FM-Synthese
Tutorial mit dem Yamaha Montage
Von Felix Baarß am 03. April 2017
Erzeuge einen Bass mit diesem FM-Synthese-Tutorial
Dieses Tutorial zur FM-Klangsynthese beinhaltet alle Tricks, um mit praktisch jedem FM-Synthesizer einen einfachen, aber kernigen Bass zu erzeugen. Er soll perkussiv und bei starken Anschlägen obertonreicher und akzentuierter klingen.
So klingt unser fertiger FM-Bass:
Wir möchten dir noch den folgenden Exkurs in die Kernmechanismen dieser Klangerzeugung ans Herz legen. Andernfalls kannst Du einfach » Zum Praxisteil springen
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Frequenzmodulation – Basis der FM-Synthese
FM steht für »frequency modulation« (Frequenzmodulation) – auf diesem Verfahren beruht die Klangerzeugung bei dieser Syntheseform. Dabei wird der Sound mit Oszillatoren erzeugt – im FM-Kontext werden sie »Operatoren« genannt. Für uns ist in diesem FM-Synthese-Tutorial aber vor allem die Unterteilung der Operatoren in zwei Kategorien wichtig:
Die zwei Arten von Operatoren
- Carrier – erzeugt den Grundklang
- Modulator – verursacht Frequenzschwankungen (Tonhöhenmodulation) beim Carrier
Zwei Klangbeispiele verdeutlichen besser, was bei der FM-Synthese und damit bei der Frequenzmodulation des Carriers per Modulator vor sich geht. Wir haben sowohl für den Carrier als auch für den Modulator einen einfachen Sinuswellen-Akkord gewählt:
Carrier im Ausgangszustand
Carrier, der durch Frequenzmodulation beeinflusst wurde
Faustregel I: Die Lautstärke des Modulators bestimmt die Klangfarbe
Je lauter der Modulator ist (je höher die Amplitude seiner Wellenform), desto mehr Obertöne entstehen. Der Klang wird höhenreicher und »heller«. Das kann bis hin zu Rauschen und verzerrt anmutenden Sounds führen.
Faustregel II: Die Tonhöhe des Modulators bestimmt die Höhe der Obertöne
Mit steigender Tonhöhe (Frequenz) des Modulators werden die Obertöne des Klangs höher angesiedelt. Der vom Carrier bestimmte Grundklang wird gewahrt, wohingegen die Frequenzen der hinzukommenden Obertöne steigen.
FM-Bass erzeugen – FM-Synthese-Tutorial
Wir bewegen uns in der ersten und zweiten vollen Oktave einer ausgewachsenen 88-Tasten-Klaviatur. Hier ist unser Bass naturgemäß zuhause und wir gestalten wir ihn so, dass er in diesen tiefen Regionen seinen charakteristischen Klang entfaltet.
So beinhaltet die monophone Basslinie des Klangbeispiels oben die folgenden Noten:
- Noten nach deutscher Notation: ,E / ,G / ,A / D
- Noten nach englischer Notation: E1 / G1 / A1 / D2
- Hertzzahlen (gerundet): 41,2 / 49 / 55 / 73,4
Beim Yamaha Montage lädst Du das Preset »Init Normal (FM-X)« und folgst den weiteren Schritten. Je nach Geschmack deaktivierst Du noch den Halleffekt, der in diesem Preset voreingestellt ist – am einfachsten durch den »EQ/FX«-Knopf und anschließendem Herunterdrehen von Drehregler 8.
1. Algorithmus mit drei Operatoren wählen
Zuerst stellst Du quasi das Grundgerüst der FM-Klangsynthese ein – suche nach der Liste der verfügbaren Algorithmen (englisch »algorithms«) deines FM-Synthesizers. Du solltest sie in der Anleitung entdecken (Haupthandbuch oder separates Dokument). Im Falle eines Plugins gibt es zumindest Knöpfe zum Vor- und Zurückschalten zwischen den Algorithmen sowie (hoffentlich) graphische Darstellungen dieser.
