Arbeiten in der Musikindustrie
Von Alexander Cevolani
So fasst Du Fuß in der Musikbranche
Die Musikindustrie – was ist das überhaupt? Vielleicht hilft ein Zitat des Wirtschaftswissenschaftlers und Digital-Media-Experten Dr. Willms Buhse: “Der Musikwirtschaft gehören alle Wirtschaftszweige an, die sich mit der Herstellung, dem Vertrieb oder der Verwertung von Musikinstrumenten, Musikalien und Tonträgern beschäftigen.”
Selbstverständlich ist dies eine überaus trockene und nüchterne Betrachtungsweise. Nichtsdestotrotz gibt sie einen guten ersten Überblick, mit welchen Aktivitäten in der Musikindustrie Geld verdient wird.
Weiterhin muss man die Herstellung und den Vertrieb aller technischen Geräte, die der Erstellung und Verbreitung von Musik dienen, in diese Aufzählung mit einbeziehen: von Mikrofonen über Lautsprecher bis hin zu Kabeln, Mischpulten oder Musikproduktions-Software.
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Die aktuelle Lage
Die Musikindustrie – wie ist die Lage? Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten, denn die Musikindustrie steckt mitten in einem umfassenden Umbruch. Den mit Abstand größten Anteil daran hat die Digitalisierung, die viele Bereiche der Musikindustrie durchdrungen und auf den Kopf gestellt hat.
Unabhängig vom jeweiligen Berufszweig, bedeutet dies: Die Erlösmodelle in der Musikindustrie haben sich verändert, verschoben, sind teils komplett verschwunden oder wurden durch neue ersetzt – dies gilt für Plattenfirmen, Tonstudios, die Hersteller von Musikinstrumenten und natürlich für die Musiker selbst.
Die digitale Umwälzung hat zu positiven wie negativen Entwicklungen für die Musikindustrie geführt. Insbesondere Musik wird über digitale Kanäle wie Spotify, iTunes & Co heute völlig anders konsumiert und verbreitet als noch vor zehn Jahren. Die Folge: Jobabbau und Tonstudio- bzw. Plattenfirmensterben auf der einen Seite, neue Möglichkeiten durch Direktmarketing und Social-Media-Präsenz auf der anderen Seite.
Jobs in der Musikindustrie
Die Musikindustrie – welche Jobs gibt es? Wie jede Branche, so bietet dir auch die Musikindustrie eine Vielzahl an Berufsbildern. Grundsätzlich musst Du dich entscheiden, ob Du deine Fähigkeiten und Leidenschaft eher im musikalisch-gestalterischen, im kaufmännischen oder im technisch geprägten Bereich siehst.
Danach richten sich die potenziellen Arbeitgeber und Berufsfelder: Musiker, Komponisten, Sounddesigner, Tontechniker, Musikproduzenten, Konzertveranstalter, Bookingagenturen, Plattenfirmen, Produktionsfirmen, Musikverlage, Hersteller, Vertriebe, Instrumentenbauer, technische Dienstleister, usw.
Im Folgenden stellen wir dir sieben Jobprofile vor, die dir einen möglichst breit gefächerten Überblick über die Musikindustrie geben.
BILDSTRECKE
Musiker
Neben der eigenen Band mit eigenen Songs (als freischaffender Künstler) arbeiten Profimusiker häufig als Auftragsmusiker, z.B. für Studiosessions oder als gebuchte Live-Band für Tourneen, als Musicaldarsteller oder Orchestermusiker. Neben der perfekten Beherrschung eines Instruments oder der eigenen Stimme entscheiden viele Faktoren über den Erfolg als Profimusiker: stilistische Vielfalt, technisches Verständnis, Improvisationstalent, Bühnenpräsenz und nicht zuletzt die Bereitschaft, unmittelbar auf Jobangebote reagieren zu können – auch international.
