Audionetzwerke in der Musikproduktion
Einsatz und Anwendung erklärt

audionetzwerke musikproduktion
Wie funktioniert ein Audionetzwerk und für welche Anwendungszwecke nutzt man es? Hier gibt's die Antworten!

Markus Beug-Rapp Von Markus Beug-Rapp am 06. Dezember 2019

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Audionetzwerke in der Musikproduktion – Was ist das?

Audionetzwerke in der Musikproduktion benötigen digitalisierte Audiosignale, die via Netzwerkkabel übertragen werden. Die bekanntesten und weitverbreitetsten Protokolle auf dem Markt dürften derzeit Audinate Dante, EtherSound und CobraNet sein.

Vereinzelt spielt auch AVB (Audio/Video Bridging) eine Rolle. Zum Beispiel bietet Presonus die AVB-Stagebox NSB 8.8 an. Diese Stagebox bietet direkt einen Netzwerkausgang für die Mischpulte der StudioLive Serie 3 an.

Audinate Dante hat sich in den letzten Jahren quasi zum Standard entwickelt. Hier gibt es sehr viele Netzwerk-fähige Produkte für Studio und Bühne. Von Yamaha über Soundcraft, Midas, Allen & Heath bis hin zu Behringer gibt es Erweiterungskarten, Adapter, Netzwerkstageboxen und vieles mehr. Selbst eine virtuelle Dante-Soundcard für den PC oder Mac ist für ein schmales Budget erhältlich.


PASSEND DAZU


Wo werden Audionetzwerke eingesetzt?

  • In Tonstudios mit mehreren Aufnahme- und Mixing-Räumen
  • Bei Live-Events, Konzerten und Festivals
  • Beim Live Recording

Audionetzwerk live

Mit dem Aufkommen der Digitaltechnik hat die Livemusik-Industrie Audionetzwerke genutzt. Dafür gibt es eine Reihe guter Gründe:

Keine Multicores

Zum einen werden die Kosten dahingehend reduziert, dass keine teuren Multicores mehr benötigt werden. Mit dem Aufkommen der Netzwerktechnik reicht plötzlich ein CAT5e- oder CAT6-Kabel. Ja genau, die Kabel die auch für Computer verwendet werden.

Niemals am Übertragungsweg sparen!

Wie auch im Ratgeber erwähnt, sind gut verarbeitete Kabel mit hoher Lebensdauer und klarem Übertragungsweg nicht verzichtbar, wenn Du dir ein größeres Audionetzwerk aufbauen möchtest. Bedenkt man vor allem die Redundanz-Möglichkeiten, bietet dir der Hersteller Cordial eine einfache und hochwertige Option: Das CCAT 7A QUAD ist ein Langstrecken-Netzwerkkabel und vereint gleich vier Ethernet-Strecken in einem. Pluspunkt: Du kannst 4x so viel Daten übertragen oder auch 4 voneinander unabhängige Netze realisieren.

Auch kleine Netzwerke gut ausstatten

cordial ccat 6

Für Datenübertragung im „Kleinen“, also beispielsweise im Studio, kannst Du mit einem Kabel auch bis zu 250 MHz übertragen. Möglich macht’s das Cordial CCAT 6 Highflex. Dünn und platzsparend, wie wir es von PC-üblichen Kabeln kennen, kannst Du das Cordial CCAT 6 Highflex auf bis zu 55m legen. Gerade für Audioanwendungen ist das ideal, denn das Signal wird unverfälscht übertragen und kommt da an, wo Du es benötigst.

Weitere Infos zu Datenkabeln bei Cordial »

Mit dem Einsparen der Multicores tut sich zudem noch ein weiterer positiver Aspekt auf. Sowohl Truckspace als auch Gewicht werden weniger. Wer für große Produktionen Multicore-Installationen gesehen hat, weiß wovon ich spreche.

Redundant

Audionetzwerke können zudem sehr einfach und kostengünstig redundant aufgebaut werden. Was das bedeutet? Im Falle eines Ausfalls des Netzwerkkabels kann ohne große Kosten und Platzverlust einfach eine zweite Leitung gelegt werden, die man im Bedarfsfall einfach schnell umsteckt.

