Gesang aufnehmen
Die besten Tipps zum Vocal Recording
Von Carlos San Segundo am 27. April 2021
Inhalt: Gesang aufnehmen
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Gesang aufnehmen – So klappt das Vocal Recording
Wenn Du deine Vocals oder deinen Gesang zuhause aufnehmen möchtest und dafür eine Anleitung oder ein Tutorial suchst, dass alle Punkte erklärt, bist Du hier richtig. In diesem Tutorial erfährst Du Schritt für Schritt, wie dir professionelle Ergebnisse beim Gesang aufnehmen gelingen – und zwar bei dir zuhause, ohne ein professionell eingerichtetes Tonstudio.
Wir verraten dir, was das wichtigste überhaupt bei der Aufnahme von Gesang ist, welches Mikrofon das beste für Vocals ist, wo und wie Du das Mikrofon einstellen musst und dann verraten wir dir noch einige Profi-Tricks, die im Homestudio gerne übersehen werden.
Außerdem besprechen wir warum deine Aufnahmen sich nur auf einer Seite beim Singen abspielen und was Du dagegen tun kannst, dass deine Stimme verzögert in deinem Kopfhörer ankommt.
PASSEND DAZU
- Was sind deine besten Tipps für Einsteiger ins Recording?
- Recording
- Gesangsaufnahme: Tipps & Techniken(Video Tutorial powered by SAE)
- Mono oder stereo aufnehmen?
- Recording: Die beste Position für das Mikrofon?
Gutes Equipment allein reicht nicht zum Gesang aufnehmen
Herausforderung „Gesang“: Richtig aufnehmen!
Oft fehlt das gewisse Etwas beim Einsingen: Das Gemeine an einer halbherzigen Performance ist, dass das eigentliche Problem oft erst nach langer Zeit klar wird. Meist nämlich erst dann, wenn Du viel Geld für ein neues Mikrofon, ein besseres Audio Interface oder für anderes Musik Equipment ausgegeben hast. Denn dann bemerkst Du, dass das Vocal Recording zwar eine tolle Klangqualität hat, es aber trotzdem noch nicht reicht.
Selbst ausprobieren geht hier definitiv über studieren, wie es so schön im Volksmund heißt.
#1 Vocals aufnehmen mit der richtigen Performance
Als ich früher meinen Gesang aufnehmen wollte, war immer das Equipment schuld, wenn es nicht so richtig ausgefeilt, wie bei meinen Idolen geklungen hat. Oder ich dachte, ich hätte die falsche Technik beim Vocal Recording. Heute weiß ich es besser: Das wichtigste „Geheimnis“ ist die Performance.
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Gutes Gefühl für den Artist
Du und dein Artist für den Gesang sollten mit Leidenschaft und guter Laune loslegen. Es ist egal, ob Du in deiner Küche aufnimmst oder im teuren Tonstudio: Wenn Du nicht 100% vor dem Mikrofon gibst, oder der Artist sich vor dem Mikrofon nicht pudelwohl fühlt, werden deine Ergebnisse nie professionell klingen.
Nichts ist wichtiger als die Performance VOR dem Mikrofon
Selbst wenn Du beim Editing oder Abmischen ein richtiger Zauberer bist, aus einer mittelmäßigen Performance lässt sich nicht herausholen.
Attitüde, Performance, Delivery, Energie, Leidenschaft – wie auch immer Du es nennen möchtest. Gib alles vor dem Mikrofon und sorge dafür, dass dein Artist sich richtig gut fühlt, wenn er oder sie einsingt.
Sorge zudem für eine schöne Ambiente-Beleuchtung, damit der Künstler in die richtige Stimmung kommt und damit die Inspiration beim Künstler getriggert wird. Stell außerdem ein Wasser mit Zimmertemperatur bereit, damit der Künstler ausreichend viel trinken kann.
Nichts ist wichtiger als die Performance VOR dem Mikrofon. Und wenn der Artist unbedingt einen Erdbeertee und Räucherstäbchen möchte, dann ab dafür. Wenn die Sängerin lieber alleine im Aufnahmeraum ist, schickst Du die Band nach Hause. Am Ende profitieren alle von einer bestmöglichen Performance.
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#2 Mikrofonauswahl für das Aufnehmen von Gesang
Jetzt brauchen wir ein Mikrofon: Wenn Du im Moment nur ein Mikrofon zur Verfügung hast, nimmst Du einfach das. Eine Aufnahme ist immer besser als keine Aufnahme.
Aber mit der richtigen Wahl des Mikrofons, können deine Gesangsaufnahmen noch einmal richtig an Qualität zulegen.
