Mikrofonierung
Begriffserklärung und hilfreiche Tipps & Tricks
Von Carlos San Segundo am 04. März 2017
Inhalt: Mikrofonierung
Mikrofonierung: Definition und einfache Tricks
Die meisten Musiker, die ihren Sound auch selbst aufnehmen wollen, müssen sich mit Mikrofonen und der Mikrofonierung allgemein auseinandersetzen. Es ist ein weites Feld und bedarf einiger Erfahrung, nicht umsonst gibt es den beruflichen Zweig eines Recording Engineer.
Doch auch als Einsteiger und Fortgeschrittener kannst Du mit ein paar Kniffen schon eine Menge aus deinen Aufnahmen herauskitzeln. Bevor wir mit unseren Special Tricks loslegen, klären wir zunächst, was man unter Mikrofonierung versteht und welche Mikrofonierungsarten es gibt.
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Was ist Mikrofonierung?
Unter Mikrofonierung versteht man die Auswahl und das Positionieren von Mikrofonen, um Schallquellen damit aufnehmen zu können. Dabei bestimmt sowohl die Auswahl der Mikrofone als auch deren Anordnung den letztendlich aufgenommenen Klang.
Wichtig ist, dass Du Mikrofonierung nicht mit Mikrofonie gleichsetzt. Diese meint einen unerwünschten Effekt in der Tontechnik, bei dem Nicht-Mikrofone ungewollt als Schallwandler arbeiten und somit Störungen verursachen.
Welche Mikrofonierungsarten gibt es?
Wenn Du dich mit Mikrofonierung beschäftigst, wirst Du unweigerlich auf unterschiedliche Mikrofonierungsarten stoßen. Grundsätzlich kann man hier zwischen Mono und Stereo unterscheiden. In Mono wird mit nur einem Mikrofon mikrofoniert. Dieses richtest Du seiner Richtcharakteristik entsprechend auf die aufzunehmende Schallquelle.
Mikrofonierung in Mono
In den meisten Fällen ist es sinnvoller, wenn man in Stereo mikrofoniert, aber es gibt auch Schallquellen, die Du besser in Mono aufnimmst. Dazu gehören Lead Vocals, Snare Drum, Kick Drum und Bass.
In den ersten beiden Fällen liegt das daran, dass diese Schallquellen in der Regel für ein angenehmes Klangbild immer in der Mitte der Aufnahme zu finden sein sollten.
Letztere benötigen durch die überwiegend tiefen Frequenzen viel Energie, die sowohl für Lautsprecher als auch für unsere Ohren angenehmer zu verarbeiten sind, wenn sie in Mono aufgenommen und am Ende gleichmäßig auf den linken und rechten Kanal verteilt werden.
Stereomikrofonierungsverfahren
In den meisten anderen Fällen ist es sinnvoller, wenn man in Stereo mikrofoniert. Hier benötigst Du immer zwei Mikrofone. Deshalb werden gerade Instrumentenmikrofone häufig direkt als Stereopaar verkauft. Stereomikrofonierung ist aber nicht gleich Streomikrofonierung. Hier gibt es mehrere unterschiedliche Verfahren. Alle unterscheiden sich am Ende im Klang, den sie aufnehmen.
A/B-Mikrofonierung
Für die A/B-Mikrofonierung verwendet man in der Regel zwei Kleinmembran-Konensatormikrofone mit der Richtcharakteristik Kugel. Beide Mikrofone sollten hier in einem Abstand von etwa 60 cm zueinander auf das Instrument, das aufgenommen werden soll, gerichtet sein. Du kannst aber sowohl den Abstand zwischen den Mikrofonen als auch zwischen den Mikrofonen und dem aufgenommenen Instrument nach Belieben variieren.
Mit der A/B-Mikrofonierung ist es möglich einen breiten Stereoklang zu erzeugen. Das Stereobild entsteht dabei, weil die Ankunftszeit des Schalls an den Mikrofonen sowie das Frequenz-Verhältnis leicht unterschiedlich ist. Das Signal darfst Du hier aber nicht zu Mono kombinieren, da es sonst Probleme mit der Phasenauslöschung geben kann.
X/Y-Mikrofonierung
Für diese Mikrofonierungsart benutzt Du am besten zwei Kleinmembran-Kondensatormikrofone mit Richtcharakteristik Niere. Die Mikrofone positionierst Du in einem Winkel zwischen 90 und 135 Grad. Die Kapseln müssen sich dabei berühren. Hier gilt, umso größer der Winkel, desto breiter wird das Stereobild.
Du solltest dieses Verfahren verwenden, wenn Du einen druckvollen Stereoklang erreichen möchtest, der am Ende nicht ganz so breit sein muss. Hier gibt es keine Zeitverzögerung, weshalb sich das Signal auch problemlos in ein Mono-Signal umwandeln lässt.
