AKG K872 Testbericht
Studiokopfhörer für Profis
Von Felix Baarß am 16. Februar 2017
AKG K872 Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
Geschlossener dynamischer Kopfhörer für gehobene Ansprüche. Der AKG K872 zählt wie sein offenes Schwestermodell zweifellos zur Crème de la Crème der Studiokopfhörer. Neben dem weitgehend neutralen Frequenzgang sind vor allem eine herausragende Impulstreue und ein sehr differenzierter Raumklang zu verzeichnen. Komfort und Verarbeitung sind auf höchstem Niveau. Nur das Gewicht ist höher als beim Durchschnitt, der Lieferumfang überschaubar.
PRO
- Sehr tief hinabreichender Frequenzgang
- Ausgewogener, neutraler Klang
- Glasklar voneinander getrennte, exakt ortbare Einzelschallereignisse
- Knallharte Impulstreue
- Höchst akkurate Dynamik und Transparenz
- Makellose Verarbeitung mit edlen Materialien
- Langes Kabel mit hochwertiger Steckverbindung
- Äußerst bequem, auch bei langen Sessions
- Nobles, eigenständiges Design mit traditionellen Anklängen
CONTRA
- Relativ hohes Gewicht
Für wen?
Profis im Tonstudio.
Was ist es?
Der AKG K872 ist ein elektrodynamischer Kopfhörer in geschlossener Bauweise, der vor allem für den Einsatz im Tonstudio geeignet sein will. Es handelt sich um das besser vor Umgebungsschall abschirmende Gegenstück zum offen konstruierten AKG K812 [Testbericht]. So ist dieses Modell nicht nur zum Mixdown, sondern auch zum Monitoring beim Recording geeignet. Das geschlossene Spitzenmodell des Wiener Traditionsherstellers bietet ein selbstjustierendes Kopfband und das Kabel ist abnehmbar.
Der aktuelle Straßenpreis liegt bei 1.315,- Euro (inkl. MwSt. & Versandkosten).
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AKG K872 Test
Erster Eindruck
Beim Design schimmern die Klassiker des Hauses noch durch, doch der AKG K872 ist deutlich moderner und mit feiner ausgearbeiteten Details versehen. Ich finde das äußerst attraktiv, auch und gerade im Vergleich zu den Spitzenmodellen anderer Hersteller. Der direkte Konkurrent Sennheiser HD 800 [Testbericht] ist beispielsweise wesentlich klobiger.
Verarbeitung
Verarbeitungstechnisch ist alles bestens, wie man bei diesem Preis längst erwarten durfte. Für Ohrmuscheln, Bügel, Kopfband und Polster kommen edle Materialien zum Einsatz, zudem sind alle Komponenten höchst akkurat gefertigt und sehr gut zusammengesetzt.
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Tragekomfort beim AKG K872
Die mit Echtleder bespannten, angenehm gefüllten Ohrpolster passen sich sanft an meine Kopfform an. Das Kopfband besteht aus einem atmungsaktiven Netzstoff. Dieselben Qualitäten weist das schon erwähnte offene 812er-Modell auf, das indes leichte Vorteile im Komfort zu bieten hat – dort kann die Luft durch die perforierte Ohrmuschel besser zirkulieren und es wird nicht so warm im Inneren.
Die Aussparungen in den Ohrpolstern weisen einen auffallend hohen Durchmesser auf – auch Hörer mit sehr großen Ohren werden hier bequem Platz finden. Der Anpressdruck ist sanft, dennoch wird ein stabiler Halt gewährleistet.
Alles in allem ist der Tragekomfort außerordentlich gut – der AKG K872 drängt sich deutlich weniger auf als praktisch alle anderen Studiokopfhörer ersten Ranges, die ich bisher testen durfte. Bei langen Sessions wird man das zu schätzen wissen, wenngleich das hohe Gewicht von 390 Gramm (ohne Kabel) mehr zur Ermüdung von Kopf und Nacken beiträgt als leichtere Modelle.
Verkabelung
Das drei Meter lange Kabel ist stark ummantelt und an den Übergängen zu den Steckern erscheint es ziemlich knickresistent. Dem Standard entsprechend mündet es in einem kleinen Klinkenstecker mit vergoldeten Kontakten und per schraubbarem 6,3-mm-Adapter findest Du Anschluss an dein ausgewachsenes Studio-Equipment.
