Roland R-26 Testbericht
Field Recorder mit XLR und Mehrspuraufnahme
Von Oliver Olbrich
Roland R-26 Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
Vielseitig einsetzbarer Field Recorder.
Neben der hervorragenden Klangqualität bietet der R-26 auch ein brauchbares Audio Interface mit ASIO-Treibern.
PRO
- Exzellente Klangqualität
- 6 gleichzeitig bespielbare Spuren
- 4 interne Mikrofone (X/Y-Stereo und omnidirektionales Stereo)
- Integriertes Audio Interface mit ASIO-Treibern
- Touchscreen mit durchdachter Menüführung
- Input-Pegelregler sehr gut für den Live-Betrieb/Outdoor-Einsatz geeignet
- Guter Limiter für Pegelspitzen
CONTRA
- Kein direktes Löschen von verpatzen Aufnahmen möglich
- Bearbeitung von Sound-Dateien ist umständlich
- Kein automatisches Auspegeln während der Aufnahme möglich
Für wen?
Alle, die mobil auf bis zu sechs Spuren aufzeichnen wollen.
Was ist es?
Der Roland R-26 ist ein tragbarer Recorder (auch Field Recorder oder Handheld Recorder genannt). Die Optionen zur Mikrofonierung sind vielfältig: Es gibt zwei Stereo-Mikrofonpaaren (X/Y und omnidirektional) sowie zwei kombinierte Eingänge für XLR & Klinke mit Phantomspeisung (48 Volt) und einem Stereo-Mikrofoneingang.
Diverse Kombinationen aus den eingebauten Mikrofonen und Eingangskanälen lassen sich wählen, womit Du auf bis zu sechs Kanälen (3 x Stereo) gleichzeitig aufnehmen kannst.
Ein Audio Interface ist integriert – so kannst Du über den USB-Anschluss direkt auf deinen Computer aufnehmen oder umgekehrt im R-26 die Signale aufzeichnen, die vom Rechner kommen.
Ungewöhnlich für einen Field Recorder ist der große Touchscreen, über den fast alle Funktionen des Geräts gesteuert werden können.
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Roland R-26 Test
Lieferumfang
Im Lieferumfang sind neben dem R-26 ein Netzteil, ein USB-Kabel, ein aufsteckbarer Windschutz, eine SD-Karte (2 GB), Cakewalk Sonar X1 LE nebst Schnellstartanleitung und ein gedrucktes deutsches Handbuch enthalten (sehr löblich). Batterien liegen nicht bei.
Erster Eindruck
Was für eine Wuchtbrumme! Auf den Schreibtisch gelegt ist der R-26 ist 82 mm breit, 180,1 mm tief und korpulente 41,1 mm hoch. Die umfangreiche Ausstattung mit zwei XLR-Anschlüssen und dem großen Display gibt bereits einen Hinweis darauf, dass es sich hier nicht um ein Gerät für die Hosentasche handelt. Doch wenn Du das Gerät endlich aus der Packung gefischt hast, wird endgültig klar, dass der R-26 nicht in Konkurrenz mit ultraportablen Geräten wie dem Olympus LS-5 treten kann und soll.
Die zwei Komponenten der Kunststoffverschalung (Oberseite und Unterseite), die über große Teile der Oberfläche gelegt und seitlich verschraubt wurden, machen keinen allzu hochwertigen Eindruck. Da es sich nun schon um ein so klobiges Gadget handelt, hätte Roland auch so konsequent sein können, den R-26 komplett in ein Metallgehäuse zu packen – ich empfinde es nicht als nötig, auf diese Weise Gewicht zu sparen.
Bedienung
Alle Menüpunkte sind mit einem Symbol in schönster Retro-Pixelkunst unterlegt. Das hilft mir, um mich schneller zurechtzufinden, als wenn mich lediglich eine Textwüste begrüßen würde. Die Menüführung ist gut strukturiert: Allzu große Verschachtelungen bleiben aus und meist fand ich die Funktionen genau da, wo ich sie vermutete. Die Anzeigesprache lässt sich auf Englisch und Japanisch einstellen.
Wenn Du nicht gerade die Pranken eines Schmieds hast, sind alle virtuellen Knöpfe auf dem Touchscreen groß genug, um sie vernünftig bedienen zu können. Stets gibt es in der rechten oberen Ecke einen »Back«-Button, mit dem Du zum Hauptmenü und schließlich zum Aufnahmebildschirm mit den Pegelmessern und der Aufnahmezeit zurückkehren kannst. Das lässt sich auch mit dem physikalischen Knopf »Menu« bewirken, der rechts unten auf der Bedienoberfläche des Geräts angebracht ist und sonst dafür sorgt, überhaupt erst in das Menü zu gelangen. Gut gelöst.
