Korg electribe Testbericht
Kompakter Alleskönner
Von Felix Baarß
Korg electribe Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
Wollmilchsau 2.0. Reboot geglückt – das Teil ist äußerst robust, liefert starke, vielfältige Sounds mit und macht vor allem sehr viel Spaß beim Sequenzieren und Austoben mit Effekten.
PRO
- Drum-Samples, Instrumentenklänge & Co. + 55 Wellenformen
- Für alle Arten von elektronischer Musik geeignet
- Gutklingende, spaßige Effekte & Touchpad für Master-FX
- Überwiegend guter Workflow
- Motion Sequencing, Event Recording & Co. – schöne Sequenzerfunktionen
- Extrem robustes Gehäuse dank Zinkdruckguss
CONTRA
- Keine Einzelausgänge
- Kein Senden von MIDI CC
Für wen?
Fortgeschrittene, die einen allumfassenden Klangerzeuger für elektronische (Tanz-)Musik, Hip Hop und weitere moderne Genres suchen. Für die Bühne, unterwegs und (mit Abstrichen) das Studio.
Was ist es?
In den Worten des Herstellers ist der Korg electribe eine Produktionsstation für Dance-Musik. Es ist eine Mischung aus Sampler, Synthesizer, Drum Machine bzw. Groovebox und Effektgerät, mit der Du komplette Tracks produzieren kannst. Und zwar in elektronischer (Tanz-)Musik aller Art, aber auch Hip Hop und anderen beat-orientierten Musikrichtungen. Es ist ein Instrument auf Sample-Basis (408 Grundklänge sind ab Werk nutzbar) mit Filtern sowie etlichen, teils über das Touchpad steuerbaren Effekten und Modulationsmöglichkeiten.
Der integrierte Step-Sequenzer ist über die 16 Pads programmierbar. Reglerbewegungen und damit Automationen der meisten Klangparameter können innerhalb der Sequenzen aufgezeichnet werden.
Dazu kommen MIDI-In- und Output über die mitgelieferte Kabelpeitsche, ein Audioeingang zur Verarbeitung externer Klangquellen, Buchsen zur Synchronisation mit anderen Korg-Instrumenten und mehr.
Das Instrument ist zum Straßenpreis von 449,- Euro (inkl. MwSt.) im deutschen Fachhandel erhältlich.
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Korg electribe Test
Erster Eindruck vom Korg electribe
Das vorherrschende Mausgrau mag manchem trist erscheinen, andererseits hat es auch etwas unscheinbar Vornehmes. In Kombination mit den mehrfarbig beleuchteten Bedienelementen wird die Optik stimmig. Und dann gibt es noch die »LED-Lichtorgel« an der Unterseite der Vorderkante, die sich im Rhythmus des Beats aufblinkt. Nette Spielerei.
Stolze 1,6 Kilogramm vermeldet die Waage, was sich beim Transport klar bemerkbar macht. Andererseits schätze ich den kompromisslos stabilen Stand (auch dank der großen Gummiauflagen) und das kühle, unwahrscheinlich robuste Zinkdruckguss-Gehäuse.
Verarbeitung und Haptik
Die Potis laufen butterzart mit ausgewogenem Widerstand, einige rasten in ihrer 12-Uhr-Stellung leicht ein. Rings um die Drehregler und die in Soft-Touch-Manier angefertigten Knöpfe ist nicht allzu viel Platz. Dennoch geht die Bedienung mit etwas Fingerspitzengefühl gut von der Hand.
Die 16 Pads liegen in ihrer Größe zwischen MPC & Maschine einerseits und den kleinen Trigger-Buttons von Launchpad, APC & Co. andererseits. Für meine Begriffe ist das absolut ausreichend. Zudem trägt es dazu bei, dass der Korg electribe noch recht kompakt bleibt.
Das Display geht in Ordnung, da die Blickwinkelstabilität zufriedenstellend ausfällt, die Schriftgröße ausreichend ist und alle Infos in einer nachvollziehbaren Struktur angezeigt werden.
Oszillatoren – Die Grundklänge
Die Auswahl der Klänge reicht von klassisch (House, Techno, Trance, Electro, Drum ‚n‘ Bass und Jungle, klassischer Hip Hop etc.) bis zeitgenössisch (Dubstep, Trap, Complextro, Chiptunes, Hip Hop neuerer Schule). Die Qualität des Sounddesigns siedle ich hoch an. 200 ab Werk installierte Presets bezeugen die beachtliche klangliche Palette.
