Lautstärke anpassen
3+1 Tipps, um die Lautstärke anzugleichen
Von Carlos San Segundo
Lautstärke anpassen: 3+1 Tipps
Wenn es um das Comping von Vocal-Spuren (Zusammenfassen von mehreren Takes zu einer perfekten Aufnahme) geht, sind die Schwankungen der Lautstärke in den Gesangsaufnahmen eine erste Herausforderung. Nicht immer sind diese nämlich durch die Gesangstechnik mit Absicht herbeigeführt.
Sänger, Rapper und Sprecher sind nicht bei jedem Take gleich laut, so sehr sie sich auch Mühe geben mögen. Sei es, dass der Sänger den Mund etwas vom Mikrofon wegdreht, sich einige Zentimeter in seiner Position bewegt hat oder einfach aufgrund seiner Tagesform unterschiedlich laut singt – diese Volumenänderungen sind für das Comping unterschiedlicher Phrasen und Takes störend und müssen beseitigt werden.
Hier sind 3+1 Tipps, die dir helfen werden, deine Vocalaufnahmen noch professioneller zu gestalten.
PASSEND DAZU
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1. Lautstärke anpassen – manuell
Viele Musikprogramme (DAWs, Audio-Editoren & Co.) legen einzelne Takes gleich als eigenständige Clips oder Events im Arrangement ab, die einzeln bearbeitet werden können. Der einfachste Weg ist sicherlich, die einzelnen Clips direkt im Arrangement in ihrem Pegel zu verstärken oder abzuschwächen. Das kannst Du mit fast jeder DAW-Software tun – die Funktion nennt sich »clip gain« o.dgl., manchmal versteckt sie sich in den Einstellungen des entsprechenden Clips (meist nach einem Doppelklick darauf zu erreichen).
Manchmal ist es allerdings so, dass sich die Lautstärke einer Aufnahme innerhalb eines Takes deutlich ändert. Du könntest hier zwar mit einem Kompressor arbeiten (siehe unten), doch je nach Modell greift dieser womöglich unerwünscht stark in die Dynamik ein und belässt es nicht beim Lautstärke anpassen. Besser ist es, noch vor der Verwendung jeglicher Dynamikeffekte, den Clip zu zerteilen und diese unterschiedlichen lauten Teilstücke nun einzeln in ihrem Pegel zu bearbeiten.
Von einer destruktiven Audiobearbeitung der Aufnahme selbst würde ich allerdings abraten. Wie oben angesprochen, bietet jede gute Musiksoftware Werkzeuge wie Hüllkurven, um das in Echtzeit zu berechnen. So ersparst Du dir böse und irreversible Überraschungen mit Clipping und dergleichen zu einem späteren Zeitpunkt.
2. Automation zum Lautstärke angleichen
Eine andere valide Methode ist die Verwendung von automatisierter Lautstärke für die gesamte Spur. Jede halbwegs vernünftige DAW-Software besitzt zumindest für die Lautstärke eine Automationskurve, die typischerweise in einer Zeile unterhalb der jeweiligen Spur eingeblendet werden kann.
Wenn Du eine DAW benutzt, deren Lautstärken-Automation untrennbar mit dem Fader der jeweiligen Spur verknüpft ist, kannst Du den grundsätzlichen Pegel der Spur beim Abmischen nicht mehr so einfach anpassen.
Um das zu umgehen, kannst Du zumindest für den ersten Teil der Bearbeitung eine destruktive Audiobearbeitung vornehmen: Exportiere die automatisierte Spur einfach in eine neue Audiodatei (sehr schnell geht das mit Befehlen, die »bounce« oder »freeze« heißen). Die Spur, auf der diese neue, bereits automatisierte Audiodatei liegt, kann dann problemlos mit dem Fader eingepegelt werden.
