Roland TR-8 Testbericht
Moderne Drum Machine
Von Felix Baarß
Roland TR-8 Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
Performance-orientierte Drum Machine mit Effekten.
Konsequent modernisiert, ohne die bewährten Sounds über Bord zu werfen – diese Drum Machine klingt fett, bietet zusätzlich Effekte und lässt sich mehrspurig in die DAW einbinden.
PRO
- Nahezu originalgetreue Klänge mit viel Leben und Wärme
- Ausreichend klangliche Flexibilität, auch dank den Effekten
- Einfache, direkte und spaßige Bedienung
- Audioeingang mit Sidechaining durch die TR-8-Beats
- USB Audio Interface mit separaten Stereooutputs jedes Instruments
CONTRA
- Kein Soloschaltung einzelner Instrumente
- Kein Song-Modus
Für wen?
Fortgeschrittene Produzenten, die die Sounds der Vorbilder mögen, aber ein moderneres Gerät mit Effekten und DAW-Einbindung suchen.
Was ist es?
Die Roland TR-8 ist eine Drum Machine nach dem Vorbild der altbewährten TR-808 und TR-909 – mit Bass Drum, Snare, Clap, Hihats, Becken und mehr, digital nachgebildet und ab Werk auf 16 Kits verteilt. Die elf Instrumente lassen sich separat im Klang formen und über den Step-Sequenzer zu Rhythmen und Patterns anordnen. Anders als bei den Originalen finden sich an diesem Gerät Effekte: ein Delay (Echo), ein Reverb (Hall), die Sektion »Scatter« für Stottereffekte, umgekehrte abgespielte Sounds und mehr in zehn Variationen.
An Bord ist eine USB-Buchse, die als Audio & MIDI Interface fungiert. Alle elf Instrumente können auf separaten Kanälen an deine DAW geschickt und aufgezeichnet werden. Die sonstigen Anschlüsse findest Du im Infokasten.
Die Drum Machine Roland TR-8 ist zum Straßenpreis von 499,- Euro (inkl. MwSt. & Versandkosten) im deutschen Fachhandel zu haben.
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Roland TR-8 Test
Erster Eindruck
Die Roland TR-8 ist erstaunlich leicht für ihre Größe, in einem großen Rucksack oder einer geräumige Umhängetaschen kannst Du sie ohne Mühe überall mit hinnehmen. Die vier kleinen Moosgummifüße sorgen für einen festen Stand auf Bühnenpulten und Studiomöbel. Dank der griffigen Gummierung sind die mit einem angenehmen Widerstand ausgestatteten Potis gut bedienbar. Allerdings liegen sie recht eng beieinander – ein wenig Fingerspitzengefühl ist nötig. Die Klinkenbuchsen sind nicht fest mit dem Gehäuse verschraubt.
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Die Beleuchtung ist farbenfroh (frisches Grün dominiert) und sehr kräftig, erst bei direkter Sonneneinstrahlung wird es knifflig mit der Erkennbarkeit. Spätestens die vielfarbige Hintergrundbeleuchtung der großen Step-Tasten beim Sequenzer sorgt für einen Hallo-Wach-Effekt. Sofort wird deutlich, welcher Sound wo aktiv oder nicht aktiv ist, an welcher Stelle sich der Sequenzer gerade befindet und dergleichen. Sehr schön.
Der ASIO-Treiber war auf meinem Windows-Testcomputer schnell installiert, im Anschluss stand das Gerät als USB 2.0 Interface für Audio & MIDI zur Verfügung.
Grundprinzip und Sounds
Diese Drum Machine fühlt sich ganz besonders wohl in House, Techno, Tech House, Electro und Downbeat. Auch Hip Hop, Pop und Indie-Rock können bestens mit Rolands charakteristischen Drum Sounds angereichert werden. Die Roland TR-8 klingt eine Spur anders (weniger Rauschen, weniger »Schmutz«) als bei den analogen Originalen, aber ansonsten bekommst Du im Grunde genau die Sounds, die unzähligen Produktionen ihren Charakter verliehen haben. Ohne Ungereimtheiten beim Verstellen der Tonhöhe und ohne die Sterilität, die sonst sehr oft zu den Charakteristika digitaler Emulationen zählt.
Es gibt acht fertige Drum Kits, die aus dem folgenden Reservoir zusammengestellt wurden: 3 Kicks, 2 Snares, je 3 tiefe, mittlere und hohe Toms, 3 Rimshots und 3 Claps, je 2 offene und geschlossene Hihats sowie je zwei Crash- und Ride-Cymbals. In den Kits kannst Du einzelne Instrumente durch alternative Sounds aus diesem Fundus ersetzen. Die Freiheiten, die Drum Synthesizer wie Nord Drum 2 & Co. eröffnen, werden hier naturgemäß nicht ansatzweise erreicht. Wer also gerne minutiös an Klängen bastelt, wird mit der Roland TR-8 nicht glücklich.
