Hall abmischen
Reverb im Mix einbetten & bearbeiten – delamar MixDoc #010

Hall abmischen
Hall abmischen – Essentielle Tipps & Tricks in diesem Ratgeber zum Reverb

Felix Baarß Von Felix Baarß am 01. März 2024

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delamar Mixdoc #010 – Hall abmischen

Der Fokus in diesem Artikel liegt darauf, wie Du den Hall abmischen kannst, nachdem Du einen passenden Reverb-Effekt gewählt und zumindest grob nach deinen Vorstellungen eingestellt hast. Es geht also die Art und Weise, wie und auf welchen Spuren Du den Hall einbindest und mit welchen zusätzlichen Effekttypen Du was bewirkst, um den Hall perfekt in Szene zu setzen.

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Nach einigen Worten darüber, was Hall eigentlich ist und welche Bedeutung er für uns Menschen hat, gehen wir über zu den verschiedenen Mischtechniken. Los geht’s!


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Der Hall – Grundlagen

Hall ist ein natürliches Phänomen und hilft uns Menschen, räumliche Informationen besser zu verstehen. So können wir hören, wo die verlorene Münze hin gerollt ist. In der Natur wird jeder Klang einer Schallquelle irgendwo reflektiert, gebrochen und im Raum verteilt.

Wir nehmen das als Nachhall wahr. Das menschliche Ohr wurde über Jahrmillionen so stark auf diese Raumanteile geeicht, dass wir kleinste Änderungen wahrnehmen können. Und die Reflexionen klingen verschieden – je nach der Beschaffung, der Größe und des Materials im Raum.

Zudem entstehen in jedem Raum stehende Wellen, auch Moden genannt, mit denen unser Hirn die Größe der Umgebung einschätzt. Das sind Schallverstärkungen in bestimmten Frequenzbereichen – Resonanzen. Diese können uns beim Mixing einen Strich durch die Rechnung machen. Sie überlagern und maskieren andere Teile des Mixdowns und lassen deine Musik im schlimmsten Fall schwammig und undurchsichtig klingen. Doch das lässt sich beheben – später erfährst Du, wie das geht.

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Hall als Send-Effekt auf separater Spur nutzen

Wer Hall abmischen will, ist in der DAW mit dieser Methode gut beraten:

  • Erstelle eine neue Spur in deiner DAW – wir nennen sie im Folgenden »REV«
  • Leite das Signal, das Du verhallen willst, über einen Send-Weg an REV
  • Füge das Hall-Plugin deiner Wahl als Insert-Effekt auf REV ein
  • Stelle das Hall-Plugin so ein, dass es nur das verhallte Signal ausgibt (100% »Wet« bzw. 0% »Dry«)

Jetzt kannst Du das »trockene« Signal und das den Hallanteil separat voneinander in der Lautstärke justieren. Außerdem lassen sie sich einzeln stumm- bzw. auf Solo schalten, um sie einzeln unter die Lupe nehmen zu können. Gerade die angesprochenen Raummoden werden besser hörbar, wenn Du REV im Solomodus abhörst.

Auch weitere Spuren mit anderen Send-Effekten sind auf diese Weise bequem möglich – oder zusätzliche Plugins vor und/oder nach dem Hall-Plugin auf REV.

Equalizer nutzen

Mit einem Equalizer auf REV kannst Du den Klang des Halls selbst formen. Zunächst ist zu entscheiden, ob der Equalizer VOR oder NACH deinem Hall-Plugin wirken soll:

  • EQ vor Hall: Das Quellsignal für den verhallten Sound wird bearbeitet
  • EQ nach Hall: Der verhallte Sound wird bearbeitet

Wirkt der EQ vor dem Hall, bleibt der Charakter des Hallgeräts/Plugins bewahrt. Du bestimmst, was überhaupt in den Halleffekt hineingelangt, kannst also von vornherein gewisse Frequenzen schwächer verhallen oder bei starker Filterung komplett aus dem Hall »aussperren«. Damit wird der Charakter des Hallgeräts oder Plugins stärker gewahrt.

Wirkt der EQ nach dem Hall, wird das Originalsignal unbearbeitet in den Hall eingespeist und verhallt, woraufhin Du den bereits erzeugten Hall bearbeitest.