Überraschung: Auf der anderen Seite – einseitig an der linken Ohrmuschel – endet es nicht in einem Mini-XLR-Stecker. Stattdessen kommt hier eine dreipolige Push-Pull- Verbindung des Herstellers Lemo zum Einsatz. Diese Stecker und Buchsen sind sehr stabil. Kein Wunder, denn sie sind sonst eher bei Equipment in der Medizintechnik, dem Messwesen und dergleichen zu finden.
Klang
Der AKG K872 zählt ganz klar zu den am akkuratesten klingenden Kopfhörern, die Du heute für dein Studio kaufen kannst. Dabei ist dank guter Schallisolierung auch der Einsatz beim Recording am Mikrofon denkbar.
Dank hoher Empfindlichkeit braucht er nicht viel Verstärkung, um kräftig aufzuspielen. Dich erwartet ein vergleichsweise »dunkles« Klangbild mit bemerkenswert tiefen Bässen und völlig entspannten Höhen. Gehen wir weiter ins Detail …
Schallisolierung
Die Abschirmung vor Umgebungsgeräuschen überzeugt. Hier dringt kaum mehr Schall nach innen als bei Modellen, die auf die Isolation spezialisiert sind (zum Beispiel der beyerdynamic DT 770 M [Testbericht]). Da überrascht es nicht, dass der AKG K872 auch umgekehrt gut dichthält.
In der Praxis: Nah am Mikrofon stehende Künstler können damit arbeiten, auch wenn sie zum Playback über den Kopfhörer ihre Takes einsprechen bzw. einsingen. Dass dieses Modell eigentlich viel zu schade dafür ist und eher zum analytischen Abhören genutzt werden sollten, ist ein anderes Thema.
Frequenzgang
Die großen, 53 mm durchmessenden Membranen machen’s möglich: Der AKG K872 gibt sehr tiefe Bässe deutlich wieder. Sehr fein, welche Kraft dieser Studiokopfhörer entwickelt … ohne zu aufdringlich zu wirken oder höherfrequente Bässe zu übertünchen. In den Mitten gibt es keinerlei Auffälligkeiten, der natürliche »Torso« eines Instruments und die Sprachverständlichkeit einer Stimme sind voll gegeben. Auch die hohen Lagen von den Sibilanten bis zum obersten Funkeln erscheinen völlig unaufgeregt.
Obwohl wir es insgesamt mit einem mehr als hinreichend neutralen Abhörwerkzeug zu tun haben, gibt es gewisse Frequenzen, die je nach Vergleichsmodell stärker oder schwächer ausgeprägt sind. Das ist vielleicht nicht (sofort) nach jedermanns Geschmack. So ist der AKG K872 in Relation zum K812 kräftiger im Bass (dabei aber keineswegs »wummernd«) und zurückhaltender in den Höhen. Gerade Letzteres ist etwa auch im Vergleich mit dem beyerdynamic DT 1770 PRO [Test] anzumerken.
Auf dieses vergleichsweise »matte« Klangbild stellt sich das Ohr sehr schnell ein, so dass Du dich spätestens nach einer kurzen Akklimatisierung ans Abmischen oder setzen kannst. Und für das Monitoring beim Recording ist der Sound sowieso ohne jeden Makel.
Stereopanorama
Was die Separation einzelner Klänge in der räumlichen Breite und Tiefe betrifft, spielt der AKG K872 –selbst als geschlossener Kopfhörer – großartig auf. Er zeichnet ein intimeres und abgeschlosseneres Klangbild als das offene Geschwistermodell. Dennoch ermöglicht er eine sehr genaue Ortung aller Instrumente und Stimmen. Beziehungsweise für die Platzierung dieser bei der Musikproduktion und beim Abstimmen des Bühnensounds einer Band.
Tiefenstaffelung
Schon beim erwähnten Modell von beyerdynamic habe ich mit Freuden festgestellt, dass es zunehmend schwerer wird, etwas am Raumklang eines sehr guten geschlossenen Studiokopfhörers von heute zu bemängeln. Beim hier vorgestellten Kandidaten von AKG ist das Ganze sogar noch etwas eindrucksvoller.
