Mehr Stereo für deine Mixe? Hier sind die richtigen Methoden!
Von Carlos San Segundo
Mehr Stereo für deine Mixe? Hier sind die richtigen Methoden
Unvergessen die ersten Aufnahmen der Beatles in Stereo, bei denen das Instrumental komplett auf einem Kanal und der Gesang auf dem anderen lagen. Heute sind Küchenradios und Clubs vielleicht noch die letzten Abhören, die in mono arbeiten. Seit dem Siegeszug von Stereoaufnahmen haben natürlich findige Musiker und Toningenieure 1.001 Tricks gefunden, um ausgewogene Abmischungen zu kreieren und die volle Bandbreite der zwei Kanäle auszuschöpfen.
Breite ist überhaupt das Stichwort dieses Artikels. Das Stereopanorama bietet uns viel Raum, um jeder Spur einen ganz eigenen Platz im Mix zuzuweisen. Und manchmal bleibt sogar noch etwas Platz, um einzelnen Instrumenten mehr Stereobreite zu geben. Und genau darum soll es in diesem Artikel gehen: Instrumente mehr Stereobreite geben.
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1. Manuelle Stereoverbreiterung
Wie Du sicher schon weisst, hat das Stereoempfinden seinen Ursprung in den Laufzeitdifferenzen von Schall beim Auftreffen auf das menschliche Ohr. Das bedeutet, dass Du ein räumliches Empfinden für Schallereignesse bekommst, weil der Klang zu unterschiedlichen Zeitpunkten am linken bzw. rechten Ohr ankommt. Für diesen Artikel soll das als Erklärung reichen: Ein Stereosignal ist nicht einfach ein Monosignal, das in den linken und rechten Kanal einer Stereodatei kopiert wird. Ein Stereosignal entsteht durch den Unterschied der Schallereignisse in beiden Kanälen.
Und genau das kannst Du dir für eine Stereoverbreiterung zunutze machen. Nimm eine Monospur und dupliziere diese. Nachdem Du die Spuren hart links bzw. hart rechts im Stereopanorama verteilt hast, kommt es zu einer Summierung des Signals in der Hörposition. Der Trick besteht jetzt darin, beide Spuren so mit unterschiedlichen Effekten zu belegen, dass der Monoeindruck minimiert wird und ein angenehmes Stereofeeling herauskommt. Dazu ist es wichtig, dass beide Spuren nicht stur dasselbe machen. Ein ganz typischer Effekt für dieses parallele Bearbeiten dürfte wohl die Verwendung eines Chorus sein. Wobei ich häufig dazu tendiere, das Originalsignal unangetastet zu lassen und nur die kopierte Spur mit viel Effekt zu versehen und leise zum Original hinzuzumischen.
Bei analogem Equipment (vor allem bei solchem mit Röhren) kann es schon reichen, das Signal bei entsprechendem Drive durch zwei Kanäle zu jagen. Obwohl die Hersteller von analogem Equipment natürlich versuchen, den Effekt so homogen wie möglich zu gestalten, kommt es bauartbedingt zu unterschiedlichen Ausgangssignalen, die die Breite im Stereopanorama ebenfalls angenehm vergrössern können.
2. Hall / Reverb
Nachdem wir die vielleicht schwierigste Methode bereits besprochen haben, kommen wir zu der offensichtlichen Variante, einen Hall-Effekt zu nutzen. Hall-Effektgeräte, die einen Raum emulieren, machen in der Regel aus mono natürlich stereo. Du kannst den Effekt Hall nicht nur dazu nutzen, um einer Aufnahme mehr Tiefe zu geben und sie in einen musikalischen Kontext zu setzen – selbstverständlich gewinnt ein Signal dadurch auch an Stereobreite.
Es ist schwierig, hier einen guten Rat zu geben. Aber sehr kleine Räume tendieren dazu, dem Signal durch die kurzen Predelay-Werte mehr Breite zu geben. Der Grund liegt darin, dass der Halleffekt mehr als Teil des Originalsounds vernommen wird denn als eigenständiger Effekt.