Lies auch: Band gründen: Der Ratgeber zur Bandgründung
Sound-/Audiodesigner
Sound- und Audiodesigner arbeiten überwiegend für Produktionsfirmen im Film-, TV- und Radiobereich, aber auch für Werbe- und Kreativ-Agenturen. Letztere spezialisieren sich immer häufiger auf das sogenannte “Audio Branding”, also die Erstellung von Sound- und Audiologos für Unternehmen – “Da-Da-Da-Di-Da”, die Telekom lässt grüßen… Sound- und Audiodesigner benötigen eine einzigartige Mischung aus künstlerischer Kreativität und technischem Verständnis, da sie sowohl Komponist als auch Techniker sind. Wenn Du in diesem Bereich arbeiten möchtest, solltest Du deine DAW mitsamt Synthesizern, Sample Libraries und Effekten in- und auswendig kennen, um Ideen schnell umzusetzen und effektiv auf Kundenwünsche einzugehen.
Tontechniker
Tontechniker (auch als Audio Engineer bezeichnet) arbeiten hauptsächlich im Studio- oder Live-Bereich. Zudem benötigen auch TV- und Radiosender Tontechniker, die in der Regel sogar festangestellt werden. Während Studio-Tontechniker die Möglichkeit haben, sich mit einem kleinen Projektstudio oder einem Team an Studiobetreibern selbstständig zu machen, arbeiten Live-Tontechniker als FOH- oder Monitormischer beinahe immer freiberuflich von Projekt zu Projekt. Die Arbeitszeiten sind weit entfernt vom typischen 9-to-5-Bürojob, aber genau das macht den Reiz für viele Tontechniker aus.
Booking-Agent
Booking- bzw. Künstler-Agenturen vermitteln Künstler, die bei ihnen unter Vertrag stehen, an Konzertveranstalter und andere Kunden. Damit übernimmst Du als Booking-Agent die Promotion und Werbung für Musiker. Wichtig sind vor allem: gute Kontakte, Social Skills, Wissen um kaufmännische und vertragsrechtliche Aspekte, Vermarktung und Lizenzierung. Booking-Agenten konzentrieren sich demnach stärker auf den Management-Aspekt, benötigen jedoch gleichermaßen künstlerisches Einfühlungsvermögen und Wissen um aktuelle wie zukünftige musikalischen Trends.
Kaufmann/-frau für audiovisuelle Medien
Der Kaufmann bzw. die Kauffrau für audiovisuelle Medien ist der einzige staatlich anerkannte Ausbildungsberuf (3 Jahre Ausbildungszeit) in dieser Übersicht. Entsprechend klar sind die Aufgaben und Einsatzgebiete: Du arbeitest in den kaufmännischen Abteilungen von Medien- und Produktionsunternehmen, im Rundfunk, bei Herstellern oder Vertrieben und bist in der Regel für die Bereiche Marketing, Vertrieb sowie die Organistion der Herstellungsprozesse verantwortlich. Damit agierst Du stets in den Schnittstellen zwischen künstlerisch-kreativen, technischen und kaufmännischen Abteilungen und solltest dich für jeden dieser Bereiche interessieren.
Produktmanager
Als Produktmanager arbeitest Du bei Herstellern und Vertrieben von Musikinstrumenten, technischen Geräten oder Musiksoftware. Da Du für eine bestimmte Produktkategorie oder Marke zuständig bist (zum Beispiel E-Gitarren oder Studiotechnik), musst Du dich in den jeweiligen Bereichen besonders gut auskennen. Als Produktmanager entwickelst Du Strategien für die Gestaltung von Produkten, ihre gewinnbringende Positionierung auf dem Markt und sammelst durch permanenten Kontakt zu Anwendern in der Praxis wertvolle Informationen für die Weiterentwicklung der Produkte.
Musik-Redakteur
Als Musik-Redakteur arbeitest Du für Verlage, Online-Medien TV-/Rundfunkanstalten oder als freiberuflicher Redakteur und Autor, der seine Artikel und Beiträge an verschiedene Medien verkauft. Je nach Interesse und Fachkenntnis kannst Du dich auch auf bestimmte Spezialthemen und -formen fokussieren, zum Beispiel für ein Schlagzeugmagazin oder einen digitalen TV-Kanal arbeiten. Unabhängig davon reichen Fachkenntnisse alleine nicht aus – ein sorgfältiger Umgang mit Sprache und Text sowie die Fähigkeit, sich in viele unterschiedliche Themengebiete einarbeiten zu können, sind Grundvoraussetzung für Redakteure und Journalisten. Auch als Musik-Redakteur gilt: Im Zuge der Digitalisierung, des Web 2.0 und Social Media sind deine Chancen, selbstständig etwas auf die Beine zu stellen, enorm angestiegen.
