Das große Equalizer 1×1
Von Carlos San Segundo am 23. Februar 2022
Was ist ein Equalizer?
Der EQ ist ein Signalprozessor und einer der wichtigsten Effekte in der modernen Sound- und Musikproduktion. Der Zweck eines Signalprozessors ist es ein Audiosignal zu verändern, zu modifizieren oder zu verbessern.
Am weitesten verbreitet ist der Effekt der Equalisation (oftmals abgekürzt durch EQ. Jedes Audiosignal bzw. der Sound eines Instruments besteht aus einer Vielzahl verschiedener Frequenzen, die man auch als Frequenzspektrum des Sounds respektive Frequenzspektrum des Instruments bezeichnet. Dieses dem Instrument eigenen Frequenzspektrum gibt ihm seine eigene Klangfarbe und Timbre.
Mit Hilfe eines Equalizers verändert man den gesamten Sound eines Instruments oder einer Schallquelle, indem man bestimmte Frequenzen anhebt und/oder absenkt.
PASSEND DAZU
- Absenken: Den EQ mal in die andere Richtung drehen…
- EQ / Equalizer: Drei Grundregeln des Equalizing
- EQ Video: Equalizer Sweeping erklärt
- Equalizer Video Tutorial: Effektgrundlagen
- Effekt Grundlagen: Die neue Video-Workshop Serie auf delamar
Gründe für die Nutzung eines EQs
Es gibt eine Menge unterschiedlicher Gründe für den Griff zum EQ. Übliche Anliegen können sein:
- Verschiedene Sounds oder Instrumente in einem Mix besser zu vermischen.
- Einen bestimmten Sound, zum Beispiel Vocals, in den Mix zu bekommen.
- Eine bestimmte Spur oder Instrument aus dem Mix herauszustellen.
- Den Sound bzw. das Timbre eines bestimmten Instrumentes zu verbessern.
- Einen bestimmen Effekt aus kreativen Gründen zu kreieren (z.B. Telefonstimme).
Beginnen wir der Einfachheit halber mit den verschiedenen Parametern eines Equalizers, die ihr in der Regel an jedem EQ in der ein oder anderen Art vorfinden werdet.
Die Parameter eines EQ
Es gibt drei elementare Parameter:
Frequenz
Die Frequenz wird in Hertz (Hz) gemessen und steht beim EQ für die Mittenfrequenz. Es wird nicht nur die eingestellte Frequenz für sich verändert, sondern auch die um diese herum liegenden. Wie breit die Änderung wirkt, wird durch die Flankensteilheit bzw. Filtergüte Q (siehe unten) beeinflusst. [1000 Hz sind im Übrigen 1 kHz]
Gain
Gain wird in der Einheit Dezibel (dB) angegeben und bezeichnet den Lautstärkenzuwachs bzw. die -abnahme (Amplitudenänderung), die durch die Bearbeitung mit dem EQ an der eingestellten Frequenz entsteht.
Filtergüte Q
Die Filtergüte Q bezeichnet die Flankensteilheit des verwendeten Filters. Mit Q kann eingestellt werden, wie groß der Bereich um die gewählte Mittenfrequenz (Frequenzband) herum durch den EQ bearbeitet werden soll.
Equalizer Bauarten
Es gibt drei unterschiedliche Typen von Equalizern, die ich nachstehend für Euch erkläre.
Parametrischer EQ
Parametrische EQs sind in Tonstudios weit verbreitet und werden auch gerne in Channel Strips und Mischpulten eingebaut. Auch in der Musik-Software kann man sie aufgrund ihrer Flexibilität und Performance häufig vorfinden.
Der parametrische EQ bietet Einstellmöglichkeiten für Gain, Frequenz und Flankensteilheit, die für weiche Übergänge zwischen Frequenzbändern oder für schmale Bearbeitungen mit einer hohen Flankensteilheit genutzt werden können.
Je nach einstellbarer Flankensteilheit können parametrische Equalizer für fast schon „chirurgische“ Eingriffe in das Audiomaterial genutzt werden.