Das erwarte ich auch von einem Kopfhörer, der mehr als das Doppelte kostet. So wird etwa das Abstimmen einer hintergründigen Hallfahne im Kontrast mit den »trockenen« Sounds im Vordergrund zum Genuss – die Tiefenstaffelung wird förmlich greifbar.
Impulseigenschaften
Kurze Anschläge einer Kick Drum erscheinen staubtrocken und nüchtern, es gibt keinerlei »Verschwimmen« im Abgang. Auch bei allen Klänge in höheren Lagen schwingen die Membranen des AKG K872 superpünktlich ein und aus, was feinste Details offenlegt und im wahrsten Sinne für klare Verhältnisse sorgt.
HiFi-verwöhnte Ohren (oder sollte ich »verschandelte« sagen?) könnten das zunächst als etwas zu trocken empfinden. Mit einem röhrenbestückten Kopfhörerverstärker lassen sich die Transienten bei Bedarf sicher etwas »abschmirgeln«.
Ich empfehle aber ganz klar, sich auf die beispielhafte Impulsfestigkeit einzulassen, die der Transistorverstärker an einem beliebigen guten Audio Interface, Mischpult & Co. liefert. Der geneigte Hörer wird mit einer hervorragenden Transparenz im komplexen musikalischen Miteinander der Klänge belohnt.
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AKG K872 Test-Fazit
Der AKG K872 bildet gemeinsam mit dem offen konstruierten Schwestermodell (siehe AKG K812 Testbericht) die Speerspitze des Unternehmensportfolios in Sachen Studiokopfhörer. Dich erwartet ein weitgehend neutrales Klangbild. Außerdem zu vernehmen: klar voneinander separierte Einzelklänge, toller Raumklang (überraschend stark für einen geschlossenen Kopfhörer) und eine fabelhafte Impulstreue für ein dynamisches Modell.
In dieser Preisklasse werden bereits allerhöchste Ansprüche an Verarbeitung und Komfort geweckt. Der 872er erfüllt diese. Zusammen mit dem eigenständigen, technikfokussierten Design heimst der Kandidat also auch in der B-Note viele Punkte ein. Allerdings ist das Gewicht von 390 Gramm ein echtes Pfund – na gut, beinahe. ;) Auch hätte für rund 1.350 Euro hätte zumindest noch ein weites Kabel und/oder ein Paar Ersatzohrpolster beigelegt werden können.
Alles in allem handelt es sich um einen Kopfhörer, der vor allem im anspruchsvollen Tonstudio glänzt. Dabei sind direkte Mitbewerber in geschlossener Bauart rar gesät – ich kenne lediglich die weniger als die Hälfte kostenden beyerdynamic DT 1770 PRO und Shure SRH1540. Sie klingen dem Preis entsprechend nicht ganz so grandios.
Zugegeben, ab der 500-Euro-Marke aufwärts werden die klangqualitativen Vorteile eher subtil. Dennoch: Wer sich nach einer solchen Investition nichts vom Munde absparen oder empfindliche Einbußen im Budget für das sonstige Studio-Equipment hinnehmen muss, findet hier das passende Modell.
So hat unser Proband im AKG K872 Testbericht auf delamar sehr, sehr gute viereinhalb von fünf Punkten verdient. Ein wahrer Meister seines Fachs mit kleineren Schönheitsfehlern im Gesamtpaket, die jedoch nichts mit dem Klang zu tun haben. Den Punkteabzug gibt’s für den sparsamen Lieferumfang, das recht hohe Gewicht und den preislich für mich nicht angemessenen Zugewinn an Klangqualität gegenüber den erwähnten Modellen von beyerdynamic und Shure.
Features AKG K872 Review
- Hersteller: AKG
- Elektrodynamischer Kopfhörer
- Geschlossene, ohrumschließende Bauweise
- Treiber: 53 mm Ø
- Magnetische Flussdichte: 1,5 Tesla
- Übertragungsbereich: 5-54.000 Hz
- Empfindlichkeit: 112 dB SPL/V
- Nennimpedanz: 36 Ω
- Kabellänge: 3 m
- Ohrpolster austauschbar
- Selbstjustierendes Kopfband
- Gewicht: 390 g
PASSEND ZUM AKG K872 Test