Songwriting Grundlagen
Basics, Stilmittel, Gestaltungsmittel & Co.
Von Michael Schymik
Songwriting Grundlagen – Inhalt
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.
Songwriting: Basics & Background
Wer über das Thema Songwriting schreibt, stößt unweigerlich auf zwei Probleme. Erstens: Es ist unmöglich darzustellen, wie »man« einen Song schreibt: Bei jedem Menschen »funktioniert« das ein wenig anders. Und sogar bei ein und demselben Menschen kann der eine Song auf die eine Weise entstehen und ein zweiter ganz anders. Deshalb ist es mir wichtig, hier direkt am Anfang klarzustellen: Alle folgenden Beschreibungen und auch die Darstellungen in meinem Buch »Songwriting intensiv« sind keine allgemeingültigen Kochrezepte, sondern nur eine Beschreibung, wie ich diesen speziellen Song geschrieben habe.
Zweitens: Würde man versuchen, das Thema Songwriting komplett darzustellen, so hätte man es – falls dies überhaupt möglich wäre – mit einem Werk ungeheuren Umfangs zu tun, da ein Großteil der gesamten Musik(-theorie) und vieles darüber Hinausgehende irgendwie mit Songwriting zu tun hat bzw. irgendwie nutzbar gemacht werden kann.
Diese Probleme führen zu dem Schluss, dass man das Thema irgendwie eingrenzen muss. Dabei ist mir aufgefallen, dass viele Bücher deshalb den Weg gehen, fast ausschließlich Fakten aufzuzählen: Tonumfänge von Instrumenten, Notationsweisen, Satztechniken etc.
PASSEND DAZU
- Buchtipp Songwriting intensiv: Vom leeren Blatt zum fertigen Titel
- Songwriting
- 6 Wege zur zündenden Idee beim Song schreiben
- Die 5 besten Tipps zum Songwriting: So geht’s
- Songwriting – Was wir vom Brainstorming lernen können
Warum ich »Songwriting intensiv« geschrieben habe
Auf der Suche nach einem deutschsprachigen Buch, das all diese Fakten praktisch zusammenführt, welches also zeigt, wie genau man dieses Wissen praktisch anwenden kann, bin ich nicht fündig geworden. Genau aus diesem Grund wollte ich »Songwriting intensiv« schreiben: Es stellt ganz konkret dar, wie mein Song »Pilot« entstanden ist: Du als Leser schaust mir quasi über die Schulter, wie ich beim Songwriting gedacht habe, welche musikalischen Elemente ich wie und warum eingesetzt habe. Theoretische Grundlagen werden dabei an genau den Stellen vermittelt, an denen sie tatsächlich gebraucht werden. Dort wird aber sofort gezeigt, wie man sie praktisch anwenden kann und wie sie teilweise voneinander abhängen.
Von dieser Vorgehensweise erhoffe ich mir, dass deutlich wird, wie ich als Komponist denke, welche Ziele ich verfolge und welche musikalischen Mittel ich einsetze, um diese Ziele zu erreichen.
Ich hoffe, dem Leser so eine Denkweise zu vermitteln, die er selbst auf seine eigenen Songs anwenden kann. Da wir in diesem Artikel keinen ganzen Song besprechen können, werde ich hier versuchen, das Thema etwas allgemeiner, aber doch praxisnah zu beschreiben.
Übrigens werde ich es in Bezug auf Notenbeispiele im vorliegenden Artikel genauso handhaben wie im Buch: Fast alle Notenbeispiele sind auch als MP3 vorhanden, damit auch Anfänger und nicht so notenfeste Mitmusiker nachvollziehen können, was gemeint ist.
Von der Idee zur Story
Für einen Song brauchst Du eine Idee. Wie kommst Du auf Ideen? Nun, es gibt da die romantische Vorstellung, dass Du nur zu warten brauchst. Irgendein höheres Wesen bekommt irgendwann plötzlich Lust, die Erde mit Ideen zu bombardieren. Und eine davon (natürlich die genialste!) wird ausgerechnet dich treffen. Dies ist die sogenannte Microsoft-Taktik (»bitte warten…«?).
Der wahre Kern dieser Vorstellung ist, dass Du Ideen nicht erzwingen kannst – sie kommen, wann sie wollen: Nachts im Bett, mitten auf einer Party, unter der Dusche…
Wenn Du etwas planvoller mit deinen Ideen umgehen möchtest, habe ich folgenden Tipp für dich: Nimm deine Ideen ernst! Halte alle Ideen erst einmal sofort fest: Schreibe sie irgendwo auf oder sprich sie als Sprachmemo auf dein Handy.
Wichtig: Bewerte sie erst einmal nicht! Aussortiert wird später. Die dümmsten Ideen können später die Urzelle der besten Songs werden! Lege dir irgendwo einen Ideenpool an, in dem Du alle Ideen aufbewahrst: einen zentralen Ort, eine Mappe, ein Karton, ein Platz im Regal. Es gibt nichts Blöderes, als eine Idee nicht wiederzufinden (ich spreche aus eigener Erfahrung!).
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.
Hol dir die KREZE!
