Unison Synth Sound nachbilden
Von Felix Baarß am 09. November 2016
Klangerzeugung: Unison Synth Sounds kreieren
Der Begriff Unisono (italienisch: »Einklang«) wird verwendet, wenn mehrere Instrumente oder Stimmen parallel erklingen – in fast derselben Tonhöhe oder im Abstand von einer bzw. mehreren Oktaven und fast gleichzeitig. So entsteht ein viel druckvollerer, satterer Klang.
Bei vielen Synthesizern gibt es auch eine Unisono-Option, die fast immer mit dem englischen »unison« bezeichnet wird (in etwa »juniss‘n« ausgesprochen). Auch wenn nur eine MIDI-Note auf der Klaviatur gespielt bzw. von externen Geräten empfangen wird, ertönen mehrere Stimmen gleichzeitig. Meist sind es bis zu acht.
Der Knackpunkt: Damit diese Unisono-Stimmen den Sound voller machen und sättigen können, lassen sie sich in der Tonhöhe (»Detune« bzw. »Detuning«) und der Verteilung im Stereopanorama (»Spread« oder »Distribution«) regulieren. In der Regel stufenlos.
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Der Ausgangspunkt – eine einfache Sägezahnwelle
Das Endergebnis – unser Unison Synth Sound (mit Hochpassfilter & Reverb)
Was dich in diesem Unison Synth Sound Tutorial erwartet
Hier erfährst Du, wie Du jeden (Synthesizer-)Klang mit Unison-Sound aufpeppen kannst. Dafür verwenden wir mehrere Instanzen eines Plugins zum subtilen Verstimmen des Signals und am Ende zeigen wir auf, wie Du mit Effekten noch tiefer in den Sound eingreifen kannst.
Die kritische Anmerkung, dass man sich lieber gleich einen Unison-fähigen (virtuellen) Synthesizer zulegen sollte, hat ihre Berechtigung. Hier sollen jedoch vorrangig die Mechanismen der klanglichen Schwebungen enthüllt werden, die den Unison Synth Sound so imposant machen. Du blickst hinter die Kulissen.
Ferner ist die vorgestellte Methode durchaus praxistauglich, denn vier Instanzen eines kleinen Effekt-Plugins werden von praktisch jedem Rechner sehr gut verkraftet. Zudem hält sich das Management der zusätzlichen DAW-Spuren in Grenzen – dank Mehrfach-Spurenauswahl, Gruppierung, Bussen und der Option zum Ausblenden von Spuren im DAW-Mixer.
Was brauchst Du?
Für dieses Unisono Synth Sound Tutorial kannst Du beispielsweise den bewährten Synthesizer TAL NoiseMaker nutzen, da er schön klar strukturiert ist. Außerdem bedienen wir uns des Effekt-Plugins Pitchproof von Aegean Music, das zum Verstimmen (Pitch Shifting bzw. Detuning) unseres Synthesizersklangs dient. Beide sind kostenlos, sowohl für Windows als auch für Mac OS X und wahlweise als 32- oder 64-Bit-Version zu haben!
» TAL NoiseMaker – Download
» Aegean Music Pitchproof – Download
1 Grundklang
Zuerst erschaffen wir den Basissound für unsere Unisono-Stimmen. Lege eine DAW-Instrumentenspur mit dem TAL NoiseMaker an.
Die folgenden Anweisungen (Schritt 1 und 2) basieren auf der Standardeinstellung des Plugins, die stets automatisch geladen wird. Wir sprechen nur die Regler an, die verstellt werden müssen. Du kannst auch gleich unsere fertige Einstellung herunterladen und mit dem »LOAD PRESET«-Knopf rechts unten in den NoiseMaker importieren:
» Datei-Download: Einstellung für den Grundklang im Unison Synth Sound
Wir brauchen nur einen Oszillator. In der Mixersektion rechts oben wird demnach nur der Regler »OSC 1« voll aufgedreht (nach rechts) und jener für den Suboszillator (»SUB«) ganz heruntergeschraubt (nach links).
Ein bisschen Portamento passt hingegen hervorragend zu unserem mächtigen Unisono-Sound, also stell den PORTA-Regler auf etwa 11:00 Uhr.
2 Grundklang – Filter
Nun zum Filter. Klicke auf die Zeile »SYNTH 2« unterhalb der bereits geöffneten Sektion. Und dann verschiebe die Regler wie folgt:
Filterhüllkurve (»FILTER«)
- CUTOFF → Minimum
- RESO → ca. 9 Uhr
- CONT → Maximum
- A → 2. Strich von unten
- R → 4. Strich von unten
Lautstärkehüllkurve (»ADSR«)
- R → 5. Strich von unten
3 Tempo, Takt und Noten
Wir wählen das Tempo von 120 BPM. Das ist übrigens in den meisten, wenn nicht allen DAWs bei einem neuen Projekt standardmäßig eingestellt.
Unser MIDI-Clip ist zwei 4/4-Takte lang und bei einem 1/16-Taktraster setzt Du die Noten wie folgt:
- 1. Zählzeit: F#0 (halbe Note)
- 17. Zählzeit: A0 (halbe Note)
- 23. Zählzeit: C0 (punktierte Achtelnote)
Die »0« in den Notennamen soll hier verdeutlichen, dass wir alle Töne in derselben Oktave setzen – in welcher Oktave diese Töne tatsächlich erklingen, kann je nach DAW abweichen. Transponiere die Noten bei Bedarf oktavweise nach oben/unten, so dass die Sequenz wie in diesem Beispiel klingt:
4 Spuren für die Unison-Stimmen
Jetzt brauchen wir vier neue DAW-Spuren, die ihr Signal per Send-Verknüpfung (Pre-Fader) von der Synthesizerspur beziehen. Bringe in den Spurennamen am besten die Zahlen 2 bis 5 unter, denn sie kennzeichnen unsere Unisonso-Stimmen. Die Stimme 1 wird ja vom Synthesizer-Plugin unserer Wahl erzeugt – wir haben die Spur »DRY« genannt (siehe Bild oben), später mehr dazu.
