Songstruktur in den Charts
Die ewige Zauberformel
Von Lino Dumont
Wie sieht eine charttaugliche Songstruktur aus?
Beim Song schreiben stellt sich dir wohl schon früh die Frage: wie soll ich meinen Song strukturieren?
Dies macht auch Sinn, du willst ja nicht nachdem du Alles schon geschrieben hast noch einmal grundlegende Änderungen vornehmen.
Einen Song zu schreiben ist also in etwa so ähnlich wie ein Haus zu bauen. Bevor man sich Gedanken über die Möbel macht, sollte man zuerst einmal das Fundament und die Grundmauern andenken.
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Wie kann nun also so ein Fundament für einen Song aussehen?
Die klassische Grundstruktur
Im Songwriting gibt es gewisse konventionelle Muster und Grundstrukturen, die sich in den meisten erfolgreichen Hits wiederfinden lassen – aber auch nicht in allen. Auf die Abweichungen wird im späteren Verlauf des Artikels noch eingegangen, zuerst wollen wir uns aber mit der Basis auseinandersetzen.
Eine bestimmte Songstrukur hat sich im Laufe der Zeit besonders durchgesetzt, sie wird daher auch die “klassische” Grundstruktur genannt. So sieht sie aus:
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1. Intro
Das Intro führt den/die Hörer/in in den Song ein. Dabei gibt es diverse Möglichkeiten. Eine einfache Möglichkeit für ein Intro wäre zum Beispiel eine Melodie erst einmal alleine spielen zu lassen und dann Stück für Stück die anderen Instrumente beizufügen. So zum Beispiel bei “Take a look around“ von Limp Bizkit:
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Komplexere Lösungen können Intros sein, die Elemente beinhalten, die sonst nirgendwo im Song vorkommen. Als Beispiel ein gesprochener Text bei “MFG” von den fantastischen Vier:
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In der Regel wird im Intro schon eine kleine Vorschau auf die noch folgenden Teile gegeben, wie zum Beispiel durch eine reine a-capella Version des Chorus.
2. Erste Strophe
Die erste Strophe ist in der Regel dazu da, einen ersten Teil des Inhalts zu vermitteln. Ab hier kommt meistens die Stimme dazu, die oft in Versform einen Teil einer Geschichte oder einer Aussage formuliert. Idealerweise werden dabei noch einige Fragen offen gelassen, so dass es spannend bleibt und man unbedingt weiter hören will.
3. Pre-Chorus
Der Pre-Chorus ist quasi der Auftakt zum Chorus. Er dient dazu, den Spannungsbogen noch einmal anzuziehen und eine Verbindung zwischen Strophe und Chorus herzustellen. Dies kann rein musikalisch sein, kann aber auch durch eine Variation der bisherigen Strophe gelöst werden. Als gutes Beispiel dient “Crazy” von Aerosmith:
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Der Pre-Chorus ist jedoch nicht immer zwingend nötig, bei vielen Songs wird gleich direkt von der Strophe in den Chorus gewechselt.
4. Der erste Chorus (oder Refrain)
Der Chorus ist sozusagen das Destillat oder Fazit eines Songs. Hier wird auf den Punkt gebracht, was vorher in der Strophe bereits angetönt wurde. Oft beinhaltet der Chorus auch die sogenannte Hookline, also der Teil, der einem im Ohr bleibt. Meistens ist der Chorus gesungen, es gibt aber auch Beispiele wo er rein instrumental bleibt.
5. Zweite Strophe
Hier wird noch einmal verdichtet, was in der ersten Strophe begonnen wurde. Offene Fragen werden geklärt, es offenbart sich der gesamte Inhalt des Songs. Manchmal kann es auch sein, dass die inhaltliche Verbindung zwischen Strophe und Chorus erst hier vollkommen klar wird.
6. Zweiter Pre-Chorus
Der zweite Pre-Chorus ist analog zum ersten. Der/die Hörer/in weiss nun schon, dass dies der Auftakt zum Chorus ist und es wird dementsprechend eine Erwartungshaltung generiert.
7. Zweiter Chorus
Die Erwartung vom zweiten Pre-Chorus wird nun erfüllt. Der Chorus ist ebenfalls schon bekannt, er kann je nach Komplexität sogar schon mitgesungen werden und setzt sich so im Gedächtnis fest.
8. Bridge oder Break / Solo
Die Bridge dient in erster Linie dazu, noch einmal etwas Kontrast in das nun schon bekannte Schema zu bringen. Dabei wird gezielt variiert und noch einmal eine neue Akkordfolge und Gesangsmelodie gebraucht, meist jedoch basierend auf dem Vorhergehenden. Inhaltlich kann die Bridge dazu genutzt werden, dem Bisherigen einen neuen Aspekt oder Blickwinkel hinzuzufügen oder um Bestehendes zu konkretisieren. Ein gutes Beispiel ist “Skyfall” von Adele:
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Oft wird hier auch soliert, besonders in Rocksongs ist dies ein beliebter Ort für das Gitarren- oder Keyboard-Solo.
