Roli Seaboard Rise 25 Testbericht
Controller betritt Neuland
Von Felix Baarß
Roli Seaboard Rise 25 Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
Controller mit 25 weichen »Tasten« für MPE (Multidimensional Polyphonic Expression). Eine kühne Investition in Zukunft, hervorragend umgesetzt und mit enormem Potential. Die Ausdrucksstärke ist unvergleichlich, nun müssen nur noch mehr DAW- und Plugin-Hersteller nachziehen.
PRO
- Sehr differenziert und ausdrucksstark mit frischen Spieltechniken
- Keywaves sehr angenehm und spieltechnisch akkurat
- Gelungener virtueller Synthesizer mitgeliefert
- MIDI via Bluetooth (nur Mac)
- MIDI via USB
- Strom per USB und lange Batterielaufzeit
- Großartige Verarbeitung
CONTRA
- (Noch) Wenig Unterstützung durch Dritthersteller
Für wen?
Alle, die einen sehr hochwertigen, mobilen Controller für feine Zwischentöne jenseits der Halbtonschritte und mit hoher Ausdruckskraft suchen.
Was ist es?
Das Roli Seaboard Rise 25 ist ein MIDI-Controller zum Spielen von Tönen über zwei Oktaven hinweg. Anders als ein gewöhnlicher Keyboard Controller hat er keine herkömmliche Klaviatur, sondern 25 weiche, tastenartige Erhebungen (»Keywaves«) für ein sehr differenziertes Spiel. Bewege dich frei zwischen den Halbtönen und diversen Klangparametern je nach Fingerposition im Millimeterbereich und Druckstärke.
Wie empfindlich der Controller auf derlei Abstufungen von Tonhöhe, Dynamik & Co. reagiert, lässt sich mit drei dedizierten Touch-Slidern stufenlos justieren. Ein virtueller Synthesizer, der auf all die differenzierten Spielmöglichkeiten anspricht, steht zum Download für Windows & Mac OS bereit.
MIDI wird über USB oder Bluetooth gesendet, letzteres bisher nur mit einem Mac. Die Stromversorgung läuft über die USB-Buchse, alternativ sorgt die integrierte Batterie für Mobilität, laut Hersteller einen halben Tag lang (im Bluetooth-Betrieb sind es »nur« acht Stunden).
Der Controller ist zum Straßenpreis von 799,- Euro (inkl. MwSt.) im deutschen Musikalienfachhandel erhältlich. Es gibt neuerdings auch eine Variante mit 49 Tasten und einer etwas ausdauernderen Batterie – das Roli Seaboard Rise 49.
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Roli Seaboard Rise 25 Test
Erster Eindruck
Schwer und durch gummierte Auflageflächen endgültig rutschsicher steht das Gerät vor mir. Zwischen den zwei Hauptkomponenten des Chassis‘ ist das Spaltmaß verschwindend gering. Das Material ist extrem fest und verwindungssteif. Die berührungsempfindlichen Bedienelemente sind allesamt makellos in die Aussparungen des Gehäuses eingepasst.
Software
Das Download-Paket wiegt stolze 2,5 GB. Die Installation des Treibers und der Konfigurationssoftware verlief geschwind und ohne Stolpersteine.
Nach dem ersten Start der Konfigurationssoftware wurde ich freundlich auf ein verfügbares Firmware-Update hingewiesen, auch hier klappten Download und Installation reibungslos.
Keywaves
Den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen die Keywaves, also die Tasten. Deren durchgängige Silikonoberfläche ist unglaublich zart und ermöglich ein entsprechend intimes Spiel – wobei man weder beim Halten eines Tons von den tastenförmigen Erhebungen abrutscht, noch beim »Streichen« daran hängenbleibt.
Dünne weiße Striche dienen zur Kennzeichnung der Tastenflächen, die auf normalen Klaviertastaturen schwarz sind, also C#, D#, F#, G# und A#. Allzu groß sind die Keywaves nicht geraten, aber durch die ohnehin unvermeidliche Phase der Gewöhnung hat man bald den Bogen raus. Wer große Hände hat und/oder sich nicht mit den relativ kleinen Spielflächen abfinden will, muss zum Seaboard Grand mit integrierter Klangerzeugung und 49 Keywaves greifen.