Shelving EQ
Ebenfalls weit verbreitet ist der Shelving EQ, der für eine globale Einstellung von hohen oder tiefen Frequenzen dient: Ab der gewählten Frequenz werden entweder alle darüber (High-Shelf) oder alle darunter liegenden (Low-Shelf) Frequenzen angehoben.
Die Bass und Treble Knöpfe an der Stereoanlage sind oft als Shelving EQ ausgelegt.
Grafischer EQ
Beim grafischen EQ ist jedem Frequenzband ein eigener (Schiebe-)Regler zugeordnet. Die Mittenfrequenzen und die Bandbreite der einzelnen Frequenzbänder ist bei dieser Art von EQ meist fest vorgegeben. Zum Bearbeiten der Frequenzen sind meist vertikal angeordnete Schieberegler vorzufinden, die das Boosten bzw. Cutten der jeweiligen Frequenz erlauben.
Grafische EQs werden gerne zur Kompensation der Raumakustik der Schallquelle herangezogen und sind häufig an höherwertigen Stereoanlagen oder auch als Outboard-Equipment für das Tonstudio zu finden.
Neben den oben genannten elementaren Parametern eines EQs finden sich an vielen Hardwaregeräten und Software-EQs noch Kontrollen für Input und Bypass. Mit dem Regler für Input kann die Eingangsempfindlichkeit am Gerät eingestellt werden, was zur Verhinderung von ungewollten Verzerrungen wichtig ist. Mit dem Bypass-Knopf kann der Effekt temporär zu Vergleichszwecken ausgeschaltet werden.
Equalizer Tutorial: Filtertypen
Man unterscheidet fünf Arten von Equalizer (EQ) bzw. Filtern:
Peak EQ
Dieser Typ kann eine bestimmte Frequenz anheben oder absenken. Der Parameter „Q“ gibt die Flankensteilheit des Filters an und beeinflusst damit die Breite der Anhebung bzw. Absenkung um die (Kenn-) Frequenz. Hohe Werte für die Flankensteilheit vermindern die Breite während niedrige Werte den beeinflussten Frequenzbereich verbreitert.
High-pass Filter
Dieser Filter lässt alle Frequenzen oberhalb der eingestellten Kennfrequenz durch und schneidet darunterliegende Frequenzen weg.
Low-pass Filter
Dieser Typ ist das genaue Gegenteil. Er lässt die tiefen Frequenzen passieren während die hohen Frequenzen abgeschnitten werden.
High-Shelf Filter
Mit diesem EQ können Frequenzen ab der eingestellten Kennfrequenz angehoben bzw. abgesenkt werden.
Low-Shelf Filter
Bei diesem EQ-Typ werden Frequenzen unterhalb der eingestellten Frequenz angehoben oder abgesenkt.
High-Pass-, Low-Pass- sowie die beiden Shelving-Filter eignen sich hervorragend, um Spuren zu mehr Transparenz und Klang-Klarheit zu verhelfen.
Noch mehr Details: EQ Filter-Typen FAQ »
Allgemeine Tipps zum Equalizer
Während des Abmischens eines Songs kommen prinzipiell zwei Möglichkeiten in Frage, um eine Spur mit dem Effekt EQ zu bearbeiten:
- Man bearbeitet die Spur im Solo-Modus
- Man bearbeitet die Spur im Kontext des Gesamt-Mixes
Im Zweifelsfall sollte man sich immer für die zweite Methode entscheiden, denn sonst passiert es schnell, dass man viel Zeit in eine „perfekt klingende“ Spur investiert, nur um später zu bemerken, dass es unmöglich scheint, die restlichen Instrumente sinnvoll hinzu zu mischen. Entweder die Spur sticht zu sehr heraus oder sie geht einfach im Mix unter. Schade um die Zeit, denn nun muss man von neuem mit dem Equalizer beginnen.
Der Solo-Modus hingegen eignet sich vortrefflich, um die charakteristischen Frequenzen oder ungewünschten Frequenzen einer Spur durch so genanntes „Sweeping“ heraus zu finden. Sweeping bedeutet nichts anderes als mit einem Peak-EQ mit viel Gain durch alle Frequenzen zu sweepen und dabei darauf zu achten, welche Frequenzen herausstechen.
