Das kostenlose Desktop-Tonstudio – Teil 1
Welche Tools braucht ein Tonstudio?
Von Carlos San Segundo
Das kostenlose Desktop-Tonstudio – Teil 1
Die Auswahl der richtigen Werkzeuge hängt sicherlich in erster Linie von dem von uns bevorzugten Musikstil und in zweiter Linie vom Betriebssystem des Computers ab.
Wollen wir zum Beispiel elektronische Musik (wie House oder HipHop) produzieren, so benötigen wir einen soliden Midi-Sequenzer mit guten Edititierfähigkeiten und eine handvoll gut klingende, virtuelle Instrumente. Sind wir eher geneigt eine Rock- oder Pop-Produktion zu realisieren, dann ist ein Audio-Sequenzer zur Aufnahme der echten Instrumente sinnvoller.
In der Realität verwendet man oft aber kombinierte Audio-Midi-Sequenzer. Mit diesen kann man sowohl Midi-Spuren als auch Audio-Spuren zusammen aufnehmen, abspielen, editieren und mischen.
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Für unser Projekt „Das kostenlose Desktop-Tonstudio“ werden wir aber eher klassisch bleiben und das virtuelle Tonstudio rund um einen Audio-Sequenzer aufbauen, der zur Aufnahme und Bearbeitung von unseren Audio-Tonspuren dienen wird.
Und da die meisten Menschen heutzutage einen Windows-basierten Personal Computer nutzen (statt Apple Mac oder Unix / Linux), werden wir bei diesem Workshop von einem handelsüblichen PC mit Microsoft Windows als Betriebssystem ausgehen.
Im Vorwort zu diesem Projekt hatte ich ja bereits erwähnt welche Hardware unabdingbar sein würde. Der Vollständigkeit halber zähle ich sie an dieser Stelle nochmals auf: ein Computer mit Windows, eine Soundkarte mit mindestens einem Ein- und Ausgang und je nach Musikrichtung das ein oder andere Instrument, ein Mikrofon und natürlich alle benötigten Kabel.
Für diesen Artikel gehe ich davon aus, dass der Computer und die Soundkarte einsatzbereit sind und alles richtig verkabelt wurde.
Beginnen wir also nun unsere Liste der unverzichtbaren Werkzeuge.
Das Host-Programm: Audio-Sequencer / HD-Recording
Das Host-Programm (oder einfach Host) wird das Herzstück unseres virtuellen Tonstudios sein. Es ist die Schaltzentrale, in der unsere Musik aufgenommen und gemischt, und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt sogar noch gemastered werden wird.
Die Mindest-Anforderungen an unsere Host-Software werden folgende sein:
- Mindestens acht Audiospuren parallel abspielen
- ASIO-Treiber-Support für geringe Latenzen
- VST- oder TDM-Schnittstelle für Plugins
- Support für WAV, AIFF und vielleicht MP3 Audiofiles
- Ein virtuelles Mischpult (Mischer) mit Equalizer und Support für Insert-Effekte
- Möglichkeit komplette Arrangements und Songs zu einem Stereo-Audiofile zu exportieren
- Live Audio-Aufnahme von mindestens einem Stereoeingang
Viele Produktionen kommen zwar heutzutage nicht mehr mit nur acht Tonspuren aus, aber wenn wir die Möglichkeit haben den Output als Stereofile zu exportieren, dann können wir einfach mehrere Spuren auf eine Stereospur bouncen und damit weitere Resourcen freigeben.
Der ASIO-Treiber-Support ist wichtig, damit wir in Echtzeit an unserer Musikproduktion arbeiten können. Wenn wir zum Beispiel Instrumente live einspielen wollen, dann kommen wir mit den hohen Latenzen (300ms und mehr), die normale Soundkarten-Treiber liefern, einfach nicht mehr aus.
Die VST- oder TDM-Schnittstelle benötigen wir, damit wir externe Effekt-Plugins als Insert-Effekte auf einzelne Spuren legen können. Das funktioniert analog zu echten Mischpulten, die ebenfalls die Möglichkeit haben Insert-Effekte in den Kanalzug einzuschleifen.
Mit den oben genannten Anforderungen können wir also bereits sehr anständige Produktionen kreieren, wenn auch noch das Salz in unserer Suppe fehlt: einige Effekte, um die Produktion aufzupeppen.
Die Effekt-Küche
Manche Musik-Produzenten lieben es eine Vielzahl von Effekten in ihrem Tonstudio zur Verfügung zu haben und setzen diese auch gerne vielfältiug in ihren Produktionen ein. Aber wie ich im Vorwort zu „Das kostenlose Desktop-Tonstudio“ eingangs sagte, kommt es bei Musikstücken in erster Linie auf die Idee an und die Qualität der Produktion wird zweitrangig (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Schon mit einer handvoll Effekte kann man wunderbar klingende Produktionen kreieren. Bei diesem Tutorial fangen wir mit den drei wichtigsten Effekten an:
EQ / Equaliser
Der wichtigste Effekt in meinem Studio überhaupt ist der Equaliser! Viele sehen diese Klangregelung schon gar nicht mehr als eigenständigen Effekt an, so sehr sind in unserer Zeit EQs an allen möglichen Klangquellen zur Gewohnheit geworden.
