Kraftwerk vs. Moses Pelham
BGH-Urteil zum Sampling gekippt

Kraftwerk Moses Pelham Sampling
Moses P. vs. Kraftwerk - 1:0 ... das BVerfG entscheidet zugunsten von Pelham im Streit um Sampling

Alexander Schölzel Von Alexander Schölzel

ANZEIGE

Sieg für Moses Pelham

Moses Pelham hat nun im Streit um die Verarbeitung des Tonfetzens einen Etappensieg vor dem Bundesverfassungsgericht errungen. Somit hat seine eingereichte Verfassungsbeschwerde doch noch späte Früchte getragen. Die ursprünglich vom Bundesgerichtshof gefällten Urteile sind hinfällig.

Vize-Gerichtspräsident Ferdinand Kirchhof begründete die Entscheidung mit der Dauer der verwendeten Tonsequenz. Aus dem Schnipsel sei letztlich doch ein eigenes musikalisches Kunstwerk entstanden. Kraftwerk habe durch die Verwendung keinen finanziellen Schaden zu beklagen.

Die Richter senden ein wichtiges Signal und sind der Auffassung, dass ein Verbot »die Schaffung von Musikstücken einer bestimmten Stilrichtung praktisch ausschließen« würde.


PASSEND DAZU


Kraftwerk vs. Moses P. – Kunstfreiheit oder Urheberschutz?

Erfordert bereits die Übernahme kleinster Schnipsel eines Musikstücks die Klärung von Rechten? Es betrifft eine zweisekündige Rhythmus-Sequenz des Kraftwerk-Titels »Metall auf Metall«, die einst Produzent Moses Pelham im Stück »Nur Mir« für Sabrina Setlur verwendet hat. Ralf Hütter, Gründungsmitglied der Elektropop-Pioniere Kraftwerk, klagte bereits zweimal durch alle Instanzen. Landgericht, Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof befassten sich mit dem Fall. Schon nach einem ersten Urteil 2008, sowie im Revisionsprozess 2012, erhielt er Recht.

Kraftwerk vs. Moses Pelham: BGH-Urteil zum Sampling gekippt
Moses P. | Bild: Tobias Schmidt [Ausschnitt, CC-BY-NC-SA 2.0]

Nach Einreichung einer Verfassungsbeschwerde durch Pelham und Setlur, sprach nun das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort. Konkret ging es in den vergangenen Prozessen nicht direkt um das Urheberrecht, vielmehr wurde auf Grundlage des Leistungsschutzrechts des Tonträgerherstellers geurteilt. So kam es schließlich auch dazu, dass Pelham Kraftwerk eine Lizenzgebühr von 17.500 Euro anbot, worauf man sich angesichts der Vorgeschichte aber nicht mehr einlassen wollte.

Damals ist der BGH zu dem Entschluss gekommen, dass Sampling nicht erlaubt sei, sofern es einem »durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten« möglich wäre, eine Tonfolge dieser Art zu reproduzieren, also selbst einzuspielen. Sich als Musikproduzent auf Kosten anderer etwas einzusparen, solle durch Sampling nicht ermöglicht werden.

Kulturtechnik Sampling

Moses Pelham argumentierte einst damit, dass es ohne Sampling keinen Hip Hop gäbe. Es gehöre zur Kunst, dass man sich mit anderer Kunst auseinandersetzt. Tatsächlich ist Sampling inzwischen etwas, dass längst nicht mehr nur professionelle Musikproduzenten tun. Wir leben in Zeiten digitaler Remix- und Mashup-Kulturen. Es geht beim Sampling weniger um bloße Tonfolgen. Vielmehr geht es um die Auseinandersetzung mit anderen Werken. Richtig wäre es, Samples als eine Art Tonzitate mit gewollter Erkennbarkeit zum zitierten Künstler anzusehen.

Die Tatsache, dass Kraftwerk eine der einflussreichsten Bands der vergangenen dreißig Jahre ist, ruht wahrscheinlich nicht nur auf ihrem innovativen Sound. Sie beruht auch darauf, dass sie immer wieder gesampelt wurde.

Mit dem heutigen Urteil sind wichtige, grundsätzliche Weichen gestellt worden, wie mit den Kulturtechniken der Gegenwart umgegangen werden muss. Kunst, Kultur, Sampling, aber auch Remixing – alles baut doch irgendwie aufeinander auf. Speziell das Sampling, sollte immer auch als eine Art Hommage an das Original angesehen werden.

Wie stehst Du zum gefällten Urteil? Siehst du Sampling als eine eigene Kunstform an? Sollte man vielleicht doch vor der Verwendung eines Samples einfach freundlich fragen?

ANZEIGE

EMPFEHLUNGEN