Mastering mit iZotope Ozone 9 – So geht’s
Von Kai Chonishvili am 11. November 2019
Mastering mit iZotope Ozone 9
Beim Mastering geht es vereinfacht gesagt darum, dass das Maximum aus einem Track herausgeholt wird und dieser auf jeder Anlage „gleich“ klingt. So soll der Song nicht nur aus der PA im Club richtig Dampf machen, sondern auch aus Omas Küchenradio dick und fett rüberkommen.
Die Ozone-Reihe von iZotope zählt zum prominentesten Beispiel, wenn es um das Thema Mastering am Rechner geht. Und weil das Thema Mastering ein Dauerbrenner ist und eben erst Ozone 9 auf den Markt gekommen ist, gibt es nun ein Mastering-Tutorial :)
Die Challenge für dieses Mastering-Tutorial
Für dieses Mastering-Tutorial habe ich mir einen alten Track rausgesucht, auf dessen Projekt ich leider nicht mehr zugreifen kann. Das bedeutet also, dass mir nur eine gerenderte Stereodatei geblieben ist, die nicht sonderlich gut klingt (und eigentlich in den Papierkorb sollte?!)
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Ich kann mich aber noch sehr gut an die Produktion erinnern und weiß, welches Endergebnis ich damals im Kopf hatte. Das Genre geht in die Richtung Minimal House. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Groove.
Mein Ziel besteht also darin, beim Mastering mit iZotope Ozone 9 das Maximum aus diesem Track herauszuholen.
Ich habe mich für diese Art der Herausforderung entschieden, weil es mit Sicherheit vielen so geht: Du hast noch einen alten Track auf der Platte rumfliegen, der eigentlich Potential hat, aber klanglich einfach nicht überzeugt? Dann wäre es ja klasse, wenn Du mit einer Mastering-Software diesen wieder auf Vordermann bringen könntest.
Lies auch: Video: Mastering – Fetter Sound in 7 Schritten
Fertige Master im A/B-Vergleich
Damit ich auch mal Taten sprechen lasse, folgen nun die originale Version aus dem Jahre 2015 und das frisch gemasterte Material im Vergleich. Übrigens: Es handelt sich hierbei nur um Ausschnitte, die den Kern des Songs repräsentieren.
Version 2016 (ohne Mastering)
Version 2019 (mit Ozone 9 gemastert)
In den folgenden Schritten erkläre ich dir jeden einzelnen Schritt, damit Du lernst, wie Du beim Mastering mit iZotope Ozone 9 deine Songs verbessert.
1. Mastering-Assistent
Zugegeben: Mein Track ist eine Herausforderung und müsste streng genommen richtig abgemischt werden. Während der Bass sehr topfig und breiig klingt, verlangt der Track generell mehr Druck und Brillanz.
Generell wünsche ich mir eine Art Wundermittel, welches die Korrektur der gröbsten Schnitzer von alleine bewältigt, damit ich eine angenehme Ausgangsbasis für das Mastering mit iZotope Ozone 9 habe.
Und diese Wunderwaffe heißt Master Assistent. Sobald ich auf diesen Button drücke, fragt mich Ozone 9, was ich gerne hätte. Meine Antworten lauten „Modernes Master“, hohe EQ-Intensität und „Streaming“ als Plattform. Du kannst dich also zunächst vom Bauchgefühl führen lassen und dir eine Arbeitsgrundlage automatisch aufbauen lassen.
Nach wenigen Sekunden schlägt mir die Software eine Mischung aus Equalizer, dynamischen Equalizer und Maximizer mit entsprechenden Einstellungen vor. Das Ergebnis klingt definitiv besser, lauter und frischer, doch was ist da eigentlich passiert?
Im folgenden hörst Du das Ergebnis mit dem Master-Assistant, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum Original-Signal.
Hörbeispiel: Master-Assistent vs. unbearbeitet
1.1 EQing: Korrektur der Frequenzen
Zunächst einmal hat Ozone 9 einen Equalizer an erster Stelle platziert und den krummen Frequenzgang des Songs korrigiert. Der Bassbereich wurde unter 100 Hz abgesenkt und die Mitten ab 300 Hz angehoben. Zudem sind die eigentlich abfallenden Höhen ab 10 kHz wieder angehoben, damit der Sound nicht so muffig klingt.
