Talent ist eine Lüge
Von Carlos San Segundo am 17. April 2022
Was ist Talent?
Sicherlich kennst du diesen einen Menschen, der so unglaublich gut Gitarre oder Klavier spielen kann, der ein echtes Sport-As ist oder ein wahres Genie in seinem Feld. Und Du denkst: Ich kann das nicht.
Das ist falsch.
Talent hat ziemlich wenig mit Erfolg oder Intelligenz oder dem Genial-Sein zu tun. Das zeigen nicht nur die Erkenntnisse aus der Wissenschaft – das kannst Du ziemlich einfach an deinen eigenen Beobachtungen ablesen.
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Die Schattenseite des Talents
Talent kann ein Nachteil sein. Oder besser gesagt der in der Gesellschaft verankerte Glauben, wie Talent funktioniert. Wie häufig hast Du in deiner Kindheit Sätze gehört wie „Das solltest Du lieber sein lassen.“ „Du bist da total untalentiert für.“ „Wenn Du singst, fängt es draußen zu regnen an.“?
Dahinter verbirgt sich ein Irrglaube, den viele Menschen schon in der Familie in jungen Jahren beigebracht bekommen: Talent ist angeboren. Oder eben nicht. Und das ist falsch.
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War Mozart ein Talent?
Klar, auf den ersten Blick könnte man meinen, dass Wunderkinder wie Mozart oder Tiger Woods mit einem gottgegebenen Talent auf die Welt gekommen sind, das sie unglaublich genial machte. Schauen wir aber genauer hin, können wir eine ganz andere Parallele feststellen.
Sowohl Mozart als auch Woods sind bereits im Kindesalter durch ihr Können aufgefallen, doch der Grund dafür waren ihre Väter. Denn diese haben sich sehr stark für ihre Kinder eingesetzt und bemühten sich als engagierte Lehrer.
So wurde Mozart bereits mit vier Jahren von seinem Vater Leopold unterrichtet. Aber der junge Mozart wuchs von Anfang an mit Musik auf. Er konnte praktisch von der Wiege aus beobachten, wie der Vater seine fünf Jahre ältere Schwester in Klavier, Violine und Komposition unterrichtete. Bei Tiger Woods begann das Lernen sogar im zarten Alter von zwei Jahren.
Beide Kinder lernten, übten und perfektionierten ihr Können – vielleicht wollten sie nur den Wünschen der jeweiligen Väter gerecht werden. Aber beide wurden schon sehr früh an die Musik bzw. das Golfen herangeführt und verfolgten danach willensstark und dauerhaft ihre Ziele.
So gut, dass sie heute im Volksmund als Wunderkinder gelten.
Übung macht den Meister
Das bringt uns gleich zum nächsten Punkt: Übung ist wichtiger als Talent. Und zwar viel wichtiger.
Als Mozart mit 21 Jahren sein erstes Meisterwerk schrieb, hatte er bereits 17 Jahre lang geübt. Er hatte nicht nur das Klavier und Geige spielen geübt, sondern auch zahlreiche Kompositionen kreiert.
Als Tiger Woods in der Öffentlichkeit mit seinem Golfspiel auffiel, hatte auch er mehr als zehn Jahre lang unter enger Anleitung seines Vaters geübt. Beide hatten also ihr Können viele Stunden lang trainiert.
Vergleichen wir doch mal, was mit dem Können passiert, wenn ein Mensch dieses trainiert und ein anderer nicht. Unser Talent hat einen steilen Anstieg im Können gleich zu Beginn. Das ist das, was wir bei talentierten Menschen beobachten: dass sie sofort Dinge beherrschen, die wir selbst noch nicht können oder noch nicht so gut.
Was aber passiert, wenn das Talent nicht weiter übt? Sein natürliche Können stagniert – er erreicht ein Plateau, das danach fast gleich bleibt.
