Overdub / Overdubbing
Was ist es und wofür ist es gut?
Von Carlos San Segundo am 29. November 2016
Wofür ist Overdubbing gut?
Beim Overdub handelt es sich um ein Verfahren in der Tontechnik, das erst mit den Mehrspur-Bandmaschinen in den 1960er-Jahren (endgültig) Einzug in die Musikproduktion hielt. Ein Overdub ist eine zusätzliche Aufnahme (Spur), die über ein bereits bestehende Tonspur von einer anderen Recording Session aufgesetzt wird.
Stell dir das wie zwei auf transparente Folien gedruckte Grafiken für einen Overhead-Projektor vor. Diese kannst Du übereinanderlegen und dann quasi »zusammengemischt« an die Wand projizieren.
Typisches Beispiel: Beim Recording im Tonstudio nimmt eine Band Drums, Bass und Rhythmus-Gitarre synchron auf. Der Lead-Gitarrist und der Sänger spielen dann nachträglich ihre Spuren als Overdub ein, um diese und die bestehenden Passagen übereinanderlegen zu können.
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Bei den Begriffen »Overdub« (sprich: »Owerdabb«) und »Overdubbing« haben wir es wie so oft in der Musikproduktion mit Anglizismen zu tun. Sie stammen aus dem Englischen und haben ihren Weg ohne Übersetzung ihren Weg in den deutschen Sprachgebrauch gefunden. »Overdubbing« ist dabei schlicht eine Form des Verbs, das den Arbeitsschritt der Overdub-Technik kennzeichnet.
Overdubbing in der Praxis
Viele junge (und alte) Musiker & Produzenten kennen heutzutage schon gar keine andere Art der Aufnahme mehr. Die Technik konnte sich aufgrund ihrer Bequemlichkeit, preiswertem Musik Equipment und dem Siegeszug der DAWs schnell durchsetzen. Und im Live-Kontext bei Konzerten & Co. stehen Gitarristen heute unzählige Looper zur Verfügung, mit denen ein Overdub schnell und einfach zu realisieren ist.
Ein typischer Grund für die Anwendung der Overdubbing-Technik im klassischen Sinne ist das Fehlen eines Musikers bei der ersten Aufnahmesession im Tonstudio. Auch bei Bands, die nur einen Gitarristen haben, wird diese Technik gerne angewandt, um bei den Soli kein »Loch« in der Rhythmusgruppe zu erzeugen.
Sänger nutzen Overdubs, um Zweitstimmen (»Doubles«) im Gesang aufzunehmen, ohne auf andere Vokalisten zurückgreifen zu müssen. Wie äußert sich das im Sound? Nun, ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist der Titel »Bohemian Rhapsody« von Queen, der zahlreiche Male eingesungen wurde, was der Stimme schließlich einen choralen Effekt verleiht.
Die Overdub-Technik wird auch gerne in Kombination mit Punch-In und Punch-Out verwendet. Das sind Markierungen für den Start- und Endpunkt auf der Zeitleiste deines DAW-Projekts. So können einzelne missglückte Phrasen in bestimmten Spuren ausgemerzt werden. Hier wird nicht auf der gesamten Spur (bzw. im festgelegten Loop-Bereich) aufgezeichnet, sondern jeweils nur eine kleinere Passage der Musik »überspielt«.
Nachteile der Overdub-Technik
Viele Musiker und Produzenten der alten Schule, die noch mit echten Mehrspur-Bandmaschinen gearbeitet haben, mögen das Overdubbing von Spuren nicht sonderlich. Oft wird Künstlern, die exzessiv Gebrauch davon machen, wird vorgeworfen, das Spiel mit dem Musikinstrument verlernt zu haben. Oder, dass die Technik dazu genutzt wird, um durch Tricks beim Abmischen das eigene musikalische Können künstlich zu verbessern.
Besonders bei Live-Aufnahmen in Clubs bzw. bei Konzerten ist das Overdubbing von Spuren nicht gerne gesehen. Hier macht so manche Band natürlich gerne Gebrauch davon, um etwaige Fehler ihrer Live-Performance zu kaschieren.
Fazit zum Oberdub
Unbekannten Quellen zufolge soll der erste Overdub sogar lange vor 1960 geschehen schein. So seien Aufnahmen des legendären Opernsängers Enrico Caruso zu einem späteren Zeitpunkt mit einem Orchester angereichert worden.
Wie dem auch sei, die Overdubbing-Technik ist nun schon seit vielen Jahrzehnten beliebt und aus den Studios dieser Welt nicht mehr wegzudenken. Man ist schließlich längst nicht mehr auf die beschränkte Spurenanzahl von Bandmaschinen angewiesen. Stattdessen sind DAWs an der Tagesordnung – mit Markierungen für Punch-In und Punch-Out kannst Du auch gezielt eine kleine Passage eingrenzen, in der der Overdub passieren soll.
Das Prinzip der Schichten ermöglicht die »portionierte« Arbeit und somit viel mehr Flexibilität. Das gilt nicht nur in der Tontechnik für Live-Musik oder Recording. So nutzt man im Grafikdesign mit Photoshop & Konsorten die »Layer«. Und in der Arbeit mit Adobe Premiere & Co. eine alternative Tonspur für einen Film. Eine Kulturtechnik, die sich geradezu aufdrängt.
Fazit: Es hat gewiss seinen Reiz, die Aufnahme beim Band Recording auch mal im One-Take-Verfahren zu absolvieren. Im Großen und Ganzen bedeutet ein Verzicht auf die Overdub-Technik aber eine starke künstlerische Limitierung und nicht zuletzt einen gewaltigen Mehraufwand bei der Arbeit.
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