Renoise
Musik machen mit einem Tracker
Von Marcel Schindler
Renoise: Musik machen mit einem Tracker
Die Geschichte der Tracker
1989 erschien auf dem Atari ST ein Programm, dass die Midi-Fähigkeiten des Homecomputers voll ausreizte und die computergestützte Komposition von Musik erst serienreif und vor allem erschwinglich machte: Cubase. Erst später erschien dieses Programm auch für den Apple MacIntosh. Wesentlich verbreiteter waren zu dieser Zeit allerdings Homecomputer aus dem Hause Commodore. Der Amiga 500 bot im Wesentlichen dieselben Funktionen, wie schon der Atari ST (gleiche RAM-Grösse, gleiche CPU), hatte allerdings keine Midi-Schnittstelle. Dafür besaß der Amiga einen Stereo-Soundchip namens Paula.
Dieser Chip bot keinerlei Synthese, war aber ein vollwertiger 8bit-Sampler, welcher 4 Kanäle gleichzeitig abspielen konnte. Die Amiga-Spieler mussten nun aber ja auch mit Musik versorgt werden. Deshalb entwickelte ein Programmierer namens Karsten Obarski ein Programm namens Ulimate Soundtracker, den ersten Rastersequenzer.
PASSEND DAZU
- deadmau5: Die frühen Anfänge eines EDM-Superstars
- Kostenloses Musikprogramm für Linux: Notam Radium
- Linux für die Musikproduktion? Ein Blick über den Tellerand
- Erfolgreich im Musikbusiness 2: Deine Fans sind der Schlüssel
- Erfolgreich im Musikbusiness 1: Gute Musik ist nicht gut genug
Im Grunde handelte es sich dabei um ein Programm, das maximal vier Samples, die vertikal in einem Raster angeordnet waren, in verschiedenen Tonhöhen abzuspielen. Diese Art von Sequencing nannte man dann einfach Tracker.
Diese Technik wurde schon zu Amiga-Zeiten kontinuierlich verbessert. Mithilfe von hexadezimalen Parametern konnte man damals schon Effekte wie ein Arpeggio oder das Portamento hinzufügen. Ein großes Problem bei Trackern war allerdings, dass man auf 4 monophone Kanäle beschränkt war. Das änderte sich erst, als Octamed Professional auf dem Amiga erschien: Das Programm verfügte über Algorithmen, die die Anzahl der verfügbaren Kanäle mindestens verdoppeln konnte. Dennoch bestand das Problem: Wenn ein Sample abgespielt wurde und im selben Kanal ein neues Sample kam, wurde das vorherige Sample einfach abgehackt und durch den anderen Sound ersetzt.
Ein realistisches Ausblenden z.B. einer Klaviernote war deshalb nicht möglich. Diese Funktionalität kam erst wesentlich später auf dem PC: Ein Programm namens Impulstracker erschien für MS-DOS und bot (aufgrund der höheren Rechenleistung) bis zu 255 Soundkanäle. Zudem konnte man für jedes Sample festlegen, was passieren soll, wenn ein neues Sample im gleichen Kanal abgespielt wurde bzw. eine andere Note betätigt wurde.
Paralell dazu gab es auch den so genannten Fasttracker II aus dem Hause Starbreeze, der zwar nur 32 Kanäle unterstützte und bei dem man auch nicht festlegen konnte, was mit „neuen Noten“ passieren soll. Der Fasttracker zeichnete sich aber durch eine sehr hohe Stabilität und die gleichen Hotkeys aus, die „Oldschool-Tracker“ schon vom Soundtracker kannten. Die New-note-actions wurden simuliert, indem man einfach die eine Note im einen Kanal ausblendete, die neue neute in einem anderen Kanal dazu einspielte.
Auch beim Fasttracker II handelte es sich um ein reines DOS-Programm. Als 2001 Windows XP erschien und damit den MS-DOS-Modus abschaffte, war es auch nicht mehr so einfach, Fasttracker 2 zu nutzen. Es mussten Alternativen her.
Renoise: Ein Tracker für Windows
2002 erschien dann endlich Renoise und hielt sich an die meisten Tastenkombinationen vorheriger Tracker. Renoise gewann schnell eine treue Fangemeinde. Es bot volle ASIO-Unterstützung, 32bit Samples und vollständigen Support des VSTi-Standards von Steinberg. Da Windows schon länger vollwertige Midi-Unterstützung hatte, konnte auch Renoise mit Midi-Geräten kommunizieren. Ausserdem bot Renoise von Anfang an eine umfassende Bibliothek von Effekten wie Delay, Reverb oder Filtering an. Auch der Equalizer war direkt an Bord.
Das Rastersequenzing muss sich bis heute des Vorwurfs, immerzu mechanisch zu klingen, erwehren. Gerne wird behauptet, realistische und menschlich klingende Grooves seien unmöglich. Theoretisch war es aber schon bei MS-Dos-Trackern möglich, diese Menschlichkeit in Form von kleinen Tempo-Schwankungen zu simulieren. Das erforderte jedoch ein hohes Maß an Können und hatte dank der hierfür zu nutzenden Hexcodes nur noch wenig bis gar nichts mehr mit dem Musik machen an sich zu tun.
Mit Renoise hielten schliesslich echtes Quantisizing und echte Delays in den Noten Einzug in das Homerecording-Tonstudio. Mit der Unterstützung der VST-Technologie ist der Tracker nun zu einer echten Alternative geworden, die nicht nur von Geeks und Nerds genutzt wird. Erfahrene Musiker und Bands wie zum Beispiel Depeche Mode oder Venetian Snares nutzen Renoise als Sequenzer.
Ein besonderes Gimmick: Renoise bietet seit neustem auch volle Unterstützung des Rewire-Standards, kann also mit anderen Musikproduktionsprogrammen wie Cubase oder Reason interagieren und genutzt werden.
Renoise: Features
- full VST2-Support
- ASIO (Full Version)
- AudioUnits (Mac Only)
- Jack (Linux)
- Rewire (Windows)
- Midi
- Plugin Delay compensation
- Master/Slave Midi
- Mixer View
- massive Number onboard effects (distortion, hall, reverb etc.)
Renoise: Preis und Verfügbarkeit
Renoise erscheint als kostenloses Sharewareprogramm für Windows XP, Vista, Linux und MacOS. In der Sharewareversion stehen weder die Exportfunktion zu WAV als auch der ASIO-Support zur Verfügung. Diese können für unschlagbar günstige 49,- Euro in der Vollversion erworben werden.
Registrierte Nutzer bekommen einen vollen Versionssprun, z.B. von Version 2.1.0 bis Version 3.1.0, als kostenloses Update. Zudem können registrierte Nutzer, neue Featurewünsche an die Programmierer richten.