Großmembran-Kondensator Mikrofon mit Niere
Für Aufnahmen von Gesang verwenden Profis in fast allen Fällen ein Kondensatormikrofon mit Großmembran. Diese sind auch im Homestudio sehr beliebt. Diese Art von Mikrofon braucht eine 48V Phantomspeisung von deinem Audio Interface und nimmt dafür den Gesang sehr detailliert und präzise auf.
Vorteile von Kondensatormikrofonen & mehr
Professionell klingende Aufnahmen kannst Du im Grunde mit fast jedem Mikrofon machen. Du musst aber darauf achten, dass das Mikrofon deiner Wahl die Richtcharakteristik Niere hat. Das bedeutet, dass das Mikrofon den Klang hauptsächlich von vorne aufnimmt. Der Klang von den Seiten wird schon viel leiser aufgenommen, der Schall von hinten fast gar nicht mehr.
Für Gesang, Rap und andere Stimmaufnahmen wollen wir genau diese Nierencharakteristik, weil wir damit sehr viel Wärme und Intimität erzeugen können. Außerdem hat die Nierencharakteristik den Vorteil, dass dein Raum weniger in den Aufnahmen zu hören sein wird. Auch dazu kommen wir gleich noch.
Wenn Du Pop, Rap, Soul, Rock oder etwas ähnliches machst, empfehle ich dir, mit einem Kondensatormikrofon mit Großmembran anzufangen. Überhaupt: In den meisten Fällen ist ein Kondensatormikrofon die beste Wahl für dich.
Welches passt zu dir? Studiomikrofon für Rap & Gesang
Gesang aufnehmen mit dynamischen Mikrofonen?
Nur wenn Du harten Metal, Hardcore, Grindcore oder etwas in dieser Richtung machst, kannst Du auch auf ein dynamisches Mikrofon zurückgreifen.
Mit einem dynamischen Mikrofon werden deine Vocals nicht so luxuriös klingen. Dynamische Mikrofone werden meistens in der Hand gehalten. Die siehst Du oft auf der Bühne.
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Solche Mikros sind etwas robuster und vertragen die lauten Gesänge der härteren Gangart besser als ein Kondensatormikrofon. Aber sie klingen eben nicht ganz so luxuriös und hochauflösend.
Und weil sie nicht so hochauflösend und detailliert sind, eignen sie sich wiederum sehr gut für Räume, in denen es stark hallt. Komme ich gleich wieder dazu.
Mythen der Vocal Aufnahme
Ich möchte noch zwei typische Mythen rund um die richtige Wahl des Mikrofons ansprechen, die sich hartnäckig in der Szene halten und die im Grunde vollkommen unnütz sind. Es geht um die „Magie“ einiger Mikrofone wie das U47, das als DAS Mikrofon zum Gesang aufnehmen gehandelt wird.
Oder um das SM7B, das – sagen wir mal angeblich – auf ganz vielen Aufnahmen großartiger Künstler zu hören ist. Beide sind hervorragende Mikrofone, aber für die meisten Homestudios wären sie eben nicht die erste Wahl.
Es gibt nicht das eine beste Mikrofon. Je nach Sänger, Song, Aufnahmeart, Tonstudio und vielen anderen Faktoren klingt das eine Mikrofon manchmal besser, mal das andere. Du brauchst weder das teuerste Mikrofon auf dieser Welt, noch ist immer das besonders günstige dynamische Mikrofon das Allheilmittel.
Mein Tipp: Beschaffe dir lieber ein gutes Kondensatormikrofon aus dem mittleren Preissegment und damit wirst Du richtig weit kommen.
#3 Welcher Raum eignet sich für die Aufnahme von Gesang?
Bevor wir über das optimale Ausrichten des Mikrofons sprechen, um Vocals aufzunehmen, müssen wir darüber sprechen, in welchem Raum wir aufnehmen wollen.
Wenn Du mehrere Räume in deiner Wohnung zur Verfügung hast, geht es nun darum, welcher der beste Raum für das Vocal Recording ist.
Gesang aufnehmen im Bad?
Wir fangen mit dem schlechtesten Raum an: dem Bad. So schön es ist, im Bad oder in der Dusche zu singen – wenn Du professionell klingende Gesangsaufnahmen möchtest, dann darfst Du nicht im Bad aufnehmen.
Die Kacheln und glatten Oberflächen werfen einfach zu viele Schallreflexionen zurück, die später in der Aufnahme zu hören sein werden. Dasselbe gilt übrigens für die Vorratskammer, Küche, viele Kellerräume oder eben jeder Raum, der wenige Möbel drin hat. Glatte Oberflächen und kleine Räume und damit auch die meisten Gesangskabinen sind leider gar nicht so gut.