Erzwingen kann man Ideen nicht, aber fördern kann man sie! Eine von mehreren kreativitätsfördernden Techniken ist die KREZE: KREZE ist die Abkürzung für KREativitäts-ZEit: Nimm dir jede Woche einen gewissen Zeitraum (z.B. jeden Dienstag 1½ Stunden), um etwas zu tun, das deine Kreativität fördern könnte: Museumsbesuche, Spaziergang am See, Ausstellung besuchen, Buch lesen (z. B. »Songwriting intensiv«, dort findest Du auch noch mehr Kreativtechniken) etc.
In dieser Zeit geht es darum, etwas zu finden, das dich entspannt, das Du interessant findest, das deiner Fantasie Flügel verleiht.
Entwicklung einer Story
Zweiter Schritt (Evaluation): Gehe jetzt an deinen Ideenpool, greife einzelne Ideen heraus und prüfe, ob sich die Ideen für einen Song eignen: Als Bewertungsmaßstab eignen sich z.B. Kriterien wie Emotion und Identifikation:
Emotion
»Musik ist die Sprache der Gefühle« soll mal ein kluger Mensch gesagt haben. Anders ausgedrückt ist Musik besonders gut dafür geeignet, Emotionen sehr treffend und eindrucksvoll darzustellen – besser als es z.B. die Sprache vermag. Deshalb eignen sich Emotionen, Gefühle besonders gut für Songs.
Bildhafte Sprache
Da die direkte Sprache auf dem Gefühlssektor leicht »flach« wirken kann (»Ich liebe dich ganz doll und unheimlich viel und total tief und überhaupt…«), eignen sich Metaphern, Bilder oder Vergleiche oft besser zur Beschreibung von Emotionen (»Ohne Dich bin ich ein Buch ohne Seiten«).
Identifikation
Die beste Emotion nutzt aber nichts, wenn sie nur dich selbst betrifft: Einen Song darüber zu schreiben, dass ich wütend darüber bin, dass mir der Schnürsenkel meines linken Schuhs immer aufgeht, ist daher nur dann sinnvoll, wenn meine Zielgruppe fünfjährige Bambini-Fußballer sind. Was ich damit sagen will: Je stärker Du möchtest, dass deine Musik von anderen Menschen gehört werden soll, desto stärker solltest Du dir Gedanken machen, was deine Zielgruppe denn interessieren könnte. Um deinen Song zu mögen, müssen sie sich mit dessen Thema/Aussagen identifizieren können.
Werde Weiterspinner!
Hast Du ein schönes Thema für deinen Song gefunden, geht es darum, tiefer in dieses einzusteigen: Modifiziere deine Idee, verkehre sie ins Gegenteil, kombiniere Sie mit anderen Ideen aus deinem Ideenpool, kurz: Spiele mit Ideen herum, um zu sehen, ob sich dadurch weitere interessante Ansätze oder eine interessante Entwicklung des Songs ergeben könnte.
Mind-Maps sind ebenfalls wunderbar geeignet, um tiefer in ein bestimmtes Themengebiet einzudringen.
Übergang: Idee zur Musik
Hast Du die »Story« im Groben im Kopf, kannst Du beginnen, die Grundidee(n) zu vertonen: Welche Melodie, welcher Rhythmus, welche Harmoniefolge, welches Geräusch ist geeignet, deine Idee musikalisch darzustellen? Befindet sich z.B. schon eine musikalische Idee in deinem Pool, die geeignet sein könnte? Der im Buch beschriebene Song entsteht beispielsweise aus dieser kleinen rhythmischen Urzelle:
Mache dir dazu klar, wie deine Idee beschaffen ist: Wenn ich Trauer darstellen will, so kann das ein leises Vor-sich-hin-Schluchzen sein oder aber ein lautes, wehklagendes oder gar wütendes Schreien. Schon habe ich mit »leise« und »laut« etwas geschaffen, das für Songs eines der wichtigsten Elemente ist und worauf wir deshalb immer wieder zu sprechen kommen werden: Kontrast! So könnte ich z.B. in der Strophe das leise Schluchzen darstellen, im Chorus das laute wütende Schreien:
Oder: Ich nehme das Wort »Schluchzen« zum Anlass und schaue mal genauer hin: Was passiert denn musikalisch, wenn ich schluchze? Ich setze mich an mein Instrument und versuche eine »Schluchz«-Melodie zu spielen! Wenn ich das nicht kann, kann ich mir die Technik zur Hilfe nehmen: Ich schluchze, nehme das mit meinem Sequencer auf und schaue mir mithilfe der Vari-Audio-Funktion (oder z. B. Melodyne) an, welche Melodiebewegung entsteht.
Stil & Stilmittel- Songwriting Basics
Jetzt hast Du erste Bausteinchen deines Songs. Nun geht´s ans Zusammenbasteln. An dieser Stelle ist es sinnvoll zu fragen:
- Welches Material benutze ich?
- Wie gehe ich mit diesem Material um?
- Auf welche Art und Weise formuliere ich?
All das sind Fragen, mit dem ich den Stil meines Songs beschreibe. Zwar hast Du sicherlich deinen eigenen Stil, damit dieser aber wirklich etwas Eigenes sein kann, solltest Du (zumindest grob) wissen, welche Stile es bereits gibt und was sie auszeichnet – ansonsten könnte sich leicht herausstellen, dass es »deinen« Stil vielleicht doch schon gibt. Gewisse Stilkenntnisse sind also sehr nützlich für die Entwicklung eines eigenen Stils.
