Brainworx bx_console Testbericht
Neve-Konsole im Computer
Von Alexander Geibel
Brainworx bx_console Test-Fazit
5
DELAMAR
SCORE
Virtueller Channel Strip, der den Sound von 72 Kanälen einer analogen Mischkonsole emuliert. Ein sehr gut klingendes Plugin im Stile einer Neve VXS - es berücksichtigt die klanglichen Unterschiede der einzelnen Kanalzüge, was dem Mischen »in the box« einen echten analogen Sound gibt.
PRO
- Sehr guter Klang
- Vielseitiger Kompressor
- 72 subtil unterschiedlich klingende Kanäle
- Gelungene Bedienung
- Niedrige CPU-Last
CONTRA
- Relativ teuer
- Keine automatische Erhöhung der Kanäle beim Öffnen neuer Instanzen
Für wen?
Fortgeschrittene und professionelle Mixing/Recording Engineers, die in kurzer Zeit einen guten Sound machen wollen.
Was ist es?
Brainworx bx_console ist ein Channel Strip Plugin, das den Sound einer Neve VXS emuliert – alle Kanalzüge einer klassischen analogen Mischkonsole mit ihren subtilen klanglichen Eigenheiten werden nachgebildet. Zwei analoge Prozessoren des gleichen Typs klingen nicht identisch, so auch die Kanalzüge der VXS. Diese mehr oder minder subtilen Abweichungen sind einer der Gründe, warum man analoge Mixe oftmals als wohlklingend empfindet.
Insgesamt werden in dem hier vorgestellten Plugin 72 Kanäle mit ihren unterschiedlichen Klangcharakteristika bereitgestellt.
Das von Brainworx emulierte Mischpult hat eine lange Geschichte – es wurde in der kalifornischen Skywalk Ranch zur Aufnahme von großen Orchestern für Filmmusik benutzt. Später war es im Besitz eines ehemaligen ABBA-Mitglieds und heute gehört es Brainworx, um für das Modeling vieler Plugins herzuhalten.
Das Plugin ist für 275,- Euro (inkl. MwSt.) über das Portal Plugin Alliance erhältlich.
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Brainworx bx_console Test
Auf den ersten Blick
Der Aufbau ist gut nachvollziehbar und lehnt sich optisch an andere Neve-Channel-Strip-Plugins an. Die meisten Parameter sind selbsterklärend, bei einigen ist ein Blick in die Bedienungsanleitung ratsam. Allgemein kann ich das Lesen des Handbuchs wärmstens empfehlen, weil es da viele nützliche Mixing-Tipps vom Brainworx-Gründer und CEO Dirk Ulrich gibt.
Die Installation auf dem Mac ging schnell und problemlos. Das Freischalten des Plugins ist sehr einfach gelöst, Du benötigst lediglich einen Account bei Plugin Alliance. Beim Starten des Plugins meldet man sich an, um es sogleich freizuschalten. Hat man keine Internetverbindung auf dem Studiocomputer, sind einige Schritte mehr nötig.
Standardmäßig verläuft der Signalfluss wie folgt: Input Gain – Filter – EQ – Dynamics – Output. Brainworx hat aber auch die Funktion eingebaut, den EQ nach den Dynamikeffekten zu schalten. Dies kann sehr nützlich sein (siehe auch »Kompressor oder EQ: Was kommt zuerst?«) und war auf dem originalen Mischpult nicht möglich.
Filter & EQ bei der Brainworx bx_console
Der EQ hat vier Bänder mit ±18 dB Verstärkung/Abschwächung. Die Filter können mit einem Doppelklick auf den Drehknopf aktiviert bzw. deaktiviert werden und reichen von 31,5 bis 315 Hz bzw. 18 bis 7.5 KHz. Es besteht die Möglichkeit, die Bandbreite zu verdreifachen, sodass die Filter von 94,5 bis 945 Hz bzw. 6 bis 2,5 KHz reichen.
