Raumakustik verbessern Tutorial
Der ultimative Ratgeber mit ALLEN Tipps
Von Carlos San Segundo am 30. Juli 2024
Raumakustik verbessern – Inhalt
- Warum Raumakustik verbessern?
- Was ist Raumakustik?
- VIDEOS: Raumakustik verbessern
- Was ist so schlimm an einem unbehandelten Raum?
- Wie erkenne ich Raumakustik Probleme?
- Raumakustik vs. Bauakustik
- Schallabsorbtion zum Raumakustik verbessern
- Nachhall – so viel ist richtig
- Absorber: Welche sind gut?
- Selber machen: Raumakustik verbessern
- Studioakustik verbessern
- Fazit: Raumakustik verbessern mit System
Warum Raumakustik verbessern?
Es ist relativ einfach und nicht allzu kostenintensiv, die eigene Raum- oder Studioakustik mit einigen Absorbern, Diffusoren und Bassfallen zu optimieren. Warum machen das dann so wenige mit ihrem Homestudio?
Während es in einem heimischen Umfeld eher um das Reduzieren von Lärm und Nachhall geht, wollen wir im Tonstudio eine kontrollierte Abhörsituation. Eine gute Raumakustik sorgt für hochwertige Klangerlebnisse und erhöht zudem die Sprachverständlichkeit.
Im Studio geht es darum, die eigene Musik möglichst unverfälscht zu hören. Erst wenn wir den Sound aus den Lautsprechern in seiner vollen Pracht hören, können qualifizierte Entscheidungen getroffen werden.
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Was ist Raumakustik?
Die Raumakustik gestaltet die klangliche Optimierung von Räumen, in denen es auf eine optimale Wahrnehmung von Schall ankommt. Das können Tonstudios, Heimkinos, Radio- oder TV-Studios, Theater, Konzertsäle, Kirchen oder Schulzimmer sein. Raumakustik ist ein Teilbereich der Akustik und benötigt keine baulichen Maßnahmen.
Die Raumakustik bezieht sich also auf die akustischen Eigenschaften eines Raumes, wenn sich die Schallquelle innerhalb des Raumes befindet. Der Schall aus deinen Lautsprechern gelangt nicht nur auf direktem Wege an dein Ohr. Der Schall gelangt auch an die umgebenden Wände, die Decke, den Boden und alle Gegenstände, die sich im Raum befinden. Diese reflektieren zumeist den Schall, so dass die Reflexionen wiederum an dein Ohr gelangen.
Jede Oberflächen, auf die der Schall trifft, absorbiert (also „schluckt“) einen Teil dessen Energie. Nach und nach verliert der Schall bzw. dessen Reflexionen dadurch an Energie, das Geräusch wird leiser und schließlich stirbt es ab – der Nachhall.
Je weniger absorbierende Oberflächen sich in einem Raum befinden, desto länger dauert dieser Abklingvorgang und die Nachhallzeit erhöht sich. Die Akustik im Raum klingt dadurch halliger, mehr wie in einer Kirche.
Der Schallschutz und Lärmschutz ist hingegen nicht Teil der Raumakustik, sondern gehört zur Bauakustik.
Was ist so schlimm an einem unbehandelten Raum?
Vermischt sich stattdessen der Direktschall aus den Studiomonitoren mit Erstreflexionen und Nachhall, können bestimmte Frequenzen oder Instrumente wie der Bass plötzlich viel zu leise oder zu laut erklingen. Hörst Du deine Musik dann im Auto oder bei einem Kumpel ab, klingt alles ganz anders, häufig wie undifferenzierter Lärm – ein typisches Problem für Mixe, die aus unbehandelten Räumen kommen.
Wie deine Lautsprecher klingen, wird stark vom Raum beeinflusst. Viel stärker als sich die meisten Musiker überhaupt vorstellen können. Die besten Studiomonitore der Welt werden dich in einem schlechten Raum mit schlechter Akustik nur wenig, wenn überhaupt weiterbringen. Dabei ist der Klang das, mit dem wir arbeiten.
Vielleicht hilft dir die folgende Analogie weiter: Ein Künstler sieht seine Leinwand nur wie durch eine schmutzige Glasscheibe. Natürlich kann er die Silhouette eines Menschen zeichnen und diese ausmalen. Aber die weiteren Details wie die Taschen an der Jacke, die Nase, die Augen, etc. werden schon zur Herausforderung – und dann sind wir noch nicht einmal bei den Feinheiten angelangt, wie den Wimpern, den Pupillen oder den Haaren.
