Warum ein guter Channel Strip für dein Homestudio wichtig ist
Von Carlos San Segundo am 06. Januar 2021
Guter Channel Strip für dein Homestudio
Ein Thema, das nicht fehlen darf beim Homestudio einrichten, ist der Channel Strip. Er eignet sich dann, wenn Du deinen Aufnahmen einen professionellen Glanz verpassen kannst und in deinem Homestudio oft mit Recording beschäftigt bist.
In einem guten Channel Strip (ganz gleich ob Soft- oder Hardware) findest Du Mikrofonvorverstärker, Equalizer und Kompressor in einem Gerät vereint – ganz wie ein Kanalzug auf einem hochwertigen Mischpult. Wenn Du hauptsächlich nur ein oder zwei Kanäle brauchst, ist eine solche Lösung die günstigste Methode, um den ganz großen Sound zu erreichen.
Inhalt guter Channel Strip
Guter Channel Strip – EQ, Kompression & Co. vereint
Channel Strip Tutorial: Vocals bearbeiten
♫ Channel Strip – Soundbeispiele
Video Ratgeber
🎬 Der Channel Strip – EQ, Kompression & Co. vereint
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Was macht ein guter Channel Strip?
Die Hauptfunktion eines guten Channel Strips ist der Vorverstärker, mit dem Du Mikrofon-, Line- und Instrumenten-Signale verstärken kannst. Was sich wie eine recht langweilige Aufgabe im ersten Moment anhört, entpuppt sich als eine der wichtigsten Komponenten für einen hochwertigen Klang. So kannst Du deiner Musik enorm viel Charakter, Wärme und Tiefe verleihen.
Mit den zusätzlichen Effekten Equalizer und Kompressor kannst Du beispielsweise den Klang einer Stimme schon so gestalten, dass er fast fertig produziert und durchsetzungsfähig in deiner Musiksoftware ankommt. Dazu kommen wir aber gleich noch im Detail.
Welche Daseinsberechtigung hat ein Channel Strip?
Wenn Du einen Mixer oder ein Audio Interface mit ähnlichen Features hast, fragst Du dich jetzt vielleicht, wie wichtig so ein externer guter Channel Strip sein mag. Die Wahrheit ist, dass es inzwischen ganz fantastische Mischpulte und Audio Interfaces auf dem Markt gibt. Doch in der Regel ist mehr als genügend Platz nach oben in der Soundqualität dieser Geräte.
Ein Audio Interface hat beispielsweise seine Kernkompetenz in der Wandlung von Audiosignalen von analog nach digital. Dazu kommt es vollgepackt mit vielen weiteren Features wie Preamps für soundsoviele Kanäle, zahlreiche Ein- und Ausgänge, Kopfhörerverstärker und, und, und… schon platztechnisch ist es kaum realistisch, die ganze Funktionalität eines guten Channel Strips mit entsprechender Klangqualität in ein kleines Gehäuse zu packen – ganz zu schweigen von den Bedienelementen für den schnellen Zugriff.
Farbe & Transparenz beim Channel Strip
Wenn es um den Vorverstärker geht, gibt es zwei grundsätzliche Philosophien: Transparenz oder Charakter. Während die transparenten Vorverstärker danach streben, das aufgenommene Instrument oder Vocal möglichst akkurat wiederzugeben, sorgen färbende für einen eigenen Klangcharakter. Sie können einer Stimme mehr Fülle verleihen oder einem Instrument zu etwas mehr Körper verhelfen.
Bei einem Channel Strip, wie dem VTRC kannst Du sogar beide Wege beschreiten. Der Gain-Regler bestimmt, wie stark die Röhrenschaltung angefahren wird und wie stark damit die Färbung im Vintage-Style durchscheint. Röhren sind für mehr tiefe Frequenzen, offene Höhen und präsente Mitten beliebt.
Wer aber beispielsweise ein Röhrenmikrofon nutzt, wird die Verstärkung hauptsächlich über den Input-Regler nutzen, der einen klaren und direkten Klang mitbringt. Je nach Einstellung dieser beiden Regler lassen sich auch alle Zwischenstufen nach Gusto einstellen – genauso wie Du es dir vorstellst.