Drei große Stilrichtungen möchte ich hier kurz skizzieren, um anzudeuten, wie sich die Stilkomponenten Material, Umgang mit dem Material und Formulierungsart konkret in den Stilen niederschlagen. Der Song im Buch wird übrigens durch diese drei Stile »durchkonjugiert«: Die Hauptversion ist ein Rock-Pop-Song – jeweils am Ende eines Abschnitts wird gezeigt, was man verändern müsste, um daraus eine reine Pop-Ballade bzw. einen Dance-Track zu machen.
Rock
Ist oft gitarrenorientiert (Material), Power-Chords (Umgang mit Material), Protesthaltung, drückt sich oft in rauer Art aus (Art der Formulierung).
Pop
Klaut sich Material aus anderen Stilen (Material) und macht es massentauglich (Umgang mit Material), einfache/gefällige Harmonien/Melodien (Umgang mit Material), Gesang ist im Vordergrund (Art der Formulierung).
Dance
Beat-orientiert (rhythm. Material), Base-Stacking (Umgang mit Material), 4-to-the-Floor (Art der Formulierung).
Formkomponenten: Förmchen und ihre Jobs
Jeder Song hat einen Aufbau. Dieser sollte bestenfalls nicht willkürlich, sondern inhaltlich und dramaturgisch bedingt gewählt werden.
Voraussetzung hierfür ist u.a. das Wissen um die Aufgaben der einzelnen Songbausteine:
1. Intro | Einführen in die Gedankenwelt des Songs |
---|---|
2. Strophe | Story erzählen |
3. Prechorus | Verbinden von Strophe und Chorus, wenn diese sehr verschieden sind, Hinleiten zum Chorus |
4. Chorus | Hauptaussage |
5. C-Teil | Abwechslungsbaustein, Beleuchten des Themas aus neuer Perspektive |
6. Solo | Hier hält ein Instrument eine Art Monolog; besonders reizvoll wenn gut improvisiert |
7. Ending | Herausführen aus dem Song, abschließender oder offener Charakter |
Zu erklären, wie man diese Funktionen der einzelnen Teile mit musikalischen Mitteln herstellen kann, würde an dieser Stelle zu weit führen, wird jedoch im 2. Kapitel des Buches beschrieben, ebenso wie weitere wichtige Formprinzipien wie z.B. die Barform AAB, die Abwandlungen ABA und die Reprisenbarform AABA, die sowohl im Kleinen (z.B. Melodiebau) wie im Großen (Songaufbau) anwendbar sind.
Spannungsbogen & Dramaturgie
Im Prinzip kannst Du die o.g. Bausteine anordnen, wie Du möchtest – es sollte nur »Sinn machen«. Ein in diesem Zusammenhang häufig begangener dramaturgischer Fehler ist das »Immer-Voll-Power-Geben«, d.h. im gesamten Song spielen immer alle Instrumente »aus allen Rohren«. Der Hörer gewöhnt sich aber schnell an den »Voll-Power-Sound« und deshalb wirkt ein solches Arrangement schnell langweilig.
Deshalb gilt die Grundregel der Dramaturgie: Anspannung und Entspannung wechseln einander ab! Dies bedeutet z.B., dass der »Voll-Power-Sound« nach einer sehr sparsam instrumentierten und gesetzten Passage viel besser zur Geltung kommt.
Ein Stück regulärer Länge (ca. 3:30 min) hat im Normalfall genau einen absoluten Höhepunkt, der weit nach hinten verlagert wird. Davor gibt es auch Spannungs-»Berge«, die jedoch dem absoluten Höhepunkt unterzuordnen sind, damit dieser voll zur Geltung kommen kann.
Mir selbst ist es oft passiert, dass ich beim Arrangieren des ersten Chorus schon viel zu viel gemacht habe, sodass in den weiteren Chorussen kaum noch die Möglichkeit einer Steigerung bestand. Folgende Selbstüberlistung hat das Problem gelöst: Ich habe einfach von hinten nach vorn arrangiert! Das heißt zuerst den letzten Chorus – dann braucht man in den Chorussen davor nur immer etwas wegnehmen oder stumm schalten und erhält so den gewünschten Spannungsverlauf.
Gestaltungsmittel beim Songwriting
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.
Die musikalischen Elemente füllen einen Werkzeugkasten, aus dem Du dich als Songwriter bedienen kannst. Die Voraussetzung dafür ist, dass Du deine Werkzeuge und ihre Einsatzmöglichkeiten kennst. Wer schon einmal versucht hat, eine Konservendose mit einem Vorschlaghammer zu öffnen, weiß, was ich meine. Im Folgenden möchte ich einen Großteil dieser Gestaltungselemente darstellen und Anregungen geben, wie Du sie in deinen Songs gewinnbringend einsetzen kannst. Wir beginnen mit den Aspekten auf der zeitlichen Ebene.
