Lady Gaga – MAYHEM
Alben im Rampenlicht

Von Thorsten Sprengel am 07. März 2025
Musikalische Ordnung im Chaos
Geht man nach dem Albumtitel, verspricht uns Lady Gaga mit ihrem sechsten Pop-Studioalbum ein gewaltiges „Chaos“. So chaotisch wie sie uns weismachen möchte, ist das Album dann aber gar nicht.
Vor Experimenten hat sich Lady Gaga noch nie gescheut. Ihr drittes Album „Artpop“ war dem Namen entsprechend ein experimentelles Popalbum. Joanne – der Nachfolger – war ein sehr persönliches Country-Popalbum und „Chromatica“ war dann eine EDM-Pop-Platte erster Güte.
Mit MAYHEM schaltet Lady Gaga auf der BPM-Skala wieder ein paar Drehzahlen zurück.
Dazwischen hat sie zwei Jazz-Alben mit der mittlerweile verstorbenen Legende Tony Bennett veröffentlicht. So wandelbar wie Lady Gaga ist keine andere Sängerin im aktuellen Pop-Business.
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Nun ist es ausgerechnet MAYHEM, dass die Experimente etwas zurückschraubt und sich wieder deutlich an den ersten Alben, vor allem aber am Debut „The Fame“ orientiert. Langweilig wird das Album aber trotzdem nicht.
So sieht das Chaos einer Lady Gaga aus
Los geht das musikalische Chaos mit der ersten Vorabsingle „Disease“. Die Strophen dieses Songs könnten noch am ehesten vom experimentelleren Artpop-Album sein, der Refrain passt dann aber perfekt zu den großen Refrains eines „Poker Face“ oder „Paparazzi“.
Insgesamt ist der Song sehr poppig und gleichzeitig dramatisch geraten. Diese Spielarten beherrscht Lady Gaga perfekt.
Die zweite Single „Abrakadabra“ bildet dann eine Ausnahme. Der Song ist mit harten Beats sehr modern geraten und blickt damit nicht zurück, sondern lässt sich in der Gegenwart der Popmusik verorten. Und dort braucht er sich nicht zu verstecken.
„Garden of Eden“ greift dann zum ersten Mal komplett die Sounds des Debuts „The Fame“ auf. Chöre aus „Bad Romance“ (von der nachgeschobenen „The Fame Monster“-EP) werden mit modernen Beats, Gitarren und Chören angereichert. Das klingt auch im Jahr 2025 noch sehr gut.
Das nachfolgende „Perfect Celebrity“ startet langsam, gerät dann aber richtig rockig. So hätte der Song auch gut auf „Born This Way“ gepasst.
Das Intro von „Vanish Into You“ ist wieder eine direkte Reminiszenz an „The Fame“. Dann überwiegen 1980iger Synths.
Das nachfolgende „Killah“ ist ein weiteres Highlight. Der Song, der den französischen DJ Gesaffelstein featuret, kommt sehr funky daher. Er überrascht dann aber mit einen Break mit crazy modernen Beats von Gesaffelstein – und das Ende des Songs hätte dann auch ein David Bowie nicht besser hinbekommen.
Die nachfolgenden Songs sind dann ebenfalls sehr abwechslungsreich. „Zombieboy“ ist ein Retro-R&B Song im Stil von Bruno Mars und „LoveDrug“ ist Lady Gaga Pop at its best.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie ein Taylor Swift Song gesungen von Lady Gaga klingt, sollte sich „How Bad Do U Want Me“ anhören.
„Don’t Call Tonight“ sampelt anschließend „The Sun Always Shines on TV“ von A-Ha und macht daraus einen modernen Popsong des 21. Jahrhunderts. Mit „Shadow Of A Man“ folgt noch ein klassischer kraftvoller Popsong.
Eine weitere Stärke von Lady Gaga sind Power-Balladen. Warum aber drei Stück davon hintereinander MAYHEM beschließen müssen, wird Lady Gagas Geheimnis bleiben. Über das Album verteilt hätten sie dem Album besser gestanden.
Das abschließende Duett mit Bruno Mars „Die With A Smile“ bringt mit deutlichem Retro-Charme dann aber doch noch etwas Abwechslung.
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Kann MAYHEM überzeugen?
Diese Frage kann ich mit einem klaren Ja beantworten. MAYHEM ist das wahrscheinlich stärkste Lady Gaga Album seit dem Debut. Die Songs bieten alle ein hohes Niveau. Es findet sich keine Niete.
Die Rückbesinnung auf den klassischen Pop von „The Fame“ hat Lady Gaga gut getan. Auch wenn beispielsweise „Chromatica“ 2020 deutlich näher am Puls der Zeit war, war dieses Album mit der Zeit doch auch anstrengend zu hören.
MAYHEM wirkt dagegen zeitlos, ohne zu sehr aus der Zeit gefallen zu sein. Die Rückgriffe auf die Musikgeschichte und die eigene Vergangenheit in Verbindung mit modernen Beats ist ausgesprochen gut gelungen.
Das Album lässt sich gut durchhören, ohne dabei langweilig zu werden. Einzig den Balladenüberschuss am Ende des Albums hätte man für einen noch besseren Fluss besser über die Laufzeit verteilen können.
Lady Gaga Fans werden genauso ihre Freude an dem Album haben wie Pophörer im Allgemeinen.
Pro
- Zeitlose Songs
- Retro trifft auf Modern
- Gutes Songwriting
- Rückbesinnung auf die eigene Vergangenheit
- Experimente gelingen ausnahmslos
Contra
- Zu viele Balladen am Ende des Albums