In der Oszillatorsektion findest Du sowohl komplexe PCM-Klänge (Drums, Stimmensamples, Instrumentenklänge etc.) als auch einfache Wellenformen. Mit Letzteren kannst Du wie bei einem Synthesizer von Grund auf Klänge formen. Neben der Möglichkeit, den Audioeingang als Quelle für eigene Samples zu nutzen, gibt es 408 Grundsounds. Die setzen sich wie folgt zusammensetzen:
- 56 Kick-Drums
- 58 Snare-Drums
- 16 Claps
- 42 Hihats
- 14 Becken
- 16 Toms
- 55 Percussion-Klänge
- 16 Stimmen
- 18 Synthesizer-FX
- 18 Synthesizer-Hits
- 16 Instrumenten-Hits
- 55 Wellenformen
- 28 Instrumente
Der Clou: Für jeden Grundsound ist je ein alternativer Klang bzw. eine Variation schnell anwählbar. Manchmal ist dieser nur leicht abgewandelt, manchmal doch recht andersartig (aber thematisch passend). Das erhöht die Variabilität in der Findungsphase beim Erstellen eines Patterns, gerade wenn Du schon eine fertige Sequenz ablaufen lässt. Bei vielen Sounds wird hier peu à peu Verzerrung hinzugemischt. Andere werden mit einem Chorus angereichert. Oder es öffnet/schließt sich ein Tiefpassfilter und dergleichen. Klasse.
Filter
Das Filter des Korg electribe bietet die drei üblichen Kategorien Tief-, Hoch- und Bandpass. Mit jeweils mehreren Unterarten. So zum Beispiel einen Acid-typischen Modus, die Filtertypen des MS-20 und mehr. Es wird mehr als genug Flexibilität geboten, genau wie beim King Korg.
Dieses Multimode-Filter klingt in jeder Situation überzeugend. Und zwar ohne hörbare digitale Abstufungen, mit warmem, rundem Sound und zwirbelnder, peitschender Resonanz, die nie unmusikalisch harsch wird. Schön ist auch, dass die Hüllkurvenintensität sowohl positiv (12 – 5 Uhr im Uhrzeigersinn) als auch negativ (12 – 7 Uhr im umgekehrten Uhrzeigersinn) auf das Cutoff wirken kann.
Modulation mit dem electribe
Hier wählst Du pro Part eine von 72 Modulationen. Die hohe Zahl entsteht durch Zweierkombinationen aus immer wiederkehrenden Einzelelementen. Als da wären: Allzweck-Hüllkurvengenerator, feststehende LFOs, Zufallsgenerator und mehr als Modulationsquellen, Tonhöhe, Panning etc. als Destinationen. Sich langsam auf-/abbauende Sounds einerseits und eher schnelle Modulationen (z.B. Pitch-Hüllkurve zur Formung einer Bassdrum) sind damit sehr leicht möglich.
Durch die vielen feinen Schattierungen kommst Du mit den beiden Reglern für Modulationstiefe und -geschwindigkeit aus. Ein guter Kompromiss aus Komplexität und einfacher Bedienung.
Hüllkurven
Die Entscheidung, separate Hüllkurven für a) Lautstärke und b) Filter & Modulationseffekte bereitzustellen, bietet den nötigen Spielraum für Fortgeschrittene. So können das Timbre und der Lautstärkenverlauf des Korg electribe unabhängig voneinander geformt werden. Fein für Sounddesigner, die es genau wissen wollen. Alle, die nicht einfach nur die Presets durchblättern, Play drücken und höchstens ein bisschen am Cutoff-Regler spielen wollen, werden bedient. Dabei sind sämtliche Arten von Sounds möglich. Ob super-perkussiv (bis hin zu extrem kurzen Klicks) oder episch an-/abschwellend in Attack und Release.
Es handelt sich um AD-Hüllkurvengeneratoren. Das »S« und das »R« fehlen in diesem Kürzel, da kein Sustain justiert werden kann und damit auch das Release entfällt. Für mich ist diese Vereinfachung sehr begrüßenswert, auch weil die 55 Wellenformen bei anhaltendem Druck auf die Pads ohnehin endlos ertönen.
