Synthwave Tutorial
80er Jahre Sound produzieren
Von Haiko Tetzlaff am 24. September 2020
80er Jahre Sounds einstellen – Inhalt
Sound der 80er Jahre
Alle Jahre wieder kommen Musikstücke in die Charts, die stark an die Synthesizer-Sounds der 80er Jahre erinnern – wie auch jetzt. Einige der typischen Synthesizer-Sounds dieser Ära tauchen regelmäßig auf und werden von Interpreten wie The Weeknd oder Dua Lipa neu verpackt. Die gängigsten Bezeichnungen für diesen Stil sind:
- Synthwave
- Synth Pop
- New Retrowave
Kleine Referenz-Playlist zur Einstimmung?
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Dieses Tutorial gibt es auch als Video auf Youtube [klick und spring zum Synthwave-Video]. Hier kannst Du entweder etwas aus dem Video Nachlesen oder dir genutzte Plugins und Parameter noch einmal anschauen.
Was wir verwendet haben: Plugins & Co.
- Arturia Analog Lab 4 [Zum Download bei pluginboutique.com]
- Arturia DX7 V
- Arturia Jup-8 V
- Valhalla VintageVerb [Zum Download bei valhalladsp.com]
- Universal Audio Lexicon 224 [Zum Download bei uaudio.de]
- Universal Audio Lexicon 480L [Zum Download bei uaudio.de]
- TAL-Chorus-LX VST Plugin [Free Download hier]
- TAL-U-NO-LX VST Plugin [Zum Download bei pluginboutique.com]
- Cableguys ShaperBox2 [Zum Download bei cableguys.com]
Empfehlung: Arturia Keylab 88 MKII
Zum Einspielen und Modulieren hatten wir das Glück den MIDI-Controller Arturia Keylab 88 MKII verwenden zu dürfen. Der Controller bringt das Software-Paket Arturia Analog Lab 4
gleich mit und lässt sich sehr einfach in deinen Workflow integrieren. Solltest Du auf der Suche nach einem Controller sein, solltest Du dir diesen Kandidaten unbedingt anschauen!
Einblick in die Features
- 88 anschlagsdynamische Tasten mit Hammermechanik und Aftertouch
- 16 Pads mit RGB-Beleuchtung
- Inkl. Software Arturia Analog Lab 4 (7.000 Synthesizer- und Keyboard-Sounds)
1. Drum Sounds
Fangen wir mit den Drums an. Für diese habe ich mich bei diesem Song an der Roland TR-707 orientiert, einer der klassischen Drum Computer aus den 80er Jahren, der auch heute noch in vielen modernen Musikstücken zu hören ist. Du könntest natürlich genauso gut eine andere Drum Machine benutzen wie die Linndrum oder den Oberheim DMX.
PASSEND DAZU
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Ich habe mit einem simplen Beat Pattern angefangen, bei dem die perkussiven Elemente zunächst die Begleitung spielen. Die Snare Drum und die Kick Drum setzen nach dem zweiten Takt ein. Sie spielen einen typischen Rhythmus, bei dem die Snare Drum die Zwei und die Vier betont und die Kick Drum spielt auf Eins und Drei.
Gated Verb
Damit die Snare Drum mehr nach den 1980er Jahren klingt, habe ich mir einen Effekt zunutze gemacht, der von Phil Collins beliebt gemacht wurde: Man nennt diesen Effekt „Gated Verb“, wobei „Verb“ die Abkürzung für „Reverb“, also Hall ist.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Hall-Plugins, um diesen Effekt zu machen. Ich habe hierfür mal den klassischen Weg gewählt und die Spur mit der Snare Drum dupliziert. Dann habe ich mir einen Halleffekt gesucht, der so oder ähnlich in den 80er Jahren schon existierte. Als Plugin habe ich das Valhalla VintageVerb genutzt mit dem Preset 70s Dark Snare.
Halleffekte
In den Achtzigern kamen die ersten digitalen Halleffekte von auf: das Universal Audio Lexicon 224 war vor allem Anfang der 80er zu hören und wurde Mitte der 80er dann vom Universal Audio Lexicon 480L abgelöst. Meine duplizierte Snare Drum Spur dient als Trigger für das Noise Gate. Das Gate wird immer dann getriggert, wenn die Snare spielt – das bedeutet, dass es immer öffnet/schließt, wenn die Snare Drum gerade spielt. Dadurch wird die Hallfahne abrupt abgeschnitten, sobald ein neuer Schlag der Snare folgt.
Effektgrundlage: Expander & Noise Gate erklärt »
Kaum ein anderer Effekt klingt mehr nach den 80ern als diese abgeschnittene Hallfahne. Und so verpönt der Effekt in den vergangenen 30 Jahren gewesen ist, so sehr kommt er gerade wieder in Mode in Produktionen aus Synthwave, Synth Pop und Co.
Was ist ein Noise Gate?
Das (Noise) Gate ist ein Dynamikeffekt, der leise Abschnitte (häufig das Rauschen in Pausen) in deiner Spur unterdrückt. Das Noise Gate beginnt zu arbeiten, wenn ein gewisser Pegel unterschritten wird (Threshold) und wirkt so dem Rauschen entgegen.
2. Synthesizer einstellen
Neben den Drums sind natürlich auch die Synthesizer entscheidend für die Atmosphäre der 80er Jahre. Zu dieser Zeit wurden Synthesizer erschwinglich und haben ihren Weg in viele Studios dieser Welt gefunden. Deswegen nutze ich in diesem Synthwave Tutorial natürlich einige Spuren mit Synths.
