Subtraktive Synthese mit Bitwig Studio – Tutorial
Von Felix Baarß am 15. November 2016
Klangerzeugung: Subtraktive Synthese mit Bitwig Studio
Lerne hier, mit der Synthesizer Software von Bitwig Studio die subtraktive Synthese zu beherrschen – das integrierte virtuelle Instrument »Polysynth« hat alles, was wir brauchen. Wir erschaffen eine Mischung aus Bass- und Brass-Sound in einem Moll-Akkord für Techno, House & Co.
Vorbereitend musst Du im Package Manager von Bitwig die »Bitwig Factory Device Presets« installiert haben. Das kannst Du bei der Installation der DAW mit einem Klick erledigen, ist aber auch nachträglich möglich (zum Beispiel über den Menüpunkt »File«).
Die vermittelten Kenntnisse lassen auch mit praktisch allen anderen DAW-Programmen und vielen fortgeschrittenen Synthesizer-Plugins bzw. Hardware-Synthies umsetzen.
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1 Polysynth einbinden
Suche im Browser nach dem Preset »Default Saw« und ziehe es mit der Maus aus der Ergebnisliste nach links in die Spurenansicht, um es als neues Instrument einzufügen. Standardmäßig ist bei einem neuen Bitwig-Projekt schon eine Instrumentenspur vorhanden, also kannst Du gleich diese verwenden – ziehe einfach einfach das Preset darauf.
2 Tempo und Noten
Das Projekttempo liegt bei 128 BPM. Stelle den Playback-Modus deines Projekts auf Loop. Erzeuge einen MIDI-Clip auf der Polysynth-Spur und setze darin ein paar Noten. Für unser Tutorial haben wir einen Akkord mit drei gleichzeitig erklingenden Noten gewählt.
Konkret: einen typischen Moll-Dreiklang aus C, Es und G. In der Pianorolle von Bitwig wählen wir dafür die Oktave 2, also die Töne C2, D#2 und G2.
3 Oszillator – Wellenform
Am Anfang jeder subtraktiven Synthese steht die Wahl der Wellenform, da sie den grundlegenden Klang bestimmt. Links oben siehst Du den Kontrollbereich für den ersten der beiden Oszillatoren – so nennt man die Komponenten, die die Wellenformen erzeugen. Beim von uns gewählten Preset ist die Sägezahnwelle (englisch: »saw« oder »sawtooth«) eingestellt. Um diese und weitere Wellenformen in ihrer Rohform zu hören, drehst Du im Bereich den Regler »Freq« vollständig nach rechts.
Hör dir den Unterschied zwischen Sägezahn- und Rechteckswelle sowie beliebigen Mischungen dieser beiden Basisformen an – drehe »Shape« langsam nach links. Diese beiden Grundwellenformen sind ideal für die subtraktive Synthese. Durch sie werden nämlich viele Obertöne erzeugt, die wir später herausfiltern, um den Klang zu skulpturieren.
Wir haben uns für einen reinen Sägezahn entschieden – die dafür nötige Mittelstellung des Shape-Reglers erzielst Du mit einem schnellen Doppelklick.
4 Oszillator – Pulsweite
Die Regulierung der sogenannten Pulsweite kann für subtile Klangunterschiede sehr interessant sein. Auch und gerade bei Mischungen mit weiteren Oszillatoren bzw. anderen Grundwellenformen im selben Oszillator.
Stelle die Wellenform mittels »Shape«-Drehregler zunächst komplett auf Rechteck (bis zum Anschlag nach links). Beim Verstellen des orangenen Schiebereglers direkt darunter hörst Du, wie sich die Pulsweite auf den Klang einer Rechteckswelle auswirkt. Schau auf die graphische Darstellung der Wellenform, um zu begreifen, was bei der Pulsweitenverstellung geschieht.
Für unseren Sound stellen wir den Shape-Regler wieder genau in die Mitte, den Pulsweitenregler ebenfalls.
5 Suboszillator
Mit einem Suboszillator machen wir den Klang fetter und basslastiger. Der Suboszillator des Polysynth schwingt in einer um eine Oktave tiefer gestimmten Rechteckswelle. Du kannst ihn per »Sub« stufenlos mit den Grundwellenformen überblenden. Wie schon bei der Grundwelle lässt sich mit dem Schieberegler direkt darunter die Pulsweite der Suboszillatorwelle verstellen.
In unserem Fall wählen wir einen Sub-Anteil von 33% und belassen dessen Pulsweite in der Mittelstellung.
6 Filter – Filtertyp
Vereinfacht gesagt sorgt das Filter eines Synthesizers in der Regel für eine Abschwächung von Bässen, Mitten oder Höhen bzw. Kombinationen daraus. Daher auch der Begriff der subtraktiven Synthese. Mit dem Filter bewegen wir uns weg vom obertonreich-grellen, gleichförmigen Sound unserer bisherigen Einstellungen.