Touchpad & Knöpfe
Dazu gesellen sich ein Touchpad zur Kontrolle von zwei Parametern in einem Koordinatenfeld (MIDI-CC-Nummern frei zuweisbar), ein Oktavwahlschalter und Knöpfen zum Blättern zwischen den Presets des mitgelieferten Synthesizers Equator (siehe unten).
Spieltechniken
Es gibt fünf Ausdrucksformen, die Du über verschiedene Gesten mit den Keywaves spielen kannst:
- Strike: Anschlagstärke (MIDI: Velocity) → in der Regel Lautstärke
- Press: Anhaltende Druckstärke (MIDI: Aftertouch) → Diverses
- Glide: Horizontales »Wischen« → Portamento, Vibrato & Co.
- Slide: Vertikales »Wischen« → Diverses, z.B. Öffnung des Filters
- Lift: Geschwindigkeit des Loslassens → Diverses + Release (MIDI: Note-Off)
Press, Glide und Slide können jederzeit stufenlos über die drei Touch-Slider links oben in ihrer Empfindlichkeit eingestellt werden. Bei voller Stärke reagieren sie sehr unterschiedlich je nach ausgeübtem Druck bzw. sehr empfindlich auf die exakte Fingerposition im Halbtonzwischenraum.
Bei einer vollständigen Deaktivierung hast Du quasi einen nicht-anschlagsempfindlichen, mit ganz normalen Tasten bestückten Controller vor dir. Ich finde es ganz hervorragend, dass man das Gerät derart fein und persönlichen Vorlieben entsprechend abschmecken kann.
Prima: Die Gesten werden allesamt höchst akkurat in die jeweils entsprechenden Klangänderungen umgesetzt. Nach etwas Übung und bei Bedarf Justierungen an den Transferkurven eröffnen sich ganz neue Welten.
Kompatibilität mit virtuellen Instrumenten & DAWs
Naturgemäß sind nicht alle Software-Klangerzeuger in der Lage, sämtliche Spieltechniken des Seaboard Rise 25 wie angedacht umsetzen. Das betrifft vor allem das Glide mit seinen Ausflügen in die Halbtonzwischenräume. Erwähnenswert ist zudem, dass viele Synthesizer-Plugins nichts mit dem polyphonem Pitch-Bending und den Aftertouch-Signalen anfangen können.
So geht es freilich allen innovativen Geräten – im besten Falle werden sie zu Vorreitern und ziehen nach und nach einen immer größeren Schweif von voll kompatiblen Software-Synthesizern und -Samplern nach sich, während andere zur Insellösung verkommen.
Das Seaboard Rise 25 liefert zumindest die Grundlagen zur Verhinderung von Letzterem – unterstützt wird die frisch ins Leben gerufene MIDI-Erweiterung MPE (Multidimensional Polyphonic Expression), an der etwa auch Apple, Moog und Roger Linn Instruments beteiligt waren/sind.
Beispielsweise konnte ich damit in der DAW Bitwig alle Parameter meines Spiels aufzeichnen, auch die Glide-Informationen (im Bild unten die kleinen Linien, die über die Notenbalken in der Pianorolle eingezeichnet werden). Der Bitwig-eigene Synthesizer »Polysynth« setzt diese um. Außerdem gibt es ja noch den mitgelieferten Synthesizer »Equator«, den wir weiter unten kurz beleuchten werden.
Hauseigene Synthesizer-Software
Im Lieferumfang findest Du eine Lizenz für den virtuellen Synthesizer Equator. Drei Wavetable-Oszillatoren (49 Wellenformen), ein Noise-Oszillator und zuschaltbare FM-Synthese für alle OSCs bilden die Grundlage der Klangerzeugung. Weiter geht es mit zwei Multimode-Filtern, einer Effekteinheit (separat zuschaltbar: 5-Band-EQ, Chorus, Delay und Reverb), zwei LFOs und fünf Hüllkurvengeneratoren. Stattlich.
