Pickguard – das Schlagbrett für Gitarre
Von Sebastian Blum am 09. Februar 2019
Was ist ein Pickguard?
Von den USA ausgehend startete die Gitarre in den 1930er Jahren ihren globalen Siegeszug. In der Entwicklung des Gitarrenspiels gewann das Strumming vor allem in Verbindung mit der elektrischen Gitarre eine wachsende Bedeutung.
Im Vergleich zum Picking ist das Strumming weniger kontrollierbar, was ohne Pickguard mit der Zeit zu erheblichen Schäden am Holz der Gitarre führen würde. Die leicht wechselbaren Platten sind ursprünglich also nicht mehr als ein Schild zum Schutz des darunter liegenden Korpus.
PASSEND DAZU
- Tonabnehmer an der Gitarre: Unterschiede zwischen aktiv und passiv
- Gitarrenzubehör: Ratgeber zu Pedals, Combos & Co
- Seymour Duncan Dave Murray Loaded Pickguard: Schlagbrett für Strats
- Gitarre
- Gitarre spielen verbraucht mehr Kalorien als Sex!
Der Schlagschutz befindet sich bei Resonanzgitarren direkt hinter dem Loch. Bei Solidbody-Gitarren (z.B. Fender Stratocaster, Fender Telecaster, Gibson Les Paul) wird das Schlagbrett zum Teil großflächig im Schlagbereich angebracht.
Eine Besonderheit stellen die Pickguards bei sogenannten Archtop- oder Arched Top-Gitarren (englisch: Arched = Gewölbt, Top = Decke) dar. Die gewölbte Front verhindert das simple Aufkleben oder Aufschrauben einer Platte, weswegen diese schwebend (floating) montiert wird.
Größe und Material des Schutzes richten sich nach der Art der Gitarre und den Anforderungen des Gitarristen.
Pickguard, Schlagbrett, Schlagschutz: ist das alles dasselbe?
Wenn Du von den Begrifflichkeiten Pickguard, Schlagbrett und Schlagschutz erst einmal verwirrt bist, ist das kein Problem. Ich war es auch. Der Grund dafür ist in den Sprachunterschieden zu finden.
Der Pickguard
Wie eingangs erwähnt, wurde die Gitarre im letzten Jahrhundert vor allem in den Vereinigten Staaten weiterentwickelt. Dadurch lässt sich die Übernahme des englischen Begriffes in den deutschen Sprachgebrauch erklären.
Wie der Name schon sagt, schützt der Pickguard (englisch: Pick = Plektrum, Guard = Schutz) die Gitarre vor den Schlägen des Plektrums. Der Begriff gilt gemeinhin als Oberbegriff für die Schutzvorrichtungen auf dem Gitarrenkorpus.
Weniger geläufig ist der englische Begriff „scratchplate“ (Scratch = Kratzer, Plate = Platte). Er wird synonym für Pickguard verwendet.
Der Schlagschutz
Die direkte Übersetzung des englischen Begriffs erscheint mir am sinnvollsten. Sie drückt nämlich genau das aus, was der Pickguard ist.
Gerade bei akustischen Gitarren sind Abnutzungserscheinungen am Holz ungewollt. Sie können zu einem veränderten Klangbild führen oder die Gitarre sogar destabilisieren.
Lies auch: Gitarrenpflege Ratgeber: Reinigen, Polieren & Co.
Eben aus akustischen Gründen darf der Pickguard aber nicht zu dick sein, um die Vibrationen des Resonanzbodens nicht zu sehr zu beeinträchtigen. Veränderungen am Klang und an der Lautstärke wären die Folge.
Ein Brett wäre zu schwer und zu statisch. Die Pickguards auf Akustikgitarren bestehen deshalb aus dünnen Kunststofffolien. Diese werden direkt unter das Schallloch geklebt.
Wenn es einen Vorteil an der deutschen Sprache gibt, dann ist es ihre Korrektheit. Hierzulande hat sich für den Schutz an akustischen Gitarren deshalb der Begriff Schlagschutz eingebürgert.