Eine elegantere, nicht-destruktive Alternative ist die Nutzung eines Plugins mit Lautstärkenregler (z.B. das kostenlose Sonalksis FreeG ) als Insert-Effekt auf dem entsprechenden Kanal – nun kannst Du einfach den Lautstärkenparameter dieses Plugins (i.d.R. mit »Gain« betitelt) automatisieren.
3. Kompression zum Lautstärke anpassen
Wenn die Lautstärkeschwankungen nicht allzu stark sind, die Zeit knapp ist oder ich nicht manuell eingreifen möchte, greife ich zu einer sanften Kompression. Da der Kompressor die Dynamik einer Aufnahme auf Basis unterschiedlicher Parameter reduziert, klingt das Ergebnis homogener.
Positiv oder negativ: Plugins und Hardware verpassen der Spur ihren eigenen Sound. Wer zu diesem Weg greifen möchte, sollte den Kompressor erst einstellen und danach eine etwaige Automation angehen. Die Gefahr bei dieser Methode besteht darin, dass das Ergebnis unnatürlich und zu gleichförmig klingen kann. Hier ist Fingerspitzengefühl gefordert.
3+1 = Lautstärke anpassen durch erneutes Aufnehmen
Gerade bei Projekten im Bereich Homerecording sollte das erneute Aufnehmen von Vocals kein Problem darstellen, da nur Zeit, jedoch keine Kosten dadurch verursacht werden. Wenn also die Aufnahmen schon sehr stark im Volumen variieren, lohnt es sich vielleicht, gleich erneut aufzunehmen. Vorher bietet es sich an, die Ursachen für die starken Schwankungen zu analysieren, um bei einem erneuten Recording darauf zu achten, die Fehler nicht nochmals zu wiederholen.
Eine Sache, auf die Du immer achten kannst ist der Abstand zum Mikrofon: Je näher Du den Sänger an die Kapsel stellst, desto auffälliger werden seine Kopfbewegungen im Klang (zumindest bei der Richtcharakteristik Niere) und desto deutlicher die Lautstärkeunterschiede in den Takes. Positionierst Du den Rapper oder Sprecher einfach in einem größeren Abstand, so haben die kleinen Bewegungen vor der Kapsel einen kleineren und weniger hörbaren Einfluss.
Der Trick liegt darin, einen angemessenen Kompromiss zwischen Raumklang und Direktklang zu finden. Du kannst hier mal mit einem Abstand von 10-15 Zentimetern experimentieren.
Ebenfalls möglich ist es, gleich beim Recording von Vocals & Co. einen Kompressor mit einer Ratio (Kompressionsrate) von 2:1 bis 3:1 einzusetzen. Dieser sorgt dann dafür, dass Lautstärkeschwankungen etwas ausgeglichen werden und die Aufnahme konsistenter klingt.
Schlussgedanken zum Lautstärke angleichen
Mit diesen 3+1 Tipps sollte es dir ein Einfaches sein, etwaige Lautstärkeschwankungen in deinen Gesangsaufnahmen auszugleichen. Bei der Bearbeitung selbst bietet sich etwas Fingerspitzengefühl an und am Anfang kannst Du auf die Analyse-Tools deiner DAW-Software zurückgreifen, um dir mal das Volumen und den RMS-Wert ausgeben zu lassen.
Beim zweiten Durchlesen dieses Tutorials ist mir gerade noch eingefallen, dass es einige Plugins auf dem Markt gibt, die diesen Job automatisiert erledigen wollen. Ich habe allerdings keinerlei Erfahrungen mit diesen gemacht und kann deswegen nur auf deren Existenz hinweisen. Stöbere hier in der Suchmaschine deiner Wahl nach den Begriffen »gain rider« und »gain riding«, bzw. »vocal rider« und »vocal riding«.
Welchen Weg gehst Du, um deine Vocalaufnahmen zu perfektionieren? Wie gehst Du das Lautstärke angleichen an? Schreib uns deine Erfahrungen in die Kommentare und teile sie mit den anderen delamari!