Audio Mastering am Computer
Laut & dynamisch

Mastering Video Workshop
Mastering: Laut & dynamisch soll es sein, aber wo liegt das richtige Verhältnis?

Friedemann Tischmeyer Von Friedemann Tischmeyer

Audio Mastering am Computer: Das Verhältnis zwischen laut und dynamisch

In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf den Ist-Zustand und das Erreichen eines optimalen Ergebnisses in Abwägung des gegebenen Gravitationsfeldes zwischen laut und dynamisch.

Hieraus ergeben sich eine Reihe von Fragen:

  • a) Wie beurteile und finde ich die Grenze zwischen zu leisem dynamischen und zu lautem überkomprimierten Material?
  • b) Welche Argumente haben Sie gegenüber Ihrem Kunden zugunsten eines leiseren Masters?
  • c) Gibt es Referenzen für musikalisch und klanglich vertretbare Lautheit?
Der rote Balken stellt die wahrgenommene und den potenziellen Verlust an Qualität und Klarheit dar (Quelle: Bob Katz, www.digido.com)
Der rote Balken stellt die wahrgenommene und den potenziellen Verlust an Qualität und Klarheit dar (Quelle: Bob Katz, www.digido.com)

Gehen wir also auf die Beantwortung dieser elementaren Fragen für ein Masteringstudio ein und beginnen bei der ersten.


PASSEND DAZU


Grenze zwischen leise & dynamisch und laut & überkomprimiert

Da auch die Ohren eines geübten Mastering- Ingenieures ermüden und schnell dazu neigen können, dem Gewöhnungseffekt zu unterliegen, ist es wahrlich schwierig, diese Grenze klar zu definieren.

Im Zeitalter digitaler Distribution ist die Datenreduktion als Endmedium einzukalkulieren

  • Nutze die spontanen frischen Momente nach einer Pause oder dem zwischenzeitlichen kurzen Genuss eines deiner Lieblingssongs für das Bestimmen der vertretbaren Lautheitsgrenze.
  • A/B-Vergleiche zwischen Original und Bearbeitung machst Du immer unter Zuhilfenahme eines sorgfältig eingestellten Levelers, um die A/B-Vergleiche bei exakt der gleichen Abhörlautstärke vorzunehmen. So kannst Du dich auf Details, z.B. die Veränderung der Räumlichkeit, konzentrieren. Verändert sich zum Beispiel die Position des Sängers im Mix oder kommt das Schlagzeug weiter in den Vordergrund, dann bist Du sicherlich zu weit gegangen. Höre in kurzen Loops, damit dein Gehör nicht von wechselndem musikalischem Inhalt abgelenkt wird. Jetzt zählt detailorientiertes, technisches Hören.
  • Laut gemastertes Material solltest Du sehr laut (85 bis 90 dB/SPL) und sehr leise abhören. Sofern Attribute wie „aufdringlich“, „aus den Boxen kotzend“ oder „pumpend“ passen, solltest Du aufmerksam werden und Lautheit reduzieren.
  • Hör deinen Mix beiläufig (so, als ob Du eine Zeitung nebenbei lesen). Wenn sich die Aufnahme zu aufdringlich anfühlt, ist ein Indiz für ein zu lautes Master gegeben. Die Aufdringlichkeit zeigt sich leider häufig erst bei längerem Hörgenuss. Deine Kunden solltest Du darauf hinweisen, Master vollständig zu hören und auf sich WIRKEN zu lassen.
  • Sei nicht lauter oder gleich laut, wie eine durchschnittliche amerikanische Majorproduktion (die meisten sind fragwürdig laut und handwerklich grenzwertig).
  • TT Dynamic Range Meter
    Das TT Dynamic Range Meter
  • Achte auf Klangfärbungen der Transienten beim Einsatz von Kompressoren und / oder Limitern. Die Klangänderung der Peaks von Snares, Clapps, Rimshots und Sideclicks sind die Vorboten der Überkompression.
  • Such dir dynamische Ereignisse aus dem ungemasterten Mix heraus. Geeignet sind z.B. Drumbreaks mit dynamischer Steigerung. Bei live eingespielten Tracks kann der erste Refrain auch leiser sein als der letzte Refrain. Sind diese musikalisch gewollten Unterschiede im Master noch vorhanden?
  • Nutze das TT Dynamic Range Meter (siehe Abbildung). Es gibt dir während des gesamten Produktionsprozesses auf einen Blick ein sicheres Gefühl für die verbliebene Dynamik deiner Produktion. Die DR-Anzeige arbeitet unabhängig vom Peak-Level, so dass auch der korrekte DR-Wert angezeigt wird, wenn Du einen Leveler zur Lautstärkekompensation für A/B-Vergleiche einsetzt. Außerdem verfügt das TT Dynamic Range Meter über eine sehr gute Over-Anzeige, die präziser ist als die meisten marktüblichen Meter.
  • Nutze das TT DR Offline Meter (siehe Abbildung) zur Bestimmung des offiziellen DR-Wertes einer fertigen Produktion. Dieses Tool errechnet in Sekunden den DR-Wert deines Masters. Der DR-Wert eignet sich wesentlich besser zur Kommunikation der Dichte einer Aufnahme als beispielsweise der durchschnittliche RMS-Wert. Dieser kann durch fehlende Standards abweichen und variiert aufgrund der Song-eigenen Makrodynamik, so dass ein Song mit langen leisen Passagen einen hohen Wert aufzeigt, auch wenn die lauten Passagen sehr stark komprimiert sind.
  • Liefer deinen Kunden Alternativmaster mit unterschiedlichen DR-Werten. So setzt sich der Kunde mit der Thematik auseinander und kann sich in Ruhe für das Master seiner Wahl entscheiden. Ich erlebe es häufiger, dass Kunden sich für das mittlere Master entscheiden und bei einer Nachpressung doch das dynamischste Master wählen, da sie mit dem nötigen Abstand die bewahrte Dynamik zu schätzen gelernt haben.
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Argumente zugunsten eines leiseren Masters

