delays, Random, Ambience
- Oberfläche im Stil der originalen Fernbedienung »LARC« mit Verbesserungen
- Presets von Spike Stent, Chuck Zwicky, Eli Janney, Ian Boxill, Jacknife Lee etc.
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