Schlafzimmer oder Wohnzimmer
Am besten ist es, wenn Du in einem großen Raum aufnimmst, in dem viele Möbel drin sind und andere absorbierende Materialien. Das Schlafzimmer ist in den meisten Wohnungen der beste Raum für Gesangsaufnahmen. Im Schlafzimmer befindet sich ein Bett mit Matratzen, die sorgen für geringeren Raumhall. Du kannst zusätzlich die Türen der Schlafzimmerschränke öffnen, um deine Kleidung als Absorber zu nutzen.
Akustikelemente im Homestudio: Diffusor, Absorber & Co. erklärt
Wichtig ist, dass der Raum, in dem Du deinen Gesang aufnimmst, möglichst „trocken“ klingt. Damit gemeint ist der Nachhall. In deinen Aufnahmen sollte möglichst wenig vom Raum selbst zu hören sein. Denn diesen Hall oder Raumanteil bekommen wir später nicht mehr aus der Aufnahme heraus.
Wenn Du mehrere Räume zur Auswahl hast, dann nimm lieber den größeren Raum. Je größer der Raum, desto länger dauert es, bis die ersten Reflexionen des Schalls wieder zurück kommen und auf das Mikrofon treffen.
Wenn Du die Wahl hast:
- ein großer Raum
- mit vielen Möbeln, Regalen, Teppichen
- Nutze offene Schranktüren als zusätzliches Hilfsmittel
Passend dazu: Mikrofon richtig im Raum aufstellen »
#4 Mikrofonplatzierung für die Aufnahme
Gesang sollte nicht nur in einem geeigneten Raum, sondern auch an geeigneter Stelle aufgenommen werden. Wo stellen wir das Mikrofon also hin?
Die Ecken sind tabu. Überrascht? Diesen Trick habe ich einige Male auf YouTube gehört, ist aber nicht ratsam.
In den Ecken bekommst Du schnelle Erstreflexionen von gleich zwei Wänden – und das hört man später in der Aufnahme. Eine Aufnahme in der Ecke sorgt dafür, dass dein Vocal viel kleiner klingt, als es klingen müsste – als hättest Du in einem Karton Gesang aufgenommen.
Die Raummitte ist fast genauso übel für deine Aufnahme. Versuche einfach, möglichst weit weg von den Wänden zu kommen, ohne dich dabei in die Raummitte zu stellen.
Das Mikrofon sollte auch nicht in Richtung der nahen Wand schauen, sondern in den Raum hinein. Das Mikrofon nimmt den Schall von hinten kaum auf.
Wenn dein Mikrofon nun in den Raum schaut, brauchen die ersten Reflexionen bis zur hinteren Wand und zurück besonders lange, um auf das Mikrofon zu treffen. Das sorgt für einen besseren Klang bei deiner Gesangsaufnahme.
Außerdem solltest Du unbedingt darauf achten, dass Du nicht gerade die Lüfter deines Computers oder in Richtung einer anderen Geräuschquelle hin aufnimmst.
Kurz und bündig:
- Gesang aufnehmen niemals in der Ecke
- Raummitte vermeiden
- Mikrofon in Richtung der längeren Raumseite schauen lassen
- Möglichst weit entfernt von allen Wänden
Redaktionstipp: Rode NT1000 – Der Allrounder
Das Rode NT1000 ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon, das nicht nur zum Gesang aufnehmen geeignet ist. Es ist auch äußerst beliebt zur Aufnahme von Flügeln, Streichern & Co.! Da es ein verschwindend geringes Eigenrauschen besitzt, eignet es sich auch für leisere Quellen ideal. Bei der Entwicklung hat man sich voll und ganz auf den Klang fokussiert – ganz ohne Schnickschnack.
Dabei herausgekommen ist ein beliebtes und musikalisches Studiomikrofon, das durch gezielte Präsenzanhebungen sowohl eine beeindruckenden Nahbesprechungseffekt zulässt, als auch einen Ausgleich der Höhen für weiter entfernte Quellen vornimmt – ohne dabei künstlich oder steril zu klingen.
Features
- Großmembran-Kondensatormikrofon
- Richtcharakteristik: Niere
- Dynamikbereich: 134 dB dB
- Übertragungsbereich: 20 Hz – 20 kHz
- Grenzschalldruckpegel: 140 dB dB
- Mikrofonhalterung RM2 und Transportetui ZP1 enthalten
UVP: 329 Euro
Weitere Infos über das Rode NT1000 »
#5 Akustik verbessern mit Hausmitteln
Wir haben jetzt das richtige Mikrofon, den besten Raum in der Wohnung und die optimale Position zum Singen für die Aufnahme gefunden. Aber was machst Du, wenn dein Raum immer noch sehr deutlich in den Aufnahmen zu hören ist?