Nehmen wir dann einen untalentierten Menschen dazu. Dieser hat zwar kein natürliches Können, übt im Gegensatz zu unserem Talent aber jeden Tag für einige Stunden. Zu Beginn liegt sein Können unter dem des Talents. Doch schon nach kurzer Zeit überflügelt er das weniger fleißige Talent in seinem Können.
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Und was passiert, wenn beide fleißig sind und üben? Dann kommt es darauf an, wer mehr Zeit in das Praktizieren seiner Skills steckt. Wie schnell also beide ihre Skills verbessern können. Und auf einen weiteren, noch wichtigeren Punkt, den ich dir gleich noch verraten werde.
Jemand, der wirklich weiß, wie man Talent einsetzt, ist der Rapper Jay Z. Aber wenn Du denkst, dass er nur das Rap Business dominiert hat, dann irrst Du dich gewaltig. Aber dazu später mehr.
Der Weg zum Erfolg
Okay, die schlechte Nachricht zuerst: Wer in etwas besonders gut sein möchte, muss eine Menge harter Arbeit reinstecken. Oder wie der Volksmund sagt: Von nichts kommt nichts.
Malcolm Gladwell beruft sich in seinem Buch „Outliers“ auf eine amerikanische Studie, die zu folgendem Schluss kam: Wer ein Meister seines Fachs werden möchte, muss 10.000 Stunden reinstecken – also üben.
Um das etwas anschaulicher zu machen: Wer 4 Stunden am Tag, 5 Tage die Woche übt, schafft jede Woche 20 Stunden. Wenn Du das 50 Wochen im Jahr über 10 Jahre hinweg machst, kommst Du auf eben jene 10.000 Stunden.
Und die gute Nachricht: Die meisten von uns bleiben nicht einmal so lange an einer Sache dran, geschweige denn, dass sie sich voll und ganz dieser Sache widmen. Dabei ist das aber notwendig. Und genau das deine Chance.
Einfach nur da zu sitzen und wahllos auf dem Klavier oder der Gitarre zu spielen, Sudokus zu lösen oder Bälle über das Netz zu schlagen, reicht nicht aus. Du brauchst einen richtigen Trainingsplan, der deine gesteckten Ziele verfolgt und dein Können gezielt verbessert.
Wachstum entsteht außerhalb der Komfortzone
Das bedeutet, dass Du außerhalb deiner Komfortzone üben musst – in der Lernzone. Bleibst Du in der Komfortzone, lernst Du nichts dazu. Gehst Du aber raus und traust dich an Aufgaben, die dir eben noch nicht so gut gelingen, wirst Du besser.
Machst Du das regelmäßig, werden diese neuen Aufgaben deine Komfortzone erweitern – sie werden Teil von ihr. Und dann musst Du wieder neue Übungen finden, die dich erneut aus der Komfortzone bringen.
Dabei musst Du nur darauf achten, dass Du nicht so weit außerhalb deiner Komfortzone agierst, dass Du in die Panikzone kommst. Es reicht, gerade außerhalb der Komfortzone zu üben, solange Du die Grenzen immer wieder verschiebst.
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Und hier gibt es noch eine weitere Studie von 1992, die hochinteressante Erkenntnisse gebracht haben zum Thema Talent und richtigem Training. Untersucht wurden Violinisten, die zuvor in Elite-Geiger, sehr gute Geiger und durchschnittliche Geiger unterteilt wurden.
Nicht nur, dass die besten unter ihnen mehr als drei Mal so viel übten wie ein durchschnittlicher Violinist. Sie haben ihr Training auch clever gelegt: Sie haben mit dem Üben angefangen, wenn sie frisch waren – also nach dem Aufstehen. Die durchschnittlichen Geiger hingegen übten erst am Ende des Tages – wenn sie erschöpft vom Tag waren.
Ganz klar: Engagiertes Üben wird dich aus der Reservemannschaft in die erste Liga katapultieren. Und Du noch wichtiger: Du wirst jedes Talent damit überflügeln können.