Das Schlagbrett
Der Schutz an E-Gitarren erinnert an ein dünnes Brett und wird im deutschsprachigen Raum daher auch als Schlagbrett bezeichnet. Es besteht zwar selten aus Holz. Da Solidbody-Gitarren aber keinen sensiblen Resonanzraum haben, darf der Pickguard wesentlich dicker ausfallen.
Welche Materialien werden verwendet?
Bei akustischen Gitarren werden dünne Kunststofffolien verwendet, um die Schwingungen nicht übermäßig negativ zu beeinflussen. Solidbody-Gitarren sind robuster und deswegen wesentlich weniger anfällig für Einbußen beim Sound.
Wenn Du dein eigenes Custom-Schlagbrett entwerfen möchtest, sind deiner Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Du kannst verschiedene Metalle, Hölzer oder sogar (Kunst-)Leder ausprobieren.
Die Massenprodukte der großen Hersteller bestehen auch bei E-Gitarren meistens aus verschiedenen Kunststoffen.
Anfangs verwendete man den duroplastischen Kunststoff Bakelit, ein Phenoplast auf der Basis von Phenol und Formaldehyd. Er zeichnet sich durch eine hohe Hitzebeständigkeit und Langlebigkeit aus. Bakelit ist allerdings sehr spröde und lässt sich nicht gut verarbeiten, weshalb er sehr bald durch andere Stoffe ersetzt wurde.
Leichter zu verarbeiten ist hingegen das Thermoplast Zelluloid. Es lässt sich in einem bestimmten Temperaturbereich reversibel verformen. Zu seinem Nachteil ist es allerdings leicht entflammbar und schrumpft mit der Zeit. Pickguards aus Zelluloid kräuseln sich deshalb gerne an den Rändern und neigen durch den Schrumpfprozess zur Rissbildung.
Zelluloid und seltener Bakelit findet man vor allem auf Oberflächen von Vintage-Gitarren. Außerdem bestehen einige Schlagbretter aus dem nicht-schrumpfenden und schwer entflammbaren PVC oder aus Acrylglas.
Heutzutage bestehen die Massenprodukte meistens aus mehrlagigen Kunststoffen. Gerne verwendet werden Designs im Turtoise- oder White Pearl-Look, oder einfach schwarze oder weiße Bretter. Gerade bei prägnanten Gitarren mit auffälligen Deckenmaserungen bieten sich schichte Pickguards an.
Dein Custom-Pickguard: Selbermachen vs. Machen lassen
Bei Gitarren, bei denen der Zugang zur Elektronik vorne verläuft (z.B. Fender Stratocaster, Fender Telecaster), wird der Pickguard auch als Blende verwendet. Gerade hier ist das Schlagbrett recht groß und auffällig. Es eignet sich dann umso mehr als Design-Element.
Der Pickguard lässt sich gleichzeitig leichter als andere Komponenten entfernen und ersetzen. Alte, gebrauchte oder verbrauchte Pickguards können als Schablone für ein selbstdesigntes Schlagbrett verwendet werden.
Doch bevor Du jetzt deinen alten, langweiligen Schutz abschraubst, solltest Du dir erst einmal gut überlegen, ob sich der Aufwand dafür überhaupt lohnt, oder ob Du deinen Pickguard nicht lieber direkt von einem Profi anfertigen lassen möchtest.
Immerhin brauchst Du nicht bloß handwerkliches Geschick, sondern auch geeignetes Material. Vergiss nicht, dass du dich auch um die zum Material passenden Werkzeuge kümmern musst (Stich-, Dekupier- oder Laubsäge mit passendem Sägeblatt, evtl. Schmiermittel, Dremel, Bohrmaschine, geeignete Bohrer, etc.).
Selbermachen: Woher bekomme ich einen Pickguard-Rohling oder eine Rohplatte?
Für Akustik-Gitarren vertreibt Gewa über die großen (Online-)Musikläden (etwa Thomann) selbstklebende Zelluloid-Schoner zum Ausschneiden. So kannst Du auch deine Western-Gitarre bspw. durch ein eigens entworfenes Muster aufpeppen.
