4 todsichere Wege, ein Lied zu schreiben
Von Carlos San Segundo
Songwriting: 4 todsichere Wege, einen Song zu schreiben
Vielleicht ist es wichtig zu Beginn dieses Artikels noch darauf einzugehen, was ein Song überhaupt ist bzw. was einen Song überhaupt ausmacht. Wenn wir die ganz minimalistische Schiene fahren wollen, dann definiert sich ein Lied über lediglich zwei Elemente: Eine Melodie und die begleitenden Harmonien. Ohne Melode keine Musik, das liegt auf der Hand.
Wenn wir aber mehr auf kontemporane Musik eingehen wollen, müssen wir die Definition eines Songs etwas erweitern. Ein Lied in der heutigen Popmusik (um den grössten gemeinsamen Nenner zu nutzen) besteht aus vier unterschiedlichen Elementen: Melodie, Text, Harmonien und Rhythmus. Je nachdem ob es sich in dieser Betrachtung um HipHop oder House, Pop oder Heavy Metal handelt, haben diese vier Elemente unterschiedliche Gewichtung.
Im Dance werden die Lyrics oftmals auf ein oder zwei kurze Hooks reduziert, die Harmonien auf ein Minimum beschränkt, dafür aber der Rhythmus ganz nach vorne geschoben. Rock und Soul legen zwar viel Wert auf Rhythmus, vernachlässigen aber die anderen Elemente nicht zu dessen Gunsten.
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Worauf ich hinaus will ist Folgendes: Es gibt nicht den einen Weg, um einen Song zu schreiben. Es gibt viele Wege und auf die vier wichtigsten, auf die, die todsicher funktionieren, davon handelt dieser Artikel.
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Wie kann ich mit dem Song schreiben loslegen?
Nicht jeder hat gleiche Stärken. Dem Einen liegen die Lyrics gut, ein Anderer hat seine Skills eher im Rhythmischen. Wichtig für dich ist nur, deinen eigenen Weg zu finden. Den Weg, der für dich am besten, einfachsten, komfortabelsten, effektivsten oder erfolgreichsten funktioniert.
Während ein John Lennon am Klavier saß und auf den Tasten herumspielte, um neue Songs zu komponieren, kam Paul McCartney der Song „Yesterday“ im Traum…
Songwriting Weg 1
Beginne mit der Melodie & such dir dann die Harmonien
Vielleicht ist dies hier der klassische Weg, um neue Songs zu schreiben und vielleicht auch der vielversprechendste.
Da ist die Melodie, die in Ruhe und für sich allein ausgearbeitet wird, bis sie zu einem echten Ohrwurm wird und für sich genommen funktioniert. Schliesslich ist es zumeist auch eben diese Melodie, die von Hinz und Kunz später auf der Strasse nachgesungen werden wird.
In der heutigen Musiklandschaft ist die Methode immer weiter in den Hintergrund gerückt, weswegen sich auch viele Hits nicht mehr richtig nachsingen lassen. Oftmals werden Melodien auch erst komponiert, nachdem die harmonische Struktur an einem Instrument festgelegt wurde. Das Ergebnis sind hier oftmals vernachlässigte, nicht bis zum Ende ausgearbeitete Melodien.
Im Gegenzug ist eine effektive Melodie auch dann noch schön anzuhören, wenn sie ohne Begleitung gespielt wird. Und wenn sie dann noch mit einem schönen Hook im Text kombiniert wird, ist die Kombination unschlagbar.
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Songwriting Weg 2
Starte mit den Harmonien
Viel wahrscheinlich als der unter Punkt 1 beschriebene Weg einen Song zu schreiben ist der, zunächst die harmonische Struktur – die Begleitung – auszuarbeiten. Gerade bei Gitarristen ist dieser Weg besonders verbreitet, da er es erlaubt immer und immer wieder die Akkordfolge zu spielen und unterschiedliche Melodien und Phrasen auszuprobieren.
Bestimmte Akkordfolgen sind exzellent dazu geeignet, eine Stimmung vorzugeben oder ein bestimmtes Gefühl zu betonen, das später durch eine geeignete Melodie und einen entsprechenden Text getragen wird.
