Vocals doppeln
Tipps, Tricks und die Handgriffe der Profis
Von Carlos San Segundo am 13. März 2017
Vocals verdoppeln – für Rap und Gesang
Vocals doppeln ist im Grunde genommen gar nicht so schwierig: Man lässt den Sänger oder Rapper seinen Part einfach ein weiteres Mal performen und nimmt es auf. Fertig ist die Dopplung. Und damit auch dieser Artikel.
Aber natürlich kann ich noch viel mehr zum Thema erzählen, denn Vocals doppeln ist nicht gleich Stimme doppeln. Mit einer Dopplung einer Spur (es muss ja nicht immer der Leadgesang sein) steht dem geneigten Musikproduzenten ein überaus mächtiges Instrumentarium für mehr Kraft, Frische und beinahe hätte ich Ausdauer gesagt zur Verfügung.
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Die Optionen zum Vocals doppeln:
- Laute Dopplung
- Dopplungen mit einem Equalizer unterscheiden
- Unhörbare Unterstützung
- Mehr Breite für die Vocals
- Fettere Vocals durch mehr Spuren
- Verzerrte Dopplungen
In diesem Artikel gehen wir auf die Punkte gleich ausführlich ein.
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Profi-Sänger oder Erstproduktion?
Ich brauche wahrscheinlich nicht weiter zu erwähnen, dass die Ergebnisse einer auf dem Fussweg gedoppelten Spur den anderen beiden Optionen deutlich überlegen sind. Kein Delay, kein Reverb und kein Effektgerät vermögen so kreativ und spielerisch mit dem Doppeln von Vocals umzugehen wie ein guter Sänger oder MC.
Gleichwohl musst Du aber wissen, dass der erzielte Effekt einer Stimmdopplung stark von den Vokalisten abhängt. Bei einigen kann man fast keinen Effekt hören, weil sie so umheimlich tight und auf dem Tempo sind. Bei anderen (Amateursängern zumeist) variiert jedes einzelne Take unwahrscheinlich stark und Dopplungen sind kaum noch sinnvoll zu machen.
In beiden Fällen liegt es an dir, mit dem Sänger oder MC daran zu arbeiten, den richtigen Effekt hinzubekommen. Hier sind einige Anregungen für dich, um bei deiner nächsten Produktion die Vocals zu verdoppeln.
1. Laute Dopplung
Bei dieser Methode nimmst Du den Leadgesang mindestens zweifach auf und mischst beide Spuren gleichlaut mit ähnlicher Bearbeitung im EQ. Es ist wichtig, dass der Sänger oder Rapper hier besonders tight arbeitet, denn jede Ungenauigkeit im Timing wird in den Höhen sofort deutlich. Bei dieser Methode ist der Effekt sehr gut hörbar und klingt, naja, eben wie eine echte Dopplung.
Oftmals wird es notwendig sein, die Lautstärke zu automatisieren, um plötzliche Lautstärkesprünge zu vermeiden. Ist der Effekt für deinen Geschmack zu stark hörbar, so kannst Du das Vocal Double einfach in der Lautstärke im Mix zurücknehmen.
2. Dopplungen mit einem Equalizer unterscheiden
Viel häufiger findet man beim Vocals doppeln eine gewollt hörbare Unterscheidung zwischen Leadgesang und gedoppeltem Vocal. Je nach Vokalisten und Take kann es dadurch jedoch zu unschönen Effekten in Teilen des Frequenzspektrums kommen. Beispiel: Je mehr Takes Du aufnimmst, desto eher wird sich eine Absenkung des Bereichs um 250 Hz mit einem Equalizer aufdrängen. Diese räumt mit der Überbetonung dieses Frequenzbereichs auf und vermeidet den Matsch im Mix.
Eine weitere Bearbeitung, die ich häufig vornehme, ist das Absenken der Höhen in der zweiten Gesangsspur und das Filtern der tiefen Frequenzen. Am Ende bleiben im zweiten Take hauptsächlich die Mitten. Diese Bearbeitung hat einerseits einen unterstütztenden Effekt beim Leadgesang, lässt diesem andererseits aber auch genügend Raum zur freien Entfaltung.
