Latenz verbessern
So kannst Du niedrige Latenzzeiten einstellen

Latenz verbessern
In 9 Schritten die Latenz verbessern ... jede Millisekunde zählt | Bild: Tim Reckmann [CC BY-NC-SA 2.0]

Carlos San Segundo Von Carlos San Segundo

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Latenzprobleme beheben – Latenz verbessern von A bis Z

Die Latenz kann in einer computergestützten Umgebung zur Musikproduktion zu einem echten Problem werden und den Workflow nachhaltig stören. Die Problematik ensteht unabhängig des verwendeten Betriebsystems, der gewählten Musiksoftware oder der Marke deiner Soundkarte bzw. des Audio-Interfaces.

Wenn Du nicht sicher bist, was Latenz genau ist und wie sie sich äußert, dann bist Du herzlich eingeladen, diesen Ratgeber zu lesen:

Grundlagen: Die Latenz in der Musikproduktion »


PASSEND DAZU


Das dort stehende Basiswissen zur Latenz wird dir sicherlich helfen, die Problematik an sich sowie die Tipps und Tricks in diesem Artikel besser zu verstehen. Also packen wir’s an – Latenz verbessern ist kein Hexenwerk.

 

Latenz verbessern – Computer & Betriebssystem

Wir beginnen ganz am Anfang mit der Hardware im Computer. Da dieser in den meisten modernen Tonstudios Dreh- und Angelpunkt allen Geschehens ist, kann man mit einem Eingriff an dieser Stelle eine Menge herausholen. In vielen Fällen ist der Computer sogar die Stelle, wo das komplette Audio hindurch muss. Es lohnt sich also, hier anzupacken – auch wenn nicht alle Tipps kostenlos umzusetzen sind und in manchen Fällen einiges an Aufwand erfordern.

Latenz verbessern

1. Mehr Arbeitsspeicher (RAM)

Unabhängig des verwendeten Betriebssystems (Windows oder Mac OS X) ist dies ein recht schnell zu optimierender Aspekt, wenn auch nicht kostenfrei. Wieviel Arbeitsspeicher braucht also ein Computer zum Musik machen? Generell gilt: Je mehr desto besser. Insbesondere wenn Du mit Projekten mit vielen Spuren arbeitest, oder virtuelle Instrumente mit großen Sample Libraries verwendest wird sich dies auszahlen.

Zahlen? Schwer zu sagen, aber mein Tipp wäre alles auszureizen, was der Computer noch irgendwie verwalten kann. Natürlich kann das eine recht kostspielige Angelegenheit werden. Die Alternative lautet, so viel Arbeitsspeicher zu kaufen, wie Du dir leisten kannst. Mit insgesamt 8 GB bist Du schon ganz gut bedient, aber zukunftssicherer sind definitiv 16 GB.

Bei der Installation der Riegel gibt es eigentlich nur zu beachten, dass moderne Computer die Option bieten, den Arbeitsspeicher im so genannten Dual-Channel Modus zu installieren. Das bietet ungeheure Vorteile in Sachen Geschwindigkeit und damit in der Performance deiner DAW. Du findest die erforderlichen Informationen zur richtigen Installation im Handbuch zum Motherboard (manche nennen es auch Mainboard).


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2. Festplatte defragmentieren

Im zweiten Schritt zum Latenz verbessern gilt es, die Festplatte zu defragmentieren. Je länger Du das System verwendest, desto mehr fragmentieren die Daten auf der Festplatte. Das bedeutet, dass Dateien nicht mehr in einem zusammenhängenden Stück auf der Festplatte liegen.

HDD vs. SSD

Die (De-)Fragmentierung spielt nur bei herkömmlichen Festplatten (»HDDs«) eine Rolle. Die zunehmend beliebtern, weil immer erschwinglicher zu habenden SSDs müssen nicht defragmentiert werden. Neuere Betriebssysteme erkennen automatisch, dass SSDs an Bord sind, aber bei älteren musst Du eventuell die automatische Defragmentierung deaktivieren.