Effekte im electribe
Einen von 38 Effekten kannst Du für jeden Part separat wählen und konfigurieren. Die Palette ist reichhaltig: Overdrive/Distortion, zusätzliche Filter, Bit-Crusher, etliche Delays, Chorus, Flanger und mehr. Alles erklingt in guter Qualität.
Neben diesen Insert-Effekten stehen 32 Master-FX zur Verfügung, die Du mit dem Touchpad (siehe unten) steuern kannst. Hier wird im Gegensatz zu den Inserts auch so einiges an Glitch, Dekonstruktivismus und Verwirbelung der programmierten Sequenzen geboten. Außerdem stehen drei Reverbs zur Verfügung. Mein Favorit »Room Reverb« ähnelt dem »Öltank«-Hall aus dem ebenfalls frisch erschienenen Korg Volca Sample. Super: Für jeden Part kannst Du separat wählen, ob er in den Master-Effekt gespeist werden soll. Es wird also nicht zwangsläufig alles in einen Topf gegossen.
Das Spiel mit dem Touchpad des Korg electribe macht viel Spaß. Nicht zuletzt beim »Wischen« des Filters, um Wobbeleffekte oder einfache Breaks mit dem Öffnen/Schließen des Filters zu realisieren. Das ergänzt die übrigen Performance-Optionen trefflich. Die Master-Effekte sind klanglich gut und vielseitig, die Steuerung sehr reaktionsschnell (genau wie jüngst beim Korg Triton Taktile).
Sequenzer
Naheliegend: Du kannst und solltest die 16 Pads zur Programmierung des Step-Sequenzers nutzen. Bis zu vier Patterns, ergo 64 Steps kann eine Sequenz enthalten. Fein: Das aktive Pattern visualisiert der Korg electribe über die Beleuchtung der vier kleinen Buttons rechts über den Pads (siehe Bild unten). Rot für die zur Bearbeitung ausgewählte und blau für die gerade abgespielte Sequenz.
Natürlich gibt es Swing (aka Shuffle oder Groove). Der klingt für mich einen Tick weniger funky als bei den MPCs, aber das ist kein Beinbruch.
Fortgeschrittenes umfasst »Step Jump« (direktes Springen zu einem bestimmten Steps als Startpunkt der Sequenz) oder den schnellen Wechsel zu einem anderen Pattern mithilfe der Pads. Inklusive »Event Recording«, also der Aufzeichnung dieser live gesetzten Pattern-Folge als neue Sequenz! Den aus anderen Geräten bekannten Song-Modus, mit dem quasi ganze Tracks im Voraus aus mehreren Patterns zusammengesetzt werden können, ersetzt das nicht.
Motion Sequencing
Mit dem sogenannten Motion Sequencing kannst Du Reglerbewegungen bzw. Tastendrücke des Korg electribe aufzeichnen. Die dadurch verursachten Klangänderungen werden als Teil der Sequenz gespeichert. Das typische Beispiel wäre hier beispielsweise ein Filterverlauf inmitten der Sequenz. Ganz klar das Werkzeug, mit dem sich die ausdrucksstärksten Passagen kreieren lassen, eben wie bei aufgezeichneten Parametermodulationen in einer DAW.
Sehr schade finde ich allerdings, dass die Reglerbewegungen nicht in MIDI-CC-Werte umgesetzt und an externes Equipment bzw. die DAW gesendet werden können.
Notenspiel mit dem KORG electribe
Zum Notenspielen ist es praktisch, dass die acht Pads einer Zeile den Ganztonschritten einer Oktave entsprechen. Du kannst übrigens eine Vielzahl verschiedener Skalen einstellen und in einem dedizierten Modus Akkorde (bis hin zu Fünfklangen) triggern. Zum spielerischen Programmieren einer melodischen Sequenz und für die Performance ist das Gold wert. Alternativ kannst Du die Parameter jedes einzelnen Steps (und somit u.a. dessen Tonhöhe) minutiös über das Display editieren.
Sonstiges & Klangbeispiele im Korg electribe Testbericht
Für das komplett oder überwiegend DAW-gestützte (Home-)Studio kommt die USB-MIDI-Funktion gelegen. So lassen sich Drum Sounds im Software-Sampler oder Synthie-Noten anschlagsdynamisch triggern. Das dafür notwendige, vergleichsweise exotische Micro-B-USB-Kabel hätte Korg aber ruhig noch beilegen können.
