Dom Rivinius Interview
Über die Arbeit am Taylor Swift Album
Von Janine Mandler am 27. November 2022
Dom Rivinius: Vom Drummer zum Musikproduzent
Dominik Rivinius (Künstlername: Dom Rivinius) begann seine musikalische Karriere schon früh als Drummer im Alter von zehn Jahren. Ein paar Jahre später war er mit unterschiedlichen Bands unterwegs und arbeitete mit etwa 20 Jahren als professioneller Drummer überall in Deutschland – bis er etwa 25 Jahre alt war.
Erst später hat Dom Rivinius zur Musikproduktion gefunden und sich auf den amerikanischen Musikmarkt spezialisiert.
Als geeignetes Zuhause für sein Studio hat er vorerst Pirmasens in der Südpfalz gewählt und dort mit seinen ersten großen Arbeiten begonnen.
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Seine Reise soll ihn in der Zukunft jedoch nach Los Angeles führen.
Anfänge mit Ken Lewis
Die ersten großen Schritte in der Musikproduktion ging Dom Rivinius zusammen mit Mix Engineer Ken Lewis. Diesen lernte er im Frühjahr 2018 durch eine Master Class in Berlin kennen.
Dom Rivinius unterstützte ihn bei Projekten und sammelte als sein Assistent Erfahrungen. In den nächsten zweieinhalb Jahren entwickelt sich ein guter Draht zwischen den beiden und sie unterstützen sich gegenseitig.
Ken Lewis suchte nach Möglichkeiten, um Doms Karriere voranzutreiben und konnte ihm 2020 ein Projekt mit Eminem vermitteln.
Projekte mit Eminem, Alicia Keys & Taylor Swift
Zum Lied „Alfreds Theme“ von Eminem hat Dom Rivinius zusammen mit anderen Produzenten den Orchesterteil im Hintergrund beigesteuert.
Teile des Samples entstanden von Grund auf in Doms Studio.
Für die Arbeit am Song „Lala“ von Alicia Keys hat Dom Rivinius 16 Stunden durchgearbeitet, damit der Song zwei Tage später veröffentlicht werden konnte.
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Im Jahr 2022 steuert er Parts für drei Lieder des neuen Albums „Midnights“ von Taylor Swift bei. Wie seine Arbeit daran ausgesehen hat und was er noch zum Projekt preisgeben kann, erfährst Du im nachstehenden Interview.
Interview mit Dom Rivinius
Dom Rivinius war so freundlich, uns ein paar Fragen zum kürzlichen Projekt mit Taylor Swift und über seine Arbeit generell zu beantworten.
Wie kam es zu deiner Mitarbeit am neuen Taylor Swift Album?
Ich bin seit 2020 Teil eines Teams um Industry-Veteran und Mix-Legende Ken Lewis, der seinerseits seit über 30 Jahren bei vielen der größten Songs und Alben unserer Zeit die Finger im Spiel hat.
Ken ist für mich definitiv ein wichtiger Mentor und mittlerweile auch sehr enger Freund, und durch die Zusammenarbeit mit ihm, die 2018 ihre Anfänge hatte, bin ich mittlerweile immer wieder in solche High-Profile Projekte involviert. So beispielsweise 2020 bei BTS und Eminem, 2021 bei Alicia Keys und nun bei Taylor Swift.
Was hast Du zum Album beigesteuert?
Bei “Midnights” habe ich zu drei Songs die Drum Parts eingespielt. Konkret sind bei “Question…?” und “Vigilante Shit” die Drums von mir, und bei “Lavender Haze” der Snare-Part.
Hattest Du Kontakt zu Taylor? Und wie sah der aus?
Bei Produktionen auf diesem Level wird prinzipiell alles von zu Hause aus erledigt. Ich hatte keinen Kontakt zu Taylor, und wenn Du nicht zum engsten Kreis gehörst (wie z.B. Jack Antonoff, der bei dem kompletten Album Producer war), oder zusätzliche Writer, die in Writing-Sessions an den Songs arbeiten, dann hast Du keinen persönlichen Kontakt.