Eine einfache und empfehlenswerte Variante ist es, wenn der EQ bereits im Mischpult integriert ist, in unserem Fall in der Mischkonsole des Host-Programms. Aus diesem Grunde hatte ich den EQ bereits in den Voraussetzungen an unser Host-Programm aufgenommen.
Sollten wir aber keinen Freeware Audio-Sequenzer finden, der bereits mit einer EQ-Sektion im Mischer ausgestattet ist, so werden wir versuchen diesen Effekt als Plugin für die VST-Schnittstelle zu finden.
Hall / Room / Reverb
Der nächste Effekt ohne den wir kaum auskommen werden ist der Hall. Das menschliche Ohr ist dermaßen daran gewöhnt Geräusche, Sounds oder Instrumente als Einheit deren direkten Klangs und deren näherer Umgebung (wie Erstreflexionen und Raum-Hall) wahrzunehmen, dass jeglicher Sound ohne Hall unangenehm auffällt und als unecht empfunden wird.
Für anspruchsvolle Produktionen verwendet man gerne eine Vielzahl von Geräten (oder Plugins) und Einstellungen für den Hall. Doch für unseren Workshop wird uns ein einfacher (aber gut klingender) Hall mit einer handvoll Presets wie „Room“ und „Hall“ ausreichen.
Da wir Menschen, wie weiter oben bereits erwähnt, sehr stark an Hall von Geräuschen in der Realität gewöhnt sind, sollten wir besonderes Augenmerk auf die Auswahl eines gut klingenden Halls werfen. (Tipp: bei der Kaufentscheidung für ein Hallgerät oder Hall-Plugin sollte man stets auf gute Qualität achten und versuchen möglichst wenige Kompromisse einzugehen.)
Kompressor / Limiter
Der meiner Ansicht nach nächst-wichtigste Effekt wäre ein Kompressor oder ein Limiter. Die Einsatzgebiete dieser sind vielfältig und gehen vom Einsatz zur Komprimierung von Vocal-Aufnahmen bis hin zur Anhebung der Gesamtlautstärke als Insert auf der Summe im Master-Kanal.
Auch klangbildende Veränderungen an Schlagzeug- oder Bass-Spuren können durchaus sehr nützlich sein, um die Musik transparenter zu machen oder das Instrument knackiger.
Von den drei bisher genannten Effekten ist der Kompressor / Limiter mit Sicherheit der erste auf den man verzichten könnte, wenn das Budget nicht reichen sollte oder (im Falle eines mehrfach verwendbaren Plugins) die Rechenleistung knapp wird.
Weitere nützliche Effekte
Über die bisher genannten Effekte hinaus könnten sich auch einige andere als überaus nützlich erweisen, auf die ich im Rahmen dieses Artikels nicht mehr so detailliert eingehen möchte.
Hier die Liste nach Wichtigkeit absteigend sortiert:
- Delay / Echo
- DeEsser
- Flanger, Chorus und Phaser
- Gate
- Harmoniser
- Overdrive / Distorsion
Wave-Editor
Um uns einige Arbeitsschritte zu erleichtern bietet es sich an, einen Wave-Editor zur Hand zu haben. Wave-Editoren können im Normalfall sehr gut mit großen Dateien umgehen (die bei der Aufnahme einer Musikproduktion ganz sicher zusammen kommen werden) und bietet darüber hinaus sehr gute Editierfunktionen bis ins Detail.
Das Verändern der Sample- und Bitraten sowie der Aufnahmefrequenzen gehört normalerweise zu den Basisfunktionen eines solchen Wave-Editors. Auch das Importieren und Exportieren von verschiedenen Audio-Formaten sollte berücksichtigt werden-
Und wer mit Audio-Loops (zum Beispiel Drum-Loops) in seiner Produktion arbeitet wird um einen Wave-Editor nicht herum kommen, um die Loops sinnvoll zurechtzuschneiden und vorzubereiten.
Für unsere Zwecke werden wir nach einem Programm Ausschau halten, das folgende Anforderungen abdecken kann:
- Importieren / Exportieren von Audio-Dateiformaten
- leicht Bearbeitung großer Dateien
- Analyse-Werkzeuge
- Veränderung von Tonhöhe
Fazit und Ausblick
Damit hätten wir also nun die wichtigsten Elemente für unser virtuelles Tonstudio beisammen. Ein Host-Programm zum Aufnehmen, Mischen und Mastern und eine handvoll Effekte zur Verschönerung unserer Aufnahmen.
Darüber hinaus noch einen Wave-Editor, der es uns ermöglicht einige wichtige Arbeitsschritte direkt an den aufgenommenen Wave-Dateien im Offline-Modus vorzunehmen.
Im nächsten Teil der Artikelserie und Workshops „Das kostenlose Desktop-Studio“ werden wir für alle oben genannten Werkzeuge eine Umsetzung in Form einer frei erhältlichen Software suchen.
Der nächste Teil dieses Workshops wird in etwa anderthalb bis zwei Wochen hier auf dem Blog veröffentlicht.
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