Equalizer am Channel Strip
Die Equalizer-Sektion hilft dir dabei, den Klang noch weiter zu polieren. Angefangen mit einem Hochpassfilter, der Trittschall und andere unnütze tieffrequente Signale aus der Aufnahme hält – etwa für Stimmen bei 80 Hertz. Für etwas mehr Luft und Brillanz in der Stimme wählst Du bei 16 Kilohertz eine Anhebung.
Je nach Stimme und Mikrofon kannst Du mit dem Equalizer eine kleine Absenkung bei 500 Hertz mit dem Cut einstellen, was für etwas mehr Definition sorgen dürfte. Etwas mehr Fülle für die Stimme kommt mit einer leichten Anhebung rund um die 150 Hertz. Was Du machen kannst, um zu starke Sibilanten und Zischlaute in den Griff zu bekommen, erfährst Du im übernächsten Kapitel.
Channel Strip mit Kompressor
Wichtig für Stimme, Gesungenes oder Rap ist es, sich in einem dichten Mix durchsetzen zu können. Hierfür ist der Kompressor das adäquate Hilfsmittel. Je nach Channel Strip gibt es teils sogar zwei davon: Ein Röhren- und ein Opto-Kompressor, die in Reihe geschaltet werden können, sind natürlich ein Traum. In deinem Homestudio kannst Du auch mit einem Kompressor viel bewegen. Attack und Release sind hier die wichtigsten Parameter, mit denen Du eingreifen kannst.
Einfache Anleitung für optimalen Sound: Kompressor einstellen
Eine Röhrenschaltung am Röhrenkompressor ermöglicht eine sehr direkte und zupackende Kompression, die etwas schneller anspricht als die des Opto. Die Kompression erfolgt in Abhängigkeit der eingehenden Pegelstärke, daher gibt es an diesem Gerät auch keine Einstellung für die Ratio.
Der Opto-Kompressor bringt eine sehr musikalische und weiche Kompression mit sich, die perfekt zu Vocals passt. Bei der Stimmaufnahme sollte die Gain Reduction bei den lautesten Stellen die 6 dB nicht überschreiten. Darüber hinaus findet man in guten Channel Strips auch oft den VCA-Kompressor: Dieser arbeitet mit der Steuerspannung und ist der am weitesten verbreitete Kompressor-Typ. Mit ihm ist eine akkurate und variabel einstellbare Kompression möglich.
Mehr über die Kompressor-Arten »
Sibilanten mit dem Channel Strip bearbeiten
An einigen guten Channel Strips findest Du einen so genannten De-Esser, der dafür sorgt, dass Du arg laute Sibilanten und Zischlaute in den Griff bekommst. Je nach Sänger und genutztem Mikrofon kann das sehr nützlich werden. Du kannst auch den Equalizer nutzen, um den Kompressor frequenzabhängig zu steuern – damit gelingt das De-Essing auch.
Zunächst wird dazu der EQ ausgeschaltet, damit er sich nicht auf das hörbare Audiosignal auswirkt. Dann wird der EQ vor den Kompressor geschaltet – damit reagiert der Kompressor auf das mit dem Equalizer bearbeitete Signal. Heben wir jetzt die 7 Kilohertz richtig an und senken die 300 Hertz weit ab, reagiert der Kompressor am stärksten auf die Sibilanten und Zischlaute.
Hersteller voon Hard- und Software Channel Strips
Wie bereits erwähnt, gibt es auch digitale Channel Strips, die Du als Plugin in deiner DAW verwenden kannst. Dieser verfügen zwar nicht über die analoge Röhrentechnik, sind dafür aber kostengünstiger.