Das wird auch deshalb so gehandhabt, weil es einfach viel schneller und flexibler zu Ergebnissen führt. Auf dem Level muss alles schnell gehen, und da ist ein 10-Stunden-Flug schon zehn Stunden verschwendete Zeit, die man meistens nicht hat. Deshalb erledigt man die Arbeit im eigenen Studio.
Wie können sich unsere Leser die Arbeit an einem solchen Projekt vorstellen?
Ich kann zu den konkreten Abläufen aufgrund des Status von Taylor Swift nicht viel Einblick geben. Aber in der Regel gibt es klare Vorstellungen, was für einen Song noch gebraucht wird. Und diese Parts spielt man dann im eigenen Studio entsprechend der Vorgaben ein.
Da ist leider viel weniger Romantik und Magie im Spiel, als die meisten glauben. Anders ist es natürlich, wenn man in den tragenden Rollen eines Albums tätig ist, z.B. als Haupt-Produzent oder eben Writer. Dann ist da natürlich eine enge Zusammenarbeit mit der Künstlerin oder dem Künstler gegeben.
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In meiner Rolle als (in Taylors Fall) Instrumentalist läuft das alles als Teil unseres Teams, und unsere Arbeit findet in unseren eigenen Studios komplett remote statt.
Du hast auch mit BTS, Eminem und anderen Größen gearbeitet. Wie unterscheidet sich die Zusammenarbeit mit diesen?
Da gibt es keinen wirklichen Unterschied in den Rollen, die ich bisher bei den besagten Projekten gespielt habe. Natürlich sind immer unterschiedliche Dinge gefordert. Das liegt ja in der Natur der Sache und ist von Song zu Song verschieden.
Aber die Arbeitsweise an sich ist immer die gleiche. Sowohl für Eminem als auch für Alicia Keys und Taylor Swift sind meine Parts komplett in meinem Studio in Deutschland entstanden.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Haha das frage ich mich auch immer wieder. Die Realität heutzutage ist ja, dass man unglaublich viele Hüte gleichzeitig tragen muss, damit die Karriere halbwegs nach vorne geht und auch alles in den richtigen Bahnen läuft. Da ist dementsprechend auch jeder Tag anders.
Was ich definitiv versuche, ist täglich einige Stunden für Musikproduktion und Mixing freizuhalten, in denen ich zum einen die Projekte mit meinen eigenen Studio Clients nach vorne bringe und andererseits mit meinen Writing und Production-Partnern zusammen an Songs arbeite, die dann letztendlich an Artists gepitcht und hoffentlich platziert werden.
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Und daneben unterhalte ich mich jeden Tag viel mit Leuten aus der Branche – Artists und Bands, die mit mir arbeiten möchten, meine eigenen Writing- und Production-Partner, neue Partner, Managements, Labels, Verlage etc. – die Arbeit am und mit dem eigenen Netzwerk ist ein permanenter Fokus, der niemals aufhört.
Und parallel habe ich dann noch meine Community, die sich auf meinem NeonWave Club Discord Server versammelt (passend zu meinem NeonWave Studio), und wo wir z.B. exklusive Live Feedback Calls machen und insgesamt daran arbeiten, einerseits die Skills hochzutreiben und andererseits die Member (Artists, Producer und Engineers) untereinander zu vernetzen und zur Zusammenarbeit anzuregen.
Und zwischen all diesen Aufgaben kommt dann schon einiges zusammen.
Was war dein bisheriges Lieblingsprojekt?
Puh, das ist schwer zu sagen. Die großen US-Projekte haben natürlich ihre Besonderheit dadurch, dass sie mich immer wieder extrem wach halten und fordern. Da ist ab dem Moment der Anfrage direkt 110% gefragt, bis das Projekt durch ist. Und diese Arbeitsweise gefällt mir gut, weil sie mir alles abverlangt, was ich habe.
Und der Lohn dafür ist eben die Erfahrung und auch die Credibility, die man durch diese Arbeit erlangt, und die man nirgendwo sonst einfach hernehmen kann.
Der größte Wert liegt für mich definitiv darin, Teil von diesen Top-Level Produktionen zu sein und dadurch ganz genau zu sehen, wie diese Projekte behandelt werden, welche Intensität die Beteiligten an den Tag legen und welche Arbeitsethik es wirklich erfordert, um dort mitmischen zu können.