Auf den vier neuen Spuren fügst Du jeweils eine Instanz des Plugins Aegean Music Pitchproof als Insert-Effekt ein.
5 Panning
Nun stellst Du das Panning der Spuren (Links/Rechts-Verteilung im Stereopanorama des Gesamtmixes) wie folgt ein:
- Spur 2: 100% links
- Spur 3: 100% rechts
- Spur 4: 50% links
- Spur 5: 50% rechts
Tipp: Ab hier wird ein sehr starker Gesamtpegel erzeugt. Schiebe den Fader deines Master-Kanals provisorisch auf etwa -12 dB herunter, bis keine Übersteuerungen mehr auftreten. Eine saubere Lösung für das Pegelproblem findest Du in Schritt 8.
6 Detuning
Öffne jetzt die vier Pitchproof-Plugins und stelle jeweils unterschiedliche Werte für den »DETUNE«-Regler ein, siehe Auflistung unten. Der im Plugin angezeigte Zahlenwert basiert auf Halbtonschritten, 0,1 wären also zehn Hundertstel-Halbtonschritte – mit dieser Einheit (oft mit »cent« bezeichnet) hantiert man üblicherweise beim Verstimmen.
- Spur 2: -0.170 (-17 cent)
- Spur 3: 0.170 (+17 cent)
- Spur 4: 0.070 (+7 cent)
- Spur 5: -0.070 (-7 cent)
Diese Tonhöhenabstände sind so gewählt, dass der Sound noch aus einem Guss, aber genügend »gespreizt« klingt. Stärkere Abweichungen als ±20 cent klingen schnell schief und der Unisono-Effekt geht verloren.
Tipp: Stelle in der Fußzeile des Plugins jeweils von »Stereo« auf »Mono« um – wir brauchen nur Mono, was übrigens sehr viel Rechenleistung spart.
7 Gruppen & Busspuren
Erstelle zwei Busspuren – eine davon gespeist durch die Stimmen 2 & 3, die andere durch 4 & 5. Abgeleitet vom Panning (siehe Schritt 5) habe ich diese Busspuren »AUSSEN« und »INNEN« genannt. So kannst Du bei Bedarf schnell und einfach ins Stereobild eingreifen und separate Effekte hinzufügen (siehe Schritt 9). Wie belassen es für unseren Unison Synth Sound bei identischen Fader-Positionen.
Zusätzlich richtest Du noch eine Busspur für die Gesamtheit der vier Unisono-Stimmenspuren (2, 3, 4 und 5 – »WET« genannt) ein. Das erleichtert uns das Austarieren des Pegelverhältnisses mit dem trockenen Sound von Stimme 1 (DRY).
8 Pegel abstimmen
Nimm dir Zeit, die Pegel von a) Stimme 1 (DRY) sowie b) der Summe aus den Stimmen 2, 3, 4 und 5 (WET) aufeinander abzustimmen. Zur Orientierung: Wünschst Du einen starken Unison Synth Sound, stellst Du denPegel von WET mindestens 6 dB niedriger ein als den von DRY.
Der Gesamtpegel unseres Unisono-Konstrukts (Summe aus DRY und WET) sollte sich im Durchschnitt möglichst um die -10 dB herum bewegen. Schließlich willst Du sicher noch andere Instrumente und Klänge in deinem Projekt unterbringen, zudem bleiben so Reserven für zusätzliche Effekte auf unserem Unison Synth Sound. In unserem Fall bedeutet das, dass DRY auf -12 dB und WET auf -18 dB reduziert werden müssen. Dadurch kannst Du den Fader des Master-Kanals wieder auf ±0 stellen.
» Passend dazu unsere FAQ: Was ist Gain Staging?
9 Effekte
Um den Sound im Bassbereich nicht so überwältigend und schwierig für den Mixdown zu machen, kannst Du auf AUSSEN einen Hochpassfilter legen. Dessen Grenzfrequenz sollte bei mindestens 120 Hertz liegen. Hier empfiehlt sich etwa der Hochpassfilter des kostenlosen Equalizer-Plugins TDR VOS SlickEQ.
Für einen subtilen Raumeindruck und noch epischeren Sound legst Du auf INNEN einen leichten Reverb – als Insert-Effekt mit recht niedrigem Hallanteil (Richtwert: 5-15% für den Wet-Parameter), einem Decay von gut 1 s und einem Pre-Delay von ca. 50 ms.
Fazit im Unison Synth Sound Tutorial
In neun Schritten hast Du gelernt, wie Du aus einem trockenen, langweiligen Sägezahn einen mächtigen, raumfüllenden Unisono-Sound machst. Und das auch noch kostenlos mit Free VST Plugins.
Die wichtigsten Schritte sind die Verstimmungen und Links/Rechts-Verschiebungen der vier zusätzlichen Stereospuren, die mit dem trockenen Sound beschickt werden.
Durch die zwei Busse für die innen- und außenliegenden Stimmenpaare sowie den jenen für die Summe daraus können wir den Sound sehr schnell nach Gusto formen. Außerdem erleichtern sie den Einsatz von Effekten.
Dein Feedback ist gefragt!
Hast Du eine andere Vorgehensweise für dich entdeckt? Wo könnte man den hier vorgestellten Weg noch optimieren? Welche zusätzlichen Effekte nutzt Du? Wir freuen uns sehr auf dein Feedback!