Um eine solch fragmentierte Datei zu lesen (also z.B. ein Sample abzuspielen) müssen die Leseköpfe der Festplatte mehrfach ansetzen, abheben, ansetzen, abheben und so weiter. Das verbraucht natürlich deutlich mehr Zeit als das einmalige Ansetzen und komplette Lesen einer Datei. Je mehr Dateien für ein Projekt geladen und von der Festplatte gelesen werden müssen, desto mehr Zeit verlierst Du hierbei.

Lies auch: Wie wichtig ist eine geringe Latenz?

Um deine Festplatte auf effektive Art und Weise zu defragmentieren benötigst Du in der Regel so etwa 20% freien Plattenspeicherplatz. Wenn Du nicht mehr so viel Platz hast, ist es vielleicht Zeit, über den Zukauf weiterer Platten nachzudenken.

Festplatte aufräumen – weg mit dem ganzen Krempel!

Bevor Du zusätzliche Festplatten kaufst, solltest Du erst einmal ordentlich reinemachen – je nach Nutzerverhalten sammeln sich mehr oder weniger Krempel an, der eigentlich gar nicht benötigt wird und nur Platz frisst. Um das herauszufinden und andererseits unnütze temporäre Dateien und andere »Dateileichen« bequem zu entfernen, helfen kostenlose Tools:


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Bild: William Warby [CC BY 2.0]

3. Betriebssystem und Musikprojekte trennen

Eine weitere, sehr hilfreiche Verbesserung ist das Isolieren des Betriebsystems auf einer eigenen Festplatte. Dazu benötigst Du eine eigene Platte. Und nein, eine zweite Partition hilft hierbei leider nicht. Wenn Du eine Partition für das OS und eine für die Musikprojekte erstellst, dann müssen die Leseköpfe die Zugriffe auf die Festplatte zwischen beiden Partitionen verteilen. Mit zweien verfügst Du über die doppelte Anzahl an Leseköpfen und verringerst damit die Zugriffszeit.

Geringere Zugriffszeit bedeutet größere Performance und damit bessere Voraussetzungen für geringe Latenzen und in vielen Fällen ist das auch die Lösung für Latenz Probleme.


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4. Treiber und Firmware

Generell ist es eine gute Idee, regelmäßige Updates der Treiber für alle Hardwarekomponenten durchzuführen. Das betrifft genau so die Teile, die nicht direkt mit dem Musik machen zu tun haben, wie z. B. das Audio Interface, MIDI Interface, usw.

Zusätzlich kannst Du auch regelmäßig überprüfen, ob die Firmware der einzelnen Geräte auf dem neuesten Stand ist. Oftmals gehen viele Verbesserungen, Fehlerbereinigungen und Performance-Optimierungen mit den Updates in Firmware und Treiber einher.


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5. Hintergrundprozesse

Ich habe bei vielen Musikern und Tonstudios eine Menge Hintergrundprozesse im Arbeitsspeicher beobachten können. Einige davon werden in Windows als »Benachrichtigungssymbole«, typischerweise rechts unten neben Uhrzeit/Datum und bei Max OS X oben in der Menüleiste angezeigt. Das müssen aber lange noch nicht alle sein. Einige Hintergrundprozesse sind z.B. erst auf den zweiten Blick im Task-Manager in Windows sichtbar.

Was ist aber das Problem mit Hintergrundprozessen? Jeder einzelne benötigt etwas Power des Computers. Sie fressen Arbeitsspeicher auf, nutzen unterschiedlich viele Rechenzyklen der CPU (das ist der Prozessor im Computer) und sind damit potenzielle Quelle leidiger Latenz-Probleme.

Lies auch: Kostenlose Software zur Messung der Latenz

Wer seine Latenz minimieren will, der ist gut beraten, möglichst viele dieser Hintergrundprozesse zu stoppen. Hierzu gehören Virenscanner, Programme zur Synchronisation eines Handys, iTunes & Co. Natürlich darfst Du nicht einfach alle Prozesse blind stoppen, sondern musst gut überlegen, welche Du für den alltäglichen Betrieb wirklich nicht benötigst.

Nun kann man es wohl niemandem verdenken, auf Virenscanner und andere Sicherheitssoftware zu bestehen. Aber diese Programme können die Latenz durchaus nennenswert erhöhen.