Zeitliche Ebene
Tempo
Die Wahl des richtigen Tempos ist essentiell für die Wirkung deines Songs. Spiele deinen Song/deine Idee einmal absichtlich in unterschiedlichen Tempi, um herauszufinden, welches Tempo ideal ist. Je langsamer das Tempo gewählt wird, desto mehr Zeit – und damit Gewicht – fällt auf die einzelnen Noten. So kannst Du sehr bedeutungsvolle Texte unterstreichen. Die an den Text gekoppelte Melodie erhält damit ebenfalls Gewicht. Je schneller das Tempo ist, desto mehr gewinnt dagegen der rhythmische Aspekt an Bedeutung: Text und Melodie treten zugunsten der Aufforderung zur Bewegung bzw. des Grooves (z.B. in Dance-Musik) zurück.
Taktart
Die meiste Pop-, Rock- und Dance-Musik steht im 4/4-Takt. Manchmal ist auch der 6/8-Takt und ¾-Takt anzutreffen. Für das Songwriting ist es wichtig zu wissen, dass jede Taktart nicht nur Noten zu Grüppchen (Takt-»Kästchen«) zusammenfasst, um diese leichter lesbar zu machen. Üblicherweise bedeutet Taktart auch, dass ein bestimmtes Betonungsschema (Metrum) unterlegt ist. So sind z.B. beim 4/4-Takt nicht alle 4 Schläge eines Taktes gleich »wichtig«, sondern gliedern sich wie folgt: 1 – 2 – 3 – 4. Die 1 und die 3 gelten als »schwere« Zählzeiten (»Downbeat«), die auf die eine oder andere Art hervorgehoben werden. Die 2 und die 4 sind »leichte« Zählzeiten (»Backbeats«). Bereits durch diese Abfolge von schwer und leicht (siehe Kontrast) entsteht eine Art Grund-Groove, der meist schon durch die Wahl der Taktart impliziert ist.
Notenwerte
Alles ist relativ, wie Einstein schon sagte. So auch die Notenwerte. Deren tatsächliche Dauer ist immer abhängig von Tempo, Zählwert und Artikulation. Generell kann man aber sagen, dass das, was für das Tempo galt, sich in den Notenwerten fortsetzt: Größere Notenwerte bedeuten Ruhepunkte, bedeuten »Gewicht«, während kleinere Notenwerte Bewegung bedeuten. Das Abwechseln von Bewegung und Ruhepunkten (schon wieder Kontrast!) gibt deiner Musik eine sinnvolle Struktur: Bewegung (kleine NW) → Ruhepunkt (große NW) → Bewegung → Ruhepunkt etc.
Rhythmus
Rhythmus entsteht aus dem Zusammenwirken von Notenwerten und dem Betonungsschema der Taktart.
Betonungen
Beim Wort Betonung denkt man zuerst an das Hervorheben eines einzelnen Tons durch höhere Lautstärke (dynamischer Akzent). Betonungen können aber auch durch andere Elemente erreicht werden – nämlich immer dann, wenn ein Element aus dem üblichen Rahmen herausragt.
Beim melodischen Akzent ragt eine Note tonhöhenmäßig aus der Menge der anderen heraus und wird so auffällig. Ein Beispiel, das Du vielleicht noch aus dem Kindergarten kennst:
Beim rhythmischen Akzent fällt ein rhythmisches Element aus dem Rahmen:
Die Synkope überspielt die Betonungsordnung des Metrums und geht auf diese Weise rhythmisch gegen den Strich:
Beim harmonischen Akzent ist eine Harmonie auffallend anders als die anderen:
Ein artikulatorischer Akzent ist z.B. eine Portato-Note in einem Umfeld von lauter Staccato-Noten:
Mit all diesen Mitteln (natürlich auch mit Kombinationen) kannst Du einzelne Stellen in deinem Song besonders hervorheben, z.B. besonders wichtige Worte in deinem Songtext.
Artikulation
Unter Artikulation versteht man Zusatzangaben, die sich auf die Tondauer beziehen, etwa Staccato (kurz), Portato (breit) und Legato (ohne Lücken aneinander gebunden):
Die Artikulation in der Musik ist vergleichbar mit dem Deutlichsprechen im mündlichen Ausdruck: Wenn jemand nuschelt, artikuliert er sich nicht deutlich und es ist schwer zu verstehen, was er mit seinen Worten meint, da er seine Worte nicht ausreichend strukturiert. Um dies zu verhindern, gilt beim Songwriting ebenso wie in der Sprache:
- Kleine, überschaubare Abschnitte bilden
- Die Worte/Töne innerhalb eines Abschnittes werden nahezu ohne Pausen zusammen gesprochen/gespielt (eher Richtung Legato)
- Die einzelnen Abschnitte werden aber deutlich durch Pausen voneinander getrennt (Staccato, Pausen)
»Wirsindjetztimabschnittüberartikulation-undsonstigenzeitlichenkomponenten« lässt sich eben leichter verstehen, wenn es so gesprochen (strukturiert) wird: Wir sind jetzt im Abschnitt über Artikulation und sonstigen zeitlichen Komponenten.
Phrasierung
Die durch die Notenwerte und die Artikulation gebildeten Abschnitte/Sinneinheiten nennt man Phrasen. Da sich auch die Musikwissenschaft nicht einig ist, ob eine Phrase ein eher kurzer oder längerer Sinnabschnitt ist, sagen wir einfach: Phrasierung ist das musikalische Deutlichmachen von Abschnitten (z.B. durch deutliches Absetzen am Ende einer Phrase).
