Mu Technologies Mu Voice Testbericht
Vocal Processing Tool zum Live- oder Studioeinsatz
Von Oliver Olbrich
Mu Technologies Mu Voice Test-Fazit
3
DELAMAR
SCORE
Umfangreiche Stimmenbearbeitung. Plugin mit zahlreichen Effekten wie Harmonizer, Tonhöhenkorrektur, Formant und anderen zur Verfeinerung von Gesang und Soloinstrumenten.
PRO
- Zahlreiche Möglichkeiten der Akkordsteuerung
- Gelungene Zusammensetzung von Effekten pro Stimme
- Akkordschemata können einfach gespeichert und weitergegeben werden
- Geringe Latenz und niedrige Prozessorlast
- Direkter Zugriff auf fast alle Parameter
CONTRA
- Bei tiefen Stimmen kam es zur Artefakten in der Tonhöhenkorrektur
- Kleine Fehler in der Programmoberfläche
- Filter und Harmonic-EQ nur über Presets steuerbar
Für wen?
Alle, die ein umfassendes Tool zur Bearbeitung von Vocals suchen
Was ist es?
Mu Technologies Mu Voice ist Vocal Processing Tool – direkt übersetzt kann man damit Gesang bearbeiten, im besten Fall veredeln. Die Software lässt sich als Plugin über die Schnittstellen VST, AU und RTAS in eine DAW-Software einbinden. Sie läuft unter Windows und Mac OS X und unterstützt die gängigen Sampleraten zwischen 44,1 und 192 kHz. Als Kopierschutz dient eine Lizenz auf einem iLok, der erfreulicherweise auch gleich mitgeliefert wird.
Innerhalb des Plugins sind diverse Effekte integriert. Das Fundament bilden dabei ein Werkzeug zur Tonhöhenkorrektur und ein Harmonizer. Über Formantenkontrolle, Humanizer, Filter und EQs können Vocals noch weiter bearbeitet werden. Aufgrund der niedrigen Prozessorlast und einer recht bescheidenen Verzögerung von 5,8 Millisekunden, die Mu Voice produziert, kann das Plugin auch live genutzt werden und zum Beispiel über ein MIDI-fähiges Keyboard gesteuert werden.
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Mu Technologies Mu Voice Test
Installation
Wir haben Mu Voice auf einer CD-ROM erhalten. Dabei sind noch ein zwanzigseitiges Benutzerhandbuch und ein iLok. Die Installation verlief anfangs jedoch noch erfolglos. Auf der CD befinden sich die Versionen 1.1.2 und 1.2.0 als DLL-Datei. Diese beiden verschob ich in mein VST-Verzeichnis, steckte den iLok ein und dachte, dass es nun losgehen würde. Ich musste mich noch etwas gedulden.
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Nach Versuchen mit verschiedenen Versionen von Cubase und Ableton auf einem Windows-64-Bit-System, die alle mit einem Einfrieren der DAW und Zwangsbeendung durch Windows endeten, habe ich mir die Version 1.3 aus dem Netz gezogen. Diese kommt dann auch mit einer Installationsroutine daher, die sich per EXE-Datei starten lässt. Diese Version funktionierte schließlich mit meinem Cubase 6.
Aufbau
Begrüßt werde ich von einer graugrünen, etwas kontrastarmen Oberfläche. Das Parameterwirrwarr macht im ersten Moment nicht unbedingt einen aufgeräumten Eindruck auf mich, stellt sich jedoch später als praktikabel heraus.
Auf der linken Seite finden sich Akkord-Bedienfelder, die den Harmonizer steuern. Auf der rechten Seite das Analyse-Bedienfeld und die Harmonisierungskanäle, über die die Effekteinstellungen geändert werden können. Zusätzlich befindet sich rechts oben das Preset-Bedienfeld, in dem bei Version 1.3 aus 43 fertigen und 17 selbst erstellbaren Presets gewählt werden kann. Das Schöne an der Oberfläche ist, dass bis auf die MIDI-Kontrollfunktionen alles darauf versammelt ist. Nach Einstellungen zu suchen, ist nicht notwendig, da Du alle wichtigen immer im Blick hast.
Akkordsteuerung
Die Steuerung der Akkorde kann auf verschiedene Arten erfolgen, Plugin-intern oder extern über die DAW bzw. ein Masterkeyboard.