  • Aufklärungsarbeit ist ein Bestandteil des Kundenkontaktes.
  • Verwende die zuvor bereits aufgezählten Argumente.
  • Weise deine Kunden auf allgemein zugängliche Informationen über den Loudness War hin
  • Nutz das DR-System (Dynamic Range-System, siehe www.PleasurizeMusic.com), um den DR-Wert des Masters zu kommunizieren. Gib deinem Kunden gegebenenfalls unterschiedlich stark komprimierte Master (z.B. DR6, DR8 und DR10) zur Auswahl. Die Verwendung des DR-Logos ermutigt zu mehr Dynamik. Der Kunde bringt durch den Aufdruck eines DRXY-Logos zum Ausdruck, dass er bewusst dynamischer ist als viele seiner Mitbewerber.
  • TT DR Offline Meter
    Das TT DR Offline Meter
  • Bitte deinen Kunden, dein Mastering-Beispiel in gleicher Abhörlautstärke mit einem potenziellen alternativen Master zu vergleichen. Spiel ihm „übermasterte“ Aufnahmen und Beispiele für geschmackvolle Dynamik vor.
  • Das Argument, dass laute Master für die meisten Hörsituationen mit Hintergrundgeräuschen (im Kfz, in öffentlichen Verkehrsmitteln via iPod usw.) gebraucht werden, damit leise Passagen nicht in den Hintergrundgeräuschen untergehen, ist weitgehend unsinnig.
    • 1. trifft das nur auf sehr dynamisches Material zu, von dem wir oft weit entfernt sind
    • 2. lässt sich Kompression beispielsweise im Auto bereits hochwertig mit billig zugänglichen Algorithmen per Knopfdruck realisieren, während es unmöglich ist, natürliche Dynamik jemals zurück zu gewinnen. Es darf nicht die Aufgabe der Königsdisziplin der Tontechnik sein, hochwertige Aufnahmen für die schlechtesten Abspielsituationen zu optimieren.

     