Im Optimalfall stattest Du deinen Recording-Raum mit Absorbern aus, die einiges an Nachhall schlucken können. Wenn Du dir (noch) keine Absorber kaufen möchtest oder kannst, gibt es auch kostenlose Lösungen.
Die kostenlosen Lösungen funktionieren natürlich nicht ganz so gut und sehen auch nicht so hübsch aus – aber uns geht es ja in erster Linie darum, den Gesang aufzunehmen – bestmöglich!
Tipp Nummer 1: Hol dir einige Decken aus dem Schlafzimmer oder von der Couch und hänge diese um dich und das Mikrofon herum auf. Du kannst dazu einfach einige Mikrofonständer nutzen. Im Zweifelsfall legst Du die Decken einfach über dich und den Mikrofonständer.
Das ist zwar nicht optimal, es erzeugt viel Wärme, stickige Luft und ist unbequem – aber es hilft, um deine Aufnahmen zumindest ein bisschen trockener zu machen.
Tipp Nummer 2: Hol dir zwei bis drei Matratzen aus dem Schlafzimmer und stell diese um dich und das Mikrofon herum auf. Wenn Du nur ein oder zwei Matratzen hast, stellst Du die hinter dich – also dorthin, wohin das Mikrofon schaut.
Wenn Du die Matratzen auf Stühlen etwas höherstellen kannst, wird der Klang noch etwas besser. Weil das Mikrofon dann mittig zur Matratze steht und damit mehr vom Absorber direkt wirken kann. Natürlich ersetzt das keine professionellen Absorber, aber für den Anfang macht das die Aufnahmen schon besser und kostet nichts.
Tipp Nummer 3: Wenn Du im Schlafzimmer aufnimmst, kannst Du den Schlafzimmerschrank öffnen. Das Mikrofon stellst Du nun mit der Rückseite vor den Schrank. Du singst jetzt IN den Schlafzimmerschrank hinein und hast hinter dir eine relativ lange Strecke bis zur nächsten Wand. Das klingt häufig gut.
Stell dich aber keinesfalls IN den Schlafzimmerschrank hinein. Die Kleidung absorbiert zwar die hohen Frequenzen, die tiefen Frequenzen kommen aber ungehindert durch. Das sorgt dafür, dass deine Gesangsaufnahme wie im Karton klingt.
Tutorial: Raumakustik verbessern
Raum-Mythen zur Aufnahme von Gesang
Du solltest auf keinen Fall Schaumstoff an allen Wänden anbringen. Schaumstoff schluckt nur die hohen Frequenzen. Deine Stimme klingt dann wieder, als hättest Du in einen Karton hineingesungen.
#6 Mikrofon ausrichten
Ich verrate dir zunächst die wichtigsten Dinge in Sachen Mikrofonplatzierung und dann noch einige kleine Profi-Tricks, mit denen Du noch mal eine Klasse höher mit deinen Aufnahmen kommst.
Zuerst mal das Offensichtliche: Wir richten das Mikrofon grundsätzlich in Richtung Lippen aus – also direkt auf den Mund.
Achtung beim Gesang aufnehmen: Niemals seitlich!
In einigen Tutorials wird empfohlen, dass Du das Mikrofon leicht seitlich positionierst – aber das hat einen großen Nachteil.
Wenn sich dein Sänger bei der Aufnahme bewegt – und das wird er – passiert es leicht, dass deine Aufnahme sich im Verlauf der Strophen oder des Chorus verändert. Wenn Du zu weit seitlich von einem Mikrofon entfernt bist, dann verliert die Aufnahme an High End. Das ist ein Nebeneffekt der Nierencharakteristik – die Niere soll seitlich ja weniger aufnehmen.
Wenn Du das Mikrofon also seitlich positionierst, wirst Du jede Bewegung des Sängers hören. In die eine Richtung wird es dumpfer, in die andere heller.
Hinter das Mikrofon solltest Du nichts stellen, auch nicht ein einzelnes Blatt mit den Lyrics. Wenn Du ein Notenblatt brauchst, sollte es ein Stück weit unter dem Mikrofon, dahinter positioniert werden. Dafür hängst Du das Mikro am besten falsch herum auf – das schafft mehr Platz darunter. Wie stark die Reflexionen von so einem einzelnen Blatt zu hören sind, kommt auf dein Mikrofon an.
Abstand zwischen Artist und Mikrofon
Du beginnst am besten mit einem Abstand von etwa einem Handbreit – das können 15 – 20 Zentimeter sein. Wenn Du nicht weiter herumprobieren möchtest, dann ist das eine gute Entfernung, mit der Du arbeiten kannst.
