Übersteuerungen vermeiden
Interleaved Sample Overs – Mastering
Von Friedemann Tischmeyer
Inhaltsverzeichnis: Mastering am Computer
- 1. Hörstrategien
- 2. Abhörlautstärke
- 3. A/B Vergleiche
- 4. Peak und Lautheit
- 5. Peak und RMS-Pegel
- 6. Interleaved Samle Overs
- 7. Optimale Dynamik
- 8. Verhältnis zwischen laut & dynamisch
Die richtige Reihenfolge beim Mastering
- Die richtige Reihenfolge (Teil 1)
- Die richtige Reihenfolge (Teil 2)
- Die richtige Reihenfolge (Teil 3)
- Die richtige Reihenfolge (Teil 4)
Dithering
Interleaved Sample Overs / Übersteuerungen vermeiden
Übersteuerungen vermeiden
Effektiv kannst Du nur an drei Stellen übersteuern:
- Beim Aufnehmen in der A/D-Wandlereinheit
- Wenn Du viele Plugins hintereinander schaltest, den Pegel gründlich aus den Augen verlierst, und Du intern ein Gerät übersteuerst, dass nicht im 32-Bit-Floatingpoint-Format arbeitet. Das Gleiche gilt für Bouncingprozesse bei der Verwendung von 24-Bit-Dateien. Werden durch Einrechnen von Plugins Overs erzeugt, manifestieren sich diese als O dBFS-Ketten in der Datei.
- Am Ende der Bearbeitungskette, vor dem Dithern, wenn Du aus dem 32- oder 24-Bit-Format ins 16-Bit-Format wechselst und dabei den Pegel aus den Augen verlierst.
Wie soeben erklärt, können Overs digital nur als eine Folge von voll ausgesteuerten Bit-Worten interpretiert werden. Das ist eine Art Digitalfehler, da die nach oben hin (über 0 dB) fortgesetzte Dynamik nicht korrekt aufgezeichnet und wiedergegeben wird. Hörbare Artefakte können sich so während der Weiterverarbeitung einschleichen. Transienten werden nicht sauber wiedergegeben.
Ergänzend dazu: Was sind Transienten? »
PASSEND DAZU
- Input-Dithering im Mastering Workshop (Teil 1)
- Audio Mastering am Computer: Peak- und RMS-Pegel
- Peak und Lautheit beim Audio Mastering am Computer
- Audio Mastering am Computer: Abhörlautstärke
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Noch viel schwerwiegender ist das Problem bei der Rückwandlung auf die analoge Ebene. Der Konsumenten-D/A-Wandler soll aus den Einsen und Nullen wieder eine analoge Wellenform erzeugen. Wenn er mit einer Signalfolge gefüttert wird, die aus einigen Samples mit 0dBFS besteht, kann der Wandler nur nach oben runden und es entstehen Overs im Wandlungsprozess. So können wir bei einer Maximalaussteuerung der digitalen Aufnahme von sauberen -0 dBFS Overs von bis zu +3 dB in der Wandlung erzeugen.
Wenn wir die „sauberen“ -0 dB nicht einhalten und Ihr Metering eine Folge von Vollaussteuerungswörtern als Over interpretiert, kann die Wandlereinheit des Konsumenten schon Overs bis zu +6 dB erzeugen.
Peakheadroom & Vollaussteuerung
Diese Overs führen zu Verzerrung, die bis zu 700 ms in das Audiosignal hineinwirken und zu den Artefakten zählen, die handwerklich sauber arbeitende Mastering-Engineers unbedingt vermeiden sollten. Der selbe Effekt tritt übrigens ein, wenn Du eine derartige Samplefolge einfach im Pegel reduzierst. 20 Vollaussteuerungssamples in Folge, die z.B. um 0,3dB im Pegel reduziert wurden, erzeugen immer noch Overs von bis zu 5,7dB in der D/A-Wandlung. Diese Unverträglichkeit in den Konsumenten-D-A-Wandlern beruht auf dem Verhalten der verbauten FIR-Filter und betrifft viele, jedoch nicht alle D/A-Wandler. Es ist gut möglich, dass Du diese Artefakte über einen Profi-D/A-Wandler nicht hören kannst, weil hochwertige Wandler zumeist den entsprechenden Headroom berücksichtigen.
Neben einem Peakheadroom (Pegelreserve) von 0,3 dBFS ist der Brickwall-Limiter ein zusätzliches wirkungsvolles Mittel zum Schutz vor Overs, weil er die so genannten Interleaved-Sample-Overs eliminiert.
Was sind Interleaved-Sample-Overs?
Die Interleaved-Sample-Overs sind virtuelle „durchschießende“ Overs, die sich aus den Daten der umliegenden Samples und dem logischen Wellenformverlauf ergeben, wie ich sie soeben im vorangegangenen Abschnitt erklärt habe. Sie sind also nicht als digitaler Wert vorhanden, sondern zeigen sich durch Oversampling oder D/A-Wandlung.
Wenn Du eine Wortfolge mit 2 voll ausgesteuerten Worten hast, die von niedriger wertigen Samples umgeben sind, ist vordergründig kein Over zu erkennen. Wenn Du aber mehrfach oversamplest, d. h. die Samplefrequenz mehrfach verdoppelst, entsteht bei zweifachem Oversampling eine Folge von 5 voll ausgesteuerten Worten. Nach unserer Regel „2 Worte Vollaussteuerung werden als Over interpretiert“ liegt eine klare Übersteuerung vor.
Diese Technik machen sich Brickwall-Limiter zunutze, indem Sie vor dem Limiting die Samplefrequenz mehrfach erhöhen. Diese Gattung der Limiter arbeitet mit mehrfachem Oversampling und eliminiert so Overs.
Welche Höchstpegel (Peak) sind für welche Anwendungszwecke richtig?
Ein handwerklich sauberes Produktionsmaster sollte eine Maximalaussteuerung von – 0,3 dB haben, um beim Abspielen auf Verbrauchergeräten mit 99,9%iger Sicherheit keine hörbaren Artefakte durch Übersteuerung in der DA-Wandlung zu erzeugen! Zusätzlich ist hochwertiges Brickwall-Limiting bei -0,3dB einzusetzen und zu verhindern, dass auf der -0,3dB-Ebene ein starkes Limiting stattfindet, welches immer noch zu Werten von +0dB führen kann.
Audiodateien, die datenreduziert werden sollen (mp3, ac3, dts usw.), benötigen zusätzlichen Headroom nach der Grundregel: Je höher der Kompressionsgrad, desto höher der nötige Headroom! Bei Formaten wie mp3 /128 kbps und niedriger sind bis zu 6 dB Headroom(!) notwendig, um keine zusätzlichen Übersteuerungs-Artefakte in den Codierungsprozess einzubringen. Nutze in WaveLab die Stapelbearbeitung, um Ihre PCM-Datenbank automatisch im Pegel zu reduzieren, bevor Reduktionsverfahren angewendet werden. Wenn das nicht berücksichtigt wird, entstehen unter audiophilen Gesichtspunkten teils haarsträubende Ergebnisse mit massiver Grundzerrung im Nutzsignal.
Im 7. Teil geht es weiter mit: Optimale Dynamik »
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