Gute Software Channel Strips
- Presonus Channel Strip Collection
- McDSP 6050 Ultimate Channel Strip
- Waves EMI TG12345 Channel Strip
Gute Hardware Channel Strips
- Tegeler Audio Manufaktur VTRC
- Presonus Studio Channel
- Tascam TA-1VP (speziell für Vocals)
Tutorial
🎬 Vocals mit dem Channel Strip bearbeiten
Im Video erfährst Du alles Wichtige zur Gesangsbearbeitung mit einem Channel Strip von einem aufstrebenden deutschen Unternehmen – dem Tegeler Audio Manufaktur VTRC. Die von uns gewählten Handgriffe und Einstellungen kannst Du im Wesentlichen auch mit praktisch jedem anderen guten Channel Strip umsetzen. Oder mit einem Mischpult…
Denn der Channel Strip in unserem Video ist wie ein Kanalzug eines sehr hochwertigen Mischpults aufgebaut – Channel Strip bedeutet übersetzt auch nichts anderes als Kanalzug. In unserem Gerät stecken ein EQ und gleich zwei Kompressoren (in Reihe schaltbar). So lernst Du im Folgenden, wie Du für Vorverstärker, EQ und Kompression die richtigen Einstellungen findest, um das Signal deiner Stimme professionell abzumischen.
Welche Philosophien gibt es?
- Die unbearbeitete Aufnahme der Stimme, um ggf. später Effekte hinzuzufügen
Empfehlenswert, wenn Du wenig Erfahrung mit der Gesangsbearbeitung hast. - Die Aufnahme mit Sättigung, EQ-Bearbeitung und Kompression im Signal
Die Einstellungen am Channel Strip formen den Klang so, wie er später im Mixdown sein soll. Nachteil: Du kannst die Effekte später nicht mehr entfernen.
Wir haben uns für die letztere Variante entschieden. Für schönen analogen Sound nutzen wir die sättigende Wirkung der Röhre in der Vorverstärkung. Die Kompression nutzen wir, um Pegelspitzen zu zähmen und die Lautstärke unserer Stimme im Verlauf eines Takes ungefähr auf einem Level zu halten. Den passiven EQ verwenden wir schließlich zur Formung der Klangfarbe nach Gusto und gemäß der Stimme unseres Sängers.
Mit welchem Mikrofon speisen wir den Channel Strip?
Wir nutzen nicht nur ein Mikrofon, sondern gleich zwei – unser angestammtes Neumann U 87 Ai (fürs Homestudio ist das fast schon zu schade) und das Aston Origin [Test] als relativ günstiges, dafür aber sehr gutes Mikrofon.
Erste Schritte vor der Aufnahme
- Bei einem Kondensatormikrofon die Phantomspeisung am Channel Strip aktivieren.
- Low-Cut-Filter aktivieren – entweder am Mikrofon selbst oder am Channel Strip
Wir filtern das Signal, da wir die tiefen Frequenzbereiche im Mix für die Kick Drum und den Bass weitgehend freihalten wollen. Je nach Gerät oder Software kannst Du die Einstellungen der Filterfrequenz variieren. Wir nutzen 80 Hz für unsere männliche Stimme, während bei einer weiblichen Stimme unter Umständen auch 160 Hz möglich gewesen wären.
Den richtigen Pegel finden
Wir nähern uns der eigentlichen Aufnahme. Dafür müssen wir uns aber noch um eine der wichtigsten Einstellungen kümmern – die Vorverstärkung (Gain). Um das Signal zu überwachen, stellen wir die Pegelanzeige zunächst auf »PREAMP«.
Jetzt drehen wir den Gain-Regler am Channel Strip auf ein Niveau, bei dem ein sehr laut eingesungener Part noch nicht zu stark übersteuert (und damit zu einer hörbaren Verzerrung führt). Anders als bei der digitalen Aufnahme darf die Pegelnadel bei unserem analogen Gerät durchaus ab und zu über die 0 springen.
Alles dazu in unseren FAQ: Was ist Clipping?
Neutral oder gesättigt?