Harmonischer Rhythmus
Der harmonische Rhythmus ist der Rhythmus, in dem die Harmonien wechseln. Wenn Du dir vergegenwärtigst, welche Funktion etwa eine Strophe (Story erzählen) hat, so wird klar, dass es dort meist nicht unbedingt sinnvoll ist, auf jedem Wort die Harmonie zu wechseln. Das würde den Hörer vom Text ablenken und ihm somit das Zuhören und Verstehen erschweren. Im Chorus-Teil, der sich immer wiederholt, kann man da schon mehr zuschlagen. Mein Tipp: In den Strophen seltener die Akkorde wechseln als im Chorus!
Lies auch: Quintenzirkel
Durch die Änderung des harmonischen Rhythmus‘ (Beschleunigung, Verlangsamung) kann Einfluss auf den Ausdruck der Abschnitte genommen werden: Ein längeres Verweilen auf einer Harmonie kann eine ruhigere Stimmung ausdrücken, während häufige Harmoniewechsel eher unruhig wirken. Gute Songwriter/Arrangeure sind dabei meist bemüht, häufige Harmoniewechsel und andere starke Bewegungselemente durch ein Gegenelement auszubalancieren: Setze Bewegung gegen Ruhe und Ruhe gegen Bewegung!
Beispiele:
Häufiger Akkordwechsel mit Grundtönen im Bass: C – F – B – F
Häufiger Akkordwechsel mit Pedalton im Bass wirkt ausbalancierter.
Die Komponenten Songstruktur (Aufbau, Bauteile) und Spannungsbogen wurden bereits oben erklärt.
Tonhöhenebene
Melodiebau
Feste Vorschriften, wie Du deine Melodien basteln musst, gibt es natürlich nicht. Wohl aber ein paar Tipps, bei denen es sich durchaus lohnt, sie auszuprobieren:
TIPP 1: Probiere mal, eine Melodie unten (z.B. auf C1) zu beginnen, dann in bewegten Noten (Viertel oder Achtel) nach oben zu führen (z.B. zum G1 oder C2) und dort auf deinem Zielton »auszuruhen« (langer Notenwert, Pause). Nun gehst Du wieder in Bewegung zurück nach unten und ruhst dich auf dem Ausgangs- und Zielton C1 aus. So hast Du eine Melodie gebastelt, die eine typische, häufig anzutreffende Bogenform beschreibt. Ruhst Du dich auf der Terz oder der Quinte einer Tonart aus, so hat das eher öffnenden Charakter (Du signalisierst dem Hörer: Es geht weiter!), das Ausruhen auf dem Grundton hat schließenden Charakter (Signal: Ende).
TIPP 2: Gute Popmelodien orientieren sich oft an der Sprachmelodie des Textes. Nimm eine (gesprochene) Textzeile mit deiner DAW-Software auf und schau mithilfe von VariAudio (Cubase), Melodyne (separat erhältlich und fest in Studio One 2 integriert) oder ähnlichen Tuning-Werkzeugen nach, welcher Sprach-Melodieverlauf sich so ergibt!
Oktavlage
Wenn Du bei einem Saiteninstrument (z.B. Gitarre) die Spannung einer Saite erhöhst, so erklingt ein höherer Ton. Soweit eine Binsenweisheit. Diese Weisheit gilt oft aber für Töne im Allgemeinen: Je höher sie sind, desto spannungsvoller sind sie. Versuche daher, die Melodie der Strophen deines Songs in einer entspannten tieferen Lage zu komponieren, den Chorus aber eine ganze Ecke höher. Auch den melodischen Höhepunkt (höchster Ton des Songs) solltest Du im Chorus haben. Wie stark die Oktavlage den Charakter beeinflussen kann, hörst Du an folgendem Beispiel:
Ebenfalls häufig zu hören ist der Trick, dass die tiefen Instrumente erst im Chorus einsetzen – Bass und Bass Drum haben in der (zumindest ersten) Strophe Sendepause! Durch den so entstehenden Kontrast wirkt der Chorus umso wuchtiger, voluminöser.
Ambitus
Der Ambitus ist der Tonumfang einer Melodie/Passage vom tiefsten bis zum höchsten Ton. Hier gilt die Faustregel: Je größer der Ambitus ist, desto spannungsvoller ist meist die Melodie. Tipp: Strophe mit kleinerem Tonumfang, Chorus mit größerem komponieren.
Intervalle
Intervalle sind Abstände zwischen zwei Tönen. Zwei Töne können gleichzeitig erklingen (harmonische Intervalle) oder nacheinander (melodische Intervalle). Nach der klassischen Harmonielehre unterscheidet man bei den harmonischen Intervallen Konsonanzen (Töne »harmonieren« miteinander) und Dissonanzen (Töne »reiben« sich, Intervall sollte in eine Konsonanz aufgelöst werden). Folgende Tabelle gibt Aufschluss:
Neben diesen eher technischen Aspekten ist es für den Songwriter interessant, zu überlegen, welchen emotionalen Gehalt Intervalle haben können. So gilt beispielsweise die aufsteigende reine Quarte als ein typisches Auftaktintervall (z.B. am Anfang von »Ein Männlein steht im Walde«), weil sie (für mich) oft etwas Positives, »Tatkräftiges« ausstrahlt.