Ebenfalls beliebt ist der sogenannte “Break”, hier wird die Energie des Songs heruntergefahren um die Spannung vor dem letzten Chorus noch einmal so richtig anzuheizen. Ein in der elektronischen Musik sehr oft gebrauchtes Mittel, es wird dort auch als „Drop“ bezeichnet.
9. Letzter Chorus
Das grosse Finale! An dieser Stelle ist meist der Höhepunkt eines Songs erreicht. Es wird noch einmal alles nach vorne geworfen was man hat. Eine zweite Gitarre, eine zweite Stimme ein ergänzendes Keyboard, es gibt verschiedene Mittel, um am Schluss noch einmal richtig Gas zu geben.
10. Outro
Die einfachste Form des Outros ist das simple Ausklingen der Instrumente. Manchmal wird hier auch noch eine kurze, abschließende Akkordfolge gespielt. Ähnlich wie beim Intro kann man auch hier mehr oder weniger komplexe Versionen vorfinden.
Anwendung der Grundstruktur und Variationen
Die meisten Songs in den Charts basieren mehr oder weniger auf der Grundstruktur. Manche Elemente wie Pre-Chorus oder Bridge kommen dabei nicht immer zum Einsatz, auch muss ein Song nicht immer zwingend aus nur zwei Strophen und drei Refrains bestehen. Bei der Anzahl der Strophen sollte man jedoch an die finale Länge des Songs denken.
Die meisten Radios spielen selten Stücke, die länger als 4 Minuten dauern (manche klemmen sogar schon bei 3 Minuten ab). Dies gilt es zu bedenken, wenn man seine Chancen erhöhen will, im Radio gespielt zu werden.
Manche Musiker lösen dieses Problem so, dass sie denselben Song mit einen regulären und einen sogenannten “Radio Edit” veröffentlichen, welcher auf die besagte Zeit gekürzt ist. Das Risiko beim “Radio Edit” ist jedoch, das ein essenzieller Teil des Songs verloren geht und man somit eine Qualitätseinbuße in Kauf nimmt.
Von der Grundstruktur gibt es diverse Variationen: wie zum Beispiel die sehr simple Form: Strophe/Chorus/Strophe/Chorus. Oder eine eher ältere Variante: Strophe/Strophe/Bridge/Strophe. Es gibt Songs, die nur aus Strophen bestehen und solche die praktisch nur einen Satz oder ein Wort immer wieder repetieren (dies trifft man vor Allem in der elektronischen Musik an).
Nun stellt sich dir natürlich sicher die Frage: Soll ich mich nach der klassischen Grundstruktur richten, also Strophe/Chorus/Strophe/Chorus, oder mit den einzelnen Bausteinen spielen, also vielleicht einen Song schreiben, der keinen Chorus enthält oder nur aus einem Chorus besteht?
In der Pop-Industrie galt lange (oder gilt bis heute immer noch) der Standart: Ein Song muss mindestens eine Strophe und einen Chorus haben und darf nicht länger sein als 3.20 Minuten. Aber ist dies wirklich eine Pflicht für eine Chartplatzierung?
Die Anti-These: Bohemian Rhapsody und One more time
“Bohemian Rhapsody” ist der Titel einer der erfolgreichsten Singles von Queen. Sie wurde 1975 als Auskopplung von ihrem damaligen Album “A Night At The Opera” (welches erst einen Monat später erschien) veröffentlicht.
Das Besondere an “Bohemian Rhapsody” war, dass der Song mit einer Dauer von 5.55 Minuten einerseits eindeutig zu lang war fürs Radio, sowie andererseits keine klare Struktur mit erkennbarem Chorus besaß. Trotz aller Einwände der Plattenfirma wurde die Single ungekürzt und ohne einen Radio Edit veröffentlicht – und wurde wider Erwarten der erste Nr.1 Charthit der Band!
Sie blieb 9 Wochen lang an der Spitze und verkauft sich über 5 Millionen Mal. “Bohemian Rhapsody” gilt heute noch als einer der besten und erfolgreichsten Songs aller Zeiten.
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Bohemian Rhapsody ist dabei kein Einzelfall. “One more time” die wohl erfolgreichste Single des elektronischen Duos Daft Punk aus dem Jahre 2000, ist über 5 Minuten lang. Besonders mit dem Einzug der elektronischen Musik in die Charts, wurden die Vorstellungen von Songlänge und Strukturen wieder neu angedacht und interpretiert.
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Das Fazit zur Songstruktur in den Charts
Die Einhaltung der klassischen Grundstruktur bietet dir weder einen Garant für den Erfolg, noch ist sie Pflicht, um dich in den Charts zu positionieren, wie du am Beispiel von Queen und Daft Punk sehen kannst.
Sie kann dir aber eine gute Basis bilden und dir den Einstieg erleichtern, besonders wenn du noch in den Anfängen steckst. Schlussendlich musst du als Musiker aber selber entscheiden, ob du mit oder gegen den Strom schwimmen willst. Die in der Grundstruktur gezeigten Elemente sind dabei gute Bausteine für ein Fundament.
Musik lebt schlussendlich jedoch von der Kreativität und dies bedeutet auch, dass man ab und zu mit bekannten Strukturen bricht.
Passend dazu unser Tutorial zum Song Arrangement