Cakewalk Sonar X1 Testbericht
DAW der nächsten Generation?
Von Maria-Kimberly Hühn
Cakewalk Sonar X1 Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
DAW in frischem Gewand mit ausgeklügelten Kanalzugeffekten. Die neuste Version der DAW weiß mit einem flexibel gestaltbaren Interface und einem exquisiten Channel Strip zu überzeugen.
PRO
- Flexibles Interface
- Ausgezeichnete Kanalzugeffekte
- Erstellung von Effektketten
- Drag & Drop für viele Objekte
- Entschlackte Dialogboxen und Menüs
CONTRA
- Einstieg für Nutzer der Vorgängerversionen schwierig
- Teilweise versteckte Einstellungen und umständliche Bedienung
Für wen?
Fortgeschrittene Musiker und Produzenten
Was ist es?
Cakewalk Sonar X1 ist eine DAW (Digital Audio Workstation) mit zahlreichen mitgelieferten virtuellen Instrumenten und Effekten, hervorragenden Kanalzugeffekten – einem sogenannten »Channel Strip«, der aus Equalizer, Kompressor und Saturationseffekt besteht – und einer Benutzeroberfläche, die sich sehr flexibel umgestalten lässt. Gerade in Form der Premiumvariante Sonar X1 Producer erhalten Musiker und Produzenten ein umfangreiches Gesamtpaket zum Recording, Mixing und (Pre-)Mastering, das den Vergleich mit der Konkurrenz nicht zu scheuen braucht.
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Cakewalk Sonar X1 Test
Welche Erwartungen weckt die Veröffentlichung einer neuen Software-Generation? Das war die erste Frage, die ich mir stellte, zumal die Entwickler von Cakewalk ihr neuestes Werk selbst als »DAW 2.0« vorgestellt hatten. Ziel muss das Beibehalten des Guten, das Bereinigen von Fehlern und die Einführung neuer, cooler Gadgets sein. Als ich las, dass Sonar X1 ein komplett neues User-Interface bieten würde, war ich natürlich erst einmal skeptisch. Gerade im Studio hat man oft nicht die Zeit sich noch einmal komplett in neue Prozesse hineinzudenken – Zeit ist Geld. Doch vielleicht wird ja tatsächlich alles besser.
Eine der prominentesten Neuerungen stellt das vollständig überarbeitete Interface namens »Skylight« dar; es soll die Möglichkeit bieten, an deine ganz persönliche Arbeitsweise angepasst zu werden und damit für einen schnelleren Workflow sorgen. Weiterhin sind mit den »Smart Tools« die Bearbeitungswerkzeuge für Audio- und MIDI-Spuren überarbeitet worden. Ein nicht zu unterschätzendes Feature ist auch das Drag & Drop, also das direkte Verschieben von Drum Patterns, Riffs, Effekten und weiteren Objekten vom Browser zu den jeweils entsprechenden Bereichen.
Neue Instrumente oder Effekte sind nicht implementiert … bis auf den exklusiv in der Producer-Variante enthaltenen ProChannel – ein virtueller Channel Strip für die Veredelung einzelner Spuren mit EQ, Kompressor und Röhrensättigung. Und der ist wirklich allererste Sahne, so dass wir dieser Komponente einen Abschnitt in unserem Testbericht widmen.
PASSEND DAZU
- DJ kann jeder – aber nicht in den 60ern!
- Freeware Friday: Cakewalk CA-2A Leveling Amplifier – Kompressor
- Abmischen: Wie laut muss der Mixdown sein?
- Cakewalk Z3TA+ 2: Neue Version des virtuellen Synthesizers fast fertig
- Cakewalk UA-1G: Preiswertes Audio Interface
Installation/Portierung
Die Installation der Download-Version lief ohne Probleme. Schnell und ohne Fehler wurde die Software auf meinem Rechner installiert. Danach habe ich noch den von Cakewalk bereitgestellten Patch auf Version X1c installiert. Auch dies funktionierte ohne Probleme, ebenso wie der Import meiner Plugins.