Der Algorithmus bestimmt, wie die Operatoren miteinander verknüpft sind – ein Wechsel des Algorithmus‘ kann den Sound stark verändern, auch wenn die Operatoren in der Zwischenzeit nicht verstellt werden.
Wir benötigen einen Algorithmus, bei dem mindestens drei Operatoren miteinander verknüpft sind. Die Struktur gestaltet wie folgt:
- Modulator I moduliert den …
- Modulator II – und dieser moduliert wiederum den …
- Carrier
Der Algorithmus deiner Wahl könnte zum Beispiel so aussehen wie die Nummer 11, für die wir uns beim Yamaha Montage mit seinen insgesamt 88 Algorithmen entschieden haben:
Wie deute ich die graphische Darstellung?
- Der unterste Operator eines Stapels ist stets der Carrier
- Alle Operatoren darüber sind Modulatoren
- Bei miteinander »verkabelten« Operatoren moduliert jeweils der obere den unteren
Algorithmus 11 beim Yamaha Montage wählen:
- Editiere den Part 1 deiner Performance
- Tippe auf dem Display links unten auf Common
- Wähle in Parts Settings > Algorithm > Algorithmus Nummer 11
2. Alle Operatoren auf Sinus stellen
Damit Du jeden beliebigen FM-Synthesizer zum Bassbasteln nutzen kannst, haben wir uns bei den Wellenformen der Operatoren auf Sinus beschränkt. Alle Geräte zur FM-Klangsynthese bieten diese Wellenform für ihre Operatoren an, bei den meisten ist es sogar die einzig verfügbare.
Beim Yamaha Montage ist sie auch die Standardeinstellung, Du kannst auf dem Display also sofort auf »Level« tippen, um die Hüllkurven zu gestalten (Ausnahme: Operator 6, siehe unten).
3. Operatoren zur FM-Klangsynthese wählen
Um Operatoren auszuwählen, tippst Du beim Yamaha Montage stets auf die entsprechende Zahl auf der untersten Zeile des Displays. Damit machst Du Folgendes: Schalte die Operatoren 1 bis 5 stumm – einzeln anwählen und dann jeweils auf »Mute« tippen. Für unseren FM-Bass stehen uns nun die Operatoren 6, 7 und 8 zur Verfügung, die anderen kannst Du ignorieren.
Bei anderen Synthesizern solltest Du ebenfalls alle Operatoren stummschalten, die nicht Teil des von dir gewählten Dreierstapels zur FM-Klangsynthese sind (siehe Algorithmenauswahl oben). Das mag bei bestimmten Algorithmen nicht nötig sein, aber es macht die Anleitung in diesem FM-Synthese-Tutorial wasserdicht.
4. Hüllkurven gestalten
Hüllkurven bringen Bewegung ins Spiel – ohne sie bleibt unser frequenzmodulierter Sound bleibt über die gesamte Dauer des Tastendrucks hinweg gleich. Mit einer Hüllkurve kannst Du ihn hingegen »skulpturieren«. So, als würdest Du dich an einem planen Marmorblock bildhauerisch betätigen, um ihm eine Gestalt zu verleihen. Das Ziel sind etwa klar hervorstechende Anschlagsgeräusche – wie bei unserem FM-Bass.
Alle Antworten hier: Was ist eine Hüllkurve? »
Faustregeln für unser FM-Synthese-Tutorial
- Die Hüllkurven der Modulatoren beeinflussen deren Lautstärkeverlauf und damit den Intensitätsverlauf der Carrier-Frequenzmodulation
- Die Hüllkurve des Carriers beeinflusst den Lautstärkeverlauf unseres Klangs
Vorbereitungen beim Yamaha Montage im Menü »Level«
- Stelle zuerst alle Parameter auf 0 (ignoriere »Break Point«)
- Stelle bei allen drei Operatoren den Parameter »Level« auf 99 (Maximum)
Für die folgenden Werteangaben zu den Hüllkurven des Yamaha Montage gibt keine festen Entsprechungen in Millisekunden. Du kannst dich bei den Regler- oder Displayeinstellungen deines FM-Synthesizers aber an den Werten orientieren – 0 entspricht dem Minimum (extrem kurzes Attack, Decay etc.) und 99 ist das Maximum (sehr langes Attack, Decay, etc.)
