Powerwolf Interview
<br/>Das Publikum war lauter als die PA

Das neue Album Blessed & Possessed ab 17.07.2015
Das neue Album Blessed & Possessed steht ab 17.07.2015 in den Läden

Katja Woltz Von Katja Woltz

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Matthew Greywolf im Interview

Auf den größten Festivals spielen, Alben produzieren und massenhaft Fans begeistern: Der Traum vieler Musiker.

Aber wie sieht die Realität aus? Matthew steht Rede und Antwort und plaudert mit uns auch über sein Equipment und seine Gitarren.

Außerdem im Interview:


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  • Songauswahl für das Album
  • Bühnenoutfits der Extraklasse
  • Und warum man unbedingt Ingwer auf Tour dabei haben sollte
Matthew Greywolf im delamar Interview
Matthew Greywolf im delamar Interview

Matthew, danke dir für die Möglichkeit zu einem Interview. Du bist viel unterwegs mit der Band, bald kommt das neue Album: Wie sieht denn die “klassische” Vorbereitung auf ein neues Album bei Powerwolf aus?

In der Regel schreiben wir ein Album in einer sehr intensiven, aber kurzen Songwritingphase. Im Fall von „Blessed & Possessed“ waren das knapp sechs Monate, in denen wir täglich am Album arbeiteten. Sehr wichtig ist bei uns eine detaillierte Vorproduktion, in der wir im Grunde 90% der Details schon ausarbeiten. Im Studio geht es dann eher darum, die bestmögliche Performance abzurufen.

Wir lieben es, auf der Bühne zu stehen

Bestmöglich heißt bei uns nicht perfekt oder spielerisch möglichst filigran, sondern möglichst authentisch, sprich: Wir wollen im Studio die Energie, den Spielspaß wiedergeben, den wir beim Songwriting als Band haben, denn das macht meiner Meinung nach ein lebendiges Album aus. Gerade in Zeiten, in denen man der Musik immer mehr das Menschliche wegeditiert. Ich glaube auf „Blessed & Possessed“ ist es uns besser als jemals zuvor gelungen, dieses Spontane, dieses Lebendige trotz einer sehr detaillierten Produktion beizubehalten.

Wie entscheidet ihr in der Band, welche Songs auf das finale Album kommen?

Das ist ein intuitiver Prozess. Wir merken während des Songwritings, welche Songs uns selbst begeistern und mitreißen, und welche nicht die nötige Dynamik entwickeln. Final stellen wir uns bei jedem Song die Frage „Würden wir diesen Song ins Liveset nehmen, wenn wir dafür einen Klassiker rauswerfen müssten?“ ­ – wenn wir diese Frage mit JA beantworten, dann wissen wir, dass der Song stark genug ist und einen Platz auf dem Album verdient hat.

Das neue Album Blessed & Possessed ab 17.07.2015
Das neue Album Blessed & Possessed steht ab 17.07.2015 in den Läden

Als Gitarrist in einer sehr erfolgreichen Band pendelt man viel zwischen dem Studio und den Live-­Auftritten. Hält sich das die Waage?

Das ist bei uns stark phasenabhängig. Wir schreiben niemals Songs auf Tour und nehmen uns umgekehrt auch konsequent Live­-Pausen, wenn wir ein Album schreiben oder im Studio sind. Dennoch sind Powerwolf eine Liveband, wir lieben es auf der Bühne zu stehen. Am Ende einer langen Produktion, so wie jetzt bei „Blessed & Possessed“, die eine Live-Pause von über neun Monaten bedeutet hat, können wir es kaum erwarten, endlich wieder Bühnenluft zu atmen.

Am Ende sind es die Details, die eine gelungene Liveshow ausmachen

Was macht dir persönlich denn mehr Spaß? Studio oder Bühne?

Beides hat seinen Reiz, man kann das nicht abwägen. Im Studio zu arbeiten, heißt kreativ zu sein, die Musik zu formen und etwas Neues zu schaffen. Das ist großartig, und immer wieder eine sehr intensive Zeit. Auf der Bühne zu stehen ist dagegen viel emotionaler, direkter und greifbarer. Man kann Reaktionen sehen und spüren, wir interagieren als Band, und natürlich genießen wir es auch, zu reisen und als Band unterwegs zu sein.

Aufwendige Kostüme und ein großes Bühnenbild gehören bei euch zum Standard. Wer sucht die Outfits aus?

Wir entwickeln unsere Outfits zusammen mit der großartigen Melanie Lindner von www.ovthunder.com. Wir lernten Melanie vor einigen Jahren auf Tour kennen und seitdem arbeiten wir mit ihr zusammen. Da werden viele Skizzen und Ideen hin und her geschickt, Details diskutiert, Materialien ausprobiert und kombiniert. Auch dieser Prozess ist spannend und gehört für uns zur Tourneeplanung dazu­. Am Ende sind es die Details, die eine gelungene Liveshow ausmachen.