Im Plugin besteht die Möglichkeit, ein Akkordschema zu erstellen. In diesem können Akkord, Tonart, Preset und Zeit/Takt in einzelnen Steps eines Patterns festgelegt werden. Dass auch ein Preset in den einzelnen Steps hinterlegt werden kann, eröffnet großen Spielraum. So kannst Du dir zum Beispiel ein Schema erstellen, welches beim Einsingen mitläuft. Darin könntest Du dann die Strophen mit einem Solo-Preset und den Refrain mit einem Trio aufnehmen. So arbeitest Du schon bei der Aufnahme mit einem sehr variablen und perfekt getimten Harmonizer.
Die Erstellung eines Schemas erfolgt über einen festgelegten Ablauf: Harmonie und Tonart auswählen, anschließend ein Preset über die Einfügen-Taste wählen und schließlich einen Zeit-Code über einen kleinen roten Pfeil in einen Step eintragen. Klingt einfach, kann aber dauern, bis man drauf kommt.
Dieses Schema, das alle Akkorde und Einstellungen eines ganzen Songs enthalten kann, kannst Du dann als XML-Datei speichern und an Bandkollegen weitergeben. Das XML-Format vereinfacht die Portierung auf andere Systeme.
Extern kann das Plugin über die DAW oder ein angeschlossenes Masterkeyboard live gesteuert werden. In einer DAW weist Du das Plugin einer Vocal-Spur oder einem Soloinstrument als Insert-Effekt zu. Dann brauchst Du nur noch eine Spur, deren Ausgang Du in das Plugin routest. Wenn Du schon eine Spur mit Begleitinstrumenten hast, kannst Du natürlich auch diese doppeln und deren Ausgang einfach in das Plugin schicken. Schon bekommt dein Vocal einen neuen, maßgeschneiderten Anstrich.
Gewundert habe ich mich allerdings über die Umsetzung der Harmonien. Teilweise werden Harmonien so umgesetzt, wie ich es erwartet hätte. Im Hintergrund läuft ein Algorithmus mit, der ein Solo-Vocal analysiert und am Ende eine Harmonie des Gesangs ausgibt. Allerdings hat er mir bei einer MIDI-Einspeisung eines G-Dur-Akkords in den Harmonizer aus dem Quellton C einen C-Dur-Akkord gebaut, d.h. C-E-G. Ich hätte eher erwartet, dass er das C auf eine Auswahl der G-Dur-Töne G-H-D transponiert.
Auf Nachfrage wurde mir das mit einem komplexen Algorhythmus erklärt, der auf sich verändernde Vocals abgestimmt ist. Ein Sinuston, der über mehrere Takte unverändert auf einem C-Ton durchläuft, entspricht keinem realen Gesang und liefert daher evtl. unerwartete Ergebnisse. Zugegeben, mit Gesang als Trägersignal klang es, was Harmonien betrifft, schon sehr gut, auch wenn ich den Eindruck hatte, hier und da ein paar schiefe Töne zu hören.
Zu guter Letzt ist auch eine Live-Steuerung des Plugins über ein MIDI-Keyboard möglich. Dazu wird die Tastatur in mehrere Bereiche unterteilt. Über die Bereiche kannst Du das Plugin mit Akkorden füttern, Presets auswählen und auch im Schema durch verschiedene Steps navigieren. Das heißt ohne Hand an eine Tastatur, eine Maus oder sonstiges zu legen, kann man nur über ein Masterkeyboard fast alles steuern. Klingt spannend. Du musst dazu natürlich wissen, welches Preset auf welcher Taste liegt, sonst stehst Du vielleicht ungewollt zu dritt auf der Bühne.
Analyse und Tuner
In diesem Feld wird das Eingangssignal analysiert und gestimmt. Über »Range« kann der Frequenzbereich des Analyzers eingestellt werden, also ob eher eine hohe oder eine tiefe Stimme analysiert werden soll. Mit dem Impact-Regler kannst Du dann bestimmen, wie stark die Stimme korrigiert werden soll.
