Musikproduktion am Laptop
Was Du wissen musst
Von Kai Chonishvili am 07. Dezember 2022
Musikproduktion am Laptop – geht das überhaupt?
Diese Frage muss klar bejaht werden, denn die aktuellen Laptops sind sehr gut ausgestattet und schnell. Allerdings gibt es auch einiges zu beachten, wenn Du auf die Musikproduktion am Laptop schielst.
Es geht schon damit los, dass Du dich zwischen einem der beiden großen Betriebssysteme und damit für eine bestimmte Art von Notebook entscheiden musst. Schauen wir also zunächst auf Apple und Microsoft – auf den Unterschied eines durchschnittlichen Windows-Laptops und einem Apple Macbook.
Windows vs. Apple
Dieser Ratgeber soll keinesfalls in einem Apple-Windows-Bashing enden, aber einen wichtigen Umstand solltest Du bei der Musikproduktion mit einem Laptop kennen: Die interne Audioverarbeitung im Apple-Kosmos ist für das Musikmachen „in the box“ sehr gut geeignet. Das gilt für den iMac, das iPad, dem Macbook Air, dem Macbook Pro und so weiter.
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Im Detail: Du kannst ohne Weiteres zu einem beliebigen Macbook greifen und virtuelle Instrumente ohne spürbare(!) Verzögerung live einspielen – z.B. über die Computer-Klaviatur. Sofern sich die CPU-Auslastung in Grenzen hält, wirst Du auch keine Knackser hören.
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Bei einem durschnittlichen Windows-Laptop sieht das leider anders aus: Die interne Soundkarte erzeugt beim Einspielen eine sehr hohe Verzögerung. Auch Knackser trüben oftmals den ersten Höreindruck. Das klingt zwar pauschal, ist aber leider der Windows-Audioumgebung geschuldet.
Erst ein Audio Interface mit speziellem ASIO-Treiber verwandelt Windows in eine performante Audio-Zentrale.
Musikproduktion am Laptop: Benötigt man ein Audio Interface?
Das hängt ganz davon ab, wie weit Du in die Musikproduktion einsteigen möchtest.
Beispiel Nr. 1: Du hast bereits ein Macbook und möchtest elektronische Tanzmusik (House, Techno etc.) produzieren. Da dieses Genre auch ohne akustische Instrumente auskommt, kannst Du problemlos „in the box“ produzieren. Ein Audio Interface ist nicht notwendig, da Du virtuelle Instrumente ohne spürbare Latenz einspielen kannst. Der einzige Flaschenhals ist die CPU-Leistung, doch dazu gleich mehr.
Das gleiche Unterfangen sähe bei einem durchschnittlichen Windows-Laptop anders aus, da Du nur mit einer spürbaren Verzögerung die virtuellen Instrumente einspielen könntest. Auch Knackser müsstest Du mit einplanen. Hier wäre der Kauf eines Audio Interfaces angebracht.
Beispiel Nr. 2: Du möchtest akustische Instrumente und Gesang aufnehmen. Dafür brauchst Du mindestens ein Mikrofon und definitiv ein Audio Interface. Warum? Weil das Mikrofon-Signal sehr leise ist und verstärkt werden muss. Diese Zusatzleistung wirst Du von keiner Onboard-Soundkarte erwarten können – selbst bei Apple nicht. Zudem sind Mikrofon-Eingänge bei Onboard-Soundkarten immer in 3,5-mm-Miniklinken-Ausführung vorhanden – im Profi-Bereich findest Du jedoch 6,3 mm Klinke und XLR.
EVO by Audient EVO 16
Dieses Audio Interface überzeugt mit einer großen Anzahl an Ein- und Ausgängen für einen günstigen Preis. Es verfügt über acht analoge Mic/Line-Eingänge und acht analoge Ausgänge. Über die integrierte ADAT Optical Schnittstelle sind weitere 16 Ein- und Ausgänge möglich. Das bedeutet insgesamt sind 24 Ein- und Ausgänge möglich.
Zu den weiteren Features gehören unter anderen eine Wordclock, zwei Kopfhörerausgänge, Smartgain zum automatischen Gain-Setting aller acht Kanäle gleichzeitig sowie ein Farb-Display mit Weitwinkelfunktion.
Das Audio Interface eignet sich vor allem für Homestudios. Hier kannst Du Musik machen und gleichzeitig die Technik des Audio Interfaces bedienen, ohne dabei deinen Workflow zu beeinflussen. So kannst Du kreativ sein und gleichzeitig von den Möglichkeiten und dem Top Klang des Audio Interfaces profitieren.