ORTF-Mikrofonierung
Eine Mischform aus der X/Y- und der A/B-Mikrofonierung stellt die ORTF-Mikrofonierung dar. Hier benötigst Du zwei Kleinmembran-Kondensatormikrofone mit Nierencharakteristik. Diese richtest Du in einem Winkel von 110 Grad nach außen. Dabei müssen sie einen gewissen Abstand zueinander haben.
Der Vorteil bei dieser Mikrofonierung ist, dass Du ein breites Stereobild erreichen kannst, ohne zu viel des Raumklangs mit aufzunehmen.
M/S-Mikrofonierung
Wenn Du am Mischpult etwas versierter bist, kannst Du auch die M/S-Mikrofonierung ausprobieren. Diese bietet die Breite der A/B-Mikrofonierung, die Mono-Kompatibilität der X/Y-Mikrofonie und zusätzlich die Möglichkeit den Raumklang zu vergrößern. Dafür ist das Mischen der Signale etwas anspruchsvoller.
Zum Aufnehmen benötigst Du entweder ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit Nieren- oder Kugel-Richtcharakteristik und zusätzlich ein Großmembran-Kondensatormikrofon mit der Richtcharakteristik Acht. Letzteres muss im 90 Grad Winkel vom Instrument weg gerichtet werden. Ersteres wird darüber oder darunter positioniert und direkt auf die Schallquelle ausgerichtet.
Tipps & Tricks
Nachfolgend stellen wir dir mehrere hilfreiche Tipps und Tricks vor, die dir helfen sollen mit der richtigen Mikrofonierung ein besseres Aufnahmeergebnis zu erzielen.
Nahbesprechungseffekt für fettere Drums
Bei vielen Sängern und Sprechern kann man beobachten, wie sie den Nahbesprechungseffekt bei Mikrofonen mit Nierencharakteristik ausnutzen, um »größer« zu klingen. Dieser Nahbesprechungseffekt bewirkt eine Steigerung des Basses in der Aufnahme und kann deswegen auch dazu genutzt werden, Kick Drums oder Bässe fetter klingen zu lassen. Allerdings musst Du bei anderen Instrumenten aufpassen, da tiefe Frequenzen schnell »breiig« werden.
Akustische Gitarre aufnehmen
Um eine schöne Aufnahme einer Akustikgitarre zu bekommen, kannst Du zwei Mikrofone verwenden (wobei in vielen Fällen auch ein einziges Mikrofon reicht, vor allem wenn die Gitarre in einem vollen Mix endet). Ein Großmembranmikrofon kannst Du – natürlich auf einem Mikrofonstativ – über die Schulter des Gitarristen in Richtung Gitarre hängen, das zweite Mikrofon, ein Kleinmembraner, so etwa 20-30 cm vor die Gitarre in Richtung des 12. Bundes.
Wie immer, wenn Du mehr als nur ein Mikro verwendest, solltest Du auf Phasenverschiebung achten. Eine einfache Regel, um eventuell entstehenden Phasensauslöschungen zu begegnen, ist die 3-zu-1-Regel. Wenn das erste Mikrofon eine Handbreit von der Box entfernt ist, sollte das zweite Mikrofon drei Handbreit entfernt sein.
Bändchen-Mikrofone für Overheads
Bändchenmikrofone können großen Lautstärken standhalten bzw. diese reibungslos aufnehmen. Daher eignen sie sich hervorragend, um die Overheads beim Schlagzeug aufzunehmen. Mit einem Mikrofon mit Acht-Richtcharakteristik kannst Du beide Becken mit der Acht aufnehmen und bekommst damit fantastisch klingende Drumsounds ohne übermächtige Becken.
Weitere Tipps: Overhead-Mikrofonierung »
Manchmal reicht ein dynamisches Mikrofon
Klar, ein gut sortiertes Tonstudio darf ruhig Mikrofone wie Kleinmembran- oder Großmembrankondensator, ein Bändchenmikrofon oder… sein eigen nennen. Nur: In vielen Fällen ist das dynamische Mikrofon nicht nur ausreichend, sondern sogar die erste Wahl. Dynamische Mikrofone sind nicht nur robust und können sehr große Lautstärken aushalten – die High-End-Varianten wie z.B. das Electro-Voice RE-20 bringen sogar einen Klang, der Bändchen- oder Kondensator-Mikros ähnelt.
Mikrofone mit mehreren Richtcharakteristika sind vielseitiger
Gute Mikrofone sind teuer und wenn das Mikrofon zudem noch mehr als eine Richtcharakteristik haben soll, dann wird es nicht gerade günstiger. Aber wenn Du Dir nur ein einziges Mikrofon leisten kannst, bist Du z.B. mit einem Rode NT2A oder einem Neumann U 87 AI bestens bedient. Damit hast Du die Optionen einen Raum mit Kugelcharakteristik, ein Vocal mit Niere oder wie hier beschrieben die Overheads mit der Acht aufzunehmen. Dreifache Einsatzmöglichkeiten für das Geld!