Beim Test konnte das Analysetool nicht so ganz überzeugen. Die Idee als solche finde ich gut, obwohl es natürlich schwierig ist bei einem Live-Gesang zu wissen, wann ein schiefer Ton gewollt ist und wann nicht. Das ist schon eine äußert schwierige Aufgabe für ein Plugin. Aufgefallen ist auch, dass das Plugin mit Frauenstimmen besser zurechtkommt. Bei Männerstimmen kam es ab und an zu Artefakten. Ich habe den Tuner daher nur sehr zurückhaltend genutzt.
Harmonisierungskanäle
Dieser Teil hat mir am besten gefallen. In den vier Kanalzügen gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Variation. In jedem Kanalzug kann oben eine Stimme ausgewählt werden. Aktivierst Du zum Beispiel die ersten drei, stellst die Züge auf 1st – 2nd – 3rd und gibst einen C-Dur Akkord vor, dann singt eine erste Stimme ein C, eine zweite Stimme ein E und eine dritte Stimme ein G. Stellst Du dir dreimal eine 1st-Stimme ein, bekommst Du dreimal ein C und kannst damit zusammen mit den anderen Effekten einen Chorus-Effekt bauen.
Über »Pan«, »Humanize« und »Formants« können Stimmen sehr schön verändert werden. Die Humanisierung moduliert die Tonhöhe der Stimme leicht. Mit den Formanten können Pitch-Effekte wie die bekannte Mickey-Mouse-Stimme entschärft werden. Oder Du machst aus einer Männerstimme eine Frauenstimme, was auch ganz gut funktioniert. Filter und EQ sind selbsterklärend, denke ich.
Was mich hier etwas stört, ist, dass kein direkter Zugriff auf Parameter existiert, sondern zehn Presets vorgegeben sind. Formhalber muss ich noch erwähnen, dass die Anzeige in unserer Testversion nicht richtig funktioniert hat und ich so nie genau wusste, in welchem Preset ich mich befinde. Der Klang der Presets war gut bis interessant und reichte von leichten Bassabsenkungen bis hin zu GSM-Telefon-Effekten.
An den Presets zu schrauben, war sehr kurzweilig und ich hatte mit wenigen gezielten Klicks oft spannende Effekte. Bei exzessivem Schrauben hört man aber auch hier Artefakte.
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Mu Technologies Mu Voice Test-Fazit
Mu Voice beinhaltet sehr breitgefächerte Einstellungsmöglichkeiten und Effekte. Sehr gut gefallen hat mir der Harmonizer. Über ihn hast Du die Möglichkeit, ein Vocal schön zu machen oder abgefahrene schräge Stimmen zu produzieren. Durch die Bearbeitung der Formanten lassen sich Pitch-Shifts gut korrigieren, auch wenn dem natürliche Grenzen gesetzt sind. Die Verwendung verschiedener Methoden der Akkordsteuerung ist gelungen und funktioniert nach einer kurzen Einarbeitung gut. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Software live oder als nachträglich applizierter Effekt genutzt wird.
Die Tonhöhenkorrektur hatte Probleme mit tiefen Männerstimmen. Es traten des Öfteren Artefakte auf. Man muss bedenken, dass dies aber auch eine große Herausforderung ist, die Tonhöhe einer Stimme in Echtzeit zu quantisieren.
Mit Version 1.1.2 und 1.2.0 hatten wir Schwierigkeiten bei der Installation, was wir durch die Installation der neueren Version 1.3.0 lösten. In dieser gab es jedoch auch kleinere Bugs, so wurden nicht die korrekten Zahlen für die Presets der Filter- und Harmonic-EQ-Einstellungen angezeigt. Zudem öffnete sich nach unregelmäßigen Zeitabständen das Save-Fenster selbständig, um ein Akkordschema abzuspeichern. Warum, konnten wir nicht nachvollziehen. Das sollte sich über ein Update jedoch schnell beheben lassen.
Nach Punktabzug für die momentan nicht ganz ausgereifte Version und die etwas zu häufige Artefaktbildung bei der Tonhöhenkorrektur komme ich im Mu Technologies Mu Voice Testbericht so auf gute drei von fünf Punkten.
Features Mu Technologies Mu Voice Review
- Hersteller: Mu Technologies
- Plugin zur Stimmenbearbeitung
- Windows & Mac OS X
- 4-stimmiger Harmonizer
- Live-Einsatz möglich
- Automation über Akkordschemata
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