Eine schlechte Raumakustik wird für deine Musik wie eben jene schmutzige Glasscheibe oder halbdurchsichtige Plane über der Leinwand fungieren. Die gute Nachricht lautet, dass sich die Raumakustik verbessern lässt. Und zwar ganz ohne bauliche Maßnahmen, die mit dem Vermieter abzuklären wären.
Wie erkenne ich Raumakustik Probleme?
Steht das Raumakustik messen nicht zur Debatte, können dir die folgenden Anhaltspunkte helfen. Wenn Du Musik in deinem Homestudio abmischst und sie auf anderen Abhören ganz anders klingt, ist das ein deutliches Anzeichen, dass etwas an deiner Abhörsituation nicht passt. Neben der Raumakustik können hier ein schlechtes Audio Interface oder schlechte Lautsprecher verantwortlich sein. Deswegen müssen wir noch etwas weiter graben.
An deiner Abhörposition sitzend schließt Du deine Augen und lässt eine Münze auf den Boden fallen (bei Teppichboden funktioniert das natürlich nicht ganz so gut). Bei guter Raumakustik ist es kein Problem herauszufinden, wohin die Münze rollt. In Räumen, die nur wenig Schall und damit Reflexionen von den Wänden absorbieren, fällt das wesentlich schwerer. In ganz schlimmen Fällen, ist die Richtung kaum noch auszumachen.
Ein weiteres Indiz für eine schlechte Raumakustik ist, wenn Du deine Lautsprecher richtig laut machen musst, um richtig zu hören. Ich habe das beispielsweise zuhause in meinem gefließten Wohnzimmer mit dem Fernseher – damit die Sprachverständlichkeit nicht leidet, muss ich diesen ziemlich aufdrehen, weil der Nachhall ansonsten den Sound komplett vermatscht.
Du kannst zudem mal in deinem Raum herumgehen und den Klang an unterschiedlichen Stellen abhören. Du wirst beispielsweise feststellen, dass der Bass in den Ecken besonders laut erscheint (und das ist nicht gut). Generell ist die Akustik in Ecken von Räumen nicht gut. Gehst Du etwas weiter in den Raum, wird der Bass leiser und der Gesamteindruck der Musik besser.
Lies auch: Akustikelemente FAQ
Raumakustik vs. Bauakustik
Häufig werden die Begriffe von Schallschutz und Schalldämmung mit der Raumakustik in Verbindung gebracht. Doch sie gehören zur Bauakustik, denn für einen ausreichenden Schall- oder Lärmschutz sind bauliche Maßnahmen erforderlich.
Bei der Bauakustik geht es um die Schallübertragung zwischen zwei Räumen, also wenn deine Musik bei deinem Nachbarn ankommt. Oder wenn Du in deinen Aufnahmen die vorbeifahrende Straßenbahn hören kannst. Die Problematik des Lärmschutzes lässt sich nicht mit den Maßnahmen der Raumakustik bearbeiten. Akustikelemente wie Schallabsorber, Diffusor oder Bassfalle helfen hier nicht.
Die Studio- bzw. Raumakustik verbessern zu wollen, hat nichts mit der sogenannten Bauakustik zu tun. Letztere verfolgt das Ziel, dass der Nachbar so wenig wie möglich mitbekommt und keinen Lärm ertragen muss – Schalldämmung ist das Stichwort. Die Maßnahmen reichen von einer Verstärkung der Türen bis hin zu einer Raum-in-Raum-Konstruktion.
Bei der Verbesserung der Akustik eines Raums geht es uns nur darum, wie Du die Studioakustik bzw. generell die Raumakustik verbessern kannst, um ausgewogene Abmischungen zu erzielen. Dazu nutzen wir Akustikelemente.
Lies auch: Studiobau & Bauakustik
Schallabsorption zum Raumakustik verbessern
Um eine gute Raumakustik zu schaffen, braucht es eine entsprechende Schallabsorption – also wie stark (und damit schnell) die Geräusche im Raum geschluckt werden. Hier geht es in erster Linie um die Oberflächen im Raum, also Boden, Decke, Wände und alles, was sich darin befindet von der Couch bis zum Bücherregal.
Bei den Oberflächen geht es schließlich darum, wie groß diese sind, wie gut sie Schall absorbieren können und wie die Geometrie derselben aussieht. Also ob der Raum gerade oder parallele Wände und Decken hat, etc.