Solche Interpretationen hängen natürlich immer vom musikalischen Zusammenhang und auch vom zeitlichen und persönlichen Geschmack ab. Wenn Du dir als Songwriter über die Wirkung der einzelnen Intervalle aber einmal Gedanken gemacht hast, kannst Du dies beim Songwriting bestimmt gebrauchen, frei nach dem Motto: »Hmm, an dieser Stelle brauche ich irgendwas Positives, Bejahendes, Vorwärtstreibendes – ich probier’s mal mit ´nem Quartsprung aufwärts.« Auch spielt es durchaus eine Rolle, an welcher Textstelle der höchste Ton eines Songs platziert ist. Beispiel: Beim Hebammen-Walzer (auch bekannt als Weihnachtslied »Ihr Kinderlein kommet«) erreicht die Melodie ihren höchsten Punkt beim Wort »Himmel«.
Intervalle sind also ein wichtiges Tool im musikalischen Werkzeugkasten. Deshalb habe ich ihnen auf der Begleit-CD zu meinem Buch auch ein Extra-PDF gewidmet, in dem Du Tipps und mehrere Tabellen – auch zum Selbstausfüllen – zu diesem Thema findest.
Harmonien
Wie schon mit den Intervallen kannst Du auch mit Harmonien eine Stimmung erzeugen, die die Aussage deines Songs unterstützen. Um Harmonien schön miteinander zu verbinden, ist es ratsam, gemeinsame Töne in der gleichen Position im Akkord liegenzulassen. Dies bewirkt, dass sich die Akkorde gut auf dem Klavier greifen lassen und auch klanglich gut miteinander verschmelzen. Das folgende Beispiel zeigt anhand der Akkordverbindung zwischen C-Dur (C-E-G) und F-Dur (F-A-C), wie das gemeint ist:
Haben zwei aufeinanderfolgende Harmonien keine gemeinsamen Töne, dann probiere mal, den Basston in Gegenrichtung zu den anderen Harmonietönen zu führen – das balanciert die Akkordverbindung gut aus:
Beides sind uralte Stimmführungsregeln, die heute nicht mehr unbedingt beachtet werden müssen, aber oft immer noch hilfreich sind, um zu gut klingenden Ergebnissen zu kommen. Apropos Harmonien: Im Buch findest Du auch eine Bauanleitung für einen »Harmony-Circle«, mit dem Du ganz leicht tolle Harmoniefolgen erstellen kannst.
Voicings
Voicings sind Akkordstrukturen. Beim closed voicing (enge Lage) folgen die Akkordtöne alle (ohne Lücken) aufeinander:
Beim open voicing (weite Lage) wird immer genau ein Akkordton ausgelassen:
Die weite Lage eignet sich besonders gut zur Begleitung von höhergelegenen Melodien/Passagen, da sie durch die großen Tonabstände auch mittlere/tiefere Frequenzen abdeckt, was den »piepsigen« hohen Melodietönen ein Fundament gibt und sie somit stützt. Natürlich gibt es auch Mischformen (z.B. sog. »Dropped Voicings«). Außerdem gibt es Voicings, die aus bestimmten Intervallen (z.B. Quarten, Oktaven) bestehen. Mit dem Voicing kannst Du u.a. steuern, wie »dicht« dein Arrangement klingen soll. Außerdem klingen manche Instrumente in bestimmten Voicings besonders gut.
Tonbeugung (Bends, Slides)
Instrumentalisten bauen Tonbeugungen automatisch in ihr Spiel ein, sofern es ihr Instrument zulässt. Für dich als Songwriter wird das dann interessant, wenn Du Instrumente mit dem Keyboard/Computer nachahmen willst/musst. Spielst Du einen E-Bass beispielsweise mit dem Keyboard ein, so klingt dieser leicht künstlich, wenn eben solche instrumentenspezifischen Spieltechniken fehlen. Im folgenden Beispiel hörst Du ein 8-taktiges Basspattern erst ohne, dann mit Slides und Ghost-Notes (das sind geräuschhafte Schläge auf die Saiten):
Deshalb: Frage »richtige« Instrumentalisten, welche typischen Spieltechniken ihr Instrument so hergibt oder besorge dir in der Bücherei Schulen über dieses Instrument. So kommst Du an die entsprechenden Informationen.
Sound-Ebene
Instrumentierung
Jedes Instrument bringt gewisse Klangfarben hervor. Du als Songwriter bist der Maler, der mit diesen Farben ein Klangbild malt. Egal ob Du mit »richtigen« Instrumenten oder Synth-Sounds arbeitest: Überlege dir genau, ob der Sound des Instrumentes auch zur Stimmung deines Songs/des Parts passt.