Wie Du dir denken kannst, ist das mit analogen Multicores kaum bis gar nicht realisierbar. Die Kosten würden merklich ansteigen und der knappe Platz im Livebetrieb lässt eine doppelte Absicherung auch nicht zu. Zudem kann man nicht innerhalb weniger Sekunden wieder betriebsbereit sein.

Audionetzwerke in der Musikproduktion
Das Dante Netzwerk-Protokoll ist redundant und sorgt somit für mehr Betriebssicherheit

Audinate Dante bietet die Redundanz sogar ab Werk. Beim Audionetzwerk mit Dante gibt es einen Primary- und einen Secondary-Port, der eine parallele Verkabelung zulässt. Falls also mal ein Signal unterbrochen werden sollte, erkennt das Dante-System das und switcht automatisch und unterbrechungsfrei um.

Klangqualität & Latenzen

Was es die Klangqualität und Menge an parallel übertragbarer Audiosignale anbelangt, hat Audinate Dante derzeit die Nase vorn. Dank des integrierten Gigabit-Supports können mit einem einzigen Netzwerkkabel bis zu 1.024 (512 x 512) Audiosignale hochauflösend übertragen werden. Je nach Komplexität des Audionetzwerks kann bestenfalls eine Latenz von 0,15 ms erzielt werden. Die maximale Samplerate liegt hier bei 192 kHz und 32 Bit Wortbreite.

CobraNet und EtherSound müssen sich im Bereich Audioqualität und maximale Audiokanäle hinter Dante einreihen. Die Audioqualität liegt hier maximal bei 96 kHz und 24 Bit. Auch die Maximalanzahl an übertragbaren Audiokanälen liegt bei EtherSound gerade einmal bei der Hälfte (256 x 256) gegenüber Dante. Und CobraNet bildet mit 64 Kanälen das Schlusslicht. Dafür sind beide Protokolle schneller als Dante: Während EtherSound mit 0,125 ms am schnellsten ist, folgt CobraNet mit 0,133 ms.

Redaktionstipp: MOTU A8

AVB-fähiges Audio Interface

netzwerk audio interface motu a8
Das MOTU 8A (die mobile Variante des beliebten 16A) kommt mit 8 analogen Ein- und Ausgängen, einem Kopfhöreranschluss und einem 8-Kanal ADAT-Ein/Ausgang – insgesamt stehen dir damit 34 simultane Audiokanäle zur Verfügung.

Das Thunderbolt-Audio-Interface bietet dir über das interne Routing maximale Flexibilität, denn jeder Eingang kann mit jedem Ausgang verbunden werden – ebenso kannst Du, zum Beispiel für das Live-Monitoring, auch die Ausgänge splitten.

Aber ohne Umschweife zum Netzwerk! Das MOTU A8 hat einen AVB-Anschluss und kann mit weiteren Audio Interfaces verbunden werden. Eine gute Basis für ein erstes Audionetzwerk; denn nicht jedes Equipment ist dafür geeignet, geschweige denn mit einem AVB-Anschluss ausgestattet. Netzwerk-Routing ist möglich, genau wie die Live-Anwendung als Mischpult. Sehr vielversprechend!

Das MOTU A8 wird sich sicher bald unsere MOTU Testreihe erweitern. Unter Beweis gestellt haben sich bereits:
MOTU 828es [Testbericht] »
MOTU MicroBook IIc [Testbericht] »

Trotzdem zu langsam im Internet

Wie man bei allen drei Kandidaten erkennt, spielt eine solch geringe Latenz keine nennenswerte Rolle bei Audio-Echtzeit-Übertragungen. Diese geringen Latenzen können jedoch nicht via Internet-Übertragung und Echtzeit-Audio-Anwendung aufrechterhalten werden.

Egal ob bei Fernseh-Liveübertragungen, Skype-Telefonaten, Livestreams auf YouTube, etc. – die Verzögerungen sind in diesen Fällen zu hoch für virtuelle Jamsessions. Oder doch nicht? Später mehr dazu ;-)

Ab ins Internet

Insbesondere für Producer spielt das Internet eine sehr interessante Rolle. Doch zuerst eine kleine Zeitreise zurück in die frühen 2000er-Jahre.