Zur Verwendung von Equalizern in der Musikproduktion und im Homerecording könnte man ganze Bücher schreiben, deswegen will ich als weiterführende Lektüre an dieser Stelle nur auf folgende zwei Artikel zum Thema EQ verweisen:
EQ: Drei Grundregeln des Equalizing
EQ: Wann anheben und wann absenken
Anwendung des EQ
Wie auch alles andere in der Musikproduktion und dem (Home-) Recording ist das Anwenden von EQ eine Kunst, bei der man sich auf die eigenen Ohren verlassen und zunächst alle Fehler begehen muss, um aus ihnen zu lernen.
Ein gesundes menschliches Ohr kann in etwa Frequenzen zwischen 20 Hz und 20 kHz hören, die in verschiedene Frequenzbereiche aufgeteilt werden.
Übersicht: Equalizer Frequenzbereiche »
Es ist ratsam, sich diese Unterteilung zu verinnerlichen, um später einen beliebigen Effekt auf einer Spur gezielt kreieren zu können. Mit etwas Übung lernst Du schnell, bestimmte Frequenzen im Mix zu unterscheiden und sie richtig anzuwenden.
Hier eine kurze Übersicht über einige Instrumente und deren relative Frequenzen, die Dir als Startpunkt dienen können, um Deine eigenen EQ-Einstellungen zu finden:
- Snare Drum: Fülle, Smack bei 250 Hz / Crisp, HiFi bei 5 kHz
- Becken und HiHats: Fülle bei 240 Hz / Klarheit bei 8-12kHz
- Bass: Körper und Basis bei 60-80 Hz / Klarheit bei 2,5 kHz
- E-Gitarre: Kantigkeit bei 2,5kHz / Körper bei 200 Hz
- Akustische Gitarre: Körper bei 80-120 Hz / Fülle bei 240Hz / Klarheit bei 2,5kHz
- Klavier: Körper bei 80-120Hz / Präsenz bei 3-5 kHz / Schärfe bei 10 kHz
- Weibliche Vocals: Fülle und Wärme bei 200 Hz / Präsenz bei 5kHz
- Männliche Vocals: Fülle und Wärme bei 120 Hz / Präsenz bei 5kHz
Wie üblich sind dies keine allgemein immer-gültigen Einstellungen, das Ohr ist die letzte Instanz!
Hat der EQ Einfluss auf die Lautstärke?
Über den Einsatz von EQ beim Abmischen kann man viel diskutieren und dabei manchmal den Blick für das Essentielle verlieren: den Einfluss auf die Lautstärke.
Ob man den EQ vor oder nach dem Anpassen der Lautstärkeverhältnisse der Instrumente zueinander einsetzen sollte, da kann man geteilter Meinung sein. Einige Toningenieure schwören darauf, im ersten Schritt eine Spur mit dem EQ zu bearbeiten und erst danach die Lautstärke einzustellen. Andere machen es genau anders herum – ich selbst könnte diese beiden Arbeitsschritte schon fast gar nicht mehr voneinander trennen.
Ganz gleich wie man aber an diese Aufgabenstellung herangeht: man sollte sich immer bewusst sein, dass eine Absenkung oder ein Boost im EQ gleichzeitig eine Veränderung der Lautstärke des Instruments bedeutet.
Was bedeutet das in der Praxis? Habe ich das Volumen der Vocals in etwa gefunden und hebe diese um einige dB bei 3-4kHz an, so steigt die relative (und auch die absolute) Lautstärke der Vocals. Es bietet sich also an, die Vocals etwas im Volumen abzusenken, um die alte Relation wieder herzustellen. Und natürlich vice versa.
Auch bei den Lautstärkeverhältnissen gilt, dass Kontrast den größten Einfluss auf die Wahrnehmung des Hörers hat und dass es nicht einfach nur um absolute Werte geht.
Tutorial: Den Mix lauter machen in 10 Schritten »
Im Übrigen kann ich nur davon abraten, Effekte im Allgemeinen dazu zu verwenden, die Lautstärke eines Instruments anzuheben. Manchmal ist es besser wieder einen Schritt zurück zum Recording zu gehen.
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