Der Schallabsorptionsgrad beschreibt, wieviel vom Schall von einer bestimmten Oberfläche (bzw. Material) absorbiert wird. Das unterscheidet sich je nach Frequenz. Da tiefe Frequenzen viel mehr Energie tragen, sind diese auch schwieriger zu absorbieren – von Schaumstoff praktisch gar nicht.
In den meisten Fällen braucht es zudem eine gleichmäßige Absorption über alle Frequenzbereiche. Nutzt Du beispielsweise ausschließlich Schaumstoff, klingt der Raum in den Höhen vollkommen tot, die Bässe gehen aber ungehindert durch.
Nachhall – so viel ist richtig
Wenn wir davon sprechen, die Raumakustik verbessern zu wollen, dann ist die Nachhallzeit entscheidend. Hier geht es um die Zeit, die für das Abklingen eines Geräusches um 60 Dezibel gebraucht wird. In einem Raum mit nur harten Wänden mit wenig Absorption dauert die Abklingphase wesentlich länger: Das bedeutet eine lange Nachhallzeit.
Die Nachhallzeit oder kurz Nachhall ist dabei frequenzabhängig. Ein Raum kann eine Nachhallzeit von 0,2 Sekunden ab 3 kHz haben und dennoch 2 Sekunden bei 80 Hz ausklingen.
Unsere Maßnahmen zur Verbesserung der Studioakustik zielen daher darauf ab, die Nachhallzeit aller Frequenzen auf etwa 0,3 s bis 0,4 s zu bekommen. Dazu empfehlen Fachleute, eine Fläche von etwa dem 1,5- bis 1,7-fachen der Grundfläche mit absorbierenden Materialien auszustatten.
Im oben gezeigten Spektrogramm ist klar ersichtlich, dass wir eine wenig ausgeprägte Raummode bei etwa 27,5 Hz haben, die sich bei etwa 55 Hz deutlicher zeigt. Ganzzahlige Vielfache der Frequenzen einer Mode sind immer ausgeprägt, da sich die Wellenlänge exakt halbiert bei doppelt so hoher Frequenz: Die Welle steht noch immer zwischen zwei parallelen Wänden, nur eben mit doppelt so vielen Schwingungen.
In unserem unbehandeltem Raum aus der Grafik sind schon gute Werte zu sehen: Die längste Nachhallzeit liegt bei etwa einer halben Sekunde. Für einen normalen Raum im Büro oder Zuhause müsste hier nichts gemacht werden. Wir aber wollen auf eine Top-Studioakustik verbessern.
Akustik-Absorber: Welche sind gut?
Es ranken sich viele Mythen und Legenden rund um das Thema – welche Schallabsorber sind gut und wirksam? Grundsätzlich warten wirksame Module mit einem Absorptionsgrad von mindestens 0,6 auf.
Nehmen wir beispielsweise den Basotect-Schaumstoff mit einer Tiefe von 100 mm aus der Grafik weiter oben. Dieser Schaumstoff ist wesentlich besser als der, der in vielen billigen Schaumstoffabsorbern genutzt wird und deswegen auch entsprechend teuer. Er weist bei 100 Hz einen Absorptionsgrad von etwa 0,2 auf. Mineralwolle diverser Hersteller kommt bei einer Tiefe von 100 mm auf einen Wert von etwa 0,4 bis 0,5 – also schon doppelt so gut bei gleicher Fläche/Dicke.
Ein kleinerer Wirkungsgrad bei der Schallabsorption kann zwar durch zusätzliche Fläche ausgeglichen werden, doch Du brauchst schon doppelt so viel Fläche bei 100 Hz. Dazu kommt, dass Schaumstoff unterhalb von 100 Hz fast nichts mehr machen kann (im Gegensatz zu Mineralwolle).
Rechenbeispiel
Die folgenden Lösungen bieten alle denselben Effekt (rechnerische Absorptionsfläche):
- Schaumstoff: 10 m² * 0,2 = 2 m²
- Mineralwolle: 5 m² * 0,4 = 2 m²
- Fiktives Material: 2,5 m² * 0,8 = 2 m²
Vorgehensweise beim Raumakustik verbessern
Wenn Du deine Studioakustik optimieren möchtest, dann kannst Du so vorgehen, wie wir das mit unserem Studio gemacht haben. Das Procedere lässt sich auch auf dein Studio ummünzen, gleich ob es sich dabei um ein Homestudio, ein Wohnzimmer oder das Schlafzimmer handelt.