Generell arbeitet man beim Mastering eher mit einer breitbandigen Güte am EQ, also dem weiten Absenken oder Anheben bestimmter Frequenzbereiche. Solltest Du jedoch Frequenzspitzen finden, die einfach nicht zum Song gehören, wie beispielsweise pfeifende Resonanzen im Ridebecken, kannst Du diese natürlich gezielt absenken.
Hier ist es ratsam, mit dynamischen Equalizern zu arbeiten. Diese bearbeiten die Frequenzen dynamisch und nicht statisch – und genau das hat der Master Assistent auch getan. In meinem Song hat der dynamische Equalizer mehrere Frequenzen ausfindig gemacht, die bei der Überschreitung eines definierten Schwellwertes (Threshold) abgesenkt werden.
Da der dynamische Equalizer für meinen Geschmack sehr musikalisch arbeitet, belasse ich die Einstellungen, so wie sie sind. Wären mir die Einstellungen zu streng, würde ich die Gain-Parameter der Frequenzbänder einfach ein Stück zurücknehmen.
Außerdem wurde die Lautheit erhöht und der Pegel so eingestellt, dass es für das Streaming angemessen ist.
2. Bearbeitung des Low End
Beim Mastering mit iZotope Ozone 9 hat mir der Assistent eine Basis geschaffen, mit der ich mir meinen Track überhaupt wieder anhören kann – eine gute Basis für das eigentliche Mastering!
Im nächsten Schritt fällt auf, dass der Bassbereich ziemlich matschig, topfig und völlig undefiniert ertönt. Als ich den Track damals produzierte, hatte ich ein sehr grooviges Zusammenspiel aus Bass und Kick im Kopf. Der Groove sollte quasi über allem stehen und dem Song die Richtung weisen.
2.1 Ozone 9 Highlight: Low End Focus
Nun gilt es, diese Vorstellung in die Tat umzusetzen. Hierfür nutze ich zunächst das neueste Tool von Ozone 9 – Low End Focus – und erhoffe mir mehr Klarheit im Bass. Über den Contrast-Regler schraube ich den „Effekt“ nach oben, mit „Punchy“ folge ich einfach meinem Bauchgefühl: „Der Bass soll schön punchy klingen“.
Da mir der Bass aber generell zu laut erscheint, steuere ich mit reduziertem Gain etwas gegen. Auch den Frequenzbereich grenze ich ein, denn das Tool soll nur von 20 bis 250 Hz aktiv sein. Das Ergebnis ist ein Bass, der straffer als vorher klingt.
Im folgenden hörst Du das Ergebnis der Low-End-Focus-Bearbeitung, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum vorherigen Signal (Master Assistant).
Hörbeispiel: Low-End-Focus vs. Master-Assitent
2.2 Feinfühlig: Spectral Shaper
Allerdings hat der Bass noch eine leicht topfige Note, die nicht sein sollte. Diese liegt meistens in einem Bereich zwischen 100 und 300 Hz. Anstelle einer Absenkung mit einem Equalizer, werde ich etwas feinfühliger an die Sache herangehen.
Der Spectral Shaper arbeitet wie ein extrem hochauflösender Multiband-Kompressor, bedeutet also: Du kannst sehr feinfühlig und musikalisch bestimmte Frequenzbereiche bearbeiten. Und weil der Bassbereich immer eine sehr sensible Angelegenheit ist, nutze ich den Spectral Shaper mit den oben abgebildeten Einstellungen. Dieser zaubert die topfige Note einfach weg und gibt dem Bass mehr Klarheit.
Im folgenden hörst Du das Ergebnis der Spectral-Bearbeitung, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum vorherigen Signal (Low End Focus).
Hörbeispiel: Spectral Shaber vs. Low End Focus
3. Multiband-Kompression
Beim Mastering mit iZotope Ozone 9 habe ich bislang sehr viele Neuheiten genutzt, darunter den Master Assistenten, Low End Focus und Spectral Shaper. Nun geht’s wieder etwas konventioneller zur Sache, denn für den nächsten Schritt nehme ich den Multiband-Kompressor Dynamics.
