Karriereguide für Musiker (Teil 2)
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Von Carlos San Segundo
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Der Karriereguide für Musiker ist eine Serie mit vier Folgen, die auf dem gleichnamigen Buch beruht.
Folge 1: Erfolg im Musikbusiness
Folge 2: Profil zeigen
Folge 3: Persönliche Standortanalyse
Folge 4: Visionäre Ziele erreichen
Der Guide resultiert aus den Workshops „Karrieresteuerung und Selbstmanagement für Musiker“, die Christina seit fünf Jahren anbietet, und aus Interviews mit Profimusikerinnen und -musikern, die ihre individuellen Erfahrungen im Musikgeschäft schildern.
Profil zeigen – Karriereguide für Musiker Teil 2
Zufrieden ist, wer ein Leben führt, das ihm entspricht. Führen heißt gestalten. Ein Leben führen heißt, es unserem Wesen entsprechend zu gestalten. Nachhaltiger Erfolg kann eintreten, wenn wir unsere Anlagen erkennen, fördern, einsetzen und selbstbewusst dafür einstehen.
„Früher habe ich versucht, der beste Schlagzeuger zu sein. Heute versuche ich nur noch, der beste Benny Greb zu sein. Das kann sonst keiner.“ Dieser Satz bringt nicht nur diesen Artikel auf den Punkt. Er benennt auch ein Erfolgsrezept, das vielen von uns schwer fällt, umzusetzen. Es gibt einen Haufen großartiger Schlagzeuger, die ein Vorbild für Benny Greb [1] waren und noch sind, doch er ist wie keiner von ihnen. Und das ist gut so. Wann immer wir versuchen, so gut zu sein, wie jemand anderes, oder besser, sind wir verloren. Denn wir entfernen uns von uns selbst und damit von unserer zentralen Kraft- und Inspirationsquelle.
Das Musikbusiness ist ein weites Feld und der Erfolg wartet in den Nischen, die maßgeschneidert zur Person passen. Hört sich leicht an. Ist es aber nicht, denn seine Anlagen wahrzunehmen und sie konsequent zu entfalten ist kein aktuelles Ideal unserer Kultur. Viele von uns wurden in eine ganz andere Richtung erzogen und ausgebildet, als es unseren natürlichen Anlagen entsprochen hätte. Das ist ein Problem, denn viele von uns können in den klassischen Tätigkeitsfeldern nicht gut und zufrieden sein, aber wissen auch nicht, womit sie in anderen Bereichen Erfolg haben können, weil diese jenseits ihres Horizontes liegen.
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Schauen wir uns die Elemente dieses Profils einmal näher an. Zu den Stärken zählen Unterpunkte: Erfahrungen, Begabungen und Know-How. Erfahrungen geben uns Sicherheit: Auf dem Terrain kennen wir uns aus, da können wir sicher auftreten. Unsere Begabungen ermöglichen es uns, Dinge mit großer Leichtigkeit zu erlernen und auszuführen, wie zum Beispiel ganz selbstverständlich Melodien und Harmonien herauszuhören oder geradezu spielerisch mit dem Musikprogramm eines Computers umgehen zu können.
Ein Profil…
…ist eine übersichtliche Darstellung unserer relevanten persönlichen Merkmale. Das sind unsere Stärken (Erfahrungen, Begabungen und Know-How), unsere Interessen, Träume, Persönlichkeit und ein Gefühl von Berufung. Es hilft dir, deine Möglichkeiten zu erkennen, zu erweitern und zu gestalten. So kannst du deinen Platz im Leben und im Musikbusiness finden, an dem du dich „richtig“ fühlst. Es ist ein roter Faden, anhand dessen du dich selbstbewusst präsentieren und für dich und deine Musik werben kannst. Dein Profil ist der Wegweiser zu dem Erfolg, der dir entspricht.
Eine Begabung macht das Lernen leicht, es macht Spaß! Und sie bestimmt das Ausmaß der Entwicklung, die möglich ist. Neben seiner unübersehbaren musikalischen Begabung und der Tatsache, dass er umwerfend gut aussieht, sagt Benny von sich, dass er gut zuhören kann. Das Zuhören ist auch eine Herangehensweise, die ihn an DJs und Produzenten begeistert. Sie konzentrieren sich voll auf den Sound, während „Instrumenten-Musiker“ oft mehr mit ihrem Instrument beschäftigt sind, als mit dem, was für den Zuhörer dabei herauskommt.