Das sind die Schritte:
- Abhörposition bestimmen
- Raum messen
- Bassfallen aufstellen
- Erstreflexionen von Seitenwänden mindern
- Erstreflexionen von Decke mindern
- Rückwand einrichten
- Frontwand einrichten
- Diffusoren & Absorber im hinteren Raum
- Mit Abhörposition experimentieren
DIY Tutorial
Alle Details und noch viel mehr Informationen zu den eben genannten Schritten findest Du in unserer Videoreihe. Dort besprechen wir jeden Schritt einzeln, so dass Du ihn in deinem Studio selbst in Angriff nehmen kannst.
1. Abhörposition festlegen
Bevor wir überhaupt mit dem Raumakustik verbessern loslegen können, müssen wir uns Gedanken über die Abhörposition und die Ausrichtung der Lautsprecher im Raum machen. Allein mit diesem Schritt lässt sich bereits eine Menge Klang aus einem bestehenden Setup herausholen.
Sofern wir einen rechteckigen Raum vorliegen haben, richten wir uns längs ein – wir schauen also auf eine der kurzen Seiten. Ist der Raum symmetrisch aufgebaut, macht es keinen Unterschied zu welcher Seite.
Wenn Du dein Studio unter einer Dachschräge aufbauen musst, kannst Du dich an folgende Daumenregeln halten. Hast Du nur eine Dachschräge, dann stellst Du die Boxen in diese hinein. Das funktioniert in den meisten Fällen sehr gut. Hast Du zwei Dachschrägen, so solltest Du dich wieder an die kurze Seite setzen und die Dachschrägen rechts und links von dir lassen.
Dann geht es darum, die Lautsprecher und Studiomonitore in einem gleichseitigen Dreieck mit deiner Abhörposition zu bringen. Die Abhörposition selbst sollte bei etwa 38% Entfernung von der Frontwand (die Du anschaust beim Hören) liegen. Wo die Boxen stehen müssen, ergibt sich dann aus dem gleichseitigen Dreieck.
Lies auch: Lautsprecher aufstellen
2. Raum messen
Auch wenn Du einige Maßnahmen zur Studioakustik-Optimierung praktisch ungesehen angehen kannst: Meinst Du es wirklich ernst mit deiner Raumakustik, dann ist das Messen der Ist-Situation dein erster Schritt.
Dazu brauchst Du das kostenlose Programm „Room EQ Wizard“, das Du aus dem Internet laden kannst. Als Musiker oder Produzent wirst Du ja bereits ein Audio Interface vorhanden haben. Wie gut die Qualität dieses Interfaces ist, bleibt zunächst einmal zweitrangig (auch wenn es nicht schadet, ein gutes zu besitzen).
Ein weiteres Utensil, um Raumakustik messen zu können, ist ein Messmikrofon. Für unsere Zwecke brauchbare Modelle erhältst Du bereits ab 40 Euro. Diese liefern vielleicht nicht eine exakte Messung, doch uns geht es um die Veränderung beim Vorher/Nachher-Vergleich. Wir selbst haben uns entschieden, ein hochwertiges Modell zu nutzen – weil wir 100% verlässliche Informationen möchten.
Wir haben zunächst unser Studio leer gemessen, um den Ist-Zustand zu begutachten. Die Ergebnisse der Messung siehst Du in der Grafik. Das Raumakustik messen selbst ist recht einfach und wird innerhalb des Programms Room EQ Wizard bestens beschrieben. In unserem Fall haben wir eine relativ gute Ausgangsposition, denn die maximalen Ausreißer befinden sich in einem Bereich von +/- 20 dB.
Wenn Du deine Messung unter einer Dachschräge oder in einem wesentlichen kleineren Raum (unserer hat eine Grundfläche von 6,5 x 4 m) machst, können die Ausreißer deutlich größer werden.
delamar nutzt das beyerdynamic MM1
3. Bassfallen aufstellen
In praktisch jedem kleineren Raum stellen die tiefen Frequenzen die größte Herausforderung dar. Akustisch gesehen sprechen wir von kleinen Räumen bei einer Grundfläche von 20-40 m² und einer Deckenhöhe von 2,5 m – also Räumen, die im Kontext einer Wohnung als groß erscheinen.
Die schlechte Nachricht ist, dass je kleiner der Raum wird, desto problematischer der Bass. Es kommt zu Unregelmäßigkeiten, die über den Bassbereich hinausragen und oftmals bis 600 Hz hochgehen.