Das oberste und unterste kann als Shelving- oder Glockenfilter fungieren. Nutzt man Letzteren, ist die Filtergüte zwischen 0,7 und 2 variabel, während die mittleren Bänder von 0,5 bis 9 verstellt werden können. So sind auch sehr feine Eingriffe in den Frequenzgang möglich.
Dynamik
Expander/Gate, Kompressor und Limiter stehen zur Verfügung. Diese Dynamikeffekte können von einem externen Sidechain-Signal gesteuert werden, alternativ auch von einem internen.
Per INV-Schalter lässt sich das gegatete Signal separat abhören, was beim Finden der richtigen Einstellung sehr hilfreich ist. Es gibt einem aber auch die Möglichkeit, das Gate als Ducker zu nutzen.
Beim Kompressor hat Brainworx ein paar Extra-Features eingebaut, die es auf der Neve-Konsole so nicht gibt. Zum einen das Hochpassfilter (10 – 2.000 Hz), um beispielsweise einen Drum-Bus zu komprimieren, ohne dass der Kompressor zu stark auf die Kick-Drum reagiert. Weiterhin gibt es einen Mix-Regler zum Überblenden zwischen komprimiertem und unkomprimiertem Signal (Stichwort: parallele Kompression).
Die Release-Zeit lässt sich von 0,03 bis 3 s fest einstellen oder automatisch regeln. Unter einem definierbaren Schwellenwert kannst Du eine exponentielle Release-Kurve wirken lassen, was das Verhalten teils stark verändert. Ich empfehle sehr, damit zu experimentieren.
Allgemein lässt sich sagen, dass die Dynamiksektion sehr viele Möglichkeiten bietet, den Sound so zu formen, wie man ihn haben will. Der Einsatz anderer Kompressor- bzw. Gate-Plugins wird damit weitestgehend unnötig.
Master
Neben dem Input-Gain gibt es das »V Gain« – nichts anderes als ein Rauschen, das laut Brainworx dem Grundrauschen der Konsole nahekommt. Es lässt sich komplett deaktivieren oder von -120 bis -70 dB regulieren. Für mich persönlich gibt es keinen Grund, einen Rauschteppich hinzuzufügen, dennoch kann er für den einen oder anderen das gewisse analoge Etwas geben.
Schade, dass der emulierten Kanalzug bei jeder neu hinzugefügten Plugin-Instanz nicht automatisch erhöht oder zumindest zufallsgeneriert wird. Wenn ich den Channel Strip auf 30 Spuren nutzen möchte, müsste ich jede Instanz einzeln öffnen und die Standardkonfiguration (Kanalzug 1) verstellen. Vielleicht gibt es irgendwann ein Update mit dieser Funktionalität.
Knöpfe zur Stummschaltung und Polaritätsumkehr sind vorhanden. Am Ende der Signalkette steht der Lautstärke-Fader (-120 bis +10 dB). Außerdem kann die Stereoverarbeitung des Eingangssignals auf »analog« geschaltet werden – dies sorgt auch zwischen dem linken und dem rechten Kanal für kleine klangliche Abweichungen und somit ein lebendigeres Stereobild im Vergleich zum Eingangssignal.
Brainworx bx_console: In der Praxis
Der Klang hat mich voll und ganz überzeugt. Ich habe alle essentiellen Funktionen und mehr in einem Plugin versammelt und muss nicht ständig zwischen unterschiedlichen Fenstern wechseln, wodurch ein Mix in sehr kurzer Zeit fertiggestellt werden kann. Bei extremen Parametereinstellungen der enthaltenen Effekte sind die klanglichen Unterschiede der jeweiligen Kanalzüge besonders deutlich hörbar.
Da kein (Mono-)kanal einem anderen gleicht, werden auch Stereosignale als solche beeinflusst. Auf einem Mix mit 24 Stereoinstanzen konnte ich eine positive Veränderung des Stereobildes feststellen.