Mein Tipp hierzu: Einen dedizierten Audio-Computer verwenden, der nicht an das Internet angeschlossen wird und auch sonst keinerlei Installationen vorzuweisen hat. Wer sich keine zwei Computer leisten kann (oder möchte), kann sich immer noch ein so genanntes Dual-Boot-System installieren und zwei Betriebssysteme nebeneinander nutzen – eins zum Surfen, Spielen, Medienkonsum etc. und das andere ausschließlich für Recording & Musikproduktion.

Ist das schon die Lösung für meine Latenz-Probleme?

Ein klares und deutliches »Vielleicht«! Viele Probleme lassen sich durch die oben stehenden Tipps dauerhaft lösen. Nicht jeder Schritt ist einfach oder preiswert umzusetzen. Aber eine Verbesserung im Workflow bei der Arbeit im Tonstudio ist nicht nur nervenschonend und gut für die Effizienz, sondern wird dich in deiner Kreativität unterstützen und tragen.

In einigen Fällen, und vor allem wenn die Installation des Betriebssystems schon einige Jahre alt ist, werden die oben genannten Punkte nicht zur Lösung der Latenz-Probleme beitragen. In solchen Fällen musst Du in den sauren Apfel beißen und das Betriebssystem einfach frisch installieren.

 

Latenz verbessern – Audio Interface & DAW

Der ein oder andere wird diesen Artikel vielleicht gar nicht weiter lesen brauchen, wenn er bereits mit den bisher beschriebenen Maßnahmen erfolgreich seine Latenzprobleme in den Griff bekommen konnte. Viele andere werden aber noch nicht am Ziel angekommen sein. Und wenn Du zu diesen gehörst, haben wir eine gute Nachricht für dich: Es gibt noch einige weitere Tipps, wenn Du deine Latenz verringern willst.

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6. Den richtigen Treiber wählen

Der Treiber ist sozusagen die Schnittstelle zwischen deiner DAW (Digital Audio Workstation) und der Hardware, dem Audio Interface. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Gut programmierte Treiber ermöglichen so geringe Latenzen wie 2 ms während andere nicht unter 50 ms arbeiten.

Deswegen ist es wichtig, den besten dir zur Verfügung stehenden Treiber auszuwählen. Auf einem Standard-PC findest Du meist den ASIO DirectX Full Duplex Driver, den ASIO Multimedia Driver und »ASIO [dein Audio Interface]«. Erstgenannter arbeitet auf meinem System mit einer Eingangslatenz von horrenden 324 ms, der zweite immerhin noch mit 121 ms – in anderen Worten: Das sind echte Latenzprobleme! Der ASIO-Treiber vom Hersteller unserer Fireface 800 kommt schon in der Standardeinstellung auf nur 7 ms Eingangs- und 8 ms Ausgangslatenz – und da geht noch viel mehr (siehe nächster Punkt).

Natürlich sieht das hier oben gezeigte Dialogfenster in jedem Musikprogramm und auf jedem Rechner anders aus. Schau aber einfach unter »Einstellungen« bzw. »Optionen« und dann unter »Audiogeräte«, »Audio Device« oder ähnlichen Einträgen nach.

Tipp: Auch der ASIO-Treiber deines Audio Interfaces sollte regelmäßig aktualisiert werden, sofern der Hersteller entsprechend fleißig neue Versionen nahschiebt. Dabei ist neben neuen Features und besserer Stabilität auch eine geringere Latenz zu erwarten.


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7. Die Latenz einstellen mit Buffer Size

Nachdem wir im ersten Schritt den besten ASIO-Treiber ausgesucht haben, geht es ans Eingemachte. Der wichtigste Parameter, mit dem Du Latenzprobleme lösen kannst, ist die Puffergröße (engl.: »buffer [size]«). Ein kleiner Bereich des Arbeitsspeichers, in den deine DAW bzw. das Betriebssystem die Audiodaten lädt, bevor sie abgespielt werden. Die Latenz hängt direkt mit der Puffergröße zusammen.