Hast Du deinen Raum gemessen, kannst Du das anhand des Frequenzgangs gut ablesen. So haben wir bei uns Probleme mit 27,5 Hz und 55 Hz. Wenn messen keine Option ist, kannst Du mal folgenden Test machen: Du spielst einen elektronisch generierten Bass chromatisch, also jeden Halbton auf und ab. Achte darauf, wie laut (oder leise) jeder einzelne Ton klingt. In problematischen Räumen werden einige Töne sehr laut hervorstechen und andere vergleichsweise leise klingen.
Die Lösung für dieses Problem sind Bassfallen. Bassfallen sind Schallabsorber, die noch besonders tief Schall schlucken können. Wir haben bei uns gleich acht Bassfallen in die Ecken gestellt, die jeweils eine Tiefe von 40 cm haben (also 4x mehr als die 100 mm von oben). Um Bass absorbieren zu können, braucht es eine Menge Platz – denn sie kommen mit einer Menge Volumen und viel Mineralwolle.
Manche Bassfallen sind so konstruiert, dass sie oberhalb von 1 kHz weniger stark absorbieren als die oben erwähnten Breitbandabsorber.
Wenn Du (wie wir) nicht alle vier Raumecken zum Aufstellen der Bassfallen nutzen kannst, gibt es eine fast genauso gute Lösung: Du kannst sie an der Ecke Boden/Wand oder Wand/Decke einrichten. Auch das sind Ecken, in der sie fast genauso gut wie in den Raumecken wirken.
4. Erstreflexionen von Seitenwänden mindern
Im nächsten Schritt geht es darum, die Erstreflexionen der Wände (und danach der Decke) zu mindern. Der Direktschall ist der Klang, der von den Lautsprechern direkt an dein Ohr gelangt. Bei den Erstreflexionen geht es um den Schall, der zunächst an eine Seitenwand prallt, dort reflektiert wird und dann zu deinem Ohr gelangt.
Problematisch für das Hörerlebnis sind die Erstreflexionen – also die, die sehr schnell an dein Ohr gelangen, weil sie von der Wand, der Decke, dem Boden oder dem Studiotisch zurückgeworfen werden. Sie erreichen unser Ohr nach spätestens 20 Millisekunden, so dass wir diese nicht als eigenständig wahrnehmen können.
Durch die leichte Versetzung der Schallwellen kommt es zu so genannten Interferenzen, die den Sound in manchen Frequenzen verstärken (lauter machen), abschwächen (leiser machen) oder gar auslöschen. Das Ganze nennt sich dann Kammerfiltereffekt und wirkt sich negativ auf das Klangerlebnis auf.
Im ersten Schritt kümmern wir uns um die Seitenwände. An diesen hängen wir Breitbandabsorber auf, die diese Erstreflexionen bedämpfen. Je besser wir das machen, desto mehr bleibt vom Direktschall über und wir können die Musik besser im Stereopanorama und in der virtuellen Klangbühne orten. Wie Du den richtigen Platz für die einzelnen Absorber findest, erfährst Du in den untenstehenden Videos.
5. Erstreflexionen von Decke mindern
Wir müssen uns noch weiter um die Erstreflexionen kümmern, und zwar von der Decke. Zwar kommen die Erstreflexionen von Boden und Studiotisch noch schneller, doch hier lässt sich relativ wenig machen. Wir können den Boden ja nicht mit Absorbern füllen, wenn wir noch darauf laufen und mit dem Bürostuhl sitzen möchten. Auch beim Studiotisch lässt sich leider relativ wenig machen, ohne seine Funktionalität zu beeinträchtigen.
Deswegen kümmern wir uns nun um den nächsten Punkt, die Decke. Auch hier greifen wir zu Absorbern, die etwas dicker gewählt sein dürfen als die an der Wand. Wenn Du genügend Platz nach oben hin hast, könntest Du sogar relativ dicke Absorber nutzen.
Die Schallabsorber an der Decke müssen nicht alle press aneinander aufgehängt werden. Meistens empfiehlt sich eine etwas breitere Ausdehnung, wie das obige Bild zeigt. Allerdings kommt auch das stark auf deinen Raum und dessen Decke an. In unserem Fall müssen wir sie an einer abgehängten Odenwald-Decke befestigen. Das sorgt am Ende dafür, dass unsere Absorber press Platz finden.