Je trockener dein Raum ist, desto weiter weg kannst Du von deinem Mikrofon singen, ohne dass der Raum zu stark in deiner Aufnahme hörbar wird. Wenn Du einen sehr halligen Raum hast, solltest Du aber lieber näher an das Mikrofon herankommen.
Nahe Mikrofonaufnahmen klingen sehr intim, der Raum ist dann praktisch gar nicht mehr zu hören. Billie Eilish verwendet diesen Effekt beispielsweise in ihren Strophen. Sie nimmt dafür das Mikrofon in die Hand, ganz nah vor den Mund und klingt damit sehr nah und intim.
Billie Eilish & Rosalía: Das Hitrezept von Lo Vas A Olvidar
Das nennt man übrigens Nahbesprechungseffekt, aber der hat zwei große Nachteile. Zum einen wird es eventuell zu basslastig. Das kannst Du erst beim Vocal Mixing wieder korrigieren.
Und der zweite Nachteil ist schwerwiegender: Wenn Du ziemlich nah an deinem Mikrofon dran bist, hört man jede Bewegung vor dem Mikrofon. Gehst Du zu weit zurück, wird die Stimme dünner. Bewegst Du dich seitlich, ist das auch zu hören.
Wenn Du aber eher weit entfernt von deinem Mikrofon positioniert bist, kannst Du dich freier bewegen, ohne dass das sofort im Mix hörbar wird. Im Zweifelsfall nimmst Du lieber etwas mehr Raumklang in Kauf, damit der Artist sich freier bewegen kann und eine bessere Performance abliefert.
Jetzt kannst Du noch die Höhe des Mikrofons ändern und damit wieder den Klang beeinflussen. Klingt dein Rapper zu nasal, dann hängst Du das Mikrofon einfach ein Stück tiefer auf. So dass es mehr auf die Brust deutet. Aber nicht zu tief, sonst verlierst Du das High End des Gesangs.
Mythos: Mikrofon kopfüber positionieren
Ist etwas dran am Mythos, dass Mikrofone bei den Profis immer kopfüber hängen? Musst Du das auch machen? Hier kommt die Antwort: Es ist ziemlich egal, wie Du es aufhängst, solange die Membran in dieselbe Richtung schaut. Das Mikrofon klingt immer gleich.
Bei Röhrenmikrofonen, die häufig von Profis genutzt werden, kann die Wärme der Röhre beim umgekehrten Aufhängen nach oben hin entweichen, ohne die Membran und sonstige Technik im Mikrofon aufzuheizen. Aber klanglich macht es keinen Unterschied.
#7 Poppschutz verwenden
Vielleicht ist dir das auch schon einmal passiert, dass deine Gesangsaufnahme komisch ploppt, wenn Du ein F, ein P oder ein B gesungen hast? Das sind Plosive, also Buchstaben, bei denen es zu einer kleinen Luftexplosion kommt, die auf deine Mikrofonmembran trifft. Das klingt wie ein Ploppgeräusch. Das kennst Du sicher auch vom Telefonieren mit Freunden, die bei windigem Wetter draußen herumlaufen.
Diese Geräusche sind sehr störend und sollten beim Gesang aufnehmen (Zuhause oder im Profi-Studio) natürlich nicht auftauchen. Es gibt unterschiedliche Methoden, um Plosive in den Griff zu bekommen.
Die beste Methode dafür ist und bleibt der Popschutz (oder: Popkiller). Dieser wird in einiger Entfernung vom Mikrofon aufgebaut und sorgt dafür, dass der Luftstrom aufgehalten wird. So einen Popkiller mit Stoff-Bespannung gibt es ab etwa 15 Euro. Es gibt aber auch Popkiller mit einem Grill aus Metall, die sind einfacher zu reinigen. Einige Mikrofone haben inzwischen sogar einen integrierten Poppschutz.
Wenn Du kein Geld ausgeben möchtest, kannst Du notfalls sogar einen Nylonstrumpf auf einen Kleiderbügel ziehen, klappt auch gut. Sieht nur nicht schön aus.
Damit der Popkiller sinnvoll den Luftstrom abhalten kann, musst Du ihn einige Zentimeter vom Mikrofon entfernt aufbauen. Wenn Du ihn so direkt dran hältst, funktioniert er nicht. Er braucht etwas Platz, damit die Luft aufbrechen kann.
Was Du noch tun kannst, um die Wirkweise des Popkillers zu verbessern, ist, ihn etwas angewinkelt zum Mikrofon zu positionieren.