Sehr bequem ist, direkt in Equator auf die Transferkurven für die Empfindlichkeit der Gesten Strike und Press sowie das Pitch-Bending zu haben. Die graphische Oberfläche ist sehr klar, sie erinnert mich an den Future Audio Workshop Circle oder den kostenlosen Helm.
Sounds
Rund 170 Presets sind an Bord, um die klanglichen Möglichkeiten zu demonstrieren. Sie sind sehr vielfältig und in der Regel klangqualitativ überzeugend, für meine Begriffe aber nicht so überwältigend wie bei den besten Synthesizer-Plugins von Entwicklern, die sich auf solche spezialisiert haben.
Das war zu erwarten und geht völlig in Ordnung. Mit der Programmierung von Grund auf kann noch etwas mehr herausgekitzelt werden, wenngleich es bei einigen anderen Plugins feinere Filter und Effekte gibt.
Jochen Aldinger am Roli Seaboard Grand
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Roli Seaboard Rise 25 Test-Fazit
Das ROLI Seaboard Rise 25 ist ein sehr gut umgesetzter MIDI-Controller für Spieltechniken mit bisher ungekannter Ausdrucksstärke. Die wohl wichtigsten: Portamento aka Glide (horizontales »Wischen«) und beliebige Parametermodulationen (vertikales »Wischen«). Die Silikonspielfläche mit ihren sanften Erhebungen (»Keywaves«) macht es möglich. Sie fühlen sich sehr angenehm an und setzen alle Gesten äußerst akkurat um.
Mitgeliefert wird ein ziemlich mächtiger virtueller Synthesizer für Windows und Mac OS. Die vielen Oszillatoren, Effekte und Modulationsmöglichkeiten erlauben flexibles Sounddesign und die Bedienung gelingt gut, auch durch Schieberegler zur direkten Kontrolle der Gestenempfindlichkeit.
MIDI wird per Bluetooth (bisher leider nur für Mac) oder das USB-Kabel an deinen Rechner gesendet, Letzteres stemmt auch die Stromversorgung. Alternativ ist der Batteriebetrieb mit halbtägiger Laufzeit (Herstellerangabe). Die Einrichtung als MIDI-Controller erfolgt schnell und reibungslos.
Schließlich möchte ich auf die herausragend gute Verarbeitung hinweisen. Gehäuse und Bedienelemente sind von ausgesuchter Qualität.
Einzig in der Frage nach der Kompatibilität mit DAWs und (virtuellen) Klangerzeugern müssen Abstriche gemacht werden. Den noch in den Kinderschuhen Steckende MIDI-Erweiterung MPE wird eben noch nicht von vielen DAWs und Plugins unterstützt. So universell einsetzbar wie ein Otto-Normal-Keyboard-Controller ist dieses Produkt also bei Weitem nicht.
Summa summarum haben wir es mit einem Gerät zu tun, das hohen und höchsten Ansprüchen gerecht wird. Ergo: Sehr gute viereinhalb von fünf Punkten im Roli Seaboard Rise 25 Testbericht auf delamar. Die Pionierarbeit ist in vorbildlicher Manier geleistet worden, doch nun müssen noch mehr Dritthersteller auf den Zug aufspringen.
Features Roli Seaboard Rise 25 Review
- Hersteller: ROLI
- Controller mit 25 weichen »Tasten«
- MIDI via USB oder Bluetooth
- Virtueller Synthesizer »Equator« für Mac OS
- Anschlüsse:
- Klinkeneingang (6,3 mm) für ein Expression-Pedal
- USB (Typ B) für MIDI-Output & Stromversorgung
- USB (Typ A) zum Aufladen batteriegespeister USB-Geräte
- Buchse für ein Netzteil (nicht mitgeliefert)
- Batterie für 12 Stunden Spielzeit (Herstellerangabe)
- Maße: 505 x 210 x 23 mm
- Gewicht: 2,8 kg
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