6. Rückwand einrichten
Der dritte Punkt, der mit entsprechenden Akustikmodulen bearbeitet werden sollte, ist die Rückwand. Es ist die Wand, die sich in deinem Rücken befindet – also die Wand, die direkt von den Studiomonitoren angestrahlt wird.
An dieser bieten sich zwei dicke Absorber an, die sich genau gegenüber der Lautsprecher befinden und bis in den Bassbereich hinab arbeiten können. Zwischen diesen beiden positionieren wir noch einen kombinierten Diffusor und Absorber. Dieser schluckt Frequenzen bis 1.000 Hz, alle darüber befindlichen Klänge reflektiert er diffus zurück.
Low Budget Tipp
Wer nur ein kleines Budget zum Raumakustik optimieren zur Verfügung hat, sollte zumindest diese ersten angesprochenen Punkte bearbeiten: Bassfallen, Erstreflexionen und Rückwand. Und das in genau dieser Reihenfolge.
7. Frontwand einrichten
Erst jetzt kommen wir dazu, die Frontwand mit Absorbern zu versehen. Auch hier nehmen wir sehr dicke Schallabsorber aus Mineralwolle, die bis tief in den Bassbereich hinabreichen. Die beiden Absorber werden dazu direkt hinter die Lautsprecher aufgestellt. Sie schlucken die Erstreflexionen, die von der Frontwand kommen.
In der Mitte nutzen wir wieder einen kombinierten Absorber/Diffusor, der einerseits wieder die tiefen Frequenzen schluckt und damit hilft, den Bassbereich aufzuräumen. Andererseits ist der aufgesetzte zweidimensionale Diffusor dafür verantwortlich, alle Frequenzen oberhalb von 1 kHz zurückzuwerfen. Damit wird nicht zuletzt dafür gesorgt, das Sprache an der Abhörposition besser geortet werden kann und etwas natürlicher klingt.
8. Raumakustik optimieren im hinteren Teil
Das Konzept, das wir in unserem Studio verfolgen, nennt sich: Live End, Dead End. An der Abhörposition wollen wir möglichst viel Schall absorbieren und damit dafür sorgen, dass viel Direktschall und nur wenig Erstreflexionen am Ohr ankommen. Das ist das so genannte Dead End.
Der hintere Teil des Raums ist das „Live End“ – hier muss nicht mehr so viel Schall absorbiert werden. Der Fokus im hinteren Bereich liegt darauf, den Klang zu zerstäuben, ihn diffus zu machen. Deswegen werden an den Seitenwänden eindimensionale Diffusoren aufgehängt, die hintendran einen kleineren Absorber haben (siehe auch Video).
An der Decke wird eine zweite Reihe mit Absorbern in der Cloud befestigt, wie wir sie schon direkt über der Abhörposition haben. Diese Absorber dürfen ruhig wieder recht dick sein und tief hinabreichen beim Schlucken des Schalls. Wo genau diese Absorber aufgehängt werden, ist für den Klang an der Abhörposition zweitrangig. Wichtiger ist, dass sie überhaupt hängen.
9. Mit Abhörposition experimentieren
Wenn alle Akustikmodule hängen und aufgebaut sind, wird es Zeit für eine Vergleichsmessung. Was hat sich getan nach dem Raumakustik optimieren? Nun, in unserem Fall eine ganze Menge, unser Studio klingt jetzt sehr, sehr professionell.
Wir konnten die Nachhallzeit im Schnitt auf 0,2 Sekunden reduzieren, nur bei einer sehr tiefen Mode gibt es einen Ausreißer, der immer noch bei 0,35 s ausklingt. Im Vergleich konnten auch die Abstände zwischen den Auslöschungen und Anhebungen reduziert werden.
Das Klangerlebnis ist gewaltig. An der Abhörposition klingt es sehr aufgeräumt und die Ortung der Schallereignisse hat sich mehr als deutlich verbessert. Auch beim Laufen durch den Raum wird das Dead-End/Live-End Konzept hörbar. Je weiter es nach hinten in den Raum geht, desto lebendiger wirkt er.
Übersicht Raumakustik verbessern
- Abhörposition bestimmen
- Raum messen & Ist-Situation bestimmen
- Bassfallen in den Ecken einrichten
- Erstreflexionen von den Wänden mit Absorbern mindern
- Erstreflexionen von der Decke mit einer Cloud über der Abhörposition mindern
- Bassfallen an der Wand im Rücken zur Abhörposition einrichten
- Bassfallen & Absorber an der Frontwand einrichten
- Zweite Cloud im hinteren Teil des Raumes einrichten
- Diffusoren & Absorber an den hinteren Seiten zur Unterstützung
Raumakustik verbessern Videos
Teil 1
- Studio anschauen und mit Zollstock ausmessen
- Was sind die Besonderheiten wie Dachschrägen, Säulen, Türen?