Aber diese Methodik hat auch einen Nachteil, oder zwei. Viele Musiker lassen sich von den Harmonien einfangen und schaffen es nicht, der Melodie ein Eigenleben zu geben. Das Ergebnis ist oftmals eine Melodie, die sich über die Akkorde bewegt und manchmal nicht einmal über die Spanne einer Oktave hinweggeht.
Männliche Sänger sind hier häufiger von betroffen, da weibliche Singer/Songwriter eher in der Lage sind, mit ihrer Stimme mehr als eine einzige Oktave zu singen.
Dazu kommt, das viele Melodien, die auf eine fertige Akkordfolge geschrieben werden, ihre Phrasierung auf eben diese anpassen. Die Phrasen sind dann oftmals so lang, wie der jeweilige Akkord gespielt wird. Dann wird die nächste Phrase auf die nächste Harmonie geschrieben.
Songwriting Weg 3: Schreibe einen Text & such danach die Melodie
Einige Komponisten präferieren diese Methode, da sie ihnen die Möglichkeit gibt, zunächst die ganze Geschichte zu erzählen. Worte sind das Kommunikationsmittel der Menschen schlechthin und die Rhythmik und Phrasierung eines Textes ist schon bestens in der Lage, eine Stimmung und eine Emotion zum Leben zu erwecken.
Songs, die auf diese Weise geschrieben werden, haben oftmals sehr ausdrucksvolle Text oder besonders gute Hooks, die aus dem kleinen Notizblock und Geistesblitzen entstehen. Je nach Text kann es mitunter sehr schwer werden, eine ebenso ausdrucksvolle Melodie auf die Worte zu finden.
In einigen Fällen kann man diese Arbeitsweise im Songwriting dadurch erkennen, dass die Melodie etwas holprig daherkommt.
Im Übrigen muss auch bei diesem Songwriting Weg nicht der gesamte Text schon im Vorfeld vorliegen.
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Songwriting Weg 4
Rhythmus ist alles
Spätestens seit elektronische Tanzmusik dermassen populär geworden ist, hat auch dieser Weg, Songs zu schreiben, an Bedeutung gewonnen. Vom Prinzip her wird ein Song von unten nach oben komponiert. Zunächst wird ein Loop oder ein Rhythmus und ein Songtempo festgelegt – das Fundament.
Erst daraufhin werden weitere Elemente hinzugegeben wie Bassline, weitere Instrumente und oftmals kommt erst zum Schluss die Melodie und der Gesang/Rap.
Bei genauerer Betrachtung macht diese Herangehensweise auch durchaus Sinn. Bedenke einfach nur, wozu die meiste elektronische Musik gedacht ist: Zum Tanzen. Bei vielen Songs aus der Ecke Singer/Songwriter ist das Fehlen des Rhythmus ihr grösstes Manko.
Das Schöne an dieser Methode ist auch: Eine Drum Machine kann stundenlang ihren Beat spielen ohne Wenn und Aber.
Letzte Gedanken zum Song schreiben
Die meisten Musiker und Produzenten werden sich in einer oder mehreren Methoden wiedererkannt haben. Das Schöne an der Musik ist, dass es keine Regeln gibt, die Du nicht auch brechen könntest. Nur weil Du elektronische Musik oder HipHop produzierst heisst das noch lange nicht, dass Du immer nur mit dem Rhythmus anfangen musst.
Genauso gut kannst Du als Singer/Songwriter mit dem Rhythmus anfangen und die Lyrics erst ganz zum Schluss schreiben.
Songs schreiben ist ein kreativer Prozess, der seine Inspiration auch daher ziehen kann, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Im Laufe der Zeit wirst Du all die oben beschriebenen Methoden zum Schreiben von Songs anwenden und noch viele weitere Nuancen oder völlig neue Ansätze finden, die für dich funktionieren.
Wenn Du mal wenig inspiriert bist und einfach nicht vorwärts kommst, probier doch einfach einen anderen Ansatz aus und schau, wohin es dich bringt.