Lautheitskrieg Infografik
Warum der Lautheitskrieg noch immer wütet

Loudness War - Entwicklung im Lautheitskrieg
Loudness War - Entwicklung im Lautheitskrieg

Carlos San Segundo Von Carlos San Segundo

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Loudness War – Ist Lautheit erstrebenswert?

Puristen sind wenig angetan von einer zu grossen Lautheit der Musik, denn sie geht einher mit einem stark komprimierten Klang. Einschlägige Foren haben seitenlange Threads zum Thema und es haben sich sogar Vereine gegen zu grosse Loudness (eigentlich eher für mehr Dynamikumfang in der Musik) gegründet. Kurz, es ist ein hochemotionales Thema.

Angefangen hat der Loudness War schon in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Der Grund lässt sich schnell in einem kleinen Experiment zuhause herausfinden: Dafür nimmst Du einfach eines der Musikstücke, die Du abgemischt hast und legst eine Kopie davon an. Die Kopie reduzierst Du im Audio Editor deiner Wahl um 3 dB in der Lautstärke. Mit beiden Abmischungen bewaffnet, fragst Du nun fünf Personen deiner Wahl, welchen der beiden Mixe sie besser finden.

Das Ergebnis kannst Du wahrscheinlich schon vorhersehen. Die meisten (wahrscheinlich sogar alle) werden den lauteren Mix als „besser“ empfinden. Und das, obwohl der einzige Unterschied in diesem Experiment tatsächlich nur 3 dB in der Lautstärke beträgt. Dieser Umstand ist natürlich auch den Musiklabels irgendwann aufgefallen und so versuchten sie, ihre eigenen Produktionen lauter klingen zu lassen als die der Mitbewerber.


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Werden die eigenen Produktionen als „besser“ wahrgenommen, klingelt die Kasse und die Verkaufszahlen steigen. Zu der Zeit als die erste Welle im Lautheitskrieg begann, wurde Musik noch auf Schallplatten gepresst. Und damit konnte ein bestimmter Lautheitswert nicht überschritten werden, ohne die Nadel aus der Rille springen zu lassen.

Als in den 1980er Jahren dann die CD den Musikmarkt eroberte, ging der Loudness War wieder von vorne los. Plötzlich war die physikalische Grenze kein Problem mehr und die Kompression konnte auf ein ganz neues Level gebracht werden. Mastering Engineers wurden angewiesen, die Songs genau so laut wie die lautesten Versionen zu machen.

Und so sieht die Entwicklung der letzten 30 Jahre aus:

Loudness War - Entwicklung im Lautheitskrieg
Loudness War – Entwicklung im Lautheitskrieg

Zu sehen sind jeweils ein Song aus den Top 10 der Billboard Charts der Jahre 1990, 2000 und 2010. Während 1990 noch viel Platz um die Welle herum zu sehen ist, wurde der Top 10 Hit aus dem Jahre 2000 schon deutlich heftiger komprimiert. Bei ersteren ist der Dynamikumfang noch relativ gross. Es sind leise Stellen zu sehen. Im Jahre 2000 wurde dann richtig heftig komprimiert und der Dynamikumfang dadurch reduziert. So richtig leise Stellen sind eigentlich kaum zu erkennen.

Interessant ist vor allem aber der Song aus dem letzten Jahr. Dieser ist sehr heftig komprimiert, sehr laut. Zur selben Zeit aber, wurden die leisen Passagen (trotz immer noch heftiger Kompression) als Kontrast in der Lautstärke abgesenkt.

 

Und wie klingt’s?

Tja, wie klingt der neue, moderne Sound? Sehr komprimiert, sehr anstrengend. Trotz aller Unkenrufe, Studien und Puristen hält dieser Trend aber an und wird in absehbarer Zeit wohl kaum umkehrbar sein. Solange das Radio noch Hörer findet und lautere Mixe von Menschenohren als „besser“ empfunden werden, dürfte wahrscheinlich kein Label wagen, die eigenen Produktionen nicht mehr derart laut auf den Markt zu bringen.

Ich selbst habe meinen Frieden mit der Lautheit gemacht. In der Musik geht es um Emotionen, nicht um Technologie, Artefakte oder Lautheit. Die Kids hören fast ausschliesslich noch datenreduzierte Musik in Form von MP3 & Co. – haben der hohen Klangqualität also in gewisser Weise schon Bye-Bye gesagt. Wenn ein Song gut ist, wenn mich ein Song bewegt, dann geniesse ich ihn einfach. Auch wenn er zu laut sein sollte oder besser geklunge hätte, wenn…

Und wie siehst Du den Lautheitskrieg? Jammern auf hohem Niveau? Notwendiges Übel? Egal? Schreib uns jetzt deine Meinung in die Kommentare!

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