- Welchen Raum in meiner Wohnung nutze ich? Wie groß muss er sein?
- Einfluss von Größe, Bausubstanz, Bodenbelag, Fließen
- Einfluss der Struktur der Wände, unterschiedliche Wände
- Kalkulation der Raummoden
- Symmetrie in der Regie für bessere Raumakustik
- Größere Räume bieten in der Regel bessere Raumakustik
- Was mache ich mit einer Dachschräge?
- Es braucht genügend Platz für eine gute Studioakustik
- Raummoden lassen sich anhand der Abmessungen bestimmen
- Aspekte für gute Raumakustik: Besserer Frequenzgang (linear), kürzerer Ausklang der Nachhallzeit
- Nutzung einer optimierten Regie für Gesangsaufnahmen, Akustikgitarre
- Grundregeln für die Abhörposition: 38% von der Frontwand, kürzere Seite
- Moden haben ihre schlimmsten Auswirkungen in der Mitte des Raumes
- Konzept Dead-End/Live-End mit Absorption vorne und hinten nur etwas gedämpft
- Kann jeder Raum akustisch optimiert werden? Ja, hängt vom vorhandenen Platz ab
- Professionelle bis Mastering-Standards sind in normalen Wohnräumen möglich
- Je mehr Maßnahmen vom Platz und Budget möglich sind, desto besser das Ergebnis
- Kann man einen Raum zu viel absorbieren?
Teil 2
- Der Raum wird gemessen, jetzt wird ein Konzept erstellt
- Wir entscheiden uns für LEDE – Live End/Dead End
- Viel Absorption im Bereich der Abhörposition
- Bassfallen kontrollieren die Raummoden im tieffrequenten Bereich
- Im hinteren Bereich kommen Kombinationen aus Diffusoren und Absorbern
- Das Konzept ist auf die meisten Räume im Wohnbereich anwendbar
- Ein Diffusor arbeitet wie ein Wasserzerstäuber, braucht aber entsprechend Platz
- Wie ein Absorber funktioniert und welche Frequenzen absorbiert werden
- Welche Absorber auch noch 70-80 Hz absorbieren können
- Wie Bassfallen funktionieren und wie viele Du davon in deinem Raum brauchst
- Was eine gestimmte Bassfalle helfen kann
- Wo Bassfallen in einer Dachschräge hinkommen
- Absorber mit Abstand zur Wand aufstellen
- Ein- und zweidimensionale Diffusoren
- Welche Maßnahmen musst Du mindestens angehen? Basis-Set
- Wie man die Akustik des Raums messen und auswerten kann
- Auf welche Werte der Messung es ankommt
- Wie ein Frequenzgang nach dem Raumakustik messen aussieht
- Warum die Lautsprecher unterschiedliche Auslöschungen produzieren
- Welche Software sich zum Raumakustik messen eignet
Teil 3
- Module zum Raumakustik verbessern richtig installieren
- Welche Absorber an welche Stelle aufgehängt wird
- Wohin die Diffusoren kommen
- Bassfallen kommen in die Ecken, am besten in alle Ecken
- Sind die Raumecken nicht frei, nutzen wir die Ecke von Boden/Wand oder Decke/Wand
- Richtige Reihenfolge: Bassfallen, Erstreflexionen, Cloud, Rückwand, Frontwand, hintere Seitenwände
- Studiomonitore werden aufgebaut für eine bessere Orientierung
- Wie Du den richtigen Punkt für die Absorber mit einem Spiegel findest (Spiegeltrick)
- Wichtig ist, die Reflexionen beider Lautsprecher zu schlucken
- An den Seitenwänden reichen dünnere Absorber, je schmaler der Raum, desto dicker
- Wie die Akustik Absorber an die Frontwand kommen, wo sie genau hinkommen
- An der Frontwand wird der Bass absorbiert (SBIR-Effekt)
- Recht dicke Absorber kommen an die Decke, um die dortigen Erstreflexionen zu absorbieren
- Die Absorber an der Decke nennen wir Cloud
- An die Rückwand kommen wieder Bassfallen und Breitbandabsorber
- Vor dem Fenster können Absorber auf ein Stativ gestellt werden
- In unserem Fall sind die Schallabsorber unsymmetrisch aufgebaut in der Höhe
- Das macht keinen großen Unterschied – es geht um die Fläche insgesamt
- Raumakustik messen danach: Was sich verbessert hat und die Nachhallzeit jetzt ist
- Wie kommt unser Dip bei 800 Hz zustande?
