Wer schraubt noch selbst an Klängen, wenn es Presets gibt?

Presets
Die Dimensionen der Klangformung sind weitreichend - dennoch greifen viele Musiker auf Presets zurück.

Alexander Schölzel Von Alexander Schölzel am 30. Oktober 2017

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Presets – Fluch oder Segen?

Anfänglich waren die vorprogrammierten Klänge, die erstmals Einzug in die Synthesizer der Siebziger hielten, reines Anschauungsmaterial zu Demonstrationszwecken der technischen Möglichkeiten eines Instruments. Wie manch bekannte Klänge ganze Stilrichtungen prägen würden, erahnte man seinerzeit noch nicht.

Yamahas Synthesizer DX7 war einer der ersten, mit dem es möglich war, eigens erzeugte Klänge zu speichern. Plötzlich ging die Ära, in der Sounds noch mühevoll per Hand erstellt werden mussten, zu Ende. Spielend konnte auf eine breite Auswahl zurückgegriffen werden. Presets kamen zunehmend in Mode. Und noch heute lassen sich die klanglichen Einflüsse des DX7 vernehmen.

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Bekannte Künstler, wie a-ha, Chicago oder selbst Whitney Houston, bedienten sich der praktischen Voreinstellungen. Eine Vielzahl an Produzenten und Musikern folgte ihnen. Trotz der technischen Gegebenheiten und der schier grenzenlosen Möglichkeiten brechen Produzenten populärer und vor allem elektronischer Musik selten aus den industriell gelenkten Bahnen aus.


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Hunderte Presets sind heute gang und gäbe

Denkt man an moderne elektronische Musikinstrumente oder Software-Synthesizer, keimt unweigerlich der Gedanke auf, dass diese mit hunderten Factory-Patches ausgeliefert werden. Allein die Muße, alle zu durchstöbern, hält einen vom eigentlichen kreativen Prozess ab und führt zunehmend zum Abschweifen. Hat man in der Fülle der Auswahl erst einmal den passenden Sound aufgespürt, fühlt man sich wie ein erfolgreicher Jäger und blendet den Prozess und die ursprünglichen Mühen des Sound-Designs vollständig aus.

Mehr als ein paar ausgewählte Stellschrauben, wie Filter-Cutoff, Hall oder Delay, werden nicht mehr bedient, um »seinem« Klang den nötigen Feinschliff zu verpassen. Kein Wunder also, dass Presets Popmusik bis weit in die Gegenwart prägen. Kaum jemand möchte sich noch auf die Such nach neuen, innovativen Ansätzen machen oder gar den Sound von morgen finden. Sukzessiv wird sich an den angebotenen Klängen bedient.

Video Tutorial: Synth Programming Basics

Selbst die als innovativ geltende Musik ist oft nichts anderes als der betörende Gebrauch neuster Fundstücke in den Tiefen der Preset-Library. Weil ein Klang allein nicht reicht oder man der Offensichtlichkeit zu entfliehen vermag, wird geschichtet und vermischt, um doch eine möglichst unbestimmte Klangeinheit vermeintlich fernab der fertigen Presets zu kreieren.

Sounddefinition durch Presets

Durchaus gibt es aber auch Musiker, die eben durch die Verwendung vorgefertigter Klangwellen ganze Genres prägen. Dubstep beispielsweise ist eine solche Stilrichtung, die unter anderem dank des DJs und Produzenten Skrillex einer ganzen Generation Inspiration schenkte. Sein Sound gilt als prägend, obwohl er sich an Presets bedient. Nunmehr zieren acht Grammys seinen Kaminsims.

Ist der Gedanke, man könne gute Musik nur hervorbringen, wenn man jeden Klang eigens geformt und kreiert hat, so falsch? Es ist kompliziert. Mittlerweile arbeiten hintergründig extreme Klangforscher an der Erzeugung immer neuer, fertiger Sounds, die, so hofft man, Anklang in der Musikszene finden und vielleicht sogar eines Tages stilprägend sein werden. Produzent Stefan Goldmann beschreibt es in seinem Buch »Presets – Digital Shortcuts to Sound« ganz zutreffend.

Synthesizer Strings kreieren: Sound Design Workshop

Er vergleicht das Herstellen von Presets mit dem Instrumentenbau. Eine »hochspezialisierte« Arbeit, die es erfordert, sich mit zeitgemäßer Musikproduktion auszukennen, um für eben diesen Markt fortschrittliche Klänge zu konstruieren. So ist es doch auch irgendwie eine Anerkennung derer, die sich mit der Erschaffung von Presets bemühen und sich die Zeit nehmen, neue klangliche Welten aufzutun, zu erforschen und mit viel Hoffnung zu veröffentlichen.

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Wie ist deine Einstellung gegenüber fertigen Sounds?

Für viele gilt ja der Grundsatz: Enthält ein Titel Melodien, Bässe oder ähnliches, die aus Presets gezaubert wurden, dann ist es keine echte Qualität. Siehst Du das ähnlich oder bist Du selbst eher entspannt und greifst gerne einmal auf Factory-Packs zurück? Oft dienen diese ja lediglich auch als Startpunkt, um von dort an seine eigenen Fertigkeiten einfließen zu lassen.

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