Für Schlagbretter auf E-Gitarren bieten sich mehrere Anlaufstellen an:
rall-online.net (Navigiere: (Bestand-)Teile Hardware » Teile Schlagschutz » Pickguards) – Auf der Website des ehemaligen Gitarrenbauers aus Bayern kannst Du dir nicht nur das Rohmaterial für dein Custom-Pickguard an deiner Lieblingsgitarre bestellen, sondern dir gleich auch Gitarren-Bauanleitungen und Pläne ziehen.
rockinger.com (Navigiere: Parts » Pickguards, Abdeckungen) – Rockinger, nach eigenen Angaben DER Shop für E-Gitarren, Gitarrenteile und Gitarrenbaumaterial, bietet ebenfalls sowohl fertige Pickguards in coolen Designs, als auch Rohmaterialien an. Außerdem zu erwerben: Bücher über den Gitarrenbau.
gitarre-bestellen.de (Navigiere: Hardware / Elektrik » Pickguard Rohmaterial) – Matthias List hat in seinem Shop ebenfalls eine breite Palette an fertigen Gitarrenschonern und Rohplatten.
Es existiert eine Vielzahl an weiteren Geschäften (digital und analog), wo Du dir deine Rohmaterialien besorgen kannst. Diese Aufführung stellt bloß eine kleine Auswahl dar.
Natürlich haben die großen Musikläden auch Rohmaterial zum Pickguard-Bau auf Lager. Thomann oder Musicstore bieten beispielsweise Platten von Göldo an. Die Firma dürfte jedem gut informierten Gitarristen ein Begriff sein.
Wenn Du der sehr guten Qualität von Göldo vertraust, Du aber deinen heimischen Musikladen unterstützen möchtest, kannst Du die Vertriebswege über die Händlerliste von Göldo Music abchecken: goeldo.de (Navigiere: Händlerliste)
Auch bei Amazon oder E-Bay sind Pickguard-Rohlinge zu bekommen. Achte hier aber ganz besonders darauf, wo die Ware herkommt und dass es sich dabei um ein qualitativ hochwertiges Produkt handelt.
Wie bereits erwähnt, musst Du dich bei deiner Materialwahl aber nicht auf die angebotenen Rohlinge beschränken. Wenn Du dir bspw. einen Pickguard aus Kunstleder oder Aluminium anfertigen möchtest, ist es vermutlich ratsamer, sich nicht explizit in Gitarrenbau-Shops umzusehen.
Pickguard anfertigen lassen: Hier geht das
dein-pickguard.de – Mathias Pozorski bietet dir eine große Auswahl an Formen und Farben. Er und sein Team fertigen sowohl Standardtypen, als auch eigens auf dich zugeschnittene Spezialanfertigungen. Benötigt wird dafür eine 1:1 Risszeichnung oder das Original (welches auch defekt sein darf).
planet-pickguard.com – Maßgefertigte Pickguards gibt es außerdem bei Planet Pickguard. Das Prinzip ist dasselbe, wie oben: Du lieferst eine Risszeichnung oder das Original, die Werkstatt liefert ein neues Schlagbrett für deine Gitarre.
derbandshop.de (Navigiere: Pickguards) – Der Bandshop ist vor allem dann für dich interessant, wenn Du dir dein eigenes Bandlogo oder ein sonstiges eigenes Design auf den Pickguard aufdrucken lassen möchtest. Nach Absprache kümmert sich der Bandshop auch um Sonderwünsche und Sonderformen.
Auch hier gilt: Die Liste ist natürlich nicht vollständig, sondern stellt nur eine Auswahl dar.
Der Pickguard berühmter Gitarristen
Wenn Du etwas Input für deinen eigenen Custom-Pickguard brauchst, lass dich einfach inspirieren:
Nicht nur Steve Vais Pickguard ist ein Hingucker. Das gesamte Gitarrendesign zieht die Blicke auf sich.
Jack Whites Schlagschutz ist für sich alleine auch nur halb so interessant, wie im Gesamten betrachtet. Der Typ ist ein Gesamtkunstwerk.
Ein simples Wortspiel, oder zeigte B.B. King mit seinem Pickguard, wer hier der Gitarren-King war?
Auch unter seinem Kürzel SRV bekannt, lag es schon fast auf der Hand, dass Stevie Ray Vaughan dieses auch auf sein Schlagbrett-Design zeigte.