- Wie kann man mit der Positionierung von Lautsprechern und Abhörposition die Raumakustik optimieren?
- Wie man eine Akustikmessung richtig liest und worauf es ankommt (Zeitebene)
- Eine Messung mit +-6 dB um die Nulllinie ist eine professionelle Raumakustik
- Ob eine Software zur Entzerrung hilft
- Was kann man noch machen, wenn die Grundlagen der Raumakustik verbessern stimmen?
- Das Wichtigste: In erster Linie wollen wir die Erstreflexionen im Abhörbereich eliminieren
Teil 4
- Helfen Eierkartons beim Raumakustik verbessern?
- Wie gut funktionieren Bücherregale als Diffusor?
- Helfen Absorber dabei, den Schall vom Nachbarn wegzuhalten?
- Taugen Vorhänge für die Raumakustik?
- Sollte ich meinen Boden mit Teppich auslegen?
- Wie kann ich ganz tiefe Raummoden vermeiden?
- Brauche ich Druck-Absorber für Frequenzen unter 100 Hz? Membran- und Helmholtz-Resonatoren
- Wo kommen gestimmte Bassfallen hin?
- Was ist eine Mode/Raummode/stehende Welle?
Teil 5
- Wie positioniere ich meine Lautsprecher im Raum?
- Tipps zum Aufstellen der Lautsprecher für bessere Raumakustik
- Was ist der Unterschied zwischen Absorber, Bassfalle und Diffusor?
- Wann ist ein Absorber eine Bassfalle?
- Wo muss ich die Absorber aufhängen?
- Welche Stellen sind die besten für Bassfallen?
- Wie wichtig sind die Absorber an der Decke?
- Was mache ich mit Fenster und Balkontür im Studio?
- Wie funktioniert Raumakustik messen?
- Messe ich meinen Raum im leeren Zustand oder mit meinen Möbeln drin?
- Funktioniert Software zur Entzerrung für den Raum?
- Welches Material kommt in den Absorber?
- Was gehe ich zuerst in meinem Tonstudio in Sachen Raumakustik an?
- Wie teuer ist die Studioakustik?
- Kann ich Matratzen, Kissen, Teppiche oder Vorhänge zur Verbesserung der Studioakustik nutzen?
- In meinem Studio ist eine Dachschräge – was mache ich jetzt?
- Wie richte ich den Raum bei einer Dachschräge aus?
- Macht es einen Unterschied, ob eine Bassfalle rechteckig, dreieckig oder rund ist?
- Muss in jeder Ecke eine Bassfalle stehen?
- Müssen Bassfallen bis zur Decke gehen?
- Kann ich ein SM58 zum Messen verwenden?
- Was baut GIK Acoustics in seine Absorber ein?
- Wie lange darf die Nachhallzeit in einem Studio sein?
- Wie gut ist Schaumstoff für die Raumakustik?
Fazit: Raumakustik verbessern mit System
Wer seine Raumakustik verbessern möchte, kann mit käuflichen Akustikelementen locker bis zu 80% des Optimums selbst erzielen. Wenn es dann ans Eingemachte geht und bestimmte Bassfrequenzen aus dem Studio entfernt werden müssen, braucht es eine maßgeschneiderte Lösung vom Fachmann.
Wichtig ist, dass Du die richtigen Absorber kaufst und dich vor allem nicht auf Absorber aus Schaumstoff (zumindest allein) verlässt. Die größte Herausforderung wartet immer im Bassbereich auf dich und dort kann Schaumstoff wenig bis nichts ausrichten. Ob Du selbst baust oder lieber fertige Akustikelemente kaufst, liegt allein an dir und deinem Budget.
Bereits ab 1.000 Euro lassen sich gute Fortschritte für die Akustik deines Raums mit gekauften Absorbern machen und im Selbstbau ist für diesen Betrag auch im Bassbereich einiges machbar.
Wie hast Du deine Raumakustik optimieren können? Welche Tipps kennst Du? Sind Fragen offengeblieben? Schreib uns in die Kommentare!