Daher, so Greb, kann ein Recording emotionaler werden, als „handgemachte“ Musik. Im Unterricht, so sagt der jüngste Schlagzeugdozent Europas, sollte ein Lehrer erstmal ganz lange zuhören, ehe er beginnt, zu erzählen. Zuhören können, kann ein Talent sein, kann aber auch geschult werden. Um uns zu entwickeln, müssen wir unsere Talente mit Wissen und Handwerkszeug nutzbar machen. Dieses Know-How erwerben wir durch Lernen, Ausprobieren und Üben, Üben, Üben, bis unser Handwerkszeug zum verlängerten Körperteil wird.
Wenn uns etwas wirklich interessiert, können wir uns richtig hineinversenken, ohne dass wir je die Lust daran verlieren. Das kann das stundenlange Hören und Vergleichen der Aufnahmen von Gitarrengrößen aus den Siebzigerjahre sein. Der jugendliche Benny Greb ließ die Lehrvideos großer Schlagzeuger-Koryphäen so lange laufen, zurückspulen, laufen, im Zeitraffer laufen, wieder von vorne, bis die Bänder irgendwann heraushingen und er das Zeug nachspielen konnte. Auf solche Weise eignen wir uns mühelos und aus reiner Freude an der Sache über die Jahre einen großen Wissens- und Erfahrungsschatz an, der uns manchmal gar nicht bewusst ist.
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Unsere Träume, als weitere Komponente unseres Profils, können wir als Varianten eines Lebens ansehen, das in unserem Unterbewusstsein oder in unserer Phantasie existiert, eines Lebens, das in uns angelegt ist. Kinderspiele sind erste Hinweise darauf. Klar schlug Benny Greb auch auf Töpfe und Kisten ein. Doch er trommelte nicht nur, er stand auch vor dem Spiegel und spielte Luftgitarre. Und er war fasziniert von einem Film über eine Bigband, fasziniert von diesen Musikern in Anzügen, die waren so unglaublich laut! Und die schwitzten wie verrückt und auf ihrer Stirn traten die Adern hervor und von diesen Bläsern, die ihre Backen so weit aufpusteten, dass es aussah, als würden sie jeden Moment platzen. Ist es ein Zufall, dass es heute eine Benny Greb Brassband gibt?
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Ob und wie jemand seine Träume dann auch in die Hand nimmt, hat wiederum viel mit der Persönlichkeit zu tun. Unsere persönlichen Eigenschaften bestimmen unser Verhalten und unsere Wirkung auf andere. Die klassische charismatische Frontfrau und der Bilderbuch-Drummer mit dem verlässlichen Groove haben ganz unterschiedliche Persönlichkeiten und könnten nur schwerlich die Rollen tauschen. Doch ganz klassisch und bilderbuchmäßig sind wir alle nicht. Benny Greb zum Beispiel könnte man als charismatischen Front-Schlagzeuger bezeichnen. Er unterhält ein ganzes Wembley-Stadion 45 Minuten lang am Schlagzeug. In Solo-Projekten singt er auch und spielt andere Instrumente ein. Mein Eindruck ist, dass es die einzigartige Kombination von produktiver Kreativität, einer klaren Entscheidung für Authentizität und einer gesunden Lust zur Selbstdarstellung ist, die diesen Mann so unprätentiös selbstverständlich und eindeutig außergewöhnlich daherkommen lässt.