Powerwolf 2013
Powerwolf: Auch schon vor zwei Jahren hörenswert UND sehenswert!

Wie wichtig ist es, dass die Instrumente auch zum Outfit und zum Gesamtbild passen?

Lass es mich so sagen: ­Es ist nicht unwichtig. Es würde das Bühnenbild zerstören, wenn ein Matthew Greywolf mit einer weißen Stratocaster erscheinen würde. Wir stehen für
ein sehr stringentes Erscheinungsbild, und dazu gehören Instrumente wie Falks Kirchenorgel oder unsere schwarzen Flying Vs. Das werden wir auch niemals ändern,
zumal wir diese Instrumente lieben. Wir würden niemals allein der Optik wegen Instrumente spielen, die nicht gut spielbar sind und unseren Anforderungen entsprechen. Wenn man beides – ­eine passende Optik und hohe Qualität ­- verbinden kann, dann passt es.

Es würde das Bühnenbild zerstören, wenn ein Matthew Greywolf mit einer weißen Stratocaster erscheinen würde

Wie wichtig ist das Image einer Metalband wie Powerwolf? War euer Konzept ein Erfolgsfaktor? Und wann genau seid ihr darauf gekommen?

Ich denke nicht, dass unser Image ein primärer Erfolgsfaktor ist, denn man erfährt mit einem derart prägnanten Erscheinungsbild auch viel Ablehnung. Man wird oft ungehört als Imageband verurteilt, bei der die Musik ja sicherlich nichts zu bieten hat. Solchen Vorwürfen begegne ich, indem ich erwähne, dass man auf unseren Album nur Musik hört, aber kein Makeup oder Bühnenaufbauten sieht.

Ich glaube gerade in den ersten Jahren unserer Karriere war unser Image durchaus ein Hindernis und wir mussten mit viel Konstanz und auch Sturheit beweisen, dass wir mehr zu bieten haben als nur eine außergewöhnliche Show.

Welche Gitarren spielst Du im Studio und auf der Bühne?

Ich spiele ESP LTD V401 Gitarren, transparentschwarze Flying Vs mit EMG81 Pickups. Kein Custom-Modell, sondern ein Serienmodell, nichtmal sonderlich teuer. ESP kam auf uns zu und schickten uns diese Gitarren zum Testen. Sie haben uns überzeugt.

Mir gefällt die schlichte Optik und klassische Haptik. Was aber am wichtigsten ist: Diese Gitarren sind zuverlässiger als das oft zitierte Schweizer Uhrwerk. Gerade bei Flugshows [Anm. d. Red.: Show, die eine Flugreise notwendig machen] machen Gitarren aufgrund der Temperaturunterschiede viel mit­ und bisher hatten wir nie Probleme. Mein Gitarrentech ist bei vielen Shows geradezu arbeitslos, weil die V401 ihren Dienst so zuverlässig leisten.

Powerwolf Sänger Attila Dorn
Powerwolf Sänger Attila Dorn

Auf welcher Grundlage hast Du dich für die Gitarren entschieden?

Ich wollte definitiv eine V, das war die Maßgabe. Ich habe seit vielen Jahren eine ESP DV8 in meiner Gitarrensammlung und war damit auch lange auf Tour. ESP sah das und schickte mir die V401, und sie haben mich überzeugt.

Wie wichtig ist dir Markenequipment und welche Amps spielst Du?

Wichtig ist vor allem, dass bei den Herstellern der Service stimmt. Wenn auf Tour ein Amp seinen Dienst quittiert, dann muss schnell Ersatz her. Entscheidend ist hier, dass Hersteller eng mit ihren Künstlern zusammenarbeiten, dass man einen guten Draht hat.

Wir spielen seit vielen Jahren ENGL Amps, aktuell den neuen INVADER II. Engl weiß, worauf es bei Tourneen ankommt und haben eine super Logistik. Davon abgesehen muss der Amp natürlich auch klanglich passen, und da haben wir in vielen Jahren nie eine wirkliche Konkurrenz zu ENGL gehört. Sowohl auf Tour als auch im Studio kommt bei uns ENGL zum Einsatz, im Studio oft die Kombination aus dem SAVAGE120 und dem INVADER.

Interesse an ENGL Amps? Hier findet Du alle News zu ENGL »

Welche Effekte stecken auf deinem Pedalboard?

Keins. Genau genommen habe ich gar kein Pedalboard, das würde mich live nur stören.

Ich benutze lediglich einen Line 6 Delay ­Modeller in meinem Solo­kanal, den allerdings mein Backliner steuert. Auf dem Bühnenboden liegt nichts, weil ich es einfach nicht mag.

Die Festivalsaison hat inzwischen begonnen und ihr habt viele Termine. Wie bereitet man sich körperlich auf eine große Tour vor?