Bearbeiten & Erstellen: Synthesizer Sound
Flächen
Typisch für den Sound im Synth Pop oder Synthwave sind Flächen. Ein beliebter Trick, um Synth-Sounds etwas flächiger zu bekommen, ist die Oszillatoren dazu zu nutzen sie leicht gegeneinander zu verstimmen. Durch das Verstimmen kommt es zu einem schwebenden Effekt, der die Flächen wesentlich lebendiger klingen lässt.
Ich habe im Vorfeld mit dem Arturia Keylab 88 MKII vier einfache Akkorde eingespielt. Als Synthesizer habe ich den Roland Juno 60 genutzt. Der Sound ist ein Saw Sound und klingt schon cool nach den 80ern und Synthwave. Ein weiteres Stilelement dieser Musikrichtung ist das Ergänzen der Akkorde um weitere Noten. In meinem Fall habe ich die Septime und die None gewählt.
Oszillatoren
Der Akkord klingt mit den zusätzlichen Noten wesentlich voller als der Dreiklang vorher. Noch interessanter wird das Ganze, wenn wir die Oszillatoren gegeneinander verstimmen oder Synthezizer miteinander duplizieren und einen von den beiden leicht detunen.
Jetzt kannst Du die Schwebungen hören. Im Übrigen musst Du vorsichtig mit dem Verstimmen der Oszillatoren sein. Wenn Du da zu weit abweichst, wird der Sound zu verstimmt.
Chorus-Effekt
Einen ähnlichen Effekt kannst Du auch mithilfe eines Chorus-Effekts erzeugen. Dieser kann ähnliche Schwebungen erzeugen, der ein bisschen wie ein Unison Regler wirkt. Ich verwende übrigens das Plugin TAL-U-NO-LX, der emuliert einen Roland Juno 60, die beliebte Synths in den 80er Jahren waren.
Der Chorus an diesen Instrumenten war sehr beliebt. Um diesen nachzubilden nutze ich den TAL-Chorus-LX aus dem oben genannten VST Plugin, den Du als Free Download erhalten kannst. Den Link findest Du in der Beschreibung unter diesem Video. Das Tolle ist, dass wir den Chorus jetzt auch für andere Instrumente benutzen können – wie zum Beispiel die Gitarre, die ich für den Groove noch eingespielt habe.
3. Bass einstellen
Der Bass wird im Synthwave meistens durch einen Synthesizer gespielt und gerne oktaviert gespielt. Für den Bass Sound habe ich ebenfalls einen Sound aus dem TAL-U-NO-LX genutzt. Ich greife hier auf das Preset Synth Bass 1FMR zurück, das im Prinzip schon so klingt, wie ich es mir vorstelle.
Der Bass spielt einen 1/16-Rhythmus. Er erinnert klanglich etwas daran, als würde ein Helikopter abheben. Er gibt uns – zusammen mit den Drums – den relativ starren Rhythmus vor. Auch das gehört zur Klangästhetik von Retrowave oder Synthwave.
4. Weitere Synths einstellen
Klassisch für den Sound der 80er sind auch Arpeggiatoren [FAQ] und Step Sequences. Um das abzubilden habe ich einen simplen MIDI-Arpeggiator genutzt, der einen 1/16-Rhythmus spielt. Für den Sound nutze ich ebenfalls das TAL-U-NO-LX.
Für das Intro kommen außerdem zwei Synthesizer der umfangreichen Arturia V Collection hinzu:
- Arturia DX7 V (FM-Synthese)
- Arturia Jup-8 V
Es handelt sich dabei um Emulationen alter Synthesizer. Ich mache mir außerdem zu Nutze, dass ich die Potis und Fader der Arturia-Plugins bequem über das Arturia Keylab 88 MKII steuern kann.
Um das Ganze noch etwas in die Richtung von Stranger Things [Tutorial] zu schubsen, habe ich einen besonderen Effekt benutzt. Die Cableguys ShaperBox2 betont den roboterhaften Charakter, den ich mir für diese Spur vorgestellt habe. Überhaupt ist dieses Plugin ein echter Geheimtipp für spacige Rhythmisierung deiner Spuren.
5. Gitarre
Für die Gitarre habe ich eine einfache Melodie ausgedacht, die den Groove unterstützt und rhythmisch gegen die Drums spielt. Ich habe diese mit der Fender American Ultra Stratocaster eingespielt. Die Gitarre soll das Betonungsschema des starren Taktes aufbrechen. Dazu spiele ich im Beat eigentlich unbetonte Schläge kräftiger und betone diese. Dadurch wird eine rhythmische Spannung erzeugt, auf schlau wird das in der Musik auch gern als Synkope bezeichnet.
Chorus-Effekt
Für den 80er Jahre Sound braucht es aber starke Modulationseffekte, die damals sehr beliebt waren und allerorts zu hören sind. Ich greife also wieder auf den Chorus-Effekt zurück. Die Schwebung entsteht durch eine Dopplung der Gitarre, wobei die Tonhöhe der Kopie ein wenig von der originalen abweicht. Die Gitarrensaiten und Stimmen sind innerhalb ihrer Gruppen absichtlich leicht verstimmt. Aber nur minimal, so dass der Hörer die Verstimmung nicht als falsch empfindet.
Video: Synthwave Tutorial
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