Kein Übersprechen mehr!
Dieser Tipp gilt insbesondere für die Aufnahme von Schlagzeug. Einer der Schlüssel für einen fantastischen Drumsound ist es, die einzelnen Drums voneinander zu isolieren. Natürlich geht es hier nicht darum, eine perfekte Isolierung der einzelnen Drums zu erreichen, denn das würde wiederum steril klingen. Aber tendenziell gilt je besser die Trennung der Einzelspuren, desto mehr Punch und Klarheit in der Aufnahme.
Nutze für die Aufnahme des Schlagzeugs Mikrofone mit Nieren- und Hypernieren-Richtcharakteristik. Du kannst auch so genannte Gobo-Wände zur zusätzlichen akustischen Isolierung einzelner, wichtiger Mikrofone nutzen.
Lesetipp: Recording Tutorial: Schlagzeug Zuhause aufnehmen »
Kondensator live?
Bis vor kurzer Zeit bedeuteten Live Vocals ein dynamisches Mikrofon (das Shure SM58 dürfte ungebrochen das beliebteste sein). Aber mit den Entwicklungen in der Technologie kommen immer mehr Kondensatormikrofone auf den Markt, die auch in einer Live-Situation noch Studioqualität bringen und jede Nuance des Gesangs wiedergeben. Diese neue Generation von Live-Mikros bieten neben dem kristallklaren Klang auch die Robustheit und die geringe Anfälligkeit für Feedbacks der dynamischen Verwandten.
Kombination von Mikrofon und Instrument
Jede Kombination aus Mikrofon und Instrument oder Sänger hat ihre eigenen Qualitäten und Vorteile. Im besten Fall hat man für jede Gelegenheit das richtige Mikrofon parat. Aber: Das Finden einer funktionierenden Kombination ist eine Kunst für sich.
Entfernung bei der Mikrofonierung
Je nach gewünschtem Sound ist die Entfernung von Schallquelle und Mikrofon entscheidend. Wenn es zum Beispiel darum geht, den Klang des umgebenden Raums oder jedwede Geräuschquellen aus dem Hintergrund zu Elimieren, sollte man das Mikrofon nahe an der Quelle aufbauen. Generell kann man meistens gut mit einem Abstand von 5-15cm arbeiten. Je näher an der Schallquelle, desto bassiger und voluminöser der resultierende Klang (Nahbesprechungseffekt). Je weiter entfernt, desto weniger Ploppgeräusche.
Mehrere Instrumente mikrofonieren
Wenn man mehr als nur ein Instrument gleichzeitig aufnehmen will, wird die akustische Trennung der Schallquellen wichtig, um Übersprechungeffekte zu vermeiden. Eine Lösung hierfür sind getrennte Aufnahmeräume oder auch eine andere akustische Barriere, die gewisse Sounds absorbiert (zum Beispiel Gobo Traps).
Monitoring
Das Abhören des Aufnahmesignals in Echtzeit ist essentiell für den Toningenieur für die Qualitätssicherung und für den Instrumentalisten oder Sänger zur Kontrolle. Um ein Übersprechen des Playbacks oder des Klick-Tracks in die Aufnahme zu verhindern, empfiehlt sich die Verwendung von Kopfhörern.
Ploppgeräusche beim Gesang
Um unschöne Ploppgeräusche bei der Aufnahme mit einem Mikrofon zu verhindern, empfiehlt sich die Verwendung eines Poppschutzes aus Nylon, der nicht nur extreme Luftstöße abmildert sondern gleichzeitig auch die Sensitivität für Feedbacks mindert. In einigen Fällen schützt ein solcher Poppschutz auch vor übermäßiger Feuchtigkeit beim Singen.
Hinweis: Alles zur Abnahme von Gitarrenverstärkern
Auf delamar findest Du ein großes Tutorial mit allem, was Du zur Mikrofonierung von Gitarrenverstärkern wissen musst. Ob mit einem oder mehreren Mikrofonen. Schau dir das Video an, um alles in Kürze zu erfassen. Lies den großen Text mit vielen Praxistipps und Grundlagenwissen, um tiefer vorzudringen – hier entlang ↓
Ratgeber: Amp Mikrofonierung »
Mikrofonierung: Weitere Tipps & Tricks
Grundsätzlich solltest Du immer etwas Experimentierfreude mitbringen, wenn es um Mikrofonierung geht. So bekommst Du bereits bei der Aufnahme interessante Sounds und Effekte, die dein Endergebnis zu etwas Besonderem machen können.
Wie viele unserer Tipps und Tricks rund um Mikrofonierung kanntest Du bereits? Hast Du weitere Tipps und Tricks auf Lager und kannst den anderen Lesern etwas mit auf dem Weg geben? Wir freuen uns auf deinen Kommentar!