Wenn dir die Empfindlichkeit der Pads nicht passt, kannst Du in den globalen Optionen eine andere Velocity-Kurve wählen. Damit es nicht zu unschönen Brüchen im Klang kommt, kannst Du einstellen, dass die Werte der Endlos-Potis nach einem Part-Wechsel erst »abgeholt« werden müssen.
Es gäbe noch so viele andere, ähnlich bemerkenswerte Funktionen, aber wir wollen hier kein Handbuch zum Korg electribe schreiben. À propos: Der wichtige Parameter-Leitfaden (u.a. mit der Beschreibung der per Shift-Taste aktivierbaren Alternativfunktionen) und das Handbuch hätten durchaus auch in eine einzige PDF-Datei gepackt werden können.
Die mehrspurige Einbindung der Klänge in deine Projekte ist aufgrund der fehlenden Einzelausgänge leider nicht möglich. Abermals zeigt sich der für meine Begriffe etwas zu starke Fokus auf die Eigenständigkeit des Geräts, die zugegebenermaßen gut umgesetzt ist.
So, nun aber endlich zu den Klangbeispielen:
https://www.delamar.de/wp-content/uploads/2015/06/korg_electribe_testbericht_03.mp3
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Korg electribe Test-Fazit
Der neue Korg electribe ist sehr eigenständiger Tausendsassa mit vielen tollen Sounds, der sich für alle Spielarten elektronischer, elektro-akustischer und Sample-basierter Musik eignet – hervorragend insbesondere für Techno, (Tech) House, Electro, Dubstep, Drum ‘n‘ Bass, Trap und Konsorten. Die Effekte (nicht zuletzt die Filtertypen) überzeugen vollends und machen durch die Bedienung per Touchpad richtig Laune.
Der Workflow passt weitgehend wie angegossen, nach kurzer Einarbeitungszeit geht die Editierung und Sequenzierung sehr gut von der Hand. Dank Motion Sequencing & Co. sind sehr schnell ausdrucksstarke Patterns erstellt.
Stark: Das Zinkdruckguss-Gehäuse macht das Instrument extrem robust, wobei auch die Bedienelemente verarbeitungstechnisch und haptisch überzeugen. Du wirst ganz sicher über viele Jahre hinweg Spaß mit dem Gerät haben.
Lediglich die etwas zu »egozentrische« Ausstattung (keine Einzelausgänge, kein Senden von MIDI-CCs via Reglerbewegungen) empfinde ich als nennenswert, was die Limitierungen des Geräts betrifft. So ist das Zusammenspiel mit anderem Equipment eingeschränkt und eine Mehrspur-Abnahme der Klänge leider nicht möglich.
Dennoch stehen im Korg electribe Testbericht locker sehr gute viereinhalb von fünf Punkten zu Buche. Das Teil ist in seiner Eigenständigkeit so konsequent, vielseitig und vor allem spaßbringend, dass es in dieser Preisklasse vergeblich seinesgleichen sucht, zumindest was Live-Performances betrifft. Durch die recht guten Synthese-Fähigkeiten wird es noch mehr zum Alleskönner als etwa Maschine oder MPC – mit einem einzigen Gerät einen vollwertigen Track wie im Studio zu bauen, ist nur hier wirklich möglich, nur der Song-Modus fehlt für ausschweifende Vorab-Arrangements.
Features Korg electribe Review
- Hersteller: Korg
- 24 Stimmen (pseudopolyphon)
- 250 Patterns mit je 16 Parts
- 409 Grundklänge
- 16 Filtertypen
- 72 Modulationstypen
- 38 Insert-Effekte, 32 Master-Effekte
- Sequenzer mit max. 64 Steps pro Part
- 16 anschlagsdynamische Pads
- Eingang: 3,5 mm Stereo
- Ausgänge: 2x 6,3 mm (links/Mono & rechts)
- Kopfhörerausgang: (3,5 mm Stereo)
- MIDI I/O (2x 3,5 mm über die mitgelieferte Kabelpeitsche)
- USB (Micro B) für MIDI
- Sync I/O (2x 3,5 mm)
- Speicherung der Einstellungen auf einer SD-Karte (max. 32 GB) möglich
- Stromspeisung über den mitgelieferten Netzadapter oder 6 AA-Batterien
- Maße: 339 mm x 189 mm x 45 mm
- Gewicht: 1,6 kg
- Inklusive Lizenz für Ableton Live 9 Lite
PASSEND ZUM Korg electribe Test