Ermüdungsarmes Hören beim Audio Mastering
Von Friedemann Tischmeyer
Audio Mastering am Computer: Ermüdungsarmes Hören
In diesem dritten Teil erwarten Sie weitere Tipps für ermüdungsarmes Hören beim Audio Mastering am Computer und dann werden wir im kommenden Teil den sinnvollen Einsatz des unterschätzten Levelers zum lautheitsangepassten A/B-Vergleich im Mastering beleuchten.
Das Hauptdilemma unseres Gehörs liegt wohl im Gewöhnungseffekt.
Empfinden Sie eine Aufnahme spontan in den ersten Sekunden als beispielsweise zu nasal, kann sich das Gehör innerhalb von Minuten so darauf eingestellt haben, dass Sie es bald nicht mehr als unangenehm empfinden und versäumen entsprechend gegen zu steuern.
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Es gibt einige Möglichkeiten, diesem Problem entgegen zu wirken:
Nehmen Sie Ihre spontanen Eindrücke ernst und versuchen Sie diese Eindrücke im Kopf „zu speichern“, solange sie frisch sind.
Wenn Sie sich in eine Situation verfangen und unsicher werden, machen Sie eine Hörpause oder hören Sie eine Ihnen bekannte genreähnliche Aufnahme, um Ihre Ohren zu „waschen“. (Hören Sie die Referenz über die gleichen Wandler wie Ihre WaveLab-Montage bzw. Ihre Mastering-EDL (Edit Decision List).
Nutzen Sie die „gewaschenen“ Ohren nach solchen Pausen wieder für Ihre spontanen Wahrnehmungen.
Wenn Sie im Loop-Betrieb hören, stoppen Sie das Playback, um PlugIns zu insertieren und Einstellungen vorzunehmen. Nehmen Sie diese Einstellungen Ihren Klangvorstellungen entsprechend aus dem Kopf vor und vergleichen Sie sodann mit frischen Ohren, ob Sie das Erwartete getroffen haben.
Sofern vorhanden, wechseln Sie gelegentlich die Abhöre (das ist in großen Masteringstudios unüblich, weil man sich meistens auf eine Referenzabhöre verlässt (u.a., um Kunden nicht unnötig mit alternativen Abhören zu irritieren).
Wechseln Sie zum Aufwecken der Ohren zwischen 3 festgelegten Abhörlautstärken (ganz leise / mittel / 85dB/SPL).
Extrem leises Hören ist unter Ausschluss von Nebengeräuschen ein gutes Mittel, um die grundlegende Balance einer Aufnahme zu beurteilen. Wenn Sie bei sehr leisem Abhörpegel noch den Bass, die Bassdrum, Snare und die Leadvocals sauber hören können, ist die Grundbalance in Ordnung.
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Nutzen Sie kurze Loops. Lenken Sie Ihr Gehör nicht mit ständig neuen musikalischen Informationen ab. Wenn der Schlagzeuger nur von der HiHat auf das Ride-Becken geht, ändert sich der Klang derart drastisch, dass es Ihnen schwer fallen wird, Feinheiten in der Einstellung Ihrer verwendeten Geräte zu hören. Zuerst suche ich mir eine repräsentative Passage aus einem Song heraus (meistens Refrain) und setze dann einen kurzen Loop (zum Beispiel 4 Takte). Diesen Loop nutze ich zum Einstellen der benutzten Geräte. So habe ich keine Ablenkung durch sich ständig ändernden musikalischen Inhalt und kann von Loop-Durchgang zu Loop-Durchgang in die Tiefe des Sounds eintauchen. Nur so können Sie Ihre Ohren darauf trimmen, feine subtile Änderungen im Playback zu erfassen und mikroskopisch in die Tiefe gehen. Hören Sie einen Durchgang, was mit dem HiHat-Klang passiert; hören Sie im nächsten Durchgang, ob sich der Raum vom Sänger ändert, was mit der Sprachverständlichkeit passiert ist und so weiter. Diese A/B-Vergleiche der Bearbeitung im Loop-Betrieb mache ich grundsätzlich unter Zuhilfenahme des lautheitskorrigierenden Levelers!
Überprüfen Sie die Wirksamkeit Ihre Einstellung in einer längeren Passage. Bedenken Sie, dass Sie die klanglichen Nachteile und psychoakustischen Nebeneffekte (Ermüdung, Stress) von übertriebener Kompression deutlicher wahrnehmen, je länger Sie das Ergebnis hören.
Friedemann Tischmeyer
Vom Autor dieses Artikels sind die Bestseller „Audio-Mastering mit PC-Workstations“ und „Internal Mixing“ sowie die gleichnamigen Tutorial-DVD-Serien erschienen.
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