Digitaler Musikvertrieb
Hilfe, meine Kündigung wird ignoriert!
Von Alexander Schölzel am 22. Juni 2018
Distributorenwechsel für Hartgesottene
Digitale Musikvertriebe sollen einem eigentlich das Künstlerleben leichter machen. Doch auch im Bereich der Online-Distributoren scheint es das ein oder andere schwarze Schaf zu geben. Was war passiert?
Erfahrungsbericht: Kündigung ignoriert, Rechnungen verschickt
Ein Leser schildert uns seinen leidvollen Weg, raus aus einem Vertrag mit einem Distributor, der sein Vertrauen bei ihm mittlerweile verspielt haben dürfte. Sein augenscheinlich einfaches Ziel: Den Musikvertrieb wechseln und damit folglich den Takedown all seiner bereitgestellten Alben veranlassen. Der Musikvertrieb DooLoad versteht sich eigenen Angaben nach als Serviceplattform für Musiker und Labels. Service jedoch, ist genau das, woran es mangelt.
In dem uns geschilderten Fall sind insgesamt fünf Releases seit April 2012 über DooLoad an verschiedenste Musikshops und Streaming-Portale verteilt worden. Vier Jahre lang verläuft alles in geordneten Bahnen. Nach der Entscheidung, den Weg mit einem neuen Distributor fortzusetzen, wird im April 2016 postalisch eine schriftliche Kündigung an DooLoad verschickt. Die Reaktion darauf – keine. Eine zweite Kündigung, die im Oktober 2016 als Einschreiben auf den Weg gebracht und nachweislich entgegengenommen wurde, verlief ebenso ins Leere.
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Rechnung trotz Kündigung?
Per E-Mail geht im April 2017 eine neue Rechnung ein: Der Vertrag wurde automatisch um ein Jahr verlängert. Kein Wunder, wenn eine ordentliche Kündigung gleich zwei mal – aus welchen Gründen auch immer – nicht den Weg in die Bearbeitung findet. Es folgt ein Widerspruch per E-Mail, mit dem Verweis auf die schriftliche Kündigung. Doch auch diesmal trifft man bei DooLoad auf taube Ohren.
Wir können nicht eigenmächtig Takedowns veranlassen
Der Beweis dafür, wie schlecht es um den Service gestellt sein muss, trifft im Mai 2017 in Form einer Zahlungserinnerung ein, was in einen erneuten Widerspruch mündet. Einige Zeit passiert nichts, beide Seiten ruhen. Mit neuer Kraft kommt die Lösung im März 2018 auf ungewöhnlichem Wege. Mittlerweile ist auch ein Rechtsanwalt in Bereitschaft versetzt worden.
Takedowns auf Umwegen
Problematiken und Skepsis gegenüber DooLoad scheinen im Netz keine Seltenheit zu sein. Bereits mit geringem Rechercheaufwand trifft man auf teils verzweifelte, teils erboste Forenbeiträge von Nutzern, die vergebens versuchen, den Musik-Distributor zu kontaktieren. Kündigungen werden nicht bestätigt, Quartalsabrechnungen nur sehr schleppend erstellt.
Was in dem hier geschilderten Fall letztlich zum Erfolg führte, ist ein vertrackter Umweg über Formulare, mit dessen Hilfe sich Copyright-Verletzungen bei Apple sowie Spotify melden lassen. Nachdem Spotify kommentarlos alle gewünschten Releases entfernt, meldet sich Apple per Mail, um anzugeben, die Sache mit dem Provider zu klären. Scheinbar fungiert zwischen DooLoad und den Musikshops bzw. Streaming-Diensten ein weiterer Dienstleister: Zebralution.
Zebralution veranlasst letztlich die Löschung der Titel – plattformübergreifend. Yandex, Google Play, Deezer, Napster, Amazon – überall reagiert man. In einer Anfrage an Zebralution verweist man jedoch weiterhin an DooLoad: »Wir können nicht eigenmächtig Takedowns veranlassen, ohne dass DooLoad uns damit beauftragt. DooLoad liefert den Content an uns als Distributionsservice und sind da der Part, der aktiv werden muss.«, heißt es in der Rückmeldung.
Zebralution gibt aber auch zu verstehen, dass es in der Tat der Weg über das Formular für Copyright-Verletzungen gewesen sei, der den Stein ins Rollen brachte.
Digitaler Musikvertrieb – Was es zu beachten gilt
- Je nach AGB des Musikvertriebs kann es sein, dass sich deine Vertragslaufzeit automatisch verlängert – achte darauf rechtzeitig zu kündigen und lasse dies im besten Fall schriftlich per Einschreiben geschehen. Bewahre alle Quittungen und Belege auf!
- Achte darauf, wie deine potentiellen Einnahmen abgerechnet werden. Also: Wie oft wird abgerechnet? Wohin geht dein Geld?
- Vergleiche die Musikvertriebe am Markt. Inzwischen haben sich eine ganze Reihe an digitalen Distributoren aufgestellt. Nicht immer sollte der günstigste Preis entscheiden.
- Ein Blick ins Impressum kann sich lohnen. Wo sitzt das Unternehmen? Sollte es einmal zu Rechtsstreitigkeiten kommen, möchte man nicht unbedingt in den USA vor Gericht ziehen.
- Wenn es hart auf hart kommt: Wende dich, wie in unserem Beispiel, in Härtefällen direkt an Musikshops und Streaming-Portale und mache Copyright-Verletzungen geltend.
- Soll sich künftig ein neuer digitaler Musikvertrieb um die Verteilung deiner Musik kümmern, behalte die bereits verwendeten EANs sowie ISRCs bei. Damit stellst Du sicher, dass auch alte Songs immer noch in bereits angelegten Spotify Playlisten vorhanden sind.
Wie sind deine Erfahrungen?
Nutzt Du selbst digitale Musikvertriebe? Welche Erfahrungen kannst Du mit uns teilen und welche Dienste besonders empfehlen?