dbx 676 Testbericht
Röhrenvorverstärker mit Kompressor/Limiter
Von Felix Baarß
dbx 676 Test-Fazit
4
DELAMAR
SCORE
Röhrenvorverstärker und Channel Strip (EQ + Kompressor) für Racks. Ein für seine Preisklasse toll ausgestatteter, einkanaliger Channel Strip mit Röhrensound – speziell der Kompressor ist sehr ausgefeilt. Lediglich das Rauschen bei hohem Gain könnte geringer ausfallen.
PRO
- Attenuator für die Röhrenstufe
- 3-Band-Equalizer mit flexiblen Mitten
- Umfangreicher Kompressor, u.a. mit externem Sidechaining
- Einschleifweg und Direktausgang für die Röhrenstufe
- Metering für Eingang, Ausgang oder Kompression
- Sehr gute Verarbeitung, Haptik und Beleuchtung
CONTRA
- Starkes Rauschen bei hohem Gain
- Effektreihenfolge nicht änderbar
Für wen?
Fortgeschrittene und Profis im hochambitionierten Homerecording, Projektstudio oder Tonstudio.
Was ist es?
Der dbx 676 ist ein Vorverstärker mit Röhrentechnik, der für ein Mikrofon bzw. ein Instrument mit Line-Pegel geeignet ist. Da ferner ein 3-Band-Equalizer und ein Kompressor/Limiter an Bord sind, kann das Gerät auch als guter Channel Strip bezeichnet werden. Es ist zum Einbau in ein 19-Zoll-Rack gedacht, wobei zwei Höheneinheiten belegt werden.
Eine Steckkarte mit der Option zum Output in digitaler Form (max. 96 kHz Sample-Rate) ist separat erhältlich.
Der Channel Strip ist zum Straßenpreis von 1.159,- Euro (inkl. MwSt.) im deutschen Fachhandel zu haben.
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dbx 676 Test
Erster Eindruck und Verarbeitung
Die Packung enthält den dbx 676, eine Schnellstartanleitung, ein Kaltgerätekabel zum Netzstromanschluss sowie Schrauben und Unterlegscheiben zum Rack-Einbau. Das derzeit nur in englischer Sprache vorliegende PDF-Handbuch ist vorzüglich gestaltet. Neben allen Funktionen werden diverse Anwendungsbeispiele für die verschiedensten Szenarien und Instrumententypen bzw. Vocals illustriert.
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Als renommierter Hersteller ließ man sich nicht lumpen und konstruierte den dbx 676 in guter Qualität. Gehäuse und Buchsen sind tadellos verarbeitet. Alle Drehregler sitzen felsenfest und laufen weich, aber noch mit ausreichendem Widerstand für eine angenehme Haptik.
Die Funktionen der Knöpfe werden mit einem sanften »Klink« quittiert, wobei stets eine recht große, helle LED zur Hintergrundbeleuchtung dient. Auch das VU-Meter – wahlweise für Input, Output oder Gain Reduction – ist schön hell und in klassischem Orange illuminiert.
Input
Für Mikrofone stehen die üblichen Funktionen bereit (siehe Infokasten), um auf alle Arten von Mikros und deren Signalen flexibel reagieren zu können.
Willst Du hochohmige Signale (»Hi-Z«), will heißen E-Gitarre bzw. E-Bass einspeisen, nutzt Du die praktischerweise am Frontpaneel sitzende Klinkenbuchse und aktivierst den danebensitzenden Knopf. Gute Lösung, denn so kann das Gitarrenkabel selbst dann darin ruhen bleiben, wenn Du wieder auf Mikrofon-Input wechseln willst – bei vielen anderen Geräten wird Letzterer unweigerlich stummgeschaltet.
Mit der Insert-Klinkenbuchse an der Rückseite lassen sich externe Effektgeräte schon vor der Einspeisung in die Röhrenstufe nutzen. Übrigens werden auch Line-Signale ohne Ungereimtheiten beim Pegel oder im Klangbild verarbeitet.
Röhrenklang des dbx 676
Richtig interessant wird es in der Röhrenstufe, denn hier gibt es neben dem obligatorischen Gain-Regler eine Möglichkeit zur stufenlosen Abschwächung (»Attenuation«) des Röhrenoutputs, bevor das Signal weitergeleitet wird. Praktisch wie der Master-Regler an einem Gitarrenverstärker.
Mehr Gain resultiert wie gehabt in einer stärkeren Sättigung des Signals für mehr »Wärme« und Obertöne. Wenn Du es sauberer willst, drehst Du das Gain herunter und den Attenuator auf, um wieder einen angemessen hohen Pegel zu bekommen. Ferner kannst Du den Abschwächer nutzen, um bei EQ-Boots Übersteuerungen zu vermeiden, wenn Du den Kompressor/Limiter und damit dessen Makeup-Gain-Regler deaktiviert hast.
Alles in allem überzeugt die Klangqualität der Röhrenvorverstärkung. Bei hohem Gain tritt allerdings ein überdurchschnittlich starkes Rauschen zutage.
Equalizer
Der EQ erlaubt ziemlich starke Klangbildänderungen, wobei das Mittenband extrem variabel (100 – 8.000 Hz) und per Knopfdruck in seiner Flankensteilheit verstellbar ist. Fein: Anders als etwa beim Manley Core lässt sich die EQ-Sektion mit einem Knopfdruck deaktivieren. Justierungen der Klangfarbe so schnell und bequem (temporär) verwerfen zu können, ist für meinen Workflow wichtig.