Besetzung (Solo, Duo, Tutti)
Hier sind wir wieder bei den Themen »Dichte« und »Kontrast«. Ein einzelnes Instrument (Solo) klingt anders als zwei (Duo) oder eine Gruppe von Instrumenten (Tutti = alle spielen). Für eine Textpassage »Ich bin so allein« bietet es sich also an, ein einzelnes Instrument oder einen einzelnen Sänger (evtl. über eine Begleitung) spielen zu lassen – es sei denn, man spricht über eine multiple Persönlichkeit…
»Zusammen sind wir stark« ruft dagegen mehr nach größeren Besetzungen. Hier bietet sich natürlich wieder eine tolle Gelegenheit, Kontraste zu schaffen:
- Strophe: meist eher kleine Besetzung
- Chorus: meist größere Besetzung
In einem Song wäre jedoch auch genau das Umgekehrte denkbar: Wenn in den Strophen dargestellt wird, dass alle auf mich einreden und der Chorus: »Ich hör in mich hinein…« – es kommt also immer darauf an, was Du ausdrücken willst.
Klangdichte (gedrungen, luftig)
Ob eine Passage »dicht« oder »luftig« ist, hängt von mehreren Faktoren ab: Instrument, Besetzung, Voicing etc. Um einen dichten Klang zu kreieren, kannst Du z.B. mehrere Stimmen/Instrumente im gleichen Tonhöhenbereich spielen lassen (Vorsicht Matschgefahr bei zu vielen Tiefmitten!) und/oder closed Voicings benutzen bzw. sehr kleine harmonische Intervalle (z.B. Sekunden). Einen luftigen Sound erreichst Du hingegen eher durch sparsame Besetzung, Harmonien in weiten Lagen, eher hohe, »dünne« Sounds (mit wenig Tiefmitten). Wie Du siehst, lassen sich auch hier Kontraste gut in den einzelnen Songparts kreieren (z.B. Strophe eher luftig, Chorus dichter).
Dynamik
Unter Dynamik versteht man – grob gesagt – die verschiedenen Lautstärken in einem Song. In puncto Dynamik habe ich in Bezug auf Popmusik schon die unterschiedlichsten Auffassungen gehört: Ich kenne Puristen, die grundsätzlich jeden Einsatz eines Kompressor verabscheuen, »weil sie die ganze Dynamik der Musik plattmachen«. Auf der anderen Seite kenne ich Musiker, die der Meinung sind: »Um Dynamik brauch´ ich mich beim Einspielen/Programmieren ja überhaupt nicht kümmern, wird ja eh beim Komprimieren alles gleichlaut gemacht.«.
Beide Meinungen vergessen meines Erachtens einen wesentlichen Aspekt: Bei fast jedem akustischen Instrument ändert sich mit zunehmender Lautstärke eben nicht nur die empfundene Lautheit, sondern auch der Klang des Instrumentes (und bei elektronischen Sounds lohnt es sich m.E. durchaus, solche Nuancen zu programmieren). Folgendes Hörbeispiel demonstriert dies:
Zuerst hörst Du ein Schlagzeugpattern – einmal leise gespielt und einmal laut. Nach der kleinen Pause habe ich beide Abschnitte (leise und laut) auf etwa gleiche Lautstärke gebracht. Ergebnis: Man hört immer noch deutlich, dass der zweite Abschnitt ursprünglich lauter gespielt wurde – obwohl die Lautstärken faktisch gleich sind.
Auch wenn die Dynamik also später beim Mixen und Mastern eingegrenzt oder sogar fast »plattgemacht«, hört man trotzdem am Sound, wo leise Passagen und wo lautere sind/waren. Aus diesem Grund bin ich ein Fan davon, durchaus auch in moderner Musik dynamische Abstufungen und Übergänge zu nutzen – ich finde, die Musik wirkt so viel lebendiger, eben »dynamischer«!
Stufendynamik
Unter Stufendynamik versteht man das Nebeneinanderstellen verschiedener Lautstärkegrade. Die gebräuchlichsten sind: p (piano = leise), mf (mezzoforte = mittellaut) und f (forte = laut). Auch durch den Einsatz von Stufendynamik kannst Du einzelne Songteile gut voneinander abgrenzen (z.B. Strophe = piano, Chorus = laut) und so Kontraste schaffen oder den Spannungsbogen deines Songs unterstützen (z. B. Strophe = piano, Pre-Chorus = mezzoforte, Chorus = forte).
Stufendynamik entsteht übrigens oft fast ganz von allein durch das bewusste Einsetzen von Voicings, unterschiedlichen Besetzungen, und Instrumentierungen.
Übergangsdynamik
Hiermit sind stufenlose Übergänge zwischen den einzelnen Dynamikstufen gemeint – in der Fachsprache crescendo (allmählich lauter werdend) und decrescendo (allmählich leiser werdend). Auch Effekte wie lauter werdende Snare-Rolls, rückwärts abgespielte Sounds (z.B. Becken) und das typische Ausklingen am Ende eines Songs kann man zur Übergangsdynamik zählen. Sie eignet sich u.a. hervorragend für die Schnittstellen zwischen den Songteilen, wenn Du einen fließenden Übergang schaffen willst.