Preis: 459 Euro
Was können wir daraus schließen?
Wenn Du ausschließlich Musik im(!) Laptop produzierst, hängt es zunächst von der Performance der internen Soundkarte ab. Hier schneiden Macbooks deutlich besser ab, als durchschnittliche Windows-Laptops. Willst Du stattdessen externe Instrumente in die Produktion einbinden, wirst Du eine Schnittstelle benötigen – also ein Audio Interface.
Welche Leistung muss der Laptop haben?
Die Antwort hängt von der Software und Art der Audioaufnahme ab: Wenn Du mit Sample-basierten Instrumente arbeitest (z.B. NI Kontakt), musst Du in Arbeitsspeicher investieren. Die CPU-Belastung fällt eher gering aus, doch Sample-basierte Instrumente können sehr viel Zwischenspeicher vertragen.
Möchtest Du hingegen legendäre Vintage-Synthesizer wie den Moog Minimoog oder Oberheim SEM spielen, wirst Du CPU-hungrige Emulationen im Plug-in-Format finden. u-he Diva ist in diesem Kontext ein ganz heißer Kandidat, der extrem gut klingt, aber auch wirklich viel CPU-Leistung verspeist.
Willst Du stattdessen deine Band aufnehmen und die Künstler mit Echtzeit-Effekten wie Hall, Delay und Kompression versorgen, wird es kompliziert: Je mehr Spuren Du in deiner DAW aufzeichnest, desto mehr wird die CPU beanspruchst.
Möchten die Musiker ihren Sound möglichst verzögerungsfrei über Kopfhörer abhören, musst Du die Latenz im Audio Interface runterschrauben. Dadurch wird die CPU-Belastung automatisch höher.
Und wenn Du dann noch Plug-ins einsetzt, damit die Musiker ihre Performance effektiert hören, geht die CPU-Auslastung nochmals in die Höhe.
Plug-ins verbrauchen CPU-Ressourcen, Mehrkanal-Aufnahmen ebenso und kurze Latenzwerte sowieso.
Muss das Audio Interface besonders schnell sein?
Wenn man bei einem Audio Interface von „schnell“ redet, meint man letztendlich eine geringe Latenz. Das ist die Verzögerung, die Du beim Einspielen virtueller Instrumente spürst oder beim Abhören des Mikrofon-Signals feststellst. Dieser Punkt ist für den Spaßfaktor verantwortlich – vereinfacht gesagt.
Generell lohnt es sich, in ein Audio Interface mit niedrigen Latenzwerten zu investieren, wenn Du die Musikproduktion am Laptop anstrebst. Warum? Weil das den Spielspaß erhöht und zudem die CPU-Auslastung minimiert. Denn: Je geringer die Latenz sein soll, umso höher musst Du die Puffergröße in den Audio-Interface-Optionen einstellen.
Ohne weiter ins Detail gehen zu wollen, hilft dir folgendes für die Praxis: Hol dir unterschiedliche Audio Interfaces ins Studio. Verbinde jedes Gerät nach und nach mit dem Rechner und definiere für jedes Interface die gleiche Puffergröße – z.B. 512 Samples. Die DAW wird dir automatisch einen Latenzwert errechnen. So kannst Du diese Werte miteinander vergleichen und daraus Schlüsse auf die Performanz des jeweiligen Interfaces ziehen.
Musikproduktion am Laptop: Erfahrungen aus der Praxis
Lautstärke: Wenn Du am Laptop Musik machst, solltest Du die Lüftergeräusche stets mit einkalkulieren. Sobald dein Rechner an die Grenze kommt, drehen die Lüfter hoch. Das nervt nicht nur beim Aufnehmen über das Mikrofon, sondern auch beim Abhören über Lautsprecher.
Deshalb: Je performanter dein Laptop ist, umso seltener hörst Du den Lüfter.
Außerdem: Wenn dein Laptop ein richtiges Arbeitstier ist, dann checke im Vorfeld, ob die maximale Leistung auch ohne Netzteil erreicht wird. Stell dir vor, Du bestreitest einen Gig mit dem Laptop und die Auslastung ist bei moderaten 40 Prozent.
Wenn nun aber aus irgendwelchen Gründen der Stecker vom Notebook gezogen wird und dieser auf den Akku zurückgreift, kann die Performance rapide absacken. Dann springt die CPU-Auslastung auf 60 oder 70 Prozent und Knackser können aus der PA strömen. Deshalb solltest Du dieses Szenario im Vorfeld testen.