Der erste Start – Skylight
Also schnell auf das Icon geklickt und los ging’s. Sonar X1 begrüßt einen mit einer neuen Aufteilung der Menüs und einem glänzenden, neu überarbeiteten Interface. Hier wurde zeitgemäß eine kontextbezogene Verteilung der Menüs vorgenommen. Man erhält einen direkteren Zugriff auf die Funktionen, die man in dem entsprechenden Bereich auch braucht. So sind z.B. alle wichtigen Punkte zum Thema »Spur« in einem Submenü direkt bei der Spuransicht untergebracht.
Konsolidierung ist das Stichwort – Die alten Knöpfe und Register wurden zusammengefasst und sind nun teilweise an anderen Stelle zu finden, wobei einige Bestandteile wie die Statusleiste oder die Buttons für das Öffnen und Speichern des Projekts in’s Nirvana entschwunden sind.
Das bedeutet natürlich Arbeit, da man seine geliebten Funktionen erst einmal wieder neu finden muss. Wenn man sich aber mit der neuen Struktur vertraut gemacht hat, will man sie nicht mehr missen. Insgesamt empfand ich Skylight als echte Bereicherung. Die Arbeitsoberfläche wirkt trotz der Möglichkeit, die Elemente zu verschieben, aufgeräumter als in früheren Versionen. Es vereinfacht den Workflow und ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Darstellung gliedert sich in fünf Hauptbereiche. Dank Skylight lassen sich fast alle Bereiche der graphischen Oberfläche nach Lust und Laune verschieben und aneinander andocken, wobei darauf geachtet wurde, »schwebende« Fenster, die nicht irgendwo angekoppelt sind, weitgehend zu vermeiden. Hinzu kommen die »Screensets«, mit deren Hilfe sich per Knopfdruck zwischen diversen Anordnungen und Ansichten hin- und herschalten lässt.
Sonar X1 in der Praxis – Erste Eindrücke
Die Plugin-Layouts wurden nach dem Update auf Version X1c korrekt übernommen. Danach begann ich, eine MIDI-Spur aufzunehmen. Um die Spur Timing-genau einzuspielen, stellte ich noch unter »Einstellungen« das Metronom für Aufnahmen ein. Ich verwende hier gerne die Funktion »Audio«, die ein Klickgeräusch erzeugt.
Beim Aufnehmen mehrerer MIDI- und Audiospuren konnte ich keine Unterschiede zur alten Version feststellen. Schon die Version 8.5 lief bei mir stabil und Sonar X1 steht dem in nichts nach, allerdings habe ich auch keine Performance-Steigerung erkennen können (z.B. bei der gleichzeitigen Nutzung verschiedener virtueller Synthesizer).
ProChannel
Der ProChannel ist ein virtueller Kanalzug (»Channel Strip«) und kombiniert Equalizer, Kompressor und Röhrensättigung in einer Effektkette mit beliebiger Reihenfolge, die sich vor oder nach den sonstigen Effekten auf einem Kanal schalten lässt.
Die Erwartungen an direkt in eine DAW implementierte Effekte sind in den letzten Jahren doch deutlich gestiegen. Ich denke dabei unter anderem an den fabelhaft umgesetzten Mixer in Propellerhead Record, der mittlerweile auch in der neuesten Version von Reason zu finden ist.
Der EQ ist mit sechs Frequenzbändern für Channel-Strip-Verhältnisse ausreichend – Hoch- und Tiefpassfilter, zwei voll parametrische Bänder und zwei Bänder, die Du entweder parametrisch oder im Kuhschwanzfiltermodus betreiben kannst, stehen zur Verfügung. Die Flankensteilheit reicht von 6 bis 48 dB/Oktave, somit ist alles von weichen Klangfärbungen bis hin zu abrupten Cuts oder Boosts möglich. Mit den Modi »Pure«, »Vintage« und »Modern« kannst Du die Charakteristika von drei bekannten Hardware-Equalizern nachstellen. Summa summarum ein reichhaltig ausgestattetes Werkzeug mit allem, was Du für die Bearbeitung einzelner Spuren brauchst.