Roland TR-8 Klangbeispiele
Bass
Lead
Megaphon
Robot
8 Kits
Delay
Scatter
Klangformung
Ganz wie bei den Klassikern sind alle Parameter zur Klangformung sämtlicher Instrumente sofort zugänglich. Unnötige Umwege gibt es keine, nötige nur selten. Erst für Fortgeschrittenes wie die Effekte und die Step-Akzentuierung müssen separate Modi aktiviert werden, damit sich das Reglerschrauben oder Knopfdrücken auf den Sound auswirkt.
Sämtliche Einstellungsänderungen werden sofort gespeichert, Du kannst also bedenkenlos ausschalten und später nahtlos an die alte Session anknüpfen. Eine denkbar einfache, gute Lösung.
Die Regelung von Tonhöhe und Ausklangdauer (»Decay«) ist auf allen Instrumenten möglich. Abseits davon variiert die Ausstattung leicht: Bei der Bass Drum gibt es etwa einen Attack-Regler (für mehr oder weniger starkes Klicken am Beginn des Klangs) und bei der Snare Drum einen »Snappy«-Poti für das treibende Rauschen im Klang. Alles in allem liefern die Regler nicht zu viel und nicht zu wenig. Dieser Eindruck drängt sich übrigens auch in allen anderen Bereichen auf, was einen unkomplizierten, spaßigen Zugang zum Gerät schafft.
Step Sequencer
Mit 40 – 300 BPM beim großen Temporegler gibt es genug Spielraum für alle Genres und Stimmungen. Und sobald dein Beat ansatzweise steht, kannst Du am Shuffle-Regler drehen. Ich wäre ohne diesen Parameter völlig aufgeschmissen (anderswo heißt er »Swing« oder »Groove«), weil funky House-Grooves unmöglich wären. So habe ich auch meine Klangbeispiele mit diesem Regler auf der 2-Uhr-Stellung aufgenommen. Hier lassen sich extrem starke Werte einstellen – in beide Richtungen, also nicht nur zur Verzögerung, sondern auch zum verfrühten Abspielen der Off-Beat-Anschläge.
Die Arbeit mit dem Step-Sequenzer gestaltet sich weitgehend reibungslos, ob per Programmierung oder in Echtzeit. Reichlich Platz für Rhythmen aller Art ist mit 16 Patterns ebenfalls. Die Buttons sind schön groß und wie erwähnt wunderbar hell und bunt erleuchtet. Die Pattern-Länge ist geschwind verstellbar, wobei die Roland TR-8 so liebenswürdig ist und das gerade spielende Pattern stets noch zu Ende laufen lässt.
In der Praxis
Unglücklich ist allerdings, dass beim Übertragen der Pattern-Belegung per Copy & Paste auf ein anderes Pattern die Wiedergabe gestoppt wird. Zudem kannst Du Pattern-Daten nicht zwischen den A- und B-Sektionen transferieren. Das wäre doch etwas für ein Software-Update der fleißigen Roland-Entwickler. Zudem könnte der eine oder andere einen Song-Modus vermissen, also eine ausgefeilte Verkettung von Patterns und nicht nur das Hintereinander-Abspielen dieser. Hier möchte ich aber auf die Möglichkeit der externen Sequenzierung und die gute DAW-Integration (siehe unten) verwiesen.
Der Modus »INST PLAY« ermöglicht es, die Instrumente direkt durch die Step-Tasten 1 bis 11 zu triggern, Rolls (für Snare-Wirbel & Co.) zu spielen und – für mich essentiell – Sequenzer-Kanäle für einzelne Instrumente stummzuschalten. Eine Solo-Funktion hätte allerdings oft noch einen erheblichen Komfortbonus bedeutet. Denn um Instrument X alleine abzuhören, möchte ich nicht jedes Mal alle anderen stummschalten müssen.
Effekte
Mit Delay und Reverb sind zwei der wichtigsten Effekttypen am Start, wobei Du für jeden Step in deinem Pattern bestimmen musst, ob der Effekt auf den dort gesetzten Anschlägen (instrumentenübergreifend) wirken soll.
Kreativer Spielraum ist gegeben, nicht zuletzt, weil es je acht wählbare Algorithmen für diese Effekte gibt. Die Palette reicht von schlichten Echos bis hin zu Tape-Delays mit heftigen Tonhöhenschwankungen, während für die Reverbs einige Variationen im Hallfahnen-Timbre sowie ein Platten- und ein Federhall bereitstehen.
Abschließend ein Blick auf die Scatter-Sektion, über die Du acht Spielarten von Stotter-, Reverse- und anderen Effekten moderner Spielart aktivieren kannst. Ein netter, wenn auch nur mit sehr viel Geschick musikalisch sinnvoll einsetzbarer Bonus für Glitch, EDM etc. Ein paar Klangbeispiele findest Du weiter oben in diesem Roland TR-8 Testbericht auf delamar.