Die Hintergrundbeleuchtung des Displays lässt sich gegenüber der Werkseinstellung noch erhöhen. Auf der Maximalstufe solltest Du auch bei direkter Sonneinstrahlung noch etwas erkennen können.
Nun zu den Druckknöpfen und Drehreglern abseits des Touchscreens. Mir gefällt, dass der R-26 nicht mit Bedienelementen überfrachtet ist. Die Hauptsektion begnügt sich mit Play/Pause, Aufnahme, Stopp, Vor und Zurück sowie dem oben schon erwähnten Menüknopf. Gleich darüber sind zwei sehr große, seitlich geriffelte und daher griffige Rädchen zur Regulierung der Input-Lautstärken.
Wie bereits erwähnt, ist der R-26 aufgrund seiner Größe kaum für die schnelle Aufnahme zwischendurch geeignet. Dafür ist er gar nicht gedacht, außerdem wäre er einfach viel zu schade dafür. Um den Field Recorder stabil zu installieren, ist an der Rückseite ein viertelzölliges Schraubgewinde für Stative implementiert. Zusätzlich befinden sich dort Gummifüße, die ein Rutschen auf glatten Oberflächen sehr gut verhindern und zusätzlich das Gerät auch ein wenig vom Untergrund entkoppeln.
Seitlich unten sind zwei Stifte angebracht, über die man das Gerät an einem Tragegurt befestigen kann. Das Gerät hängt dann kopfüber und die XLR-Anschlüsse schauen nach oben. Für mobile Außenaufnahmen ist das genial, da man damit einen perfekten Zugriff auf die seitlichen Pegelregler hat. Speziell Interviewsituationen auf der Straße, bei Konzerten oder ähnlichem sollten damit sehr gut gelingen.
Aufnehmen & Abhören
Gehen wir mal die Arbeitsschritte für eine Aufnahme der Reihe nach durch. Zunächst stellst Du die Zahl der Aufnahmekanäle (1, 2, 4 oder 6) ein; für MP3-Aufnahmen ist es obligatorisch, den 2-Kanal-Modus zu wählen. Dann musst Du die Kombination der Aufnahmequellen bestimmen. Hier gibt es zahlreiche Optionen: von einer Monoaufnahme über einen der XLR-Inputs bis hin zum vollen Programm mit sechs Kanälen (3 x Stereo) über die internen Mikrofone oder Mischungen aus diesen und den XLR- bzw. Klinkeninputs.
Es folgt die Wahl der Sample-Rate (44,1 / 48 / 88,2 / 96 kHz) und des Aufnahmeformats, also WAV (16/24 Bit) oder MP3 (128 / 160 / 320 kb/s). Dabei ist es möglich, gleichzeitig mit WAV und MP3 aufzunehmen, wobei die Qualität allerdings auf 16 Bit und 128 kb/s beschränkt ist. Finde ich nicht weiter tragisch.
Nun solltest Du eventuell noch den Hochpassfilter zum Entfernen lästiger Nebengeräusche wie Trittschall oder ähnlichem Rumpeln aktivieren. Dabei kannst Du einstellen, ob der Filter bis 100, 200 oder 400 Hz greift. Diese Variabilität ist löblich, allerdings wären für meine Begriffe kleinere Abstufungen sinnvoller gewesen, etwa 80, 120 und 160. Den Filter bei 400 Hz würde ich eher selten nutzen.
Zudem ist ein Limiter eingebaut, mit dem sich lästige Übersteuerungen beschneiden lassen. Generell solltest Du natürlich peinlichst genau darauf achten, dass es von vorneherein gar nicht dazu kommen kann, indem Du die Input-Lautstärke entsprechend niedrig hältst. Das lässt sich mit den wunderbar großen und gut bedienbaren Rädchen realisieren. Manchmal kommt es aber doch zu unterwartet heftigen Lautstärkespitzen, die mit einer rot aufleuchtenden LED angezeigt werden.
Limiter und Hochpassfilter lassen sich auch während der Aufnahme schnell zuschalten oder deaktivieren.
Nächster Punkt auf der Checkliste: Phantomspeisung. Wenn Du Kondensatormikrofone nutzen möchtest, ist die Zuschaltung einer Phantomspannung von 48 Volt vonnöten. Wie alle bisher genannten Einstellungen lässt sich diese über den Touchscreen im Menü aktivieren.