Viel zu wenig, haha…

Im Ernst: eine 90-­minütige Powerwolf Show ist richtig Sport, da muss man fit sein. Allerdings hapert es da an Konsequenz. Bei mir ist es meistens so, dass ich einige Wochen vor Tourstart mit Joggen beginne – eher um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Wenn man dann auf der Bühne steht, das Adrenalin steigt und man den Push vom Publikum bekommt, ist man ohnehin fit. Unser Drummer Roel, der ja den härtesten Job auf der Bühne hat, ist dagegen ein echter Athlet und verbringt auf Tour so manche Stunde mit seinen Trainingsgeräten. Anders könnte er nicht Abend für Abend 90 Minuten so performen, wie er es tut.

Auch Attila muss sich sehr konsequent vorbereiten, was bei ihm vor allem heißt: Sich täglich sehr lange warmsingen, wenig reden und leider auch: Viel schlafen und wenig feiern. Als Sänger hat man auf Tour ein hartes Los getroffen.

Falk Maria Schlegel Powerwolf
Auch ein Organist ist mit an Bord: Falk Maria Schlegel sitzt an den Tasten und sorgt für besonders stimmige Klänge

Was darf an Gadgets und kleinen Helferlein auf oder hinter der Bühne nicht fehlen?

Viel Ingwer für Attilas Stimme, gutes Essen, denn Wölfe sind Gourmets ­und natürlich Eiswürfel und guter Whiskey. Wir legen viel Wert auf die Stunden vor der Show, die
Metamorphose, die man vor einer Show durchläuft. Wir haben viele Rituale, sei es das Auflegen des Makeups, also die rein äußerliche Wandlung, sei es Attilas Weihrauch im Dressing Room, oder auch die Tatsache, dass bei uns spätestens eine Stunde vor der Show absolut niemand außer der Band mehr den Dressing Room betreten darf.

Auf der Bühne versorgt uns unsere Crew zum Glück mit allem Überlebenswichtigem.

Erinnerst Du dich noch an deinen ersten Live ­Auftritt? Wie lief es und wie hast Du das erlebt?

Das muss Anfang der 90er Jahre gewesen sein, in einem Jugendzentrum im saarländischen Völklingen. Rückblickend war man nie mehr so nervös und aufgeregt, wie damals bei den ersten Live-Erfahrungen die man gesammelt hat. ­Schade eigentlich.

Das Publikum war lauter als die PA

Welcher Auftritt ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Speziell war sicherlich das Summerbreeze 2013. Mit dem Summerbreeze verbindet uns eine lange Geschichte, wir haben dort 2005 unsere erste Show gespielt. 2013 dort als Co-
Headliner zur Primetime zu spielen, war ein Gänsehautmoment. Davon abgesehen war die gesamte letzte Wolfsnächte­tour ein einziges Highlight. Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Show in der ausverkauften Hamburger Markthalle, bei dem das Publikum lauter war als die PA.

Oder die Abschlusshow der „Preachers of the Night“ Live-Ära im November 2014, als die ausverkaufte Oberhausener Turbinenhalle beim letzten Song „Lupus dei“ geschlossen niederkniete.

Hattet ihr ein Vorbild vor Augen, als ihr Powerwolf gegründet habt?

Nein, Vorbild war immer unsere eigene Vision. Die gab es vom ersten Moment an, auch wenn wir sie über die letzten 12 Jahre immer weiter entwickelt und verfeinert haben.

Vielen Dank für das großartige Interview – dir und der Band wünschen wir eine unvergessliche Live-Saison und einen tollen Start für das neue Album!

Reingehört: Das neue Album Blessed & Possessed

Anlässlich unseres Interviews durften wir natürlich auch das neue Album vor der Veröffentlichung hören. Bereits der Einstieg ins Album kommt einer fantasievollen Zeitreise gleich, die uns in die episch klingende Welt von Powerwolf führt. Klassische Power-Metal Chords mit Orgelklängen und einer starken Stimme sind uns auch von den bisherigen Alben bekannt – auch auf Blessed & Possessed wird an großräumigen Klängen nicht gespart.

Blessed & Possessed von Powerwolf
Das neue Album: Blessed & Possessed

Hit- und Mitsing-Potential ist auf dem Album von vorne bis hinten vertreten, was ganz besonders auf die Live-Tauglichkeit des neues Albums schließen lässt. Besonders gut gefallen uns „Army Of The Night“ und „Higher Than Heaven“, die begeisterte Metalhorde können wir da quasi schon vor dem inneren Auge sehen. Aber auch etwas „ruhigere“ Töne werden angeschlagen. Mit „We Are Wild“ und „Sacramental Sister“ ist das vorzüglich gelungen. Persönlicher Favorit: „Let There Be Night“.

Insgesamt zieht sich ein blutroter Faden durch das ganze Album, wie wir es von Powerwolf gewohnt sind und wie wir uns ein gut durchdachtes Album vorstellen: Es erzählt eine Geschichte. Welt aus, Musik an. Das gelingt mit Blessed & Possessed.

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