Lies auch: Multiband-Kompression erklärt
Mit diesem Tool kannst Du unterschiedliche Frequenzbereiche komprimieren, womit Du ein dichtes und differenziertes Gesamtbild erzeugen kannst – ohne pumpende Artefakte oder dergleichen.
3.1 Bassbereich straffen
Mein Track benötigt nach all der Basskorrektur eine zusätzliche sanfte Kompression im Bass, damit dieser abgerundet wird. Dementsprechend grenze ich den Kompressionsbereich des ersten Bandes bis knapp 300 Hz ein. Ab dann ziehe ich den Threshold auf -18,9 dB runter, damit die Kompression stark hörbar wird. Ratio liegt bei 11:1, ist also sehr stark eingestellt.
Anschließend experimentiere ich über den Parallel-Regler mit einem Mischverhältnis, das den Bassbereich dezent komprimiert. Mein Tipp: Experimentiere bei jeglicher Art von Kompression immer mit dem Dry/Wet-Regler oder wie hier genannt „Parallel“. Denn damit findest sehr schnell eine perfekte Mischung aus komprimiertem und originalem Signal (selbst bei extrem starker Komprimierung).
Im folgenden hörst Du das Ergebnis der Dynamik-Bearbeitung im Bass, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum vorherigen Signal (Spectral Shaper).
Hörbeispiel: Dynamik-Bearbeitung vs. Sectral Shaper
3.2 Peitschende Snare etc.
Der Bassbereich ist nun endlich abgehakt! Weiter geht’s mit den mittleren Frequenzen. Ganz prominent sind die Snaredrum und eingeschobenen Synth/Vocal-Samples.
Während der damaligen Song-Produktion wollte ich eine sehr peitschende Snare haben, auch die eingeworfenen Soundschnipsel sollten mit richtig Power „eingeflogen“ kommen. Und genau da hapert es aktuell ein wenig.
Zunächst einmal grenze ich den Frequenzbereich beim Tool Dynamic im zweiten Band auf 300 bis 3000 Hz ein. Ab dann gebe ich eine Ratio von 14:6 ein, also eine sehr starke Kompression. Die Idee ist nämlich folgende: Ich komprimiere den gesamten mittleren Frequenzbereich sehr stark, damit dieser absichtlich pumpt. Ab dann mische ich diesen Effekt dem Originalsignal bei – die „New York Compression“ lässt grüßen!
Im folgenden hörst Du das Ergebnis der Dynamik-Bearbeitung mit den Mitten, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum vorherigen Signal (nur Bass-Kompression).
Hörbeispiel: Komplette Dynamikbearbeitung vs. Bass-Kompression
4. Vintage Color
Die grobe Arbeit ist getan und der Song hat mittels Frequenzkorrektur, Kompression und Bass-Bearbeitung endlich wieder Form angenommen. Ab jetzt folgen die subtilen Toppings!
Die Vintage-Tools bei iZotope Ozone 9 ermöglichen beispielsweise eine Art Kolorierung der Klangfarbe. Auf der einen Seite soll mein Track punchy-modern klingen, aber auf der anderen Seite auch angezerrt-warm – etwas vintage eben.
Für diese Schritte lade ich die Komponenten Vintage EQ, Vintage Comp und Vintage Tape. Generell gilt: Jeder Bearbeitungsschritt soll sich breitbandig subtil bemerkbar machen, damit möglichst viele Instrumente mit „eingefärbt“ werden.
Mit dem Vintage EQ erzeuge ich einen hörbaren Boost von 4,7 dB, der bei 10 kHz breitbandig agiert. Gleichzeitig geht’s um 20 kHz wieder etwas abwärts. In der Summe kommen die Hihats und Becken jetzt mehr zum Vorschein. Beim Vintage Comp hingegen komprimiere ich den gesamten Track auf dezente Art und Weise, damit alles ein wenig dichter wird. An dieser Stelle gibt es keinen starken Wow-Effekt, denn diese Schritte sind einfach subtiler Natur.
Interessant wird es mit dem Modul Vintage Tape. Hier habe ich nach Gefühl alle Regler so weit aufgedreht, dass der Track angenehm zu zerren beginnt. Es ist wie eine neue Obertonstruktur, die den Song interessanter werden lässt.