Viele Wege führen zum Ziel
Die Musikindustrie – wie kommst Du da rein? Gleich vorweg: Es gibt keinen “typischen” Weg, da es vergleichsweise wenige Ausbildungsmöglichkeiten gibt (dazu weiter unten mehr), die sich direkt auf die Musikindustrie beziehen. Auch deshalb findest Du hier überproportional viele Quereinsteiger.
Der “klassische” Weg führt oftmals über die Karriereleiter, angefangen als Praktikant, und eine Kombination aus dem vielgepriesenen “Vitamin B”, etwas Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und der Fähigkeit, Trends und Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Du siehst: Ein Kaltstart von 0 auf 100 ist die Ausnahme. Vielmehr solltest Du dich grundsätzlich für die Branche interessieren und bereit sein, dich in viele einzelne Themenbereiche einzuarbeiten.
SAE, Deutsche Pop & Co.
Um diese unübersichtliche Situation sowie die zum Teil vagen Anforderungsprofile greifbarer zu machen, gibt es private, aber auch staatliche bzw. staatlich geförderte Ausbildungsangebote. Am bekanntesten dürfte hier das SAE Institute sein. Doch auch die Popakademie, die Deutsche Pop und viele andere, teils bewusst spezialisierte Institute bis hin zu den großen Universitäten, wollen Dir einen fundierten Weg in die Musikindustrie bieten.
In diesem Punkt gehen die Meinungen etwas auseinander. Während die einen die systematische Vermittlung von Inhalten durch erfahrene Dozenten loben, äußern Zweifler an der Praxistauglicheit vieler Ausbildungsangebote.
Im Folgenden stellen wir dir eine Auswahl an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten vor, die dir den Zugang zur Musikindustrie erleichtern können:
SAE Institute
Das SAE Institute wurde 1976 gegründet und gilt mit 54 Standorten in 26 Ländern als weltweit größtes privates Ausbildungsinstitut im Mediensektor. Neben den klassischen Bereichen Audio und Film, bietet die SAE u.a. auch Ausbildungen als Game-Programmer, Webdesigner, Musik- und Eventmanager sowie für den Bereich Cross-Media-Production & Publishing an. Die Ausbildungen können in Teil- sowie in Vollzeit absolviert werden und dauern zwischen 12 und 24 Monaten.
Akademie Deutsche POP
Die Akademie Deutsche POP bildet seit 2005 an mittlerweile zehn Standorten in Deutschland und Österreich aus. Die Spanne an privaten Aus- und Weiterbildungen ist beachtlich: Musik, Ton, Bild, Management, Kommunikation, Design, Tanz und Mode decken so ziemlich jeden Bereich im Medienbusiness ab. Je nach Umfang dauert die Ausbildung zwischen 1 und 2,5 Jahren.
Popakademie
Die Popakademie Baden-Württemberg existiert seit 2003 und fokussiert sich auf die Bereiche Popularmusik und Musikwirtschaft. Im Unterschied zu SAE und Deutsche POP ist die Popakademie eine staatliche Hochschule mit anerkannten Bachelor- und Masterstudiengängen. Angeboten werden musikalische und musikwirtschaftliche Ausbildungen, wie zum Beispiel “Musikbusiness B.A.” oder “Popmusikdesign B.A.”. Die Studiengänge dauern zwischen vier und sechs Semestern.
Muss ich ein Instrument spielen?
Nur, wenn Du als Musiker in der Musikindustrie Erfolg haben willst, ist die Beherrschung eines Instruments oder der eigenen Stimme unerlässlich. Ob Techniker, Manager oder Kaufmann – ohne Instrument geht’s eventuell auch.
Jedoch sind die Vorteile, ein Instrument zu spielen, nicht von der Hand zu weisen (und öffnen dir unter Umständen die eine oder andere Tür): musikalisches Verständnis und Einfühlungsvermögen im Umgang mit anderen Musikern, Leidenschaft für den Gegenstand deiner täglichen Arbeit und größere Authentizität in der Kundenkommunikation. Denn was würdest Du über einen Produktmanager eines Gitarrenherstellers denken, der keinen einzigen Akkord spielen kann…?