Der Kompressor klingt hervorragend und ist sehr vielseitig einsetzbar. Ich finde es auch manchmal sehr inspirierend, keine grafischen Darstellungen von EQ- oder Kompressorkurven zu sehen. Dann ist man mehr auf die Ohren angewiesen, was auch gut und gerne dazu führen kann, dass man untypische Einstellungen vornimmt.
Ich kann sagen, dass ich beim Mischen das gleiche, vielleicht sogar ein besseres Ergebnis erzielt habe, als mit meinen bisher verwendeten Plugins. Entscheidend dabei war, dass ich dieses Ergebnis in einer wesentlich kürzeren Zeit erreicht habe und mehr Spaß dabei hatte.
Zudem war ich von der im Hinblick auf den guten Sound verhältnismäßig geringen CPU-Last bei der Brainworx bx_console beeindruckt. Das ist natürlich wichtig, weil das Plugin erst beim Einsatz vieler Instanzen einen echten Unterschied macht.
Es gibt viele gute Gründe, sich auf einige wenige Plugins zu konzentrieren. Zum einen lernt man, sie richtig einzusetzen, und erfährt deren Stärken und Schwächen. Zum anderen habe ich selbst festgestellt und aus zahlreichen Gesprächen mit Kollegen und Programmierern bestätigt bekommen, dass die Latenzkompensation einiger DAWs bei weitem nicht so akkurat ist, wie manch ein Hersteller es gerne hätte. Die Reduktion auf wenige Plugins von wenigen unterschiedlichen Herstellern kann bei hohen Spurenzahlen einen hörbaren Unterschied machen, weil weniger unterschiedliche Latenzen kompensiert werden müssen.
Klangbeispiele im Brainworx bx_console Testbericht
Hip Hop – unbearbeitet
Hip Hop – 18 Instanzen in Stereo
Snare – unbearbeitet
Snare – Eine Instanz
Akustische Gitarre – unbearbeitet
Akustische Gitarre – Eine Instanz
Voice-over – unbearbeitet
Voice-over – Eine Instanz
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Brainworx bx_console Test-Fazit
Gut 80% aller Mixing-Aufgaben lassen sich mit Brainworx bx_console problemlos bewerkstelligen. Ich bin viel schneller zum Ziel gekommen als mit den Werkzeugen, die ich bisher verwendet habe. Zur Produktion elektronischer Musik hat das Plugin sehr gut funktioniert und ich bin mir sicher, dass es bei »handgemachter« Musik sein Potential noch besser entfalten kann.
Die Bedienung ist sehr gut und zusätzlich zu den Funktionen des Originals von Neve wurden einige nützliche Features wie Parallelkompression oder ein Hochpassfilter eingebaut.
Klanglich spielt das Plugin ganz vorne mit, wenngleich man mit einer Kombination anderer Plugins die gleichen Ergebnisse erzielen kann – aber wie erwähnt wohl mit einem höheren Zeitaufwand. Deshalb kann ich jedem, der ergebnisorientiert oder zeiteffektiv arbeiten möchte, meine Empfehlung aussprechen.
Der Preis von rund 275 Euro ist für ein Plugin recht hoch. Dabei sollte man aber berücksichtigen, dass der Kauf von drei ähnlich ausgestatteten Plugins für EQing, Kompression und Gating höchstwahrscheinlich um einiges teurer ist.
Damit mache ich einen Deckel auf den Brainworx bx_console Testbericht und meine, dass die Maximalwertung – fünf von fünf Punkten – angemessen ist.
Features Brainworx bx_console Review
- Hersteller: Brainworx
- Channel Strip Plugin
- Windows & Mac OS
- VST, VST3, AU, AAX (Native & DSP)
- Emulation einer Neve VXS
- 72 Kanäle, jeweils mit subtilen klanglichen Abweichungen
- Expander/Gate, Kompressor, 4-Band-EQ
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