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Diese Erfahrung ist unbezahlbar, weil sie in alles einfließt, was man danach anpackt. Auf der anderen Seite bin ich auch total begeistert und glücklich wenn die Independent Artists und Bands, die mit mir als Produzent arbeiten, plötzlich durch unsere Zusammenarbeit zu neuen Erfolgen kommen und zu neuen Höhen aufsteigen.
Ein deutsches Pop-Duo, mit dem ich derzeit arbeite, wurde z.B. gerade in zwei Kategorien des Deutschen Rock & Pop Preises ausgezeichnet. Das ist natürlich auf eine andere Art extrem erfreulich und bedeutet mir genauso viel wie die Arbeit an Alben der größten Acts des Planeten.
Der Kontakt mit Ken Lewis war sehr wichtig für deine Karriere. Was ist passiert und was konntest Du von ihm lernen?
Ich habe Ken enorm viel zu verdanken, und ich kann auch kaum in Worte fassen, was unsere Freundschaft und Zusammenarbeit mir persönlich emotional bedeutet. Ich habe Ken in 2018
kennengelernt, und seitdem hat sich unsere Beziehung konstant weiterentwickelt.
Im März bis Mai 2020 bin ich zu ihm nach New York gegangen, um für drei Monate sein Assistent zu sein. In dieser Phase hat er mir immer wieder genau die kleinen Details vermittelt, die am Ende den großen Unterschied machen.
Ken ist ein perfektes Beispiel dafür, was “normale” Profis unterscheidet von Leuten, die seit Jahrzehnten an globalen Meisterwerken arbeiten. Die Herangehensweise und auch die Perspektive ist da eine völlig andere.
Und das Level an Sicherheit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das ich aufbauen konnte, indem ich ihm einige Monate über die Schulter schauen konnte, ist unbezahlbar. Es ist einfach nicht zu ersetzen, wenn Du genau siehst, wie die Besten der Besten einen Song für einen kommenden Billboard-Hit mixen oder eine Produktion angehen.
Und die Tatsache, dass Ken mir immer auch Feedback und konkrete Tipps zu meiner Arbeit gegeben hat und anfangs auch einige große Korrekturen in meinen Fähigkeiten vorgenommen hat, versetzt mich jetzt in die Lage, dass ich ganz genau weiß, wie ich als Producer und auch Mix Engineer agiere, um auf US Mainstream-Standard abzuliefern.
Diese Klarheit und Sicherheit hätte ich ohne Ken so niemals entwickeln können – oder zumindest längst nicht so schnell.
Wie hat deine Karriere als Musikproduzent angefangen?
In meiner ersten Karriere war ich Profi-Drummer. Damit habe ich direkt nach der Schule angefangen, und bis ich etwa 25 war habe ich das auch durchgezogen. Dann haben sich die Prioritäten verändert und ich wollte nicht mehr nur auf der Bühne stehen und mein Instrument spielen.
Ich wollte in dem kreativen Entstehungsprozess mitmischen. Ich wollte die Songs schreiben, die mich selbst so bewegt haben, anstatt sie nur als Instrumentalist zu performen.
2016 habe ich dann den Song “Addicted To A Memory” von ZEDD gehört und war direkt absolut begeistert, weil ich so etwas zuvor noch nie gehört hatte: diese Mischung aus eingängigen Melodien, EDM Ästhetik und aggressiven Elektro-House Riffs. Das war der Moment, in dem es mich gepackt hat und ich entschieden habe “Ich will wissen, wie das geht!”
Und von da an habe ich angefangen wie viele andere auch: YouTube Tutorials, Sylenth1 und Massive kaufen, über Synthese lernen, Splice entdecken, mehr Tutorials gucken, viel rumprobieren und realisieren, dass alle meine Ideen irgendwie grausig klingen.
Und von da an war es einfach ein jahrelanger Prozess, bis ich meine Production und Mixing Skills auf dem Level hatte, wo es Zeit war, mich damit auch mal in die Öffentlichkeit zu wagen. Und ein paar Wochen später habe ich dann auf einem Workshop in Berlin Ken kennengelernt.
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Das Lernen hört bis heute nicht auf, und in der schnelllebigen Branche wird das vermutlich auch immer so bleiben.