„I have a Dream!“ diesen Satz haben wir mit Sicherheit alle schon einmal gehört. Und als recordender, visionärer Musiker passt diese Aussage zum Thema „Audionetzwerke in der Musikproduktion“ wie der sprichwörtliche Stecker in die Buchse ;-)

Denn mit Netzwerktechnologie und einer schnellen Internetleitung ging zunächst für viele Producer, Musiker und Sänger ein Traum in Erfüllung. Gemeinsames Arbeiten war nun global und in „Echtzeit“ möglich. Echtzeit? Beinahe!

Das erste Mal, dass ich mit Audionetzwerke für die Musikproduktion in Berührung kam war Anfang der 2000er-Jahre. Damals war in Steinberg Cubase VST32 das Rocket-Netzwerk implementiert. Ich habe das für die eine oder andere Produktion genutzt und war begeistert von der Aussicht.

Wie nicht anders zu erwarten war diese Technologie damals sehr buggy und langsam. Man muss aber fairerweise zugestehen, dass die damaligen DAWs noch sehr limitiert waren und das Internet gerade erst ins DSL-Zeitalter gestartet ist.

Trotz langer Latenzen sind Livejams möglich

Wie auch immer. Damals haben sich neue Tore geöffnet, als man direkt in der DAW mit einem weiteren Recordingpartner in Cubase produzieren konnte. Letztendlich konnte man sich während einer Session unterhalten und man hat im heimischen Studio aufgenommen. Diese Audiodateien wurden dann direkt up- und downgeloadet und standen allen Kollaborationspartnern (fast) in Echtzeit zur Verfügung.

Wer die App Smule kennt, weiß, dass gemeinsame Recordingsessions in Echtzeit über das Internet möglich sind. Auch NINJAM ermöglicht Live-Online-Jamsessions für Musiker. Was bizarr klingt ist es auch, funktioniert aber.

Audionetzwerke in der Musikproduktion
Mit NINJAM kann man live im Internat jammen und gemeinsam an Musikproduktionen arbeiten

Krumme und lange Latenzen in Millisekunden lassen eigentlich ein gemeinsames Online-Musizieren nicht zu. Bei NINJAM wird jedoch eine längere Latenz eingeplant; diese wird hingegen auf ein musikerfreundliches Taktraster angepasst und zeitlich verzögert gestreamt. Das ermöglicht es zumindest komprimierte Audiosignale nahezu in „Echtzeit“ zu streamen und dennoch ein Livefeel zu vermitteln. Klingt komisch, ist aber so. Hier kann ich nur raten, das Ganze einfach auszuprobieren.

Ich nutze NINJAM übrigens im Verbund mit Reaper, da gehört es nämlich als PlugIn zum Programumfang. Neben den Livejams kann man via NINJAM auch gemeinsam mit anderen Producern an Reaper-Projekten arbeiten.

Die Schattenseite

Einen großen Nachteil bei der Übertragung von vielen Audiosignalen über nur ein einziges Kabel gibt es. Geht dieses eine Kabel nämlich kaputt, fällt auf einen Schlag alles aus. Wenn bei einem analogen Multicore ein Kabel den Dienst quittiert, fällt in der Regel nur ein Kanal aus.

Auch Reparaturen an CAT5-/CAT6-Kabeln, -Steckern und -Buchsen sind ohne spezielles Fachwissen nicht möglich. Während bei analogen Kabelstrecken normalerweise jeder mit Lötkenntnissen sich selbst helfen kann.

Was man alles benötigt

Um ein Audionetzwerk einzurichten benötigst Du zunächst einmal einen Ethernet-Switch oder einen Router. Hierbei funktioniert übrigens jeder handelsübliche Router. Dann benötigst Du Dante-netzwerkfähige Produkte.

Auch wenn CAT-Kabel nicht klingen, empfehle ich dir ein professionelles Kabel. Die Kabel von SOMMER CABLE, Klotz und Cordial sind nämlich robuster aufgebaut und versprechen somit eine längere Haltbarkeit. Neutrik und Hicon hingegen bieten robuste und professionelle Ethercon und RJ45 Stecker an.

Für das Routing von Audiosignalen in einem Dante-Netzwerk benötigt es keine spezielle Routing Hardware. Audinate bietet stattdessen mit Dante Controller eine kostenlose Routing Software an.

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