Serielle Kompression
Zwei Kompressoren in Reihenschaltung – delamar Mixdoc #005
Von Felix Baarß am 15. März 2017
delamar Mixdoc #005 – Serielle Kompression: Dynamik zähmen
Dynamikbearbeitung ist nicht gleich Dynamikbearbeitung – die Pegelverläufe eines Signals sind oft so komplex, dass es sehr sinnvoll ist, bestimmte Aspekte der Dynamik mit Kompressor A und andere Aspekte mit Kompressor B zu bearbeiten. Arbeitsteilung und Spezialisierung lautet die Devise.
So stellt dir Thom Wettstein heute die serielle Kompression vor. Als Studiobetreiber bei Mondstein Records hat er viel Erfahrung und das nötige Equipment, um Drums und Vocals mit dieser Technik beispielhaft für dich aufzubereiten. Viel Vergnügen!
Video Tutorial – delamar Mixdoc #005
Serielle Kompression
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Vocals
Der Gesang hat so große dynamische Unterschiede, dass er manchmal hinter der Gitarre verschwindet und manchmal stark in den Vordergrund springt.
Mit einem einzigen Kompressor entsteht in Situationen wie diesen ein Wechselspiel zwischen starker Kompression und Leerlauf – bei hohen Pegeln wird der Sound zusammengequetscht, während er in den anderen Abschnitten praktisch unbeeinflusst bleibt. Das kann unnatürlich wirken. Mit mehreren Kompressoren in Reihenschaltung – also über serielle Kompression – kannst Du das vermeiden.
Kurze Pegelspitzen zähmen
Du benötigst zunächst einen Effekt, der sehr schnell und präzise arbeiten kann. Zu empfehlen sind hier insbesondere VCA- oder FET-Kompressoren bzw. entsprechende Plugins – siehe auch …
Kompressor #1
- Attack: geringer bis moderater Wert
- Release: moderater Wert
- Input bzw. Threshold: so einstellen, dass die Gain Reduction …
- … NUR bei den kurzen, impulsiven Pegelspitzen anspringt, …
- … und dann maximal rund -3 dB beträgt – justiere dafür die Ratio (wir nutzen 4:1)
Diese -3 dB sind eine sehr milde Pegelreduktion, in der Praxis fällt das praktisch gar nicht auf – ein bewusst subtiler erster Schritt bei unserer seriellen Kompression. Der zweite folgt sogleich …
Länger anhaltende Pegelstände reduzieren
Füge Kompressor #2 jeweils direkt im Anschluss an #1 ein – gleich als nächsten Insert-Effekt auf der entsprechenden Spur in deiner DAW.
Er soll als sogenannter Leveler fungieren, also über größere Bereiche hinweg und weniger punktuell wirken. Hier empfiehlt sich beispielsweise ein Optokompressor (optoelektronisch) bzw. ein Plugin, das einen solchen nachbildet.
Es wird Momente geben, in denen sich beide Kompressoren überschneiden und gleichzeitig arbeiten – das ist völlig in Ordnung und gewollt.
Kompressor #2
- Ratio: 2:1*
- Input bzw. Threshold: So einstellen, dass die Gain Reduction …
- … deutlich öfter und langanhaltender geschieht als bei #1, …
- … und dann maximal rund -5 dB beträgt.
* = Multipliziert mit der Ratio 4:1 von #1 ergibt das in den angesprochenen Momenten der Überschneidung genau jene Kompressionsrate von 8:1, die Thom im Video anfangs bei der Ein-Kompressor-Lösung eingestellt hatte.
Drums
Bei Drums werden die Vorteile der seriellen Kompression noch klarer. Mit einer Ein-Kompressor-Lösung auf einem Drum-Bus erscheint die Snare oft etwas zu sehr in Mitleidenschaft gezogen. Das wollen wir nun beheben …
Kurze Pegelspitzen zähmen
Analog zu den Vocals verwenden wird auch bei den Drums die #1 dazu, die impulsiven, kurzen Pegelspitzen abzumildern. Erneut sei ein VCA- oder FET-Kompressor empfohlen.
Kompressor #1
- Attack: sehr niedriger Wert
- Release: sehr niedriger Wert
- Ratio: 2:1
- Input bzw. Threshold: so einstellen, dass die Gain Reduction …
- … NUR bei den kurzen, impulsiven Pegelspitzen anspringt, …
- … und dann maximal rund -1 dB beträgt.
Länger anhaltende Pegelstände reduzieren
Auch hier könntest Du einen Optokompressor nutzen. Thom hat sich indes für einen dedizierten Bus-Kompressor entschieden – eine Emulation des populären SSL G aus den Mischkonsolen von Solisd State Logic.
Kompressor #2
- Attack: sehr hoher Wert (z.B. 30 ms)
- Release: moderater Wert oder automatisch (»programmabhängig«)
- Ratio: 4:1
- Input bzw. Threshold: so einstellen, dass die Gain Reduction …
- … öfter anspringt als bei #1 …
- … und dann maximal rund -3 dB beträgt.
Schlussgedanken über serielle Kompression
Für die serielle Kompression gibt es Spezialisten – im Video siehst Du zwei Plugins, die jeweils gleich zwei Kompressoren in sich vereinen. Das ist für unser Ziel außerordentlich bequem und definitiv einen Test wert.
Andererseits bist Du dann auf deren speziellen Sound angewiesen, während Du beim Einsatz von mehreren Plugins deine Lieblinge nutzen oder je nach Signal ganz unterschiedliche Plugins verwenden kannst.
Alles in allem verdient die serielle Kompression mehr Aufmerksamkeit in der Musikproduktion. Experimentiere damit, es lohnt sich!
Und jetzt …
Kennst Du noch weitere Tricks in puncto serielle Kompression? Welche Details gestaltest Du anders? Wie nutzt Du die Reihenschaltung von Dynamikeffekten bei anderen Arten Signalen abseits von Vocals und Drums? Und hat dir das Video unseres Mixdoktors Thom Wettstein gefallen?
Alles zum großen Thema: Wie funktioniert der Kompressor? »
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