Der Polysynth ist bei uns schon auf einen sogenannten Tiefpassfilter (englisch: low pass / high cut) eingestellt. Er dient zum mehr oder minder starken Entfernen der Höhen und ist bei allen subtraktiven Synthesizern integriert, da er dort am musikalisch am sinnvollsten ist – ob als alleiniger Filtertyp oder als einer von mehreren. Siehe auch:
Lesetipp » Filter Typen
7 Filter – Cutoff-Frequenz
Wo die Filterung zu wirken beginnt, bestimmst Du mit der sogenannten Grenzfrequenz (engl. »cutoff frequency«). Drehe »Freq« nach links, um die Höhen durch den Tiefpassfilter weiter und weiter abzuschwächen.
Das beherzte Drehen am Cutoff-Regler ist einer der wirkvollsten Wege, den Klang stark zu modellieren, gerade auch bei der Live Performance. Doch wir wollen zunächst einmal einen Grundwert für die weitere Bearbeitung finden – stelle den Freq-Regler auf rund 180 Hertz (siehe Texteinblendung rechts unterhalb des Reglers). Stell den »Key«-Regler noch auf 0%, später mehr dazu.
8 Filter – Resonanz
Die Erhöhung der Resonanz macht unseren Sound etwas bauchiger und wärmer. Bei sehr starker Resonanz entsteht ein charakteristisches Pfeifen oder Zwitschern – das Filter des Polysynth ist recht gutmütig abgestimmt, aber bei anderen Synthesizern bzw. eigenständigen Filtern klingen hohe Resonanzen sehr beißend und unangenehm. Wenn nicht sogar gehörschädigend.
Stelle die Resonanz auf circa 30%.
9 Filter – Hüllkurve
Um Bewegung in den Klang zu bekommen, verwenden wir die Filterhüllkurve. Stelle alle vier Regler der Filterhüllkurve – A, D, S und R – auf 0%. »EG« drehst Du hingegen voll auf. Die vier Buchstaben sind Abkürzungen für die Timing-Parameter Attack, Decay, Sustain und Release, während EG für »envelope generator« steht. Hier sind die Details dazu:
Lesetipp » Was ist eine Hüllkurve?
Jetzt wird es spannend! Drehe das Decay (D) auf etwa 55%. An diesem Punkt hörst Du schon, wie die Cutoff-Frequenz von einem hohen Wert auf den von uns eingestellten Grundwert (~180 Hertz) fällt. Für den hohen Startwert ist der voll aufgerissene EG-Regler verantwortlich – drehst Du ihn herunter, wird die Hüllkurve flacher, der Sound also weniger impulsiv.
10 Abschmecken
- Für ein sanftes »Peitschen« oder »Schnalzen« des Filters am Anfang stellst Du das Attack der Filterhüllkurve auf ~25%
- Ein prominenterer Ausklang und damit ein stärkerer räumlicher Eindruck entsteht durch das Release (R) der Lautstärkehüllkurve (AMP-Sektion) bei ~50%
- Ein zackiger, prägnanter Filterverlauf entsteht durch eine Kurvenform von etwa -0,4 (nach unten eingedellt) – um den Sound wieder ein bisschen heller zu machen, heben wir den Freq-Regler auf ~270 Hertz
Fazit – Subtraktive Synthese mit Bitwig
Mit den in diesem Sounddesign-Tutorial geschilderten Handgriffen beherrschst Du schon alle Grunlagen der subtraktiven Synthese. Der Fokus liegt auf dem Filter und seiner Modulation per Hüllkurve. Sobald Du mit dem Instrument deiner Wahl ein gutes Gespür für die Wirkweisen der Filter-relevanten Parameter entwickelt hast, kannst Du Klänge nach Belieben modellieren.
Zur Perfektion gelangt die subtraktive Synthese mit einer weiteren Hüllkurve für die Lautstärke und zusätzlichen Modulationen über ein oder mehrere LFOs – doch das ist Stoff für ein anderes Tutorial.
Der Polysynth in Bitwig Studio ist zweifellos eines der besten virtuellen Instrumente, die als fester Bestandteil einer DAW-Software mitgeliefert werden. Außerdem bietet Bitwig vor allem Produzenten elektronischer Musik viele interessante Werkzeuge. So fiel unsere Wahl schnell auf dieses Gespann.
Die subtraktive Synthese ist eine der beliebtesten Formen der Klangerzeugung, wenn nicht die beliebteste. Ob in Form von Hardware-Klangerzeugern oder Audio-Plugins, bei dieser grundsätzlich sehr einfachen, aber doch mächtigen Klangerzeugung hast Du die größte Auswahl an Instrumenten. Schau einfach mal rein, was der Markt so bietet:
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