Hüllkurven beim Carrier [Operator 8]
Menüseite »Level«
- Abschnitt »Time«
- Decay2: 60
- Release: 50
- Abschnitt »Level«
- Decay1: 99
Hüllkurven beim Modulator [Operator 7]
Menüseite »Level«
- Abschnitt »Time«
- Decay2: 50
- Release: 50
- Abschnitt »Level«
- Decay1: 75
Hüllkurven beim Modulator des Modulators [Operator 6]
Menüseite »Form / Freq«
- Coarse: 5 → Frequenzverhältnis Carrier/Modulator 1:5
Ein ungeradzahliges Verhältnis wie dieses sorgt für einen harmonischen, stimmigen Sound. Wählst Du ein geradzahliges Verhältnis (z.B. 1:4), werden vergleichsweise disharmonische, »schiefe« oder metallisch anmutende Klänge erzeugt.
Menüseite »Level«
- Abschnitt »Time«
- Decay2: 45
- Abschnitt »Level«
- Decay1: 95
- Level/Vel: +7 → Der hohe positive Wert sorgt bei starken Anschlägen für einen hellen, »peitschenden« Sound
Tipp: Justiere insbesondere die Decay2-Werte der beiden Modulatoren, um direkt zu erfahren, was das für deinen Klang bedeutet – so hier lernst Du am eindrücklichsten, was Hüllkurven bei der FM-Synthese für den Klang bedeuten.
Bonustrick für den Yamaha Montage: FM mit analogem Touch
Mit Wellenformen abseits der Sinuskurve kannst Du mit dem Yamaha Montage analoger, »schmutziger« anmutende Sounds erzielen. So findest Du sieben alternative Wellenformen, die teilweise noch mit weiteren Parametern verformt werden können.
Jetzt hörst Du zuerst unseren herkömmlichen Sinus-Bass und dann eine Version mit der Wellenform »Odd 1« und dem Parameter »Skirt« (Stärke von 2 von 7):
… versus …
Persönliche Anmerkung: Für mich klingt das wie ein richtig guter nachgeschalteter Overdrive-Effekt und authentisch analog.
Fazit im FM-Synthese-Tutorial
Gratulation, mit diesem FM-Synthese-Tutorial hast Du den Einstieg in die Klangerzeugung durch Frequenzmodulation geschafft. Mit dem Prinzip der Wechselwirkung zwischen Carrier und Modulator sowie den Auswirkungen der Hüllkurven hast Du schon die wichtigsten Kenntnisse erworben. Hier sind noch einmal ein paar wichtige Regeln:
4 Faustregeln zur FM-Klangsynthese
- Der Carrier erzeugt den Grundklang
- Die Lautstärke der Modulatoren bestimmt die Klangfarbe
- Die Frequenz der Modulatoren bestimmt die Höhe der Obertöne
- Das Verhältnis der Frequenzen von Carrier und Modulator bestimmt die (Dis-)Harmonie
Der Yamaha Montage bietet acht Operatoren und 88 Algorithmen – im Zusammenspiel mit der Polyphonie von 128 Stimmen und den zahlreichen Effekten (auch pro Part) bedeutet das ein gewaltiges klangliches Potential. Damit ist er der mächtigste Synthesizer im Bereich der FM-Synthese. Im Yamaha Montage 8 Testbericht haben wir die große Version mit 88 Tasten ausführlich unter die Lupe genommen.
Doch mit dem Yamaha Reface DX [Testbericht] gibt es auch einen viel kompakteren, tragbaren FM-Synthesizer, der zum Straßenpreis von ca. 400 Euro zu haben ist.
Welche FM-Synthesizer verwendest Du? Und welche Tricks hast Du auf Lager, um mit der FM-Synthese Bässe, Pads und Leads nach Gusto zu erzeugen? Wir freuen uns auf dein Feedback!