Natürlich ist auch der der Einsatz von zwei EQs denkbar (einer vor und einer nach dem Hall) – so kannst Du einerseits problematische bzw. unerwünschte Frequenzen in der Hallerzeugung außen vor lassen und schließlich noch das den Charakter des Endergebnisses abschmecken. Bei Letzterem empfiehlt sich ein subtiler EQ-Einsatz, damit der oben erwähnte Hauptvorteil – die Wahrung des Hallcharakters – weitestgehend erhalten bleibt.

Tipps zum EQing beim Hall abmischen

Die folgenden Tipps empfehlen sich hauptsächlich für EQs, die VOR dem Hall wirken. Außerdem handelt es sich bei den Frequenzangaben lediglich um typische Näherungswerte – je nach Quellsignal und den übrigen Sounds in deinem Mix musst Du die Parameterwerte nach Gehör justieren.

  • Low Cut (24 dB/Okt.) bei mindestens 80 Hz setzen – aufgeräumter Bassbereich
  • Bei Vocals
    • Absenkung zwischen 300 und 700 Hz – weniger »Matsch« und »Mumpf«
    • Absenkung zwischen 1 und 5 kHz – präsentere Stimme
  • Bei Akustikgitarren – Resonanzen nicht mit Hall versehen
    • Low Cut (24 dB/Okt.) bei mindestens 50 Hz setzen
    • Absenkungen bei 170, 290, 530 und 1.200 Hz
    • High Cut oder High Shelf bei 9 kHz

Aufspüren von Resonanzen

Die Frequenzbereiche, die bei einer Mikrofonaufnahme zu Resonanzen führen, lassen sich wie folgt aufspüren: Nutze ein EQ-Band im Peak-Filter-Modus und stelle zunächst eine Erhöhung um ein paar Dezibel (z.B. +6 dB) ein. Verschiebe die Frequenz nun langsam bis zu einem Punkt, an dem der Sound besonders unangenehm dumpf, dröhnend oder scharf klingt. Genau hier machst Du aus der Erhöhung nun eine Absenkung.

Wiederhole diesen Vorgang, um weitere Resonanzen aufzuspüren und abzuschwächen. Es gibt meist eine ganze Handvoll störender Resonanzen, daher empfiehlt sich ein Equalizer mit mindestens vier Bändern (zusätzlich zu den High- und Low-Cut-Filtern). Die Feinabstimmung aller Bänder kannst Du gegebenenfalls mit ihren Q-Reglern vornehmen.

Weitere Tipps & Anregungen zum Hall abmischen

Besser zu wenig als zu viel Hall

Halleffekte sind meist dann am besten für deinen Mix, wenn sie hintergründig wirken. Oft reicht es, wenn Du einen Reverb nicht deutlich hörst, aber vermisst, er deaktiviert ist.

Wenn Du künstlerisch ganz bewusst einen sehr starken Hall verwendest, ist der Einsatz des EQs (siehe oben) umso wichtiger, damit der Mix aufgeräumt bleibt und die Hallfahne nicht die übrigen Elemente deiner Abmischung in einer Klangsuppe ertrinken lässt.

Eigener Hall für jede Spur/Gruppenspur

Erstelle für jede Spur und gegebenenfalls für jede Gruppenspur eine eigene Hallspur mit unterschiedlichen Einstellungen für den Reverb-Effekt selbst, seine Lautstärke und die Effekte davor/danach.

Achte hierbei darauf, dass Du nicht zu viele unterschiedliche Halltypen (Federhall, Plattenhall etc.) in deiner Produktion verwendest, um eine gewisse Einheitlichkeit im Klangcharakter zu wahren.

Eine daran anschließende Faustregel: Je mehr Hall-Effekte Du nutzt, desto kürzer sollten deren Hallfahnen im Durchschnitt sein.

Mono-Hallsignal ausprobieren

Üblicherweise geben moderne Hallgeräte und -Plugins Stereosound aus. Es kann sich jedoch sehr lohnen, den Hall auch mal auf Mono zu stellen (über die Bordmittel der DAW-Mixerspur oder mit einem einfachen Plugin).