Die Besonderheit bei unserem Gerät der Tegeler Audio Manufaktur: Es gibt gleich zwei beliebig mischbare Vorverstärker, um das Signal auf den gewünschten Pegel zu bringen:
- Regler »INPUT« – neutrale, »saubere« Verstärkung
- Regler »GAIN« – mehr oder minder gesättigt klingende Verstärkung durch die Röhre
Gesang per Kompression nach vorne holen
Jetzt erfährst Du, wie die Stimme durchsetzungsfähig wird, ohne an Natürlichkeit einzubüßen. Wir nutzen beide Kompressoren an unserem Channel Strip:
- VARI TUBE – Röhrenkompressor mit relativ schnellem Timing
- OPTO – optoelektronischer Kompressor mit relativ langsamem Timing
Mit Ersterem schwächen wir die Transienten zuverlässig ab, also die abrupt auftauchenden und ebenso schnell wieder verschwindenden Pegelspitzen. Der langsamere Opto-Kompressor ist dafür da, das Signal über längere Zeiträume hinweg konstant zu halten nutzen.
Die Kompressoren arbeiten seriell – zunächst wirkt der Röhrenkompressor und erst dann knöpft sich der Optokompressor das von Ersterem bearbeitete Signal vor.
Pegel überwachen
Das Metering stellen wir auf COMPRESS, damit die durch die Kompression bewirkten Pegelreduktion (»Gain Reduction«) angezeigt wird. Wir achten darauf, dass die Gain Reduction an den lautesten Stellen im Signal nicht weiter als -6 dB in den Minusbereich schnellt. Schließlich gleichen wir die durch die Kompression verringerte Lautstärke und Lautheit durch eine höhere Ausgangsverstärkung aus (Regler: OUTPUT).
Klangfarbe per EQ formen
Mit dem EQ polieren wir unsere Gesangsaufnahme auf Hochglanz. Der EQ des Tegeler Audio Manufaktur VTRC arbeitet passiv – dies ermöglicht eine sehr natürliche anmutende Klangformung. Wir sind auf etwas mehr »Bauch« und seidige, luftige, glänzende Höhen aus.
Ersteres erreichen wir durch eine Anhebung bei 100 Hertz, Letzteres durch eine Anhebung bei 16 Kilohertz. Wenn unser Sänger zu nasal geklungen hätte, wäre eine Absenkung bei 700 Hertz sinnvoll gewesen.
Vertraue deinen Ohren
Wohlgemerkt: Jeder EQ ist anders, was die Filtergüten und -typen der Bänder betrifft. Der EQ im Tegeler Channel Strip ist nach Art eines Pultec-Equalizers gestaltet – wenn Du auch einen solchen nutzt, werden unsere Einstellungen bei dir zu einem ähnlichen Resultat führen.
Hintergrundwissen dazu in unseren FAQ: Filter Typen
Andernfalls musst Du deinen eigenen Sound finden, was ohnehin grundsätzlich zu empfehlen ist. Noch dazu klingt jede Stimme anders, zudem sind das Mikrofon und die Positionierung der Sängerin oder des Sängers davor ganz entscheidend für den Grundsound … und damit für die jeweils sinnvollen Einstellungen am EQ.
Guter Channel Strip? Das Fazit
Das Wichtigste zum Channel Strip noch einmal in Kürze:
- Ein guter Channel Strip verschafft deinen Aufnahmen Feinschliff und Profisound
- Der Vorverstärker kann transparent und klar ODER färbend und Vintage klingen
- Per Kompression kommst Du zu durchsetzungsfähigeren Aufnahmen
- Der EQ sorgt für mehr Bauch und/oder mehr Glanz etc.
Nicht jeder wird sofort das Budget für einen Channel Strip aufbringen können, doch wer auf der Suche nach einem Signal mit perfektem Feinschliff ist, findet hier eine wichtige Komponente.
Unsere Empfehlung ist es, sich gleich mit einem professionellen Gerät wie dem VTRC der Tegeler Audio-Spezialisten auszustatten. Bei so manchem Channel Strip für Einsteiger ist der klangliche Unterschied zu vorhandenem Equipment einfach nicht groß genug.
♫ Channel Strip – Soundbeispiele
Die Klänge, die wir für die beiden Videos aufgenommen haben, kannst Du dir hier in voller Qualität herunterladen:
» Download: Channel Strip – Soundbeispiele I (~36 MB)
» Download: Channel Strip – Soundbeispiele II (~151 MB)