Wie dein Wille zum Talent führt
Dein Können hängt zudem noch davon ab, wie ausdauernd Du am Ball bleibst. Und damit sind wir bei deiner Willenskraft angekommen. Erfolgreiche Menschen werfen niemals das Handtuch. Sie sind wie ein Stehaufmännchen, das sich immer wieder aufrichtet – egal wie oft Du es umstößt.
Du kannst dir Mark Zuckerberg und seine schlechte Publicity ansehen. Egal wie schlimm es um den Ruf von Facebook, Instagram oder Whatsapp je gestanden hat – Zuckerberg ist nie abgetaucht und auf eine schöne Insel verschwunden. Er hat ein dickes Fell und möchte seine Ziele verwirklichen – er hält durch.
Oder nimm den Erfinder der Glühbirne, Thomas Edison. Er scheiterte zunächst mit seinen Versuchen, eine elektrische Glühlampe zum Funktionieren zu bringen. Ihm wird folgendes Zitat nachgesagt: „Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, wie es nicht funktioniert.“
Beharrlichkeit ist der Schlüssel zum Erfolg, und dafür braucht niemand ein besonderes Talent, sondern nur den sturen Willen zum Erfolg. Deine Willensstärke ist, was dich durch frühmorgendliches Üben, lange Nächte, Rückschläge und auch harte Kritik tragen wird. Du entscheidest selbst über deine Motivation, Du selbst entscheidest weiterzumachen.
Dein Talent: Jeder Tag zählt
Talent bedeutet nichts, wenn Du nichts dafür tust. Und am Ende entscheidet dein Glauben darüber, ob Du erfolgreich mit dem sein wirst, was Du tun möchtest. Ob Du daran glauben möchtest, dass Talent gottgegeben ist oder dass Talent eine Frage des Wachstums ist – Du wirst auf jeden Fall damit recht behalten – zumindest in deinem eigenen Fall.
Es gibt kein Limit, wie gut Du werden kannst. Jeden Tag ein bisschen besser, wenn Du dir dafür deine Zeit nimmst.
Verlässt Du dich hingegen auf dein natürliches Talent, wirst Du im Vergleich mit fleißigen Mitspielern nicht mithalten können. Und Du wirst schneller demoralisiert sein. Dann wird ein anderer Gitarrist besser spielen und für den nächsten Gig gebucht. Oder ein anderer gewinnt das Tennisturnier.
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Aber selbst wenn Du denkst, dass Talent sehr wichtig ist, kannst Du dir folgende Frage stellen: Hat jeder talentierte Mensch Erfolg? Auf keinen Fall. Fähigkeiten werden erlernt und sind nicht angeboren.
Und jetzt kommen wir zum Bonus über den Rapper Jay Z und sein wahres Talent. Die meisten Leute stellen sich bei dem Namen Jay Z einen großartigen Rapper vor, der die Hiphop-Szene lange Zeit in Atem gehalten hat und bis heute gefeiert wird. Und natürlich ist das auch wahr.
Er hat es vom Drogendealer zum Rap-Superstar gebracht und ein Vermögen von 864 Millionen angehäuft. Aber das stammt nicht nur aus seiner aktiven Zeit als Musiker.
Im Jahr 1999 gründete er das Bekleidungslabel RocaWear, das er später gewinnbringend verkaufte. Er investierte in Immobilien und ein Basketball-Sportteam, gründete zudem eine lukrative Agentur für Profi-Sportler und ist Chef von insgesamt 20 Unternehmungen im Bereich des Musikbusiness.
Der Streaming-Dienst Tidal ist vielleicht das bekannteste Projekt von Jay Z außerhalb seiner Rap-Karriere. Und der Punkt? Das alles sind erlernte Fähigkeiten, die nichts mit seinem natürlichen Können als Künstler zu tun haben.
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