Im folgenden hörst Du das Ergebnis, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum Signal ohne die Vintage-Tools.
Hörbeispiel: Vintage Color vs. Dynamik-Bearbeitung
5. Mid/Side-Bearbeitung und Rebalance
Nach dieser wohltuenden Vintage-Färbung verlangt der Track nach einer Optimierung hinsichtlich der Mitten-Seiten-Bearbeitung. Weil der Track eher minimalistisch gehalten ist, möchte ich die seitlichen Anteile künstlich aufblasen und dafür sorgen, dass der Sound voller klingt, als er eigentlich ist.
5.1 Exciter
Zunächst lade ich den Exciter und stelle die Stereo-Bearbeitung auf Mid/Side um. Ab dann fokussiere ich die Mitten-Bearbeitung und gebe dem Bassbereich (20 bis 300 Hz) einen dezenten Boost. Das Tolle beim Mastering mit iZotope Ozone 9 ist die Tatsache, dass man hinsichtlich der Modultypen sehr flexibel ist.
So wähle ich für den Boost der tiefen Frequenzen beispielsweise die Tape-Charakteristik, womit der Sound wieder etwas angezerrt wird. Natürlich möchte ich diesen hörbaren Effekt nicht übertreiben, deshalb regel ich das Mischverhältnis auf entspannte 13 Prozent.
Nun geht’s an die Seiten: Hierfür betone ich den mittleren Frequenzbereich um nahezu das Maximum, allerdings erfolgt dieser Boost mit der Warm-Charakteristik. Es zerrt also wesentlich weniger, als mit dem Typ Tape. Auf diese Weise werden die seitlichen Anteil richtig in den Vordergrund gezwungen, was dem Track endlich mehr Fülle verpasst.
5.2 Stereofeld erweitern mit dem Imager
Doch damit nicht genug: Über den Imager ziehe ich die hohen Frequenzen ab 3000 Hz in die Breite (einfach den Band-Width-Regler nach oben ziehen). Gleichzeitig reduziere ich die Breite des Bassbereiches, damit dieser knackig und mono-kompatibel bleibt. Auch wenn die Wortwahl in diesem Abschnitt gewaltig erscheint, im Klang geht es hier wieder einmal um Nuancen.
Im folgenden hörst Du das Ergebnis der Mid-/Side-Bearbeitung, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum Signal ohne Imager und Exciter.
Hörbeispiel: Mid-/Side-Bearbeitung
6. Rebalance
Mit Ozone 9 haben die Entwickler von iZotope ein weiteres sinnvolles Feature implementiert: Rebalance. Dieses Tool ermöglicht dir, die Lautstärke von Drums, Bass und Vocals im Nachhinein zu verändern. In meinem Fall ist das super, da ich eben nicht mehr die Möglichkeit habe, die Spuren im Original-Projekt abzumischen.
Denn bislang finde ich die neue Version zwar echt gut, aber generell ist der Beat mit Kick, Bass und Snare noch zu präsent. Dieser darf ruhig mehr in den Hintergrund rücken, um einen subtilen 3D-Effekt zu erzielen.
Das mag im ersten Moment seltsam klingen, aber wenn ich Drums auf -1,4 dB runtersetze, klingt das Endergebnis tatsächlich räumlicher.
Im folgenden hörst Du das Ergebnis der Rebalance-Bearbeitung, nach vier Takten folgt eine Pause und dann ein Schwenk zum Signal ohne Imager und Exciter.
Hörbeispiel: Rebalance-Bearbeitung
A/B-Vergleich beim Mastering mit iZotope Ozone 9
Und zu guter Letzt folgt der A/B-Vergleich zwischen dem gemasterten und ungemasterten Track. Zunächst hörst Du die gemasterte Version, nach vier Takten kommt eine Pause und das Original ist zu hören.
Hörbeispiel: Ergebnis mit iZotope Ozone 9 vs. Original
Deine Erfahrungen beim Mastering
Nun bist Du an der Reihe: Welches Programm nutzt Du beim Mastering? Nutzt Du auch sinnvolle Tools, wie den Mastering-Assistenten in iZotope Ozone 9? Schreib uns deine Erfahrungen in die Kommentare!