Du hast gar keinen Poppkiller zur Hand? Hier kommt der ultimative Tipp: Wenn Du das Mikrofon kopfüber aufhängst und dann anwinkelst, geht der Luftstoß unter dem Mikrofon vorbei. Der Klang bleibt dabei aber noch ganz gut.
#8 Erst Einpegeln, dann Gesang aufnehmen
Kommen wir zum eigentlichen Recording der Vocals. Wir gehen in unserem Fall direkt in das Audio Interface, das unser Mikrofon mit 48V Phantomspeisung versorgt. Jetzt müssen wir einstellen, wie stark das Mikrofon vom Mic-Preamp verstärkt werden soll.
In vielen Fällen geht das auch innerhalb der Mixersoftware. Bei dir ist vielleicht auch ein eigener Drehregler für Gain am Audio Interface, über den Du das einstellen kannst. Wichtig ist, dass wir unsere Aufnahme nicht dadurch ruinieren, dass wir zu heiß aufnehmen.
Zu heiß bedeutet, dass wir zu laut einpegeln und damit an den lautesten Stellen ins Clipping, also in die Verzerrung kommen. Das klingt nicht schön und später nicht mehr zu retten. Stell dir vor, das passiert dir beim besten Take, den Du je gemacht hast.
Deshalb pegeln wir so ein, dass wir so um die -8 bis -10 dB an den lautesten Stellen landen. Du lässt den Rapper oder die Sängerin dafür die lautesten Stellen im Song proben. Und Du solltest wissen, dass sie später beim echten Einsingen noch mehr Gas geben und lauter performen werden.
So gesehen solltest Du zur Sicherheit bei -10 dB landen.
Was außerdem wichtig ist: Das Projekt in deinem Musikprogramm solltest Du mit 24 Bit anlegen. Ohne in die technischen Details einzusteigen, nur so viel: Mit 24 Bit und einem Pegel von -10 dB bist Du auf der sicheren Seite, auch bei den leisen Passagen. Mit 16 Bit leider nicht.
Redaktionstipp: Rode NT1 – Klassiker mit Vintagecharakter
Das Rode NT1 gehört zu den absoluten Bestsellern im Bereich der Großmembran-Kondensatormikrofone. Der beliebte Klassiker wurde nun von Grund auf neu entwickelt und überarbeitet. Doch was macht dieses Exemplar so beliebt?
Das Rode NT1 hat einen sehr neutralen Frequenzgang und erinnert in seinem Klang an Vintage-Mikrofone, deren Sound herrlich organisch und charaktervoll klingt – und das ohne Präsenzanhebungen. Das Studiomikrofon mit Nierencharakteristik bietet einen großen Dynamikbereich, der sich spätestens beim Mixdown durchweg positiv widerspiegelt. In unserem Video am Ende dieses Ratgebers gibt es außerdem Soundbeispiele zu hören.
Features
- Großmembran-Kondensatormikrofon
- Richtcharakteristik: Niere
- Dynamikbereich: 128 dB
- Übertragungsbereich: 20 Hz – 20 kHz
- Grenzschalldruckpegel: 132 dB
- Mikrofonspinne „SM6“ mit integriertem Gewebe-Poppschutz im Lieferumfang
- XLR-Kabel (6m) ist ebenfalls enthalten
UVP: 289 Euro
Weitere Infos über das Rode NT1 »
#9 Endlich: Gesang aufnehmen
Bevor Du nun deine Spur scharf schaltest und das Vocal Recording losgeht, gibt es noch einen Tipp: Es klingt uncool und dein Lieblingsstar geht in den Dokus auch immer direkt in die Kabine und legt los. Aber das ist nur der Ausschnitt, den Du siehst. In Wirklichkeit hat er sich irgendwo schon warmgemacht. Vielleicht Zuhause oder auf dem Weg ins Studio. Vielleicht war auch einfach nur die Kamera aus.
Wenn Du professionell klingenden Gesang aufnehmen möchtest, dann solltest Du dich Einsingen und Aufwärmen. Der Unterschied ist in der Performance deutlich zu hören.
In dieser Zeit kannst Du bereits deine Spuren für das deine Aufnahmen anlegen. Auf die erste Spur nimmst Du auf, die anderen Spuren nutzt Du dazu, die gerade gemachten Aufnahmen zu verschieben, um Platz auf der Aufnahmespur zu lassen. Ich nutze in meinen Projekten oft 5-7 Spuren pro Vocalspur – 5 Spuren für das Lead-Vocal, 5 für die Dopplung, 5 für den Chorus und so weiter.
Wie viele Takes reichen aus?
