Input-Dithering im Mastering Workshop (Teil 1)
Von Friedemann Tischmeyer
Inhaltsverzeichnis: Mastering am Computer
- 1. Hörstrategien
- 2. Abhörlautstärke
- 3. A/B Vergleiche
- 4. Peak und Lautheit
- 5. Peak und RMS-Pegel
- 6. Interleaved Samle Overs
- 7. Optimale Dynamik
- 8. Verhältnis zwischen laut & dynamisch
Die richtige Reihenfolge beim Mastering
- Die richtige Reihenfolge (Teil 1)
- Die richtige Reihenfolge (Teil 2)
- Die richtige Reihenfolge (Teil 3)
- Die richtige Reihenfolge (Teil 4)
Dithering
- Dithering (Teil 1)
- Dithering (Teil 2)
Input-Dithering – Der letzte Schritt im Mastering
Dithering, Input-Dithering, Re-Dithering und Bitmapping gehören zu den irritierendsten und zugleich wichtigsten Vorgängen beim Umgang mit digitalen Audiosignalen. Gekonnter Einsatz von Dithering erweitert die wahrnehmbare Dynamik einer Aufnahme, trägt zu mehr Tiefe bei und reduziert Quantisierungsrauschen.
Die unterschiedlichen Termini von Dithering
Ursprünglich wurde mit Dithering das Hinzufügen von Rauschen (mit später erklärter Zielsetzung) bezeichnet. Das Bitmapping bzw. Superbitmapping waren Vorgänge zur verlustarmen Reduktion der (Bit-) Wortlänge, die das Gegenteil der Truncation darstellen (Truncation = Bitabschneidung).
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Aktuell wird unter Dithering zu 99% der gleichzeitige Prozess der Wortlängenreduktion unter Zuführen von Rauschen bezeichnet. Man spricht bei diesem Vorgang auch von Requantisierung. Da diese Art des Ditherings am Ende der Bearbeitungskette stattfinden muss, wird es auch manchmal als Re-Dithering bezeichnet.
Das Input-Dithering wird leider auch meistens nur als Dithering bezeichnet und hat mit Bitreduktion nichts zu tun. Es ist eine sinnvolle Erfindung aus dem Zeitalter der 16-Bit-Wortlänge und ist nur dann von Bedeutung, wenn unser Aufzeichnungsmedium (z. B. DAT) auf 16 Bit limitiert ist. Um dem Verständnis und der Bedeutung von Dithering näher zu kommen, eignet sich die Erklärung des Input-Ditherings.
Input-Dithering (bei 16-Bit-Aufnahmen)
Wie im Artikel „Mit mehr Bits zu mehr Sound … „ erklärt, sind 16 Bit zur Darstellung von maximal 96 dB Dynamik in der Lage; das sind 6 dB pro Bit. Das kontinuierliche, analoge Signal muss nun in möglichst gleichmäßigen Abständen 44100-mal pro Sekunde einem Wert zwischen 0 und 65536 (2 hoch 16) zugeordnet werden. Aus der Abweichung zwischen den Werten der digitalen Treppenstufen und den wirklichen analogen Werten resultiert das Quantisierungsrauschen. Die Rasterung eines analogen Signals in ein digitales „Treppenstufen“-Signal wird Quantisierung genannt.
Die Wirklichkeit lässt uns jedoch weit weniger Stufen zur Verfügung, weil das aufzunehmende Signal vielleicht nicht perfekt komprimiert und limitiert ist. So haben wir beispielsweise einen Aussteuerungs-Headroom von 6 dB und Peaks von 10 dB, sodass die Hauptereignisse zwischen –65 und –80 dB stattfinden. Wenn die oberen Bits nun gar nicht genutzt werden, ergibt sich eine viel gröbere Treppenstufe: Nutzen wir die oberen 12 dB nicht, verzichten wir auf 2 Bit, welches einer Viertelung der Präzision entspricht.
Lesetipp: Analog vs. Digital – der Vergleich »
Wir haben dann nur noch 16384 Stufen zur Darstellung der positiven und negativen Amplitude. Je niedriger die Aussteuerung ist, desto gröber wird die Rasterung und desto größer das Quantisierungsrauschen. An ganz leisen Passagen können wir dann das „Bitklappern“ hören, weil die wenigen genutzten Bits „sich gerade nicht entscheiden können“, ob Sie lieber 1 oder 0 sein wollen (beide Werte würden das analoge Signal zu ungenau darstellen).
Wenn dem Aufnahmesignal jetzt eingangsseitig ein spezielles Dither-Rauschen hinzugefügt wird, ändert sich das Bild drastisch. Das komplexe, nichtperiodische Dither-Rauschen, welches meistens nur im oberen Frequenzspektrum angesiedelt ist, beschäftigt sämtliche zur Verfügung stehenden Bits und schafft die Voraussetzung zur präzisen Darstellung der eigentlichen Schallereignisse.
Richtiger Einsatz von Dithering kann die wahrnehmbare Dynamik einer 16-Bit-Aufnahme um bis zu 20 dB auf einen wahrgenommenen Gesamtdynamikumfang von 115 dB erweitern. Dies ist dadurch zu erklären, dass das menschliche Gehör auch Schallereignisse wie Raumanteile wahrnehmen kann, die bis zu 20 dB unterhalb des Rauschens liegen.
Das zugeführte leise Dithering-Rauschen moduliert die leisen Schallereignisse derart, dass sie präzise dargestellt werden können, statt unter die Toleranzgrenze der Darstellbarkeit zu fallen, was bei Ereignissen unter einem halben LSB (Least Significant Bit) der Fall ist. Das ist entscheidend für die Tiefendarstellung, da die dafür notwendige Ambience einer Aufnahme i.d.R. aus sehr leisen Signalen besteht.
Input-Dithering braucht heute kaum noch eingesetzt zu werden, weil in der Regel mit 24 Bit Worttiefe aufgenommen wird. Trotzdem ist das Verständnis von Input-Dithering die Grundlage für gewissenhaften Umgang mit dem mächtigen „Werkzeug“ Dithering.
Im nächsten Teil unseres Mastering-Workshops geht es weiter mit Audio Dithering (Teil 2) »
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