3. Unhörbare Unterstützung
Eine sehr vielseitig einsetzbare Art des gedoppelten Gesangs ist die äußerst subtile Anwendung des Dopplungseffekts (bitte nicht verwechseln mit dem Doppler-Effekt). Hierzu wird die zweite, gedoppelte Gesangsspur derart leise zum Leadgesang hinzugemischt, dass erst beim stumm schalten der Zweitspur klar wird, dass eine Dopplung überhaupt vorhanden war. Lautstärkeunterschiede von bis zu 15 dB oder 20 dB sind keine Seltenheit bei dieser Methode.
Die geringen Anforderungen an das Timing und die Intonation hierbei führt oftmals dazu, dass diese Art die einzig verbleibende Lösung für das Doppeln von Vocals überhaupt ist.
4. Mehr Breite für die Vocals
Mit dieser Variante sorgst Du nicht nur bei HipHop-Vocals für die notwendige Breit im Mix. Du legst hierfür gleich zwei weitere Spuren mit Dopplungen des Leadgesangs an und nutzt den Panner, um besagte im Stereofeld zu positionieren. Meistens reicht ein Panning von 10 Uhr bis 15 Uhr aus. In einigen Fällen kannst Du aber auch über die volle Breite des Stereomixes gehen. Mit einem Blick auf den Korrelationsmesser oder einem Gegencheck in Mono kannst Du dich vergewissern, dass es zu keinen ungewollten Phasenauslöschungen kommt.
Je breiter die Dopplungen im Stereopanorama gestreut, desto mehr sollten die Höhen aus diesen zurückgenommen werden. Eine starke Komprimierung sorgt zudem für die notwendige Gleichmäßigkeit.
Lesetipp: Panning für deinen Mix »
5. Fettere Vocals durch mehr Spuren
Eines vorneweg: In meinen Produktionen habe ich diesen Trick zum Vocals doppeln bisher nur verwendet, um eine grössere Menschenmenge zu simulieren. Allerdings sollen die Produzenten des ersten Albums von Avril Lavigne diese Methode extensiv und zu einem anderen Zweck angewandt haben: Der Leadgesang wird wiederholt aufgenommen und mit bis zu 16 Spuren gedoppelt. Die Vocal Doubles werden anschliessend im gesamten Stereopanorama verteilt, jede an ihrem eigenen Platz.
Damit nicht der oben erwähnte Effekt der Menschenmenge entsteht, müssen die gedoppelten Spuren sehr, sehr tight sein. Je weiter „draussen“ eine Spur im Mix angelegt wird, desto leiser wird sie. Bei dieser Methode haben die Produzenten von Avril Lavigne jede Spur etwas anders mit dem Equalizer bearbeitet.
Tipp: Split Harmonizer Effekt anwenden
Hier findest Du einen kleinen Video-Exkurs in Sachen Vocalbearbeitung:
6. Verzerrte Dopplungen
In einigen Fällen bringt es einen sehr guten Effekt, wenn man die gedoppelten Gesangsspuren durch ein Overdrive oder Distorsion schickt. Die Schwierigkeit liegt in der Dosierung der Verzerrung und im Abschmecken der Lautstärke. Der erzielte Effekt kann sich zwischen mehr Fülle für die Background-Vocals, mehr Aggressivität und mehr Luft im Song bewegen.
Es ist wirklich sehr schwer, für diese Methode weitere Anhaltspunkte zu geben. Daher nur noch der Tipp, einfach heiter selbst auszuprobieren.
Abschließende Worte zum Thema Vocals doppeln
Die oben genannten Methoden können natürlich auch auf eine in der DAW kopierten Spur angewandt werden. Keine Frage. Halbwegs gute und menschlich-klingende Effekte erzielst Du allerdings erst, wenn die Eingriffe richtig dramatisch werden. Mehr Kompression, mehr Equalizing soll das heißen.
Für beste Ergebnisse gilt es, ein starkes Fundament zu bauen. Und das bedeutet bei den gedoppelten Vocals eine Menge händischer Automation in der Lautstärke des Ausgangsmaterials. Oftmals muss auch die durch Effekte hindurch gejagte Dopplung nochmals in der Lautstärke automatisiert werden, um plötzliche Überbetonungen zu vermeiden.
Hast Du selbst auch einen guten Tipp auf Lager oder hast Erfahrungen gesammelt und willst sie teilen? Dann schreib uns einen Kommentar!
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