Sonstiges zur Roland TR-8
Über zwei Klinkenbuchsen kannst Du ein beliebiges Signal mit Line-Pegel einspeisen, begleitend mit separat regelbarer Lautstärke abspielen und – der Clou – vom Beat der Roland TR-8 per Sidechaining automatisiert herunterregeln (»ducken«) lassen. House- und Techno-typisch pumpende Klänge sind somit schnell erzeugt, eine feine Idee.
Zwei Ausgängen, die separat vom Hauptausgangspaar vorliegen, kannst Du ein oder mehrere beliebige Instrumente zuweisen. Das ist kein Ersatz für Einzelausgänge (nötig zum fortgeschrittenen Recording und zur gezielten Weiterbearbeitung einzelner Instrumente). Aber die hätten auch kaum in einem so kompakten, relativ erschwinglichen Gerät untergebracht werden können. Zudem rettet sich das Gerät für meine Bedürfnisse insofern vollends, als die Ausspeisung der digitalen Audiosignale via USB sehr wohl über separate Kanäle für alle elf Instrumente verfügt. Hervorragend!
Schade, dass die als MIDI-CCs aufgezeichneten Reglerbewegungen nicht auf dem Rückweg von der Roland TR-8 erkannt und live in entsprechende Klangänderungen umgesetzt werden. Das kann eigentlich nur ein Versäumnis sein, das mit einem zukünftigen Software-Update behoben werden dürfte.
Abschließend erwähnenswert ist die Möglichkeit zur Synchronisation mit anderen Geräten (z.B. dem Roland TB-3 [Testbericht]) via MIDI-Clock. Immens wichtig für das koordinierte Zusammenspiel, vor allem bei Live-Auftritten.
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Roland TR-8 Test-Fazit
Die Roland TR-8 liefert die Instrumente der 808 und 909 in einem sehr ähnlichen, nur eine Spur moderner anmutenden Sound. Die Emulation der analogen Klänge gelingt ausgesprochen gut, stets hat man den Eindruck eines warmen, lebendigen Sounds und es sind keine Artefakte bim Pitchen hörbar. Die klangliche Flexibilität ist trotz der eingeschränkten Auswahl an Grundklängen (die Vorbilder hatten ja noch weniger) ziemlich hoch. Nicht zuletzt wegen der Effekte, die sehr gelungene zusätzliche Möglichkeiten für die Performance bieten.
Ich bin hin und her gerissen – ich liebe die Sounds der 808, also bin ich mehr als glücklich mit den Sounds. Andererseits bin ich Frickler und Sounddesigner aus Leidenschaft. Die TR-8 bietet nicht viele Eingriffsmöglichkeiten, anders als beispielsweise die DSI Tempest, doch am Ende überwiegt ganz klar die über weite Strecken einfache, direkte Bedienung, die dem Spaß fast nie Steine in den Weg legt.
Der Audioeingang, dessen Sounds ich per TR-8-Beat mit Sidechaining zum Pumpen bringen kann, ist ein sehr schöner Bonus. Was in meinen Augen aber wirklich grandios ist: Alle elf Instrumente plus der Mix-Output können als separate Stereokanäle via USB ausgespeist und in DAW, Audio-Editor oder sonstiger Host-Software verarbeitet werden. Ein Feature, das ich bei so vielen mehrspurigen Geräten schmerzlich vermisse.
Zu den kleinen Unzulänglichkeiten für meine Bedürfnisse zählt, dass es keine Solo-Buttons gibt, stattdessen müssen immer alle anderen Kanäle stummgeschaltet werden. Für den einen der anderen mag auch das Fehlen eines Song-Modus‘ von Belang sein – komplexe, non-lineare Arrangements der Patterns sind nicht möglich.
Schließlich sind die Sounds, die Unmittelbarkeit der Bedienung und die mehrkanalige DAW-Integration aber so starke Argumente, dass ich im Roland TR-8 Testbericht sehr gute viereinhalb von fünf Punkten als angemessen empfinde. Ein gelungener Reboot.
Features Roland TR-8 Review
- Hersteller: Roland
- Drum Machine
- Sounds der TR-808 & TR-909
- 11 Instrumente separat regelbar
- Step-Sequenzer mit 16 mehrfarbig beleuchteten Tastern
- Max. 32 Steps pro Pattern
- Speicher für 16 Kits & 16 Patterns
- Effekte: Reverb, Delay & 10 Arten von experimentellen Scatter-Effekten
- Tempo: 40 – 300 BPM
- Eingänge: 2x6,3 mm (L+R) mit Sidechaining
- Hauptausgang: 2 × 6,3 mm
- Zuweisbare Ausgänge: 2 × 6,3 mm
- Kopfhörerausgang: 6,3 mm
- MIDI In & Out (DIN)
- USB-Buchse für Audio & MIDI
- Maße: 400 × 260 × 65 mm
- Gewicht: 1,9 kg
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