Apropos Takes – Du solltest mindestens 3 Takes aufnehmen, bei denen Du schwören würdest, dass sie genial waren. Das bedeutet: Für jede Zeile im Text sollten nach der Session mindestens 3 Aufnahmen da sein, die richtig gut sind. Später kannst Du dir dann die besten Stellen aussuchen.
Ich selbst mache meistens ca. fünf richtig gute Takes. Aber hier darfst Du auch nicht in die andere Richtung tappen – je mehr Takes Du machst, desto unaufmerksamer werden die Künstler in der Regel.
Ich höre die Aufnahme nur auf einer Seite!
Fragst du dich nun, warum Du den Gesang nur auf einer Seite hörst? Jede der eben genannten Vocalspuren sollte als Monospur angelegt sein. Ein Großmembran-Kondensatormikrofon nimmt nur mono auf. Das trifft übrigens auf die meisten Mikros zu. Legst Du deine Spur in Stereo an, hörst Du dein Vocal nur auf einer Seite. Deshalb: Spuren immer in Mono anlegen.
#10 Monitoring bei der Aufnahme von Gesang
Optimal für Recording sind geschlossene Kopfhörer, die ihren Klang gut von ihrer Umgebung abschirmen. Das bedeutet, dass der Klick und das Instrumental aus dem Kopfhörer nicht in das Mikrofon übersprechen. Das würde nämlich bei offenen Kopfhörern passieren.
Aber noch wichtiger ist der Wohlfühlfaktor. Die Kopfhörer müssen dafür gut klingen und sehr bequem sein.
Wenn ein Künstler gerne seinen eigenen Kopfhörer mitbringen möchte, dann teste das auf jeden Fall aus. Wohlfühlen erzeugt Performance und die ist wichtiger als Klangqualität. Schwierig wird es, wenn der Artist einen offenen Kopfhörer mitbringt, der den Klick 1:1 in das Mikrofon überträgt. Mit etwas Feingefühl kannst Du dann anregen, einen anderen zu probieren. Aber achte auf die Performance. Der Künstler ist König.
In den Bereich Wohlfühlen gehört noch ein Punkt: Für etwa 10 Euro bekommst Du einen Kopfhörerständer, den Du ans Mikrofonstativ montieren kannst. Das ist ultrapraktisch und sorgt dafür, dass der Artist dir den Kopfhörer nicht etwa über das Mikrofon hängt und damit ein ohrenbetäubendes Feedback erzeugt – das habe ich schon mehr als einmal erlebt.
Kopfhörer-Mix für Vocal Recording
Und damit kommen wir zum Monitoring, oder genauer dem Kopfhörermix, den der Sänger hört, wenn er aufnimmt. Es ist wichtig, dass Du diesen richtig gut einstellst.
Bevor die Sängerin den Kopfhörer aufsetzt, solltest Du den Kopfhörermix persönlich überprüft haben. Zunächst checkst Du, ob der Pegel im Kopfhörer nicht übertrieben laut ist. Und dann hörst Du selbst hin, wie die Balance der Pegel von Mikrofon und Instrumental im Kopfhörer ist.
Die Pegel stellst Du dann so ein, dass Du beim Singen beides gut hören kannst und keines übertrieben laut ist. Ab da muss der Künstler entscheiden, wie er den Kopfhörermix haben möchte.
Einige Künstler trauen sich nicht, mehr als 1-2 Mal nach einer Änderung im Kopfhörer zu bitten. Deshalb solltest Du den Sänger immer wieder ermutigen, sich zum Kopfhörermix zu äußern und ihn fragen, ob Du etwas daran ändern sollst.
Wenn das Instrumental zu leise ist, merkst Du das meistens daran, dass der sonst eigentlich sichere Sänger die Töne nicht richtig trifft. Sänger, die viel live singen, sind gerne etwas zu hoch in der Tonhöhe. Hier hilft es manchmal, das Instrumental etwas leiser zu machen.
Wenn der Artist nur eine der Kopfhörermuscheln aufzieht, dann ist das okay. Wohlfühlen ist das wichtigste, Du erinnerst dich? Sorge einfach in deinem Musikprogramm dafür, dass auf der ungenutzten Muschel kein Sound mehr drauf ist, der ins Mikrofon gelangen könnte.
Redaktionstipp: Rode NT1-A – das Komplettpaket
Besonders für ein einfachen Einstieg in das Aufnehmen von Vocals ist das ein empfehlenswertes Paket: Mit Spinne, Poppschutz und Kabel kannst Du sofort loslegen. Aber nicht nur Einsteiger haben viel Freude mit dem Rode NT1-A: Durch die Rode-typische dezente und musikalische Präsenzanhebung gelingen dir professionelle Vocal-Aufnahmen.