Kleine Werte für den Puffer ergeben geringe Latenzen, große Puffer bewirken lange Latenzzeiten. Wie wir in unserem Artikel »Was ist Latenz?« bereits ausführten, sind geringe Latenzen sehr förderlich für das Spielen von virtuellen Instrumenten. Je mehr Latenz das System aufweist, desto größer die Zeitspanne zwischen dem Drücken einer Taste auf dem MIDI-Keyboard und der hörbaren Note.

Warum also überhaupt die Möglichkeit, hohe Werte für den Puffer einzustellen? Die Antwort ist, dass kleine Puffergrößen den Prozessor im Computer stärker beanspruchen. Wenn Du jetzt ein Projekt mit vielen Spuren, virtuellen Instrumenten und Effekten hast, dann wirst Du bei kleinem Puffer schnell Aussetzer und Fehler im Audiosignal wahrnehmen (oftmals als eine Art Klicken und Kratzen) und es wird zu CPU-Überlastungen kommen.

An diesem Punkt bleiben dir im Prinzip nur folgende Möglichkeiten: Entweder Du kaufst eine leistungsstärkere CPU oder Du erhöhst den Puffer – und damit auch die Verzögerung, die das Musizieren so unangenehm macht. Oder … ↓


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8. Bouncen für geringe Latenz

Du kannst die CPU-hungrigsten Spuren in deinem DAW-Projekt exportieren (auf Denglisch: »bouncen« oder »rendern«).

Hierzu exportierst Du einzelne Spuren als WAV oder AIFF, die anschließend wieder in eine Spur geladen werden. Die alte Spur kann nun abgeschaltet (oder gelöscht) werden, wodurch die Last des Prozessors verringert wird, da ja keine virtuellen Instrumente und/oder Effekte mehr »live« berechnet werden müssen. In einigen modernen DAWs gibt es die Funktion »Freeze«, die diese Arbeitsschritte in einem Klick erledigt.

Natürlich ist diese Lösung nicht ideal. Denn wenn Du eine Änderungen an den MIDI-Daten oder den exportierten Effekten durchführen willst (oder musst), geht kein Weg daran vorbei, das Bouncen wieder rückgängig zu machen.

Bei meinen eigenen Projekten achte ich darauf, dass ich während der Kompositions- und Recording-Phase geringe Puffergrößen habe, um das Einspielen sehr musikalisch zu haben. Je größer das Projekt wird, und je mehr dadurch der Prozessor belastet wird, desto höher stelle ich die Puffergröße ein. Wenn es ans Abmischen geht, exportiere ich alle Spuren und virtuellen Instrumente (ohne Effekte) und beginne ein neues Projekt. Auf diese Weise erhalte ich mir auch beim Mixing die geringen Latenzzeiten.


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9. Hardware-Monitoring

Die meisten modernen Audio Interfaces bieten heutzutage Hardware-Monitoring, auch »zero latency monitoring« oder »direct monitoring« genannt. Wenn diese Funtkion aktiviert wird bzw. wenn das Interface ohnehin nur auf diese Art und Weise operiert, werden die Eingänge der Soundkarte direkt mit den Ausgängen derselben verbunden. Das anliegende Audiosignal wird ohne spürbare Latenz an die Boxen bzw. den Kopfhörer weitergegeben.

Diese Methode ist sehr nützlich, wenn es um die Aufnahme von externen Instrumenten geht. Leider können virtuelle Instrumente hiervon nicht profitieren, denn diese müssen ja immer noch vom Computer und damit vom Prozessor bearbeitet werden und bekommen dadurch die gewohnte Latenz – und zwar die Summe aus Eingangs- und Ausgangsverzögerung (»round-trip latency«).


Projekt »Latenzzeiten verringern« abgeschlossen!

Wenn Du alle 9 Schritte dieses Artikels durchgegangen bist, dann solltest Du dein Ziel »Latenz verbessern« erreicht haben.

Natürlich mag es Fälle geben, bei denen das Ergebnis noch immer nicht zufriedenstellend ist. Oftmals sind hier ein leistungsschwacher Computer, schlechte ASIO-Treiber oder ein mittelmäßiges Audio Interface daran schuld. Hier hilft nur noch der Griff in den Geldbeutel und eine Investition in neue Hardware.

Lies auch: USB Audio Interface Vergleich: Die besten am Markt

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