Zurück zu unserem Profil und damit zu der Frage nach unserer Berufung. Damit ist hier die Art und Weise gemeint, wie wir Spuren in der Welt hinterlassen wollen. Wie wir sie bereichern, verändern oder einfach verschönern wollen. „Die Welt braucht gute Schlagzeuger!“ sagt Benny Greb dazu. Er selbst ist einer. Und er will das, was er von so vielen anderen gelernt hat, weitergeben. Sein Wissen, seinen Forscherdrang und seine Leidenschaft hat er in DVD gepresst: „The Language of Drumming“. Wenn er von dieser DVD spricht, merkt man wieder diese ungeheure Faszination, die ihn mit seinem Beruf verbindet: „Beats kommunizieren unheimlich viel. Früher gab es Signale, wie „Büffel tot“ oder „Es wird Regen geben“, heute gibt es einen Break-Beat, der den Leuten die Richtung zeigt. Man hat eine stilistisch-kulturelle Referenz durch Groove. Das ist eine sehr spannende Zeit und ich finde toll an der ganzen Sache, dass Beats unheimlich wichtig geworden sind und sehr stilbildend. Und dabei sind es nur 24 Grund-Rhythmen, aus denen alles andere zusammengesetzt ist! Das wollte ich vermitteln.“
Der innere Schatz
Unsere Anlagen sind wie ein innerer Schatz, der uns wirklich reich macht, und den uns niemand nehmen kann. Das Profil unserer Anlagen ist der Wegweiser zu einem erfüllten Leben und zu nachhaltigem Erfolg. Wenn es uns bewusst ist, kann es uns immer als Orientierungshilfe dienen, indem wir überprüfen, was uns entspricht. Mit der Zeit geschieht das ganz automatisch. Und wir können uns endlich gezielt selbst fördern und so unser Potenzial entfalten. Aus deinem Profil kannst du ableiten, in welche Richtung du Dich mit deiner Musik entwickeln willst. Damit es anschaulich und gut handhabbar ist, bringen wir es tatsächlich in die Form eines Wegweisers ((s. Abbildung „Profil als Wegweiser“))
Benny und ich haben aus heutiger Perspektive in seine Vergangenheit geschaut und dort wie rote Fäden einige seiner Anlagen gesammelt, die ihn heute erfolgreich machen. Genauso funktioniert es auch, wenn wir uns gerade oder noch nicht erfolgreich fühlen: Wir sammeln unsere Anlagen, die sich wie rote Fäden durch unsere Biografie ziehen und schauen, wie wir damit einen Lebensentwurf puzzlen können, der zu uns passt und in dem wir einmalig gut sind! Bei dieser Forschungsreise führen uns gezielte Fragen. Beispielhaft probieren wir das hier mit unseren Interessen, bei der Entdeckung deines gesamten Profils hilft dir mein „Karriereguide für Musiker“.
Übung: Fragen zu deinen Interessen
- Über welche Tätigkeiten konntest du früher bzw. kannst du noch heute die Zeit vergessen?
- Welche Bücher oder Filme oder andere Medien fesselten stundenlang deine Aufmerksamkeit? Um welche Themen ging es da?
- Wofür hast du mehr Geld ausgegeben als andere oder tust es heute? (Reisen, Instrumente, Workshops, Essen…)
- Welche Beschäftigungen oder Gespräche kannst du nur mit ganz bestimmten Leuten teilen, weil andere nach zehn Minuten anfangen zu gähnen, während du erst Feuer fängst? (Alte Autos, die Bauweise von Kohleöfen, Yoga oder die lateinamerikanische Kultur)
Dein Profil ist der Wegweiser zu deinem Erfolg. Es beinhaltet die Anlagen, die du in die trägst und entwickeln kannst, um dein Potenzial zu entfalten. So wie ein Samen die Ressourcen in sich trägt, die er braucht, um zu einem einzigartigen Baum heranzuwachsen. In der nächsten Folge wird es um den Grund und Boden gehen, aus dem heraus der Baum wächst. Es geht um die Standortanalyse deiner Lebensumstände als Basis für deine erfolgreiche Entwicklung.
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(nach Joseph Campbell)
[1] www.bennygreb.de
Christina Rakebrandt, Jahrgang 1974 arbeitet in Hamburg als Coach und Trainerin mit Menschen aus Kultur, Wirtschaft und dem Gesundheitsbereich. Ihr Kerngebiet ist die Entwicklung des persönlichen Potenzials: „Was kann ich? Was will ich? Wie setze ich das um?“ In dieser Arbeit verbindet sie Spürsinn und Kreativität mit psychologischem Fachwissen und soliden Managementtools.