Neben den Bereichen Rap und Gesang, fühlt sich das Großmembranmikrofon auch bei der Instrumentenabnahme wohl: Das geringe Eigenrauschen ermöglicht auch das Aufnehmen von leiseren Quellen. Einem Recording à la Billie Eilish steht also nichts im Wege.
Features
UVP: 219 Euro
Weitere Infos über das Rode NT1-A »
Letzte Tipps zum Gesang aufnehmen
Und damit kommen wir zu einigen spannenden Profi-Tricks, die Du kennen solltest. Einige Künstler haben gerne Effekte auf ihrem Kopfhörermix drauf, damit sie in die richtige Stimmung kommen.
Das können Hall, Kompressor, EQ oder alles zusammen sein. Gib sie der Sängerin oder dem Sänger ruhig auf den Kopfhörer, dann wird die Performance sicher besser. Aber achte darauf, dass Du die Effekte nicht etwa aufnimmst. Was Du aufnimmst, sollte trocken ohne jegliche Effekte sein.
Wenn Du irgendwann viel Erfahrung beim Gesang aufnehmen gesammelt hast, kannst auch Du mit Effekten recorden. Aber bis dahin machst Du dir das Leben leichter ohne Effekte.
Latenz und verzögertes Abhören
Wenn dein Gesang zeitlich verzögert im Kopfhörer ankommt, dann liegt das daran, dass das Signal aus dem Mikrofon erst in dein Audio Interface geht, dann vom Eingang gewandelt in dein Musikprogramm geht und dann wieder zurückgewandelt wird und am Kopfhörerausgang ausgegeben. Das braucht seine Zeit.
Am besten fährst Du damit, wenn Du das so genannte Direct Monitoring an deinem Audio Interface nutzt. Dann wird das Signal aus dem Mikrofon direkt auf den Kopfhörerausgang gegeben – rein analog und verzögerungsfrei.
Videotutorial: Gesang aufnehmen von A-Z
Gesang aufnehmen: 7 Tipps in Kürze
- Der Raum, in dem Du aufnimmst, spielt eine große Rolle beim Gesang aufnehmen. Du kennst dieses Phänomen sicherlich als Raumanteil oder -klang. Deswegen solltest Du einige Testaufnahmen an verschiedenen Stellen ausprobieren und dann hören, wo es am besten klingt.
- Wenn Du zu viel vom deinem Aufnahmeraum hörst, kannst Du Diffusoren und Absorber verwenden, um die Abklingzeit zu verringern. Dabei können neben den kommerziellen (und nicht immer ganz preiswerten) Methoden auch ein Bücherregal, eine Pflanze oder eine Couch helfen. Mehr zu diesem Thema findest Du in unserem Artikel Raumakustik verbessern.
- Die richtige Mikrofonposition ist elementar für gute Aufnahmen. Dabei muss nicht jeder Sänger oder jede Sängerinnen aus derselben Position und Entfernung aufgenommen werden. Das Mikrofon muss nicht zwingend direkt vor dem Mund positioniert werden, probier es auch ober- oder unterhalb des Munds.
- Wenn der Sänger harte Konsonanten wie B, P, T oder D ausspricht, kann die dabei ausgestoßene Luft zu Poppgeräuschen führen. Abhilfe schafft hier ein Popp-Schutz.
- Der Konsonant »S« erzeugt bei vielen Sängern ungewollte Sibilanten (Zischlaute), die man später mit einem EQ oder De-Esser entfernen muss. Eine einfache Möglichkeit, wie Du schon bei der Aufnahme Zischlaute entfernen kannst, ist es die Kopfposition des Sängers leicht zu verändern. Aufgrund der Physiognomie der Zähne klingt das »S« bei vielen Sängern auf einer Seite leiser als auf der anderen.
- Wenn Du das Mikrofon oberhalb der Luftstöße (auf dem Kopf gedreht) positionierst, sollte die Membran in Richtung Mund zeigen und 10-20 Zentimeter von diesem entfernt sein. Der Sänger singt nicht in das Mikrofon hinein, sondern geradeaus daran vorbei.
- Sorge immer dafür, dass sich Artists wohlfühlen im Studio. Eine bestmögliche Performance ist das A und O, wenn Du Gesang richtig aufnehmen willst.
Deine Ideen zum Gesang aufnehmen sind gefragt
Das waren jetzt nur einige Anregungen für deine Vocal Aufnahme. Weitere Tipps und ausführliche Artikel rund um das Thema Gesang aufnehmen findest Du in der Rubrik Vocal Tutorials. Oder hast Du Fragen? Dann schreib uns doch einen Kommentar, ich freue mich darauf!
Weiteres Tutorial zum Stimme aufnehmen »