Textebene
Wortwahl (Slang, Mundart)
»Jetz’ mach ma hinne, Alder!« oder »Beeilst Du dich bitte ein wenig?« – beides drückt in etwa das Gleiche aus. Die Wortwahl jedoch ist unterschiedlich, einmal Alltags- bis Slang-Sprache, einmal eine gewählte Ausdrucksweise. Solche unterschiedlichen Sprachstile kannst Du beim Songwriting nutzen, um mehr Identifikation mit deiner Zielgruppe zu schaffen. Ein grundsätzlicher Tipp ist, eine Sprache zu benutzen, die möglichst normal ist und möglichst nicht gekünstelt wirkt. Oft wird man beim Reimen zu solchen künstlich wirkenden Sprachwendungen verführt: »Er ging hinfort« sagt heute kein Mensch mehr, auch wenn es sich auf »Er war nicht dort« reimt.
Vokale (hoch, tief)
Vokale haben einen bestimmten »Sound«, man kann sie von dunkel nach hell sortieren: u, o, a, ö, ü, ä, e, i. Diesen dunklen, mittleren oder hellen Sound kannst Du dir beim Texten natürlich zunutze machen: Texte traurigeren, düsteren o.ä. Inhalts wirken noch intensiver, wenn Du vorzugsweise Worte mit eher dunklen Vokalen benutzt. Umgekehrt unterstützen hellere Vokale besser einen fröhlichen Inhalt.
Konsonanten (hart, weich)
Machen die Vokale eher die Tonlage eines Wortes aus, so sind die Konsonanten eher für die rhythmische Komponente zuständig. Harte Konsonanten wie p, t und k können z.B. sehr gut den Rhythmus von Rap-Texten unterstützen, in einer Ballade würde man eher weichere Konsonanten wie b, g, d etc. vorziehen.
Reimschema
Reimarten und Reimschemata gibt es wie Sand am Meer. Selbstverständlich ist es hilfreich, wenn Du dich als Songwriter/Texter damit ein wenig auskennst. Da das Thema jedoch für diesen Artikel zu umfangreich ist, möchte ich dazu nur ein grundsätzliches Statement abgeben: Es gibt keine Vorschrift, die besagt, ob und wie genau sich deine Texte reimen müssen. Manche Songwriter sind da eher pingelig und können sich selbst mit unreinen Reimen kaum anfreunden, andere sehen das total locker. Zumindest aber hast Du die Wahl – und schon die kannst Du songdienlich einsetzen: Du kannst z.B. einen Songteil reimen, den anderen aber nicht. Spiele ruhig mit diesen Möglichkeiten!
Betonungsschema (Metrik, Rhythmik)
Last but not least ein Thema, das ich persönlich für sehr wichtig halte: Betonung ist Sinn! Die Betonungen deines Textes müssen sinnvoll mit dem musikalischen Metrum, mit dem Betonungsschema des Taktes übereinstimmen (dazu mehr im zweiten Kapitel weiter unten). Wie wichtig Betonung ist, siehst Du an folgendem Beispiel aus meinem Buch (groß geschriebene Silben sind immer zu betonen):
a) ICH will der Pilot in meinem Flugzeug sein (heißt: ich und kein anderer)
b) Ich WILL der Pilot in meinem Flugzeug sein (Ich bitte nicht darum, ich fordere)
c) Ich will DER Pilot…(der hauptverantwortliche Obermotz)
d) Ich will der PILOT in meinem Flugzeug sein (und nicht der Steward)
e) Ich will der Pilot IN meinem Flugzeug sein (und nicht außerhalb meines Flugzeuges)
f) Ich will der Pilot in MEINEM Flugzeug sein (das Flugzeug muss mir und darf keinem anderen gehören)
g) Ich will der Pilot in meinem FLUGZEUG sein (und nicht in meiner Badewanne)
h) Ich will der Pilot in meinem Flugzeug SEIN (gehört zu »Pilot«)
Am Zutreffendsten für die Aussage erscheinen mir a), d), f) und h), also: ICH will der PILOT in MEINEM Flugzeug SEIN, wobei Pilot zwei Silben hat, von denen die zweite betont ist: Pi-LOT. Bei MEI-nem ist es umgekehrt. Dieser so betonte Text muss nun zusammenpassen mit den schweren Zählzeiten (1 und 3) des 4/4-Taktes:
Schlusswort zu den Songwriting Grundlagen
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.
Wie Du sicher bemerkt hast, lief in diesem Artikel immer alles auf die Frage hinaus: Wie kann ich die musikalischen Gestaltungsmittel so einsetzen, dass sie die Aussage meines Songs unterstützen? Das ist zwar schon ein sehr wesentlicher Aspekt, gibt aber lange noch nicht alle Möglichkeiten beim Songwriting wieder.
Da es so viele verschiedene Gestaltungsmittel als gibt, hast Du als Songwriter fast unendliche Kombinationsmöglichkeiten. Weitere Möglichkeiten ergeben sich, wenn man Dinge wie Wort-Tonverhältnis etc. noch mit einbezieht, bzw. einzelne Elemente in Beziehung zueinander treten lässt: Was passiert, wenn ich z.B. die Worte »Ich liebe dich überhaupt nicht mehr!« mit schmachtenden Streicherklängen unterlege, die das genaue Gegenteil des Textes ausdrücken?
Ich hoffe, dir als Anfänger mit diesem Artikel bereits viele Antworten und Anregungen gegeben, dich aber gleichzeitig neugierig auf die vielen weiteren Aspekte und Ideen in meinem Buch gemacht zu haben. Damit kannst Du über die Songwriting Grundlagen hinauswachsen.