Die Grenzfrequenzen und Filterflanken des Bass- und Höhenbandes haben mir beim Core hingegen einen Tick besser gefallen, aber 1.) ist das Geschmackssache und 2.) kostet der Core doppelt so viel.
Kompressor
Threshold, Ratio, Attack und Release – das Quartett der Basics ist vollständig und wird durch einen An/Aus-Schalter für die gesamte Kompressor/Limiter-Sektion komplettiert. Die Timing-Parameter erlauben sehr zackige Reaktionszeiten, was gerade zum Abschmecken der Transienten von Drums wichtig ist. Alternativ schaltest Du eine Automatik zu, die das Attack und Release je nach Beschaffenheit des Eingangssignals dynamisch reguliert. Prima.
Zum Schluss (aber noch vor dem Limiter, siehe unten) kannst Du den Kompressionseffekt im direkten Vergleich mit dem unkomprimierten Signal per Makeup-Gain-Regler endgültig zum Vorschein bringen – wieder etwas, was mir beim Manley Core gefehlt hat, denn dort musste man den Umweg eines höheren Input-Gains beschreiten.
Kompressor-Extras & Limiter
Der Parameter »Overeasy« lässt die Kompression durch ein »weiches Kompressionsknie« relaxter wirken. Es lässt die unbearbeiteten und die komprimierten Pegelbereiche am Schwellenwert fließender ineinander übergehen. Der Effekt ist subtil, sorgt zuweilen aber durchaus für natürlicheren Sound.
Ferner lässt sich per Sidechaining beispielsweise ein Filter/EQ an die dafür vorgesehene rückseitige Klinkenbuchse anschließen, um die bestimmte Frequenzbereiche von der Kompression auszunehmen bzw. diese stärker in die Erkennung einzubeziehen. Auch De-Essing und diverse kreative Spielereien sind denkbar.
Das ist schön und gut, aber mein Augenmerk fällt eher auf den »Contour«-Knopf. Dieser schaltet ein internes Sidechain-Filter zu, um Bässe unter 180 Hertz unkomprimiert durchzulassen. Für mich unerlässlich, damit Drums schön peitschen, dabei nicht ihren runden, warmen »Frequenzbauch« behalten.
Schließlich landen wir beim Limiter, der für eine Begrenzung des Ausgangssignalpegels sorgt. Komme, was wolle.
Original:
Mit EQ:
Mit EQ + Kompressor (sanft):
Mit EQ + Kompressor (stark):
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dbx 676 Test-Fazit
Der dbx 676 ist für seinen Preis exzellent bestückt. Ein stets zu begrüßendes fortgeschrittenes Feature: Neben dem Gain-Regler findet sich ein Poti zur Abschwächung des röhrenverstärkten. Beide in Kombination erlauben unzählige Schattierungen zwischen makellosem und gesättigtem, obertonreichem Sound.
Der 3-Band-EQ macht genau das, was man von einem Channel Strip erwartet – keine chirurgischen, sondern breitbandige und musikalisch meist sehr stimmige Eingriffe. Dabei ist das Mittenband extrem weit durchstimmbar und mit einer variablen Filterflanke bestückt.
Hier profitierst Du von der Erfahrung des Herstellers in Sachen Dynamikbearbeitung. So stehen nicht nur die klassischen Kontrollen für Threshold, Ratio, Attack und Release zur Verfügung, sondern auch internes und externes Sidechaining, eine Timing-Automatik und Makeup-Gain. Bei schnellem Attack hast Du die Transienten garantiert im Griff.
Die separaten Outputs zum Abgriff des Signals a) vor oder b) nach der Kompressor/Limiter-Sektion erlauben etwa parallele Backup-Aufnahmen des reinen vorverstärkten Signals. Ohne Fehl und Tadel zeigt sich die Verarbeitung, ebenso die Haptik und Beleuchtung der Bedienelemente.
Das positive Bild wird ein wenig getrübt durch überdurchschnittlich starkes Rauschen bei hohem Gain. Klassische Bändchenmikrofone würde ich daher nicht mit dem dbx 676 vorverstärken wollen. Außerdem hätte ich wie etwa beim PreSonus ADL 700 gerne noch die Möglichkeit gesehen, die Reihenfolge von EQ und Kompressor zu vertauschen.
Summa summarum haben wir es mit einem sehr fähigen, musikalisch vielseitigen Channel Strip zu einem fairen Preis zu tun, so dass im dbx 676 Testbericht gut vier von fünf Punkten zu Buche stehen.
Features dbx 676 Review
- Hersteller: dbx
- Channel Strip für 19-Racks (2 HE)
- Röhrenvorverstärker für Mic/Hi-Z
- Max. 55 dB Gain
- +48V Phantomspeisung
- 20 dB Pad
- Polaritätsumkehr
- 80 Hz Hochpassfilter
- Gain + Attenuation nach der Röhrenverstärkung
- Equalizer
- 3 Bänder (±15 dB)
- Mittenfrequenz variabel (100 – 8.000 Hz)
- Bypass schaltbar
- Kompressor + Limiter
- VU-Meter wahlweise für Input, Output oder Gain Reduction
- Eingang für E-Gitarre & E-Bass (6,3 mm) an der Vorderseite
- Insert-Buchse (6,3 mm)
- Eingang für externes Sidechaining (6,3 mm)
- Symmetrische XLR- und 6,3-mm-Ausgänge, jeweils für vor das Signal vor und nach dem Kompressor/Limiter
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