Aber der Moment, wo ich Ken getroffen habe, der stellt definitiv einen wegweisenden Meilenstein dar, den ich als Grundstein für alle Entwicklungen und Gelegenheiten betrachte, die sich seitdem in meiner Karriere aufgetan haben.
Welchen Tipp kannst Du unseren Lesern mitgeben, die auch ins Big Business einsteigen wollen?
Meiner Erfahrung nach sind die Leute, die es ins Big Business schaffen, bereit alles zu tun, was getan werden muss, während die meisten anderen nur bereit sind, das zu tun, womit sie sich wohl fühlen.
Wenn man wirklich in der großen Musikbranche seinen Platz finden will, braucht man eine enorme Arbeitsethik, Zuverlässigkeit und die Fähigkeit, sein Ego vollkommen zu ignorieren.
Jeder noch so kleine Strohhalm, der auf lange Sicht ein Türöffner sein könnte, ist es wert, ihn zu verfolgen. Egal wie unangenehm oder unattraktiv es einem vorkommt.
Wenn Du mit 38 die Chance hast, als unbezahlter Praktikant jeden Morgen den Kaffee zu holen und den Rest des Tages still dazusitzen und kein Wort zu sagen, Du das aber im Electric Lady Studio oder unter einem der weltweiten Top-Producer oder Engineers zu tun, dann musst Du es eben tun.
Dass Du gut in deinem Fach sein musst, das ist absolute Voraussetzung. Niemand lobt dich, wenn Du gut bist in dem was du tust, denn das sind Millionen andere auch. Aber es fällt definitiv auf und kostet dich direkt deinen Platz am Tisch, wenn Du deine Arbeit nicht beherrschst.
Sobald Du das Level aber hast, ist der Rest nur noch, Kontakt zu den Leuten aufzubauen, die schon dort sind, wo Du hinwillst, und die Beziehungen, die sich daraus ergeben, mit aller Kraft zu füttern und proaktiv auszubauen und dich permanent zu beweisen.
Wenn man genau so rangeht, ist es letztendlich nur eine Frage der Zeit, bis man den Fuß in der Tür hat.
Man muss aber Geduld mitbringen und okay damit sein, dass es keinerlei Versicherung gibt, dass es am Ende funktioniert, oder wann es funktioniert. Du kannst nach einem halben Jahr deinen großen Durchbruch finden oder nach zehn Jahren.
Bei mir war das erste große Projekt auch 2,5 Jahre nachdem ich Ken kennengelernt habe, und nochmal zwei weitere bis zum aktuellen Taylor Swift-Projekt.
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Eine Karriere auf dem obersten Level der Musikbranche verlangt einem enorm viel ab, und sie ist mit extrem vielen Opfern verbunden. Wenn man damit umgehen kann und es trotzdem immer noch will, dann lohnt es sich, mit Vollgas ins Ungewisse zu laufen und auf dem Weg das Laufen zu lernen.
Wie sehen deine Pläne für nächstes Jahr/die nächste Zeit aus?
Mein Fokus für die kommenden Monate liegt zu 100% auf dem K-Pop Markt, wo ich aktuell daran arbeite, als Writer und Producer mit den großen K-Pop Acts zu arbeiten und einige Placements zu landen.
Die Branche und die Kultur faszinieren mich enorm, und ich freue mich total zu sehen, dass K-Pop mittlerweile weltweit einen immer größeren Stellenwert genießt und sogar einen beträchtlichen Einfluss auf die großen Mainstream-Genres ausübt bzw. sich ja auch selbst immer mehr in den Mainstream hineinschiebt.
Natürlich arbeite ich auch weiter daran, an neuen US-Projekten wieder die Finger im Spiel haben zu dürfen. Und abgesehen davon will ich auch mein NeonWave Studio erweitern und ein paar Künstlern mit großen Ambitionen aber ohne Support-Netzwerk die Zusammenarbeit ermöglichen.
Es wird definitiv ein aufregendes und sehr intensives Jahr, soviel ist sicher.
Dom Rivinius: Kein Ende in Sicht
Die Karriere von Dom Rivinius ist noch lange nicht an ihrem Ende angekommen. Wir sind gespannt, welche weiteren Erfolge er in Zukunft feiern darf und wie es mit ihm als Musikproduzent weitergehen wird.