3. Stereo Delay
Eine weitere Methode, um einem Instrument zu mehr Stereobreite zu verhelfen, ist das Stereo Delay. Hierzu werden die vom Effekt generierten Echos seitlich des Originalsignals im Stereopanorama angeordnet. Meistens bietet es sich an, die Delayzeiten rhythmisch an das Tempo des Musikstücks anzupassen. Um einen hörbaren Effekt auf die Stereobreite zu haben, sollten die Delayzeiten aber relativ kurz gewählt werden.
In der Praxis beim Abmischen bietet es sich zudem an, die Höhen mit einem High-Shelf Filter zurückzunehmen und die Echos nur sehr leise zum Originalsignal zu mischen. Der Effekt ist dann sehr subtil, was aber genau zu der wahrgenommenen Stereoverbreiterung führt.
4. Split Harmonizer
Der Split Harmonizer Effekt wird auch mit dem Effekt Delay erzeugt, wobei hier noch kürzere Delayzeiten zwischen 15ms und 50ms je nach Songtempo verwendet werden sollten. Damit der Effekt aber richtig wirkt, werden linker und rechter Kanal zusätzlich um jeweils wenige Cent nach oben, respektive nach unten transponiert (gepitcht). Wer diesen Effekt noch nicht kennt, kann sich die Vorgehensweise in unserem Artikel Fette Vocals mit dem Split Harmonizer Effekt im Detail durchlesen. Übrigens kann man diese Art der Stereoverbreiterung auf jeder Spur bzw. für jedes Instrument verwenden, auch wenn der Titel des Artikels das im ersten Moment nicht vermuten lässt.
5. Equalizer
Es gibt einige Equalizer Plugins, die eine Stereoverbreiterung des Signals durch die unterschiedliche Anwendung von Anhebungen oder Absenkungen auf linker bzw. rechter Seite erzeugen. Je nachdem welche Seite wie bearbeitet wird, kommt es zu einer Betonung von linkem oder rechten Kanal. Du kannst diesen Effekt auch ohne ein solches Plugin in deiner eigenen DAW (Digital Audio Workstation) nachbilden.
Du kannst diesen Effekt wie unter Punkt 1 beschrieben nachstellen. Das Schöne ist, dass Du diesen Trick auch auf bereits in stereo vorliegenden Audiodateien verwenden kannst, um noch etwas mehr Stereobreite herauszukitzeln. Eine Methode, die ein befreundeter Toningenieur gerne verwendet, beinhaltet eine „helle“ linke Seite und eine „dunkle“ rechte Seite.
6. Mid/Side Stereo
Die letzte Option ist das so genannte M/S Processing, wobei M für Mid (Mitte) und S für Side (Seite) stehen. Es gibt eine Vielzahl von Plugins, die mit dieser Technik arbeiten und die meistens den Parameter „Spread“ dazu anbieten. Wenn Du keines dieser Plugins besitzt, kannst Du den Effekt nachstellen, indem Du eine Monokopie des Originalsignals anlegst, deren Phase invertierst und diese zum Original hinzumischst.
Wenn Du die Monokopie zu 100% dem Originalsignal hinzugibst, wird der gesamte Monoanteil der Aufnahme ausgelöscht und es bleiben nur noch die Unterschiede in stereo. Meistens empfiehlt es sich einen HighPass Filter auf die Monokopie zu geben, um die Definition und Klarheit des Mixes beizubehalten.
Noch mehr Stereo für deine Mixe?
In meiner Vorlage zum Abmischen habe ich immer einen Aux-Bus mit dem Split Harmonizer, diverse Stereo Delays und etwa fünf unterschiedliche Hall und Room-Effekte aus diversen Plugins. Nicht jeder Effekt passt in alle Songs und jeder wird seine eigenen Lieblinge finden. Sicherlich gibt es noch zahlreiche weitere Methoden, um seine Abmischungen noch breiter zu machen, ich bin da ganz gespannt auf deinen Kommentar.
Nur eines ist wirklich wichtig, bei aller Liebe zu wirklich breiten Stereomixen: Den Mix immer wieder auf Monokompatibilität und etwaige Phasenauslöschungen kontrollieren.
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