Voxengo MSED - Auch nützlich zum Hall abmischen

Tipp: Zum schnellen Wechsel zwischen Stereo und Mono sowie für stufenlose Mischungen aus beiden Extremen empfehlen wir das kostenlose Plugin Voxengo MSED  . Hier kannst Du auch die Mitten- und Seitenanteile mit einem Knopfdruck (de-)aktivieren und Du findest eine graphische Darstellung des Stereobilds (Goniometer).

Außerdem solltest Du mal probieren, einen Hall dem Quellsignal im Stereobild »folgen« zu lassen: Wenn ein Instrument im Mix mehr oder weniger weit nach links oder rechts gepannt ist, kann auch der zugehörige Hall genau dort erklingen. Stelle also den Panning-Regler der separaten Hallspur auf die gleiche Position.

Übrigens kann auch das Gegenteil zu einem netten Effekt führen: Den Hall spiegelverkehrt an die gegenüberliegende Position legen (Quelle links, Reverb rechts und vice versa).

Achtung: Bleibst Du beim Stereo-Reverb, sollte die Monokompatibilität bewahrt werden.

Hallstärke automatisieren

Will heißen: Die Intensität des Halleffekts in Relation zum trockenen Quellsignal über das DAW-Projekts hinweg beeinflussen. Das geschieht auf einer Automationsspur. Wenn Du unserer Empfehlung nach das Reverb-Anteil allein auf einer separaten Spur hast, nutzt Du die Automationsspur für die Lautstärke dieser Spur. Ansonsten brauchst Du eine Automationsspur für den Effektanteil in deinem Reverb-Plugin (meist »Wet« genannt).

In der Regel geht es darum, eine Dramaturgie zu schaffen. Das simple Mittel der Automatisierung der Hallintensität ist dafür erstaunlich gut geeignet. Renommierte Produzenten wie Tony Maserati nutzen den Hall nur an zwei oder drei Stellen in einem Song, um diese als emotionale Höhepunkte zu unterstreichen. Umgekehrt kann es auch ins Ohr stechen, wenn der Hall die meiste Zeit über aktiv ist und nur für einen kurzen Moment deaktiviert wird – vor allem auf Lead Vocals, wenn eine besonders wichtige Textstelle betont werden soll.

Ein weiteres Szenario: Wenn es bestimmten Stellen im Track Geräusche gibt, die erst durch den Hall unangenehm stark hervorgekehrt werden, kannst Du ihn an dieser Stelle durch das Absenken Automationskurve punktuell reduzieren.

De-Esser vor dem Hall nutzen

Wer Vocal-Hall abmischen will, profitiert womöglich vom zusätzlichen Einsatz eines De-Essers vor dem Reverb. Abgesehen davon, dass dieser auch auf dem trockenen Signal sinnvoll sein kann, um Zischlaute entfernen bzw. deren Schärfe abmildern zu können, stellst Du damit sicher, dass die aggressiven Sibilanten gar nicht erst verhallt werden.

Es gilt prinzipiell dasselbe wie beim EQ vor dem Reverb: Je weniger unerwünschte Frequenzen in den Hall hineinkommen, desto besser.

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Delay statt Hall nutzen

Nach wie vor unterschätzt: Delay-Effekte als Alternative zum Hall. Abmischen kannst Du diese nämlich oft leichter, da sie weniger dominant sind und den Mix nicht mit einer Hallfahne »vernebeln«.

Hier reichen die Möglichkeiten von wenigen sehr dicht gestaffelten Delays (die letzte Wiederholung sollte nicht mehr als 30 Millisekunden betragen) bis hin zu Delays von normaler Länge – z.B. Achtelnoten, also mit Temposynchronisierung.

Ersteres erscheint dem Ohr wie ein sehr kurzer Reverb und Letzteres stellt sicher, dass die Wiederholungen im Takt bleiben und den Mix nicht durch arhythmische Elemente chaotisch werden lassen.

Auch ein sogenanntes Slap-back-Delay mit einer einzigen Wiederholung (0% Feedback) ist ein probates Mittel für atmosphärischen Raumklang und einen transparenten Mix. Oder Du nutzt einfach ausschließlich die frühen Reflexionen (»early reflections«) deines Reverb-Plugins und deaktivierst die Hallfahne (»[reverb] tail«)

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