Auch beim Kompressor nahm sich Cakewalk zwei Hardware-Dynamikbearbeiter zum Vorbild und fertigte daraus zwei Kompressortypen – der PC67 bildet den berüchtigten UREI 1176 nach, während der PC4K eine Hommage an den Master-Buss-Kompressor der luxuriösen Mixing-Konsole SSL 4000 darstellt. Der PC76 bietet einen zusätzlichen Modus für eine unendliche Kompressionsrate. Der PC4K wartet mit Sidechaining auf. Mittlerweile Standard bei virtuellen Effekten: Beide Kompressoren bieten einen Dry/Wet-Regler, mit dem Du die Anteile des unbearbeiteten und des komprimierten Signals stufenlos mischen kannst. So lässt sich leicht die beliebte Mischtechnik der parallelen Kompression erzielen.
Bei der Komponente für die Röhrensättigung stehen zwei Modi zur Verfügung – einerseits die Emulation einer einzelnen Röhre, andererseits eine Doppelröhre, bei der die hochfrequenten Anteile des Signals etwas sanfter saturiert werden. Mit drei Reglern für Eingangslautstärke, Drive und Ausgangslautstärke ist der Effekt denkbar einfach zu bedienen. Besonders bei dezent eingesetzten Sättigungseffekten umschmeichelte der Sound meine Ohren geradezu.
Der ProChannel ist exklusiv in der Premiumvariante Sonar X1 Producer implementiert, doch das aus gutem Grund: Alle drei Effekte klingen ausgezeichnet, sind klar strukturiert und flexibel genug, um auch den problematischsten Aufnahmen zu Leibe zu rücken. Kleines, aber feines Detail am Rande: Jedes Modul des ProChannel verfügt über eine kleine Clipping-Anzeige, die bei Übersteuerungen aufleuchtet. Hervorragend.
FX chain & FX bin
In Sonar X1 kannst Du nun beliebig komplexe Effektverschaltungen (»FX chain«) abspeichern und laden, per Drag & Drop von Spur zu Spur ziehen, in einem sogenannten »FX bin« zusammenfassen und bei Bedarf aussagekräftig benennend. Zudem kannst Du standardmäßige Voreinstellungen für deine Plugins bestimmen, und das in mehreren Ausführungen – im Plugin-Manager werden diese unterschiedlichen Varianten separat abgespeichert.
Gerade für vielbeschäftigte Produzenten ist dies ein ungemein nützliches Helferlein, denn so kannst Du erprobte und bewährte Arbeitstechniken in Form von komplexen Effektverschaltungen mit den individuellen Einstellungen der darin enthaltenen Plugins im Nu aufrufen.
Smart Tools
Eine weitere Neuerung bei Sonar X1 sind die sogenannten »Smart Tools«, kontextabhängige Bearbeitungswerkzeuge für die Spuren. Dabei wurden die Funktionen von so vielen Werkzeugen wie möglich in ein einziges Schweizer Taschenmesser verfrachtet, dessen Verhalten sich je nach Position des Mauszeigers und abhängig von der gedrückten Taste ändert. So wird beispielsweise die Split-Funktion für eine Spur durch das Drücken der Alt-Taste möglich, ohne für diesen Bearbeitungsschritt erst das Split-Werkzeug und danach wieder das vorherige auszuwählen. Das klingt vielleicht nicht allzu spektakulär, doch wenn Du dich erst einmal an diese Arbeitstechnik gewöhnt hast, wirst Du sie nicht mehr missen wollen.
Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch nach mehreren Wochen des Arbeitens mit den Smart Tools kann ich mich als eingefleischter Nutzer der Vorgängerversionen nicht mit der Aufteilung der Funktionen auf die einzelnen Tools anfreunden. Das Favoriten-Tool, das als Multifunktionswerkzeug ausgelegt wurde, ist das einzige, mit dem ich wirklich etwas anfangen kann. Ich kann nicht so recht nachvollziehen, warum die Löschfunktion auf den Rechtsklick gelegt wurde, auf dem früher das Kontextmenü war. Hundertfach hab ich dadurch schon aus Versehen etwas Wichtiges gelöscht. Aber vielleicht gewöhne ich mich noch daran.
Sonstige Neuerungen
Die Neugestaltung der Menüs und Dialogboxen soll nicht unerwähnt bleiben. Wo früher eine ellenlange Liste mit kryptischen Symbolen in der Spurenansicht zu sehen war, befindet sich nun ein übersichtliches Dropdown-Menü. Die globalen Optionen und die Einstellungen für ein einzelnes Projekt sind jetzt in einer einzigen Dialogbox untergebracht – wieder ein potentieller Quell der Verwirrung weniger.
Ebenfalls sehr positiv zu bewerten ist das an vielen Stellen implementierte Drag & Drop (das direkte Verschieben von Drum Patterns, Riffs, Effekten, Effektketten und weiteren Objekten), ob aus dem Browser oder innerhalb der Spurenansichten.
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Cakewalk Sonar X1 Test-Fazit
Mit Sonar X1 ist Cakewalk der Neustart gelungen. Das Interface Skylight überzeugt mit andockbaren Fenstern, einer in weiten Teilen aufgeräumten Oberfläche und der vernünftigen Anordnung der Bedienelemente. Der neue Browser mit universellem Drag & Drop erfreut das Herz aller Produzenten, die auf einen zügigen Workflow bedacht sind – und wer ist das nicht.
Besonders gut gefällt mir der ProChannel, ein Channel Strip für die Bearbeitung einzelner Spuren mit Equalizer, Kompressor und Röhrensättigung. Hier gibt es praktisch nichts zu meckern – alle Effekte klingen wirklich ausgezeichnet, sind klar strukturiert und fügen sich nahtlos in die Produktionsumgebung ein. Auch die Möglichkeit der Erstellung, Speicherung und Verwaltung komplexer Effektverschaltungen ragt weit aus der Masse der vielen kleinen Verbesserungen hinaus.
In der Version X1a waren noch einige lästige Bugs bei der Quantisierung und beim Metronom vorhanden, doch diese wurden längst mit den Patches auf X1b und X1c ausgebügelt. Für eingefleischte Sonarianer könnte das rundum neugestaltete Interface jedoch eine hohe Hürde darstellen, denn beim Re-Design blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Zudem scheint es, als wären die Aufräumarbeiten in den Menüs und Dialogboxen nicht ganz bis zu Ende gedacht worden, denn einige Einstellungen sind nur über Umwege zu erreichen.
Wenn Du etwas Zeit in die Gewöhnung an das neue Interface investieren kannst, lohnt sich der Umstieg auf Sonar X1. Rund 400 Euro sind beileibe nicht zu viel für eine solch umfangreiche Produktionsumgebung. Auch der Preis für das Update von 8.5 auf X1 ist mit 99,- € (inkl. MwSt.) fair bemessen. Dank des ProChannel und der nach wie vor reichhaltigen Auswahl an implementierten Instrumenten und Effekten steht diese DAW im Vergleich zur Konkurrenz wacker da und kann sich gut behaupten. Wer nun neugierig geworden ist, sollte unbedingt die Demoversion testen – es lohnt sich!
Features Cakewalk Sonar X1 Review
- Hersteller: Cakewalk
- DAW (Digital Audio Workstation)
- Zahlreiche Instrumente & Effekte
- Frei gestaltbares Interface
PASSEND ZUM Cakewalk Sonar X1 Test
- Sonar Platinum Test
- Cakewalk Sonar X2 Test
- Cakewalk Sonar 8.5 Test
- SONAR 8 Instrumente Test
- Cakewalk Sonar 8 Test