Zur Aussteuerung der Mikrofonempfindlichkeit steht ein dedizierter Druckknopf bereit, der sinnvoll positioniert ist, nämlich genau zwischen den beiden Drehreglern. Durch diesen Druckknopf ist ein sehr schnelles Anpassen der Empfindlichkeit möglich. Bei der Aussteuerung werden nur die zu dieser Zeit aktiven Mikrofone angezeigt, was mir gut gefällt. Über den »Autosens«-Button ist es möglich, die Empfindlichkeit automatisch einstellen zu lassen.
Mit »Direct Monitor« kannst Du unmittelbar abhören, was die Mikrofone des Geräts aufschnappen.
Zur Regulierung der Input-Lautstärke gibt es die erwähnten zwei Rädchen. Die gefallen mir sehr gut, da sie nicht zu leicht- aber auch nicht schwergängig sind. Sie sind gut erreichbar aber doch so weit in das Gerät eingelassen, dass ein versehentliches Verstellen nicht vorkommen sollte. Im Live-Betrieb solltest Du mit Ihnen sehr gut arbeiten können.
Was bei der Pegelaussteuerung fehlt, ist eine Automatik. In sehr dynamischen Umgebungen oder für eine Backup-Spur könnte diese hilfreich sein. Da der Limiter in unseren Tests gut gearbeitet hat, kann man das jedoch verkraften.
Um die Aufnahme zu starten, geht man erst in den Record-Standby-Modus und beim zweiten Drücken von REC startet die Aufnahme. Der R-26 legt für jede Aufnahme einen eigenen Ordner mit dem Audiofile darin auf der SD-Karte an. Nimmt man vier oder mehr Spuren auf, werden mehrere Dateien in diesem Ordner abgelegt, die jeweils zwei Spuren enthalten. Ein Mixdown von vier oder mehr Spuren ist nicht möglich und sollte bei Bedarf extern gemacht werden.
Nach der Aufnahme kannst Du dir das Ergebnis über Play sofort anhören, Markierungen setzen und eventuell die Pegel nochmal anpassen. Ein Knopf, mit dem verpatzte Aufnahmen direkt wieder gelöscht werden können, ist leider nicht vorhanden. Dies kann zwar über den FINDER gemacht werden, ist so jedoch etwas umständlich. Vor allem da man mit dem FINDER nicht scrollen kann, sondern sich durch alle Files klicken muss. Will man also File Nr. 50 löschen, muss man nur ca. 45-mal klicken. Au backe.
Nutzung als Audio Interface
Außergewöhnlich ist die Möglichkeit, den R-26 als Audio Interface zu nutzen. Das beigelegte USB-Kabel versorgt den Recorder mit Strom. Schade, dass es mit circa einem Meter recht kurz ausfällt.
Nach der ersten Verbindung mit dem Rechner erscheint die Meldung auf dem Touchscreen, ob der Betrieb als externer Datenträger oder als Audio Interface gewünscht wird. Im Menü lässt sich jederzeit einstellen, welcher Modus standardmäßig genutzt wird oder ob die Abfrage immer wieder von neuem erscheinen soll, sobald deine USB-Verbindung etabliert wird.
Der Treiber für den Betrieb als Audio Interface befindet sich auf der mitgelieferten SD-Karte in einer ZIP-Datei. Nach dem Entpacken und Installieren war der Roland R-26 als Wiedergabe- und als Aufnahmegerät mit jeweils einem Kanal registriert.
Plug & Play wäre besser gewesen. Die Treiber hätten auch auf einem internen Speicher gelagert werden können, um eine automatische Installation direkt nach dem ersten Anstecken des Geräts an den Computer zu ermöglichen. Kein Beinbruch, aber auch nicht ideal.
Erstaunt war ich aber nach der Installation. Im Treiber von Roland ist ein ASIO-Treiber enthalten. Du kannst also nicht nur Musik vom Rechner über das Gerät hören oder die A/D-Wandler des Geräts nutzen, um Aufnahmen am Rechner zu machen. Es ist sogar möglich, eine DAW über den R-26 zu nutzen. Mit PreSonus Studio One 2 kam ich zu den sehr guten Werten von 5,9 ms bei der Eingangslatenz und 4,3 ms bei der Ausgangslatenz – bei 96 kHz und 32 Bit. Beim Abspielen eines der Testprojekte der genannten DAW hatte ich keine Hänger hören können.
Das Feature als Audio Interface ist in meinen Augen kein nutzloses Gimmick, sondern eine interessante Erweiterung. Auf einer Party könntest Du so Musik über ein DJ-Tool laufen lassen, die Stimmung Atmosphäre über die integrierten Mikrofone aufnehmen und noch ein Mikro zum Anfeuern oder Mitsingen an den XLR-Eingang anschließen. Dann Record drücken und schon hast Du einen Live-Mitschnitt. Spitze.
Sonstiges
Zur Versorgung mit Batterien benötigt das Gerät vier AA-Batterien. Ich würde allerdings empfehlen, den R-26 mit Akkus zu betreiben, das spart bares Geld. Im Menu gibt es Einstellungen für Alkaline oder Ni-MH.
Beim Testen war ich bei circa -10 Grad Celsius in der Stadt unterwegs. Ich kann sagen, ich habe auf jeden Fall mehr gefroren als das Gerät. Das hat mit der Temperatur nämlich keine Ermüdungserscheinungen gezeigt, ganz im Gegensatz zu mir. Und auch der mitgelieferte Windschutz für die internen Mikrofone hat dabei gute Dienste geleistet.
Über den FINDER bestehen Möglichkeiten Files zu trennen, zusammenzufügen oder zurechtzuschneiden. Ein genaues bzw. schnelles Arbeiten ist damit allerdings nicht möglich. Das solltest Du doch besser am PC machen.
Klang
Sehr begeistert bin ich vom Klang der Aufnahmen. Beim Einsatz der internen Mikrofone können die zwei Stereomikrofone in allen erdenklichen Varianten genutzt werden. Entweder Du nimmst über das X/Y-Paar, das omnidirektionale Paar oder einer Mischung aus beiden auf. Bei einer Mischung kann zwischen drei Presets (Solo, Concert, Field) und einer manuellen Gewichtung der Mikrofone gewählt werden. Das deckt sich voraussichtlich gut mit den Haupteinsatzgebieten der internen Mikrofone.
In unseren Versuchen klangen die Aufnahmen des Geräts sehr klar und sauber. Auch feine Details wurden sehr sauber abgebildet. Im Vergleich mit dem Olympus LS-100 geht der R-26, was den Detailreichtum angeht, als Sieger hervor. Bewegungen im Raum nach hinten oder von rechts nach links können beim Abhören sehr gut nachempfunden werden. Beim Rauschverhalten ist das Gerät absolut konkurrenzfähig zu vergleichbaren Produkten.
Danach kam der XLR-Anschluss unter die Lupe. Angestöpselt haben wir ein Neumann U87ai. Die Aufnahme ist ebenfalls sehr gut und glänzt mit einer außergewöhnlichen Brillanz für einen Field Recorder.
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Roland R-26 Test-Fazit
Der Roland R-26 ist ein regelrechtes Arbeitstier. Selbst als reiner Field Recorder wäre er sein Geld schon wert. Seine Aufnahmen klingen brillant und klar. Mit den zahlreichen Anschlussmöglichkeiten für externe Mikrofone und sechs simultan bespielbaren Spuren kann man das Gerät jedoch wesentlich mehr als jeder gewöhnliche Field-Recorder. Dass Roland dann noch ein Audio Interface mit ASIO-Treiber reinpackt, ist ein echter Knaller. Die Anwendungsbereiche erweitern sich dadurch so enorm, dass man es schon kaum noch als Field-Recorder bezeichnen kann.
Der Touchscreen gefällt und macht die Bedienbarkeit durch große Buttons einfach. Das Layout von dedizierten Input-Reglern und Knöpfen ist durchdacht. Auch die interne Menüführung ist übersichtlich und ganz gut gelungen. Allerdings sind das Dateisystem und die Dateibearbeitung etwas umständlich. Diese Arbeit sollte man lieber auf den externen Rechner verlagern.
Dass sich die Plastikverschalung vom Gehäuse nicht so hochwertig anfühlt, ist schade, kann den insgesamt sehr guten Eindruck aber nicht schmälern. Daher gibt es im Roland R-26 Testbericht sehr gerne viereinhalb von fünf Punkten von meiner Seite aus.
Features Roland R-26 Review
- Hersteller: Roland
- Field Recorder mit 6 Spuren
- WAV 96 kHz/24 Bit & MP3 320 kb/s
- 4 interne Mikrofone
- 2 XLR-/Klinkeneingänge mit Phantomspeisung
- Stereo-Klinkeneingang (3,35mm)
- Touchscreen
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