  • Hört der Endverbraucher die CD zu Hause, dann ist die Stimmigkeit in sich wichtiger als maximale Lautheit. Es ist keinem Kunden zuzumuten, zwischen den Songs zur Fernbedienung zu greifen, um die Lautstärke anzupassen. Die einmalige Grundeinstellung der Abhörlautstärke einer bestimmten CD ist hingegen jedem zumutbar, sofern sie innerhalb bestimmter Abweichungs-Toleranzen bleibt.
  • Im Zeitalter digitaler Distribution ist die Datenreduktion als Endmedium einzukalkulieren. Um aus einer überkomprimierten Klangwurst mit DR6 oder weniger ein artefaktfreies mp3-File zu encodieren, ist der Pegel – je nach Kompressionsgrad – um bis zu 6 dB zu reduzieren (siehe vorhergehender Artikel). Je geringer die Dichte des Ausgangsmaterials ist, desto weniger muss der Pegel für eine gute Encodierung reduziert werden (siehe Abbildungen am Beispiel von Linkin Park).
  • Diese Abbildung zeigt einen mit durchschnittlich ca. minus 5dB/RMS recht laut gemasterten Titel von Linkin Park´s Album „Meteora“ (die durchschnittliche Lautheit ist sowohl der Globalen Analyse, als auch dem Lautheitsmetering = blaue Balken zu entnehmen). Es sind deutliche Vollaussteuerungsketten zu erkennen, die unbedingt zu vermeiden sind. Der Engineer (Brian „Big Bass“ Gardner aus dem Bernie Grundman Mastering Studio) hat wohl wissend der Gefahren weiterer Artefakte durch mp3-Codierung, einen Headroom von minus 0,77 dB (gesamter Song) eingehalten (roter Wert am Peakmeter). Das ist leider selbst bei Topmasterings nicht immer der Fall. Die Pleasurize Music Foundation empfiehlt einen Headroom von 0,3 dB zur Vollaussteuerung.
    Diese Abbildung zeigt einen mit durchschnittlich ca. minus 5dB/RMS recht laut gemasterten Titel von Linkin Park´s Album „Meteora“ (die durchschnittliche Lautheit ist sowohl der Globalen Analyse, als auch dem Lautheitsmetering = blaue Balken zu entnehmen). Es sind deutliche Vollaussteuerungsketten zu erkennen, die unbedingt zu vermeiden sind. Der Engineer (Brian „Big Bass“ Gardner aus dem Bernie Grundman Mastering Studio) hat wohl wissend der Gefahren weiterer Artefakte durch mp3-Codierung, einen Headroom von minus 0,77 dB (gesamter Song) eingehalten (roter Wert am Peakmeter). Das ist leider selbst bei Topmasterings nicht immer der Fall. Die Pleasurize Music Foundation empfiehlt einen Headroom von 0,3 dB zur Vollaussteuerung.
    Dies ist der gleiche Ausschnitt, der zuvor in mp3 encodiert und zur Analyse wieder decodiert wurde. Die durch die Datenreduktion weggenommenen Informationen wirken sich reduzierend auf die durchschnittliche Lautheit aus – der gleiche Ausschnitt ist ca. 0,5 dB/RMS leiser. Das Metering zeigt rechts neben der roten 0 dB-Headroom-Anzeige die gezählten Übersteuerungswerte an. Diese führen auf der Endverbraucherabhöre unweigerlich zu Verzerrungsartefakten. 0,77 dB Headroom haben nicht ausgereicht, das Master in der Encodierungsvariante vor Übersteuerungen zu schützen.  Wäre die Musik nicht viel schöner, wenn sich die performte Dynamik auch als akustische Dynamik widerspiegeln würde? Wer es laut braucht, muss nur das Mastervolume hochdrehen.
    Dies ist der gleiche Ausschnitt, der zuvor in mp3 encodiert und zur Analyse wieder decodiert wurde. Die durch die Datenreduktion weggenommenen Informationen wirken sich reduzierend auf die durchschnittliche Lautheit aus – der gleiche Ausschnitt ist ca. 0,5 dB/RMS leiser. Das Metering zeigt rechts neben der roten 0 dB-Headroom-Anzeige die gezählten Übersteuerungswerte an. Diese führen auf der Endverbraucherabhöre unweigerlich zu Verzerrungsartefakten. 0,77 dB Headroom haben nicht ausgereicht, das Master in der Encodierungsvariante vor Übersteuerungen zu schützen. Wäre die Musik nicht viel schöner, wenn sich die performte Dynamik auch als akustische Dynamik widerspiegeln würde? Wer es laut braucht, muss nur das Mastervolume hochdrehen.
  • Radiostationen nutzen i.d.R. mp2 als Sendeformat und wissen nicht, dass Sie den Pegel von überkomprimierten Titeln vor der Enkodierung reduzieren müssen. Das Ergebnis lässt sich mit gesunden Ohren täglich im Radio verfolgen.

Referenzen für musikalisch und klanglich vertretbare Lautheit

Lautheit je Genre
Entwicklung der Lautheit je Musikgenre

Der DR-Tabelle sind Annäherungswerte für genreabhängige vertretbare Dynamikwerte zu entnehmen. Generell gilt, dass mehr Dynamik bewahrt werden sollte, je höher der Anteil an akustischen und humanoid performten Klangelementen innerhalb einer Produktion ist.

Eine gute Frequenzdistribution begünstigt laute Master, sodass gutes Handwerk bis zu einem gewissen Grad Lautheit und Dynamik miteinander vereinen kann. Viel Spaß beim Mastern und let it breathe!

Du hast Feedback oder Fragen zum Artikel aus unserer Workshop-Reihe Audio Mastering am Computer? Hinterlass uns doch einen Kommentar!

 

Vom Autor dieses Artikels sind die Bestseller „Audio-Mastering mit PC-Workstations“ und „Internal Mixing“ sowie die gleichnamigen Tutorial-DVD-Serien erschienen.
Infos: www.proworkshops.de